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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.02.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-12
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020212028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902021202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902021202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-02
- Tag1902-02-12
- Monat1902-02
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Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach- richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefürderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—, Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 78 Mittwoch den 12. Februar 1902. 96. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Die Boereuführer «nd die holländische Bermittelnngs-Actio«. Die „Correspondenz Nederland" schreibt: „Wir sind von den zuständigen Stellen officiell zu derErklärung ermächtigt, die von englischen Telegraphen - Agen turen über de ganze Welt verbreiteten Mittheilungen: 1) Innerhalb der Boerendelegation gebe cs zwei Parteien: eine versöhnliche, der die Glieder der Sonbergesandtschaft Fischer, Wessels und Wolmarans angehören, und eine unversöhnliche mit Krüger und Leyds an der Spitze. Die Ersteren seien unbedingt mit -em Inhalt der holländischen Note einverstanden gewesen) erst nach Abweisung des hollän dischen Vorschlags von Seiten Englands seien natürlich die früher versöhnlich gesinnten Boerendelegirten ge zwungen gewesen, sich mit den unversöhnlichen Ge nossen solidarisch zu erklären; 2) bei der letzten Utrechter Conferenz habe große Uneinigkeit geherrscht. Krüger und Leyds widersetzten sich dem Vorschläge, daß die Boerenführer in Holland um die Freigebung des telegraphischen Verkehrs mit den Führern in Südafrika ersuchen sollten; 3) zwischen den Boerendelegirten und dem nieder ländischen Ministerpräsidenten sei ein Conflict aus gebrochen; 4) die Mitglieder -er Sondergesandtschaft würden auf eigene Faust um freies Geleit nach Afrika nach suchen, und alle ähnlich lautenden Auslassungen als boshafte und böswillige Lügen zu erklären. Die Boerendelegirten in ihrer Gesammtheit stehen dem holländischen Vermittelnngsvorschlag vollständig fern und haben von dem Inhalt der bezüglichen Note nichts ge wußt, als bis sie veröffentlicht war. In der Stellung nahme der Sondergesandtschaft zu der Antwort Englands auf die holländische Note hat zwischen Krüger und Leyds einerseits und der Sondergesandtschaft: Fischer, Wessels, Wolmarans, nie auch nur der kleinste Zwiespalt, viel mehr, wie jederzeit und in Allem, die reinste Harmonie und unbedingte Solidarität geherrscht. Alle entgegengesetzten Mittheilungen verfolgen nur den Zweck, zwischen den Boerenführern Unfrieden zu stiften, namentlich die Boerenführer in Europa und jene in Afrika gegen einander auszuspielen. Die Repräsen tanten der Boercn in Europa haben jedoch Schritte unter nommen, ihre kämpfenden Landsleute vor den hinter hältigen Lügenberichten zu warnen. Simple Thatsachen. Chamberlain führte in ver Sitzung deS Hauses der Ge meinen am Montag, 21. Ja nuar 1902, auS: Für alle Fälle will ick Ihre Aufmerksamkeit aus zwei simple Thatsachen lenken. Erstens ersuche ich Sie, sich erinnern zu wollen, wie die Concen- trationSlager entstanden sind. Sie werden dann Bericht des Admini strators der „Oranje-River- Colonie", H. Goold AdamS, an den hohen Commissar. Depesche, datirt Bloem fontein, 6. Mai 1901: Die ganze Absicht des Obercommandirenden war vermuthlich darauf gerichtet, die in den entlegeneren Di- stricten wohnenden Leute von sehen, daß sie entstanden sind, weil General Botha die Ab sicht zu erkennen gegeben hat, die Farmen niederzubrennen und zu verwüsten, um deren Bewohner zu nölhigen, activ aufzutreten und seinem Heere sick anzuschließen. Lord Kit- chener hat General Botha angeboten, er wolle diesen Leuten, sowie ihren Frauen und Kinvern erlauben, in ihren eigenen Häusern woh nen zu bleiben, und selbst soviel als möglich thun, sie mit Proviant zu versehen, wenn General Bokba geneh migen würde, daß sie neutral bleiben. Und gerate ob vieler Menschlichkeit, die ohne Vor bild in der Kriegsgeshichte, womit wir, die die Last von Viesen Frauen und Kindern tragen, diese Pflicht und Verantwortung auf unS genommen haben, um der Menschlichkeit willen, werden wir brutaler Un menschlichkeit beschuldigt u. s. w. u. s. w -» -r- * Und im weiteren Verlaufe seiner Rede: Bis auf den heutigen Tag ist keine Con fiscation in Süd- Afrika erfolgt, aber auch nicht eine einzige in keiner Form. dort zu entfernen, da sie, wenn sie daselbst verblieben, freiwillig oder unfreiwillig dem Gegner im Felde Unter stützung leihen könnten. Ihre Concentralion in den Lagern war also unzwei deutig ein wesentlicher Bestandtbeil seines Ope- rationsplaneS gegen Diejenigen, die noch kämpfen (Blaubuch Cd. 903, 29. Jan. 1902.) — * Im selben Bericht (Seite 26): Die Aufgabe der Districts- Commissare bestand in ... . der Sorge für v>e confiS- cirten Vorräthe. Blaub. Seite 30: „Fi- "nanzen": AlS ich die Verwaltung übernabm, fand ich einen Cassensalvo von vor. Vom Tage der Annectirung bis dahin betrugen die Ei li tt abm en aus der Colonie 312 571 Pfund Sterling. Den hauptsächlichsten Posten der Beiträge machten die Cafsen- saldos deS früheren Boeren- GouvernementS aus Verkauf der confiScirten Vorräihe von den Militär- behörven abgeliefert: 84 373 Pfund Sterling. Politische Tagesschau. * Leipzig» 12. Februar. Schwerlich besitzt ein anderes Parlament in gleichem Maße wie der deutsche Reichstag die Fähigkeit, Tage um Tage an einem dürftigen Debattenfadcn fortzuspinnen, als hätte die Zeit für die debattirenden Reichsboten und die zum Zuhören verurtheilten Minister nicht den min desten Werth. Bet fast leeren Bänken wurden gestern die Unterhaltungen der letzten Tage, die an das Gehalt des Staatssekretärs des Reichs-Justizamts an knüpften, während einer fünfstündigen Sitzung fort gesetzt, ohne auch nur eine neue Schattirung zu zeigen, und abermals beschloß man ihre Vertagung. Was die Duellfrage anlangt, die wieder im Vordergründe stand, so gab gestern den Bedenken, die gegen ein zu radikales strafrechtliches Borgehen sprechen, der Abg. Ocrtel Ausdruck, dem der Abg. Dasbach vom Standpunkte des Eentrumsantrags entgegentrat. Von anderen Rednern, u. A. vom Abg. Spahn, wurde gegen das Reichsjustizamt ein Vorwurf zu langsamen gesetzgebe rischen Tempos gerichtet, worauf der Staatssekretär Nieder ding die sich beschwerenden Herren auf ihre eigenen langwierigen Bemühungen, die gewünschten Re formen aus der Initiative des Reichstags anzubahnen, verwies, ans denen sie die Schwierigkeiten der Aufgabe wohl entnehmen könnten. Den vorgestrigen Angriff des Abg. Stadthagen gegen die angeblich geübte Elassen- justiz nahm der Abg. Herz seid wieder auf. Mit der Bezugnahme auf ein Urtheil eines sächsischen Ge richts hatte er indessen ebensowenig Erfolg, wie sein Parteigenosse; denn der sächsische Negierungseommissar war in der Lage, eine Darstellung der thatsächlichen Vor gänge zu geben, die das Urtheil als durchaus gerecht fertigt erscheinen ließ. Neber die letzte Generalversammlung deS Bundes der Landtvirthe bat, wie sick jetzt herausstellt, vie „Deutsche Tageszeitung" in ganz eigentbümlicher Weise berichtet. Während si- nahezu alle Reden, nickt nur der Vorsitzenden und veS BundcSvi ctorS, sondern auck zweifelhafter ..Autoritäten" nach stenogravbischer Aufzeichnung mittheilte, mußte sick Graf Limburg-Stirum mit einem zusammenfassenden Berichte in indirekter Rede begnügen, der im Leser den Anschein er wecken muß'-, der konservative Führer hätte lediglich seinen Zuhörern den Nacken steilen und sie zu starrem Festbalten an ihren von, Reickvkanzler als unannehmbar bezeichneten Forderungen anreizen wollen. Daß Sinn und Zweck der Rede aber ein ganz anderer war, gebt aus ibrem Wortlaute hervor, der der „Kreuzztg." Anlaß zu folgender Ausführung giebt: „Tie Ansprache, die Graf Limburg-Stirum in der General versammlung des Bundes der Landwirthe gehalten bat, zeigt mit voller Gewißheit, Laß die Coniervativen auf die Erzielung einer Verständigung mit den verbündeten Regierungen über den Zolllaris hohen Werth legen. Bedeutsam war namentlich die Beurtbeilung, die der Redner der Thätiikeit des jetzigen Reichskanzlers zu Theil werden ließ. Die Lage, so führte er aus, sei jetzt günstiger als vor 10 Jahren. Damals sei man bereit gewesen, die Landwirthschast zu Gunsten der Industrie auf zuopfern. Jetzt sei das anders geworden, der jetzige Reichskanzler folge mehr den Tendenzen BiSmarck'S, er habe die Landwirthschast für daS Rückgrat de- Staates erklärt und sei bereit, sie lebens kräftig zu erhalten. „Wir können keinen besseren Reichs kanzler haben, und wenn er ginge, würde er sicher nicht durch einen der Landwirthschast freundlicher gesinnten ersetzt werden." Nicht minder bedeutsam war aber die Erklärung des Grafen Limburg-stirum, daß es unter keinen Umständen ein Glück sein würde, wenn die Zolltarifvorlage im Reichstage abgelehnt werden müßte. Der Redner theilt« zwar unsere Ausfassung, daß, wenn der Landwirthschast in wirksamer Weise geholfen werden soll, die Mindestzölle für Getreide über de in der Vorlage vorgesehenen Sätze hinaus erhöht werden müssen und daß ohne eine derartige Erhöhung die Grundlage einer Ver ständigung mit den verbündeten Regierungen nicht werde gefunden werden können. Andererseits aber erkannte er die Schwierigkeiten, die dem Grasen Bülow in der Neuregelung derZollsrage entgegensiehen, offen an. Im Hinblick hierauf kann man tvogl sagen, daß die Rede deS Grasen Limburg-Stirum eine angemessene Ergänzung der Tischrede deS Reichskanzlers bei dem Festmahle des deutschen Landwirthschasls- rathes bildet. Aus ihr muß man entnehmen. Laß die Conscr» vativen nicht dem Grundsätze huldigen „Alles oder nichts", daß sie die Nothwendigkeit einer Verständigung zunächst mit den in zollpolitischen Fragen ihnen nahestehenden Gruppen und dann auch mit den verbündeten Regierungen anzuerkennen wissen, daß sie deshalb sich auch der Pflicht des Maßhaltens bewußt sind, daß sie aber andererseits auch von den verbündeten Regierungen ein wohlwollendes Entgegenkommen erwarten, zumal da sie den Wunsch, etwas zu Stande zu bringen, auch bei diesen voraussetzeu müssen. Hoffentlich werden die beherzigrnswerthen Worte Les Abg. Grasen Limburg-Stirum auf die Mehrheit der Zolltarif commission ebenfalls von Einfluß sein und insbesondere ihre con iervativen Mitglieder bestimmen, mit den ihnen wirthjchgftlich nahestehenden Gruppen sich schleunigst über gemeinsame An träge bezüglich der Höhe der Mindestsätze für die Äetreidezüllr zu verständigen." Das ist so ziemlich das Nämliche, was die „Cons. Corr." gesagt hat. Es ergiebt sich hieraus, daß die konservativen Führer zwar noch nicht alle Hoffnung aufgeben, durch ge meinsames Drangen der Mehrheit der Zolltarifcommission die verbündeten Regierungen einer Erhöhung ver Mindest sätze für die Getreidczvlle geneigt macken zu können, daß sie ab r der Pflicht des Maßhaltens sich bewußt sind und für den Fall der Fruchtlosigkeit ihrer Bemühungen die Beschrän kung auf die Zollsätze ver Vorlage für ein geringeres Uebel als die Ablehnung der Vorlage ansehen. Haben die Agi- tationSredner des Bundes nicht hinter hochtönenden Reden einen Rückzug veroergen wollen — was gar nicht unmöglich ist —, so muffen sie erkennen, daß sie sich in eine Sackgasse verrannt haben. Ein englisch-japanisches Bünpnitzk das ist da» Neueste, womit der Telegraph soeben die Welt überrascht. Daß Japan Anschluß an eine der großen europäischen Mächte suchte, war längst bekannt, aber bis zuletzt schwankte es zwischen der Bunbesgenossenschaft Englands und einer engeren Vertrags-Freundschaft mit Rußland unentschlossen hin und her, und nicht daS Geringste deutete darauf hin, daß ein Ent schluß nach ver einen oder anderen Seite in Vorbereitung oder gar unmittelbar zu erwarten sei. Der neue Zweibund kommt also thatsächlich überraschend. Ueber den Inhalt des Vertrags wird unS gemeldet: * London, 12. Februar. (Telegramm.) DaS Auswärtige Amt giebt ein zwischen England und Japan abgeschlossenes, von dem Minister deS Aeußeren MarquiS os LanSdowne und dem sapanischen Gesandten in London, Baron Hayashi, am 30. Januar 1902 unterzeichnetes Abkommen bekannt, das aus einer Einleitung und sechs Artikeln besteht. Darin heißt es: „Beide Regierungen sind von dem Wunsche beseelt, den Status quo und den allgemeinen Frieden im fernen Osten, wie auch die Unabhängigkeit und Integrität Chinas undkoreas Friiilleton. 2" Rittmeister Eckhoff. Roman von A. von Trystedt. Nachdruck verboten. Eckhoff lächelte ungläubig. „Jawohl! ES hat mich Mühe genug gekostet, sie zum Verzicht zu bewegen! Nur meine Schuld ist es, daß Ste phanie Ihre Werbung zurückwies —" „Diesen Vorwurf dürfen Sie sich getrost ersparen, mein Serri Auch ohne Ihr Dazuthun würde Stephanie ganz nach Ihrem Wunsche gehandelt haben! Das, was Sie für Liebe halten, war ein flüchtiges Wohlgefallen an meiner Person, nichts weiter! Das Verlangen nach dem Gelde erstickte jede Herzensregung!" „Aber wenn Sie diese Komödie nicht in Scene gesetzt, wenn Sie Stephanie erst jetzt kennen gekernt hätten, so würden Sie auch nicht Grund zum Mißtrauen gefunden haben und Alles wäre gut gewesen!" „O, im Gcgenthetl, es wäre ein großes, unabsehbares Unglück geworden! Denn dieser Egoismus hätte sich ge zeigt, früher oder später! Ich mag es nicht ausdenken, was geschehen wäre, wenn ich zu -er Erkenntniß gelangt wäre, daß meine Gattin statt eines hingebungsvollen Her zens einen kalt berechnenden, hochmüthigen Sinn besitzt! Nein, nein, es ist gut so! Wir Alle haben dem Geschick zu danken, und — die Prüfung war nicht überflüssig — das zu beurtheilen, muß ich mir allein vorbehalten!" „Und trotz Allem müssen Sie nachgebcn", beharrte Ju lius finster, „eS steht zu viel auf dem Spiel!" „Für mich nicht! Zudem hat Fräulein Franke mein Wort. Ich bin mit ihr verlobt." Julius war es, als stehe er vor einem Berge, den er ersteigen müsse, und besitze doch nicht die Kraft, um auch nur den Kuß zu Heven. Ein Etwa» ging von -em Ritt meister aus, daß Döring's Unverfrorenheit erstickte. Gleichwohl war e» diesem sonnenklar, daß Eckhoff schließ lich doch nachgeben müsse. Julius überlegte in fliegender Hast. Er konnte sich hier nicht noch tiefer demüthtgen, al» er e» schon gethan. Er hatte feine Tochter in aller Form noch einmal aufzu dringen gesucht, obwohl sie unzweideutig abgewiesen worden «ar. Wirklichen Unannehmlichkeiten pflegte er stets gern aus dem Wege zu gehen und sie Anderen aufzubürden! Einer gründlichen Beichte konnte er nicht mehr aus weichen. Es handelte sich nur darum, ob er sie hier ab legte, oder vor Stephanie. Er zog denn doch bas Letztere vor. Freilich war ihm nie so elend zu Muthe gewesen, wie in dieser Stunde, und es kam ihm die bange Ahnung, daß der heutige Tag Rechenschaft von ihm fordere und ihm Vergeltung bringe für all die Sünden, die er jahraus, jahrein in unverzeihlichem Egoismus begangen hatte! Daneben regte sich auch wieder die Gier nach dem Golde, bas dieser Mann ihm vorzuenthalten wagte, und ein ohn mächtiger Grimm gegen Eckhoff packte ihn. „Ihre Weigerung ist eine Unerhörtheit!" stieß er zwischen den Zähnen hervor, „wir hatten ein moralisches Recht auf dieses Geld, seit Jahren rechneten wir damit!" „Und seit Jahren sehnten Sie den Tod des gütigsten, edelsten Menschen herbei", lag es Eckhoff auf der Zunge, aber er sprach es nicht ans. Dieser Mann empfing eine harte Strafe. Alle Zu kunftspläne erwiesen sich als Luftschlösser und nur ein grenzenloser Jammer blieb. „Ich sehe recht wohl ein", bemerkte er zögernd, wider Willen empfand er etwas wie Mitleid. „Ich gebe zu, daß die Enttäuschung schwer genug für Sie zu überwinden sein wird, Herr Döring, aber es giebt soviel Schwereres, al» Geldverluste —" er brach ab und starrte düster vor sich hin. Dachte er an den Verlust, den sein Herz an Vertrauen und Liebe erlitten? Julius nahm eS wenigstens so. Noch einmal blitzte die Hoffnung in ihm auf. Er erhob sich und sah Eckhoff flehend an. „Stephanie liebt Sie! Meine Tochter war nur ver blendet, verwirrt durch meine Beeinflussung —" „Da» Herz läßt sich nicht zwingen — das meinige ist leer! Ich kann nicht anders handeln, wie ich eS thue! Ich kann e» nicht, mein Ehrenwort darauf!" Juliu» vernahm den gepreßten Ton. Er sah den trost losen Ausdruck in den blauen, gütigen Augen, und sein Muth belebte sich von Neuem. „Er liebt sie noch", dachte er, „jetzt gilt eS rasch zu handeln, dann kann noch Alles gut werden!" „Diese Unzugänglichkeit werben «le eines Lage» Sitter bereuen, dann aber dürfte es für uns Alle zu spät sein", brachte er im Tone der Verzweiflung hervor, „aber ich kann nicht weiter in Sie dringen, ich kann es nicht, und wenn Alles zu Grunde geht! Leben Sie wohl, Herr Eckhoff!" Er nickte und ging mit gebeugter Haltung hinaus, langsam, wie mit unsicheren Schritten. Hoffte er noch immer, -er Andere werde ihm Nacheilen, ihn zurückrufen? Es geschah nichts dergleichen. Die Thür schloß sich hinter ihm. Nach wenigen Minuten stand er wieder auf der Straße. Der tolle Frühlingswtnd hätte ihm fast den Hut ent führt. Er sah sich nach einer Droschke um. Ja, so weit reichte es noch. Einige Tage durfte er noch das theure Leben im Hotel weiterführen, dann blieb außer dem Reisegeld nur noch ein sehr bescheidener Rest von den zehntausend Mark übrig. Wo war all' das Geld geblieben? .... Er winkte einem Droschkenkutscher zu. Gleich darauf saß er im Wagen, und eö ward ihm doch seltsam schwül, sein Her- klopfte so mahnend, so anklagendl Trug er die Schuld, wenn jetzt ein schweres Unglück geschah, wenn das Lebensglück seiner jüngsten Tochter in Trümmer ging? Hatte er nicht im Gegentheil stets das Beste gewollt für alle seine Lieben? Und war es nicht hauptsächlich Stephanie'» wegen ge wesen, daß er den Eklat um jeden Preis zu vermeiden suchte? Durste er aber einen ganz Unbeteiligten in einen Conflict bringen, der nun ein Opfer zu fordern schien, vielleicht gar das Leben eines jungen, zu -en schönsten Hoffnungen berechtigenden Menschen? „Nein, nein!" stöhnte er auf, während die zitternde Hand in die Brusttasche deS RockeS griff. „DaS wird, es muß vermieden werden! ES wäre zu grausam, e» würde zum VerdammungSurthetl für mich!" Er suchte das Telegramm hervor, das er vor wenigen Stunden erhalten, mit Widerstreben la» er eS noch ein- mal durch, es lautete: „Alles verloren! Man hat herauSbekommen, daß das Geld sich nicht mehr in meinem Besitz befindet! Mein Freund besteht auf sofortiger Rückzahlung — sein Leben bedroht! Sofortige Hilfe nothwendig, sonst — Ende!" Er faltete daS Blatt wieder zusammen und legte eS an seinen Platz zurück. Sicher steckte Schöttler dahinter! Er war seines Opfer» so sicher gewesen, un- blaß vor heimlicher Wuth über da» Mißlingen feiner kleinlichen Rache! Nun suchte er sich vielleicht auf andere Weise schad los zu halten, der hinterlistige Fuchs -er! Aber alles Nachsinncn änderte nichts an Sen bestehen den Thatsachen! Der Wagen rollte dahin und mußte so gleich am Ziel angelangt sein, und dann kam die Ent scheidung — unbedingt! Stephanie mußte noch einmal zu Eckhoff fahren, das war zur Nothwendigkeit geworden! Was wollte auch solch eine vorübergehende Unannehmlichkeit bedeuten im Gegensatz zu dem, was auf dem Spiele stand! Eine schwere Stunde stand ihm bevor — tief mußte er sich demüthtgen vor dem eigenen Kinde, vor seiner Aclte- sten, welche, er wußte es wohl, bisher in ihm das Ideal edler Männlichkeit verehrt hatte! Und ihm selbst lag es ob, dieses Götzenbild zu zerstören! ... Wäre cs nicht besser gewesen, Allem aus dem Wege zu gehen? Ein schnelles Ende, herbeigeführt durch eine gut gezielte Kugel, welch eine Wvhlthat solch ein rasches, schmerzloses Sterben wohl sein mußte! . . . Aber dann tauchten doch wieder Berge Goldes vor seinem Geiste auf! Wenn Eckhoff doch noch nachgab, die große Erbschaft Stephanie zufiel, und er, er allein sollte nicht theilnehmen dürfen an all der Freude, dem bunten Trubel, der dann folgte, und den er so sehr liebte? Nein, das Aeußcrste, Letzte zu thun, war es immer noch Zeit. Und standen neue Kämpfe bevor, so mußte man ihnen eben die Stirn bieten! Nur nicht feige desertiren, jede Stunde konnte eine Wendung zum Besseren bringen! Und Julius schöpfte bereits wieder neue Hoffnung. Freilich, eine recht fatale Stunde war zu Überminden, das blieb ihm nicht erlassen! Aber mit derlei Peinlich keiten wußte er gut fertig zu werden. Schon jetzt hielt ihn eine Stimmung gefangen, in der er zu Allem fähig war! Was er nun Vorbringen würde, bas setzte sich aus wahrhaftem Elend und einer gewaltsam in Scene gesetz ten Erregung zusammen. Wenn er dann ordentlich im Fahrwasser war, erreichte er Biel, vielleicht Alles, was er wollte. Eckhoff war ihm doch gar zu kalt und objektiv er schienen, deshalb hatte er eS auch nicht gewagt, diesem eine Probe seiner Schauspielkunst, die ja in allen Fällen mit der Wahrheit Hand in Hand ging, zu geben. Jener Mann hätte ihn zu tief verachtet, ihn ganz un gar durchschaut, darüber gab eS keinen Zweifel, deshalb hatte Julius eS unterlassen, ihm mit einer Scene auszu warten. Schon hielt der Evaaeü.
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