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Weißeritz-Zeitung : 02.02.1849
- Erscheinungsdatum
- 1849-02-02
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-184902029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-18490202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-18490202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1849
- Monat1849-02
- Tag1849-02-02
- Monat1849-02
- Jahr1849
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 02.02.1849
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Freitag, 2. Februar M S. 184S. Diese« Blatt erscheint Freitag« in I'/r Boften amd kostet vlerteljühr- tich lONgr., wofür eS WeiHeri--ZeilMg. auch durch alle Post anstalten ».Buchhand lungen ohnePrelSer- höhung zu beziehen ist. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Verlag: Fr. Th. Otto in Dippoldiswalde. W e l t s ch a n. Deutsche Zustände. Das in'S Meer der Vergangenheit hinabgcsunkenc Jahr 1848 war ein an Ereignissen so überreiches, wie nicht leicht ein anderes vor ihm gewesen, wie nicht leicht ein anderes nach ihm sein wird. Wenigstens hat es den Glauben an die „Unmöglichkeit" von Begebenheiten so gründlich erschüt tert, daß dem ruhig-besonnenen Beobachter der Weltlage und Welthandel schwerlich noch ferner der Eintritt irgend einer Gcschickeswendung im Leben der Volker als unmög lich erscheinen wird. Es ist Alles möglich geworden im Kreise der Politik und im Bereiche der Geschichte der Herr- scherfamiiien, wie der Staaten lind Völker. Wäre vor einem Jahre ein Prophet aufgestanden, der dem sorglos, dem ewi gen Frieden entgegenharrcnden Geschlechte die Bildung einer französischen Republik, den Sturz des alten Regierungs systems in Deutschland, des ängstlichen gezwungenen Libe ralismus des Bundestags und "fein seliges Verscheiden, und ähnliche Ereignisse des verflossenen Jahres vorher verkün digt hätte: man würde ihn mit Achselzucken angesehen und in einer Anwandlung von hoher Menschenliebe ihm viel leicht eine Freistelle in irgend einer Irrenanstalt verschafft haben. Denn wenn auch die unbefangenen Beobachter der Zeitentwickclungcn sich keineswegs verhehlten, daß die Völ ker, vermöge der immer gewaltiger zur Lösung drängenden socialen Fragen, einer Krisis entgegengingen: daß dieselbe so nahe bevorstehc und zu solchen Resultaten führen werde, das hatte Niemand erwartet. Und wenn abermals ein Prophet im Frühlinge aufgestanden wäre und hätte vorher verkündigt: noch vor Ablauf des Jahres werde Frankreich aus dem geradesten Wege zur Wiederherstellung der Mo narchie (und zwar durch Volksmajorität!», Deutschlands Freiheit wenigstens großcntheilö dem MilitärdeSpotiSmuS und dem Fortschritte der Rückschrittspartei wiederum unter legen sein (und auch unter dem Zujauchzen desselben Vol kes, das in trunkenem Siegesjubcl in den März- und Mai tagen für die goldene Freiheit schwärmte): den würde man gelinde auSgclächt, ihn Träumer und Gespcnsterscher geschol ten haben, wie denn das wirklich denen geschehen ist, welche stets vor dem Eintritte der Reaktion gewarnt haben, weil sie die diplomatische Schmiegsamkeit des alten Systems und die Schlauheit und Treulosigkeit seiner Anhänger wohl kannten. Hat man daS Eine wie das Andere für unmöglich geachtet: das Eine wie daS Andere ist cingetretcn. Aber die fieberhafte Spannung, welche dieses Drängen und Treiben der ungeheuerlichsten Ereignisse hervorgcrufcn, ist noch keineswegs gelöset. Die jammervolle Zerrüttung aller Verkehrövcrhältnisse noch im mindesten nicht gehoben; das gänzlich geschwundene Vertrauen, diese Basis des materiellen wie des geistigen Lebens, noch keineswegs wieder auch nur in seinen Anfängen hcrgcstcllt. Und inan mag cö sich ge stehen wollen oder nicht, mit banger Bcsorgniß sehen die Verständigen, Besonnenen und Wohlmeinenden aller Par Jn Kommission: H. H. Grimm u. Comp. in Dresden. teien der Zukunft entgegen, die düster und unheilschwanger unö entgegentritt. Keine der wichtigen Zeitfragen hat bis her eine auch nur annähernde Lösung gefunden. Die Ver wickelungen sind fast noch unlöslicher geworden, als sie es früher waren. Denn Vie zur Lösung zunächst Berufenen haben sich'in ihrer Mehrzahl diesem Berufe nicht gewachsen und doch gleichzeitig auch zu muthloö gezeigt, da nöthig, das Knotengewirre 'zu durchschneiden. Sie haben so lange an dem allerdings künstlichen Gewebe nach allen Seiten hin und her gezerrt, so oft den falschen Faden ergriffen, daß cS der alten, zu früh als vollständig beseitigt erachteten Diplomatie vortrefflich gelungen ist, die Fäden unter der Decke mit gewohnter Schlauheit immer mehr zu verwirren und' den Knoten so eng und fest zu schürzen, baß für jetzt an eine befriedigende Lösung desselben fast gar nicht zu den ken ist. Ist die Wahrheit auch bitter, es thut Noth, daß sic gehört und zu Herzen genommen werde! An all diesen traurigen Resultaten trägt die meiste Schuld das blinde, unverwüstliche und doch schon schmachvoll getäuschte Ver trauen des deutschen Volks und seine politische Unreife. Jetzt wird man das aussprechen dürfen, ohne befürchten zu müssen, der Blasphemie angeklagt zu werden, wie das im ersten Freudenräusche der Freiheit wohl hätte der Fall sein können, wo man auf die hohe Bildung unseres deutschen Volkes so gewaltig pochte, ohne zu bedenken, daß das alte System wohl für die Ausbildung im Lesen, Schreiben, Rech nen und sogenannten „gemeinnützigen Kenntnissen" gesorgt, auch den Kops voll Bibelsprüche -und Gesangbuchverse hatte propfen, aber natürlich eS im eignen Interesse zu einer wahr haft freien Heran- und Herausbildung deS „beschränkten Unterthanenverstandes" nicht durfte kommen lassen, weil eS dadurch ohne Zweifel jene staatsbürgerliche Mündigkeit selbst angebahnt haben würde, die eS, um im völlig unge störten Besitz durchaus unumschränkter Gewalt zu bleiben, nothwendig mit Bann und Acht verfolgen mußte. Darum ist denn freilich aus jenen Mängeln dem Volke ein Vorwurf nicht zu machen. Seine politische Unreife hat es nicht verschuldet und sein grenzenlos kindliches Vertrauen zu den Vätern des Landes ist eben nur eine Folge jener Unreife. Nur jene unglückselige Verblendung ist zu beklagen, Vie mit sehenden Augen nicht sehen, mit hörenden Ohren nicht hören will, und, obwohl sie hinlänglich vom Baume der Erkenntniß gegessen, doch noch nicht zur Erkenntniß gekommen ist, vielleicht weil hie und da die Frucht ihr von der — Schlange geboten worden. Freilich, vaö leicht beweg liche Volk ist heute noch wie vor Jahrtausenden und — wird noch lange so sein: wetterwendisch und unbeständig; heute das „Hosianna," morgen das „Kreuzige" rufend. Um so schwerere Verantwortung vor dem eignen Gewissen und vor dem unerbittlichen Weltgerichte der Geschichte laden die Alle auf sich, welche zu Leitern und Führern des Volkes äußerlich oder innerlich berufen, diesen Beruf zum Verderben, zur Knechtung des Volkes und zu Verkümmerung seiner unveräußerlichen, wahrlich ihm lange genug vorenthaltencn Menschenrechte in selbstsüchtiger Absicht zu Erreichung eigen- Redaetion: Ur. I. Schladebach in Dresden.
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