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Dresdner Journal : 11.08.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-08-11
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190208118
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19020811
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19020811
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-08
- Tag1902-08-11
- Monat1902-08
- Jahr1902
- Titel
- Dresdner Journal : 11.08.1902
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WS» veauae d»rch Re - MchHLftsßek« t»»«rÜ»S r---r: WVMUIIW ZMMl Heraurgesebm von der Königl. Srpedition de» Dresdner Journal», Dresden, Zwingerstrahe JO. — yernst>L-Anschluß Nr. 12ÜL 1902 AS 184 Montag, den 11. August nachmittags ;A»rd«rt«n veiträgr »«»» peucht, jo ist da» Postgikd btrtusLütn «^Ühr»-S^»äßtgu», »M öfter« Wi«d«hoUmG -o»o»-»<Ut »der der«««»«» B0 Ws. vit Tabellen- »ad » Pf. «nfichl^ für di« Z«ü«. Nater« No» düNionistilch (Eiaorsandt) di« Ämtlicher Teil. Dresden, I I August. Ihre Kaiser!, und Königl. Hoheit die Frau Kronprinzessin ist heute früh 8 Uhr 6 Min. nach Bückeburg gereist. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß die Inhaber der Parfümerie- und Toilette-Seifen-Fabrik von Bergmann u. Co. in Radebeul, Bruno Bergmann und Johanne- Alfred Bergmann daselbst, den ihnen von Sr. Hoheit dem Herzoge von Anhalt verliehenen Titel „Hoflieferanten Ihrer Hoheit der Herzogin von Anhalt" annehmen und führen. Orseunuugeu, Versetzungen rc. im öffeutl. Dienste. 3»«eschSftSderetche»e»Mtaiftertu»S»erStaa«ren. «ei der Verwaltung der StaatSeisenbahnen sind er- »aunt warten: Assessor Han» Alexander Hoffmann al« Direktlon»rrserendar bei der Beneraldirrktion; Kurt Arthur Flach» in Freiberg, Friedrich Karl Junge und Iuliu- Alfred Purackherr m Leipzig, Karl Richard Schlechte in Chemnitz, zeither Regierung-dauführer, al- RegierungSbau- «eifter; Rüling, zeither Bureauafsiftent, al- Brtrieb-frtretilr in Dresden; Keller, zeither Bahnmeister, al- Technischer Bnreauassiftent I. kl. in Zwickau; die nachgenannten Tech niker, zeither Zeichner, al» Technische Bureauasststenten l. Kl.: «rund, Rothe und MilitäranwLrter Zinßmann in Dresden, Metzner in Weißenberg; Techniker Treibmann, zeither Streckenvormann, al- Technischer Bureauassiftent l. Kl. in Döbeln; Stiebitz, zeither Telegraphengehilse, al- Tel«» graphenmeister in Chemnitz; Schmidt, zeither Bahameister assistent, al» Bahnmeister rn Werdau; die Techniker Beck mann (Militöranw) und Schmalz, zeither Zeichner, al- Technische Bureauassistenten II. Kl. in Dre»den; Bö-wetter und Wcndrock, zeither Weichenwärter II. Kl, al» Schirr- meister in Boitrrtreuth und Reitzenhain; Merkel und Zeeh, zeither Bahnwärter, al» Weichenwärter II. Kl in Ronneburg und Sutensürft; die aachgenannten HilsSweichenwärter rc. al» Weichenwärter II. Kl.: Lang (Cisenbahninv ) in Tranzahl, Rees in Plagwitz Lind., Schmidt in Leipzig! und Siegert in Reitzenhain; Bett und Zimmermann, zeither Station»- gehilfen, Krause, zeither Büterschreiber, Schüppel (Mi- litärau«) und Wünsch, zeither Güterbodenarbeiter. al» Packer in Glauchau, Annaberg, Oschatz, Nicolaivorstadt Chemnitz und Werdau; Richter, zeither Borarbeiter, und Wadewitz, zeither Stellvertreter, al» Bahnwärter für Poften Leipzig—Dre-den 17 II und 8» *11. (vehördl Bekanntmachungen erfcheinen auch im Anzeigenteile.) Uichtamtlicher Teil. Znr Kündigung der Handelsverträge. Ueber die Frage der Kündigung der Handels verträge werden noch immer Auslassungen ver öffentlicht, die mit dem Wortlaute dieser Verträge schwer in Einklang zu bringen sind. Man macht sogar den gesetzgebenden Körperschaften den Vorwurf, daß sie bei der Festsetzung der betreffenden HandelS- »ertragSbestimmungen leichtfertig vorgegangen seien und nicht da- Interesse der Vaterlandes genügend gewahrt hätten. Es ist sonderbar, daß sich über die Frage der Kündigung der Handelsverträge solche Theorien entwickeln können, um so mehr, als doch schon früher Handelsverträge bestanden haben, auch Kündigungen solcher erfolgt sind und niemals Zweifel der jetzigen Art über die in Rede stehenden Be stimmungen auch nur in die Erscheinung traten. Gewiß bestand ein Unterschied zwischen den früheren Kündigungsklauseln der Handelsverträge und den jetzigen. Früher war fast immer vorgesehen, daß erst von einem bestimmten Termine ab ein Jahr verflossen sein müßte, ehe nach der Kündigung der Vertrag außer Kraft treten durfte. ES konnte dem nach vorkommen, daß nahezu zwei Jahre nach dem KündigungStage der betreffende Vertrag in Kraft bleiben mußte. Jetzt ist bei den hauptsächlichsten Handelsverträgen vorgesehen, daß sie ein Jahr nach dem Tage der Kümgung ihre Giltigkeit verlieren. ES ist dies aber lediglich ein Unterschied in bezug auf die Fristbestimmung. Die materielle Regelung der Kündigungsklauseln ist noch so gelassen worden, wie sie früher war, und aus ihr geht hervor, daß der Reichstag den Verbündeten Regierungen daS Recht übertragen hat, die Kündigung nach Ablauf einer zuerst auf längere Zeit bemessenen Frist nach eigenem Gutdünken vorzunehmen. Der Reichstag hat sich damit ausdrücklich seine» Rechts begeben, zu den Erwägungen über die Kündigung oder zu den Entschließungen darüber zugezogen zu werden. Daß dem so ist, geht nicht nur au» dem Wortlaut der Kündigung»- klauseln der jetzigen Verträge hervor, e» ist auch da durch zu erweisen, daß der Reichstag niemals früher bei in Frage kommenden Kündigungen von Ver trägen ein solches Recht in Anspruch genommen hat, obwohl, wie gesagt, die Kündigung-klauseln der früheren Verträge, abgesehen von der erwähnten kleinen Verschiedenheit, mit den jetzigen überein stimmten. Auch die in der Presse anftretende Be hauptung, daß die Handelsverträge mit den bedeu tenderen Staaten nur auf 12 oder 10 Jahre ab geschloffen seien, ist unrichtig. Gewiß kommt diese Fristbestimmung in den Verträgen zur Erscheinung, aber doch nur in der Bedeutung, daß innerhalb ihrer Dauer keine Kündigung seitens der Vertrag schließenden eintreten darf. Die Handelsvertrags dauer selbst ist damit nicht begrenzt, im Gegenteil, es ist ausdrücklich hinzugefügt, daß, wenn brs zum Ablauf der genannten Zeiträume die Verträge nicht außer Kraft gefetzt sind, sie jedeSmal ein Jahr nach dem Tage einer etwa erfolgten Kündigung noch weiter laufen. Das ist eine wenn auch bedingte, so doch ganz klar ausgesprochene Verlängerung der oben bezeichneten Fristen, und e» ist danach zweifel los, daß die neuen Handelsverträge nach dem Willen beider gesetzgebenden Faktoren, die an ihrem Zu standekommen in Deutschland beteiligt wareu, über 10 oder 12 Jahre hinaus laufen können. Ander seits ist natürlich nicht, wie dies von einigen Seiten vorausgesetzt zu werden scheint, die Regierung allein im stände, die Handelsverträge auf eine ihr gut scheinende Zeit zu verlängern, also sagen wir einmal, mit irgend einem anderen Staate zu vereinbaren, daß die nach dem Ende 1903 jedesmal ein Jahr auS- machende auf einen KündigungSiag folgende Frist in eine zweijährige umgewandelt werde DaS würde eine direkte Abänderung der Handel-Vertragsbestimmungen bedeuten, und jede solche Aenderung wäre natürlich mit dem Reichstage zu vereinbaren, ebenso wie dieser bei der Festsetzung und Abschließung der Verträge selbst zugezogen werden muß. Die Vorschriften der Kündigungsklauseln in den neuen Handelsverträgen sind demnach vollkommen deutlich. Von den gesetz gebenden Faktoren ist in dieser Beziehung nicht» verabsäumt worden, sowohl Bundesrat wie Reichstag sind durch sie in ganz bestimmte Grenzen gewiesen und sowohl in staats- wie in völkerrechtlicher Be ziehung gebunden. Aenderungen an den KündigungS- klauselbestimmungen vorzunehmen, ist weder der eine noch der andere gesetzgebende Faktor für sich im stände; anderseits kann keiner von beiden den andern zwingen, etwa- zu thun, was nicht in den Kündig- ung-klauseln enthalten ist. Die Krö»««g Edvard» VII. Die Krönung Eduard- Vll. ist ohne besondere Störung programmmäßig verlaufen, nur ein vorüber gehender Zwischenfall wurde durch einen Schwäche anfall des die Krönungszeremonie vornehmendeu Erzbischofs von Canterbury hervorgerufen. Neben der Aufmerksamkeit, die bei einer derartigen Ferer dem äußer lichen Zeremoniell und dem zur Schau kommenden Gepränge zugewendet zu werden pflegt, richtete sich an dem Krönungstage mit Teilnahme gemischte- Hauptinteresse meyr auf da- Befinden de- erst seit kurzem von schwerer Krankheit genesenen König-. König Eduard hat, wie erfreulicherweise au- allen Meldungen hervorgeht, die großen Anstrengungen der Feier ohne Schwierigkeiten ertragen. ES wird hervorgehoben, daß er die an ihn bei der Krönung gerichteten Fragen mit fester, durch da» ganze Gottes haus wahrnehmbarer Stimme beantwortete und kein Anzeichen von Ermüdung zeigte. So kam denn auch dem stürmischen Jubel, der den König während des KrönungSzugeS durch die Straßen und bei der Krönung umtönte, eine doppelte Bedeutung zu, in ihm lag zugleich die herzliche und innige Freude des englischen Volke», seinen König nun wieder in voller Rüstigkeit und Frische begrüßen zu können. Ueber den Verlauf der KrönungSfeier liegen die nachfolgenden Meldungen vor, von denen wir einige wenige schon in einem Teile unserer vorgestrigen Auflage unter Drahtnachrichten Wiedergaben. Um 10 Uhr vormittags bereit» erglänzte die ehr- würdige Westminster-Abtei in einer Fülle von Farben Läng» de» Schiffes de» Gotte-Hause», in dem Grena diere Spalier bildeten, waren alle Sitze von Offiziere» de» Heere» und der Marine, hohe» Beamten rc. besetzt. Um HU Uhr vormittag« fuhren Mitglieder de» eng lischen König-Hause«, die mit diesem verwandten fremden Prinzen und Prinzessinnen und ander« hervorragende Persönlichkeiten in acht Landauern, e«kortiert von einer Eskadron der Leibgarde, al« erster Teil des Krönung«- zugr« vom Buckinghampalast ab. Um Alt Uhr folgten der Prinz und die Prinzessin von Wale«, von einer ungeheuren Menschenmenge enthusiastisch begrüßt. Um 11 Uhr verließ die Staat«karosse mit dem König und der Königin unter brausenden Hochrufen der Bevölker ung de, Buckinghampalast. Neben dem Wagen ritte» Herzog von Connaught und General Kitchener. Der König sah wohl au« Unter dem Donner der Geschütze trafen die Majestäten um 11 Uhr 25 Min in der West- minsterabtei ein. Dem Festzuge liefen auf dem Wege vom Palast« durch di« Mall brausente Beifallskundgebungen vorau«, di« sich zu einem wahren Sturm der Begeisterung steigerten, al« endlich der Wagen des König» in Sicht kam, und die unvermindert anhielten, bi» das Ende de« Zuge» in der Whitehall verschwunden war Ebenso enthusiastisch begrüßte die Menge die Majestäten auf ihrem ferneren Wege zur Weftminsterabtei Die Scene, di« sich in der Nähe der Abtei bot, war glänzend Die ring« um da« Gebäude errichteten Zuschauertridünen waren carmoisinfarben und gelb dekoriert Von zahl reichen anderen hervortrrtenden Punkten hingen Flaggen und Dekoration«» mit Inschriften herab, wie: „Da« loyale Middlesex grüßt den König und die Königin", „Lange lebe der König und di« Königin", „Gott segne unseren König und unsere Königin" — Die Mitglieder der deutschen Kolonie und der Presse hatten sich auf ter Terrasse der deutschen Bot schaft versammelt und wurden hier vom Botschafter be grüßt. Die Mall war hinter dem Truppenspalier von einer festlich gestimmten Menge dicht besetzt In der ersten Abteilung der Prozession befanden sich die fürst lichen Gäste; Prinz und Prinzessin Heinrich saßen im vorletzten Wagen und wurden von der Menge und den Anwesenden auf der Terrasse der deutschen Botschaft mit lebhaften Hurrarufen begrüßt Der Krönungs wagen bot einen prächtigen Anblick. Di« breiten Gla«- senfter ermöglichten den vollen Anblick de« König» und der Königin, die beide augenscheinlich gehobenster Stimmung waren und unablässig grüßten Die Be geisterung der Menge war unbeschreiblich, die Zuruf« betäubend Ueberall wurden Hüte und Tücher geschwenkt. Ganz« Scharen versucht««, auf d«n Außenseiten der Zu schauerreihen mitzulaufe» Im übrige» herrschte muster hafte Ordnung Inzwischen hatten in der Abtei um 11 Uhr 15 Mia. die höchsten Würdenträger ihre Plätze in der Nähe de» Throne» eingenommen Der Herzog von Deooashir« trug di« Kron«, d«r Marqui» von Londondtrry da« Schwerk; fi« waren begleitet von de» Premierminister Balfour und gefolgt voa dem Lordkanzler und dem Herzog von Fis« Der Erzbischof von Canterbury nahm inzwischen seinen Platz mit dem Angesicht gegen da» Schiff ein. Die Königin, deren Schleppe von acht Pagen getragen wurde, nahm auf dem Throne der Königin Platz und wurde von den Schülern von Westminster mit dem Rufe „Vivat ksgina ^Isiaoära" begrüßt Altdana kündigte die Musik die Ankunft de» König« an, der von der Versammlung, die sich erhob«» hatte, mit dem Rufe „Vivat ksr Länaräus" begrüßt wurde. Der König trug den königliche» Etaat«ornat und war be gleitet von Edelleute», die di» Rraalirn trugen, und von anderen Würdenträger«. Der König schritt sodann auf den im Vordergrund de« Throne« befindlichen für ihn bestimmten Sitz zu, verbeugte sich vor der Königin und kniete zum Gebete nieder. Hierauf fand die Zeremonie de« Rekognition unter wiederholte« stürmischen Zurafen und schmetternden Fanfaren statt Al»dana folgte die Kommunion. Der König kniet« während dieser nieder und empfing die Salbung. Er wurde so dann mit dem Reichtischwerte gegürtet und »ahm di« Zeichen seiner königlichen Würde entgegen Die Ver lesung de« Evangelium« hörte der König stehend an und beantwortete die während der Zeremonie an ihn gerichteten Fragen mit fester, durch da« ganze Gotte«- hau« vernehmbarer Stimme Alsdann vollzog er di« Unterzeichnung de« Eide« Die Krönung der Königin erfolgt« um 12 Uhr 56 Mm Kurz nach 1 Uhr war dir heilig« Handlung beendet Der Erzbischof von Canterbury, dessen Stimm« tiefe Bewegung erkennen ließ, schien unmittelbar, nach dem er dem König die Krone aus« Haupt gesetzt hatte, einer Ohnmacht nahe zu sei« und mußte, gestützt auf den Erzbischof von Kork und zwei ander« Bischöfe, einen Augenblick weggrführt werden Er erholte sich jedoch nachher wieder in aulreichendem Maße, um di« Ceremonie zu Ende zu bringe« Nach der Krönung de» König« kniete der Erz bischof voa Canterbury nieder, um dem König den Huldigung«eid zu leisten; der König mußte dem Kirchmfürstrn mit der Hand beim Aufstehen behilflich sein Hierauf leistete der Prinz von Wale« dem König den Huldigung«eid und küßte die Hand seine» Vater« Dieser umarmte darauf seinen Sohn Dann leistete der Herzog von Norfolk und die übrige» Vertreter der emzelnen Rangstufen de« "Adel« den Huldigung«eid Nach Schluß de« Gott«»dienste> fiel ein leichter Regenschauer, der jedoch nach einige» Minuten wieder aufhörte Das König»paar v«rli«ß um 2 Uhr 6 Min. die Abtei, von der Bolkrmenge wiederum mit begeisterten Zurufen begrüßt. Die freudige Erregung, die bereit» am frühen Morgen in den Straßen der Stadt herrscht«, ließ auch in de» späteren Stunden de« Tage« nicht nach; überall läuteten die Glocken; dir Menge in den Straßen war noch größer al« man erwartet halt« Ihr Enthusiasmus war so groß, daß sie an zwei Stellen die Spalier bildenden Truppen durchbrach, um den König bester sehen zu können Die Truppe» hatten jedoch keine Schwierigkeit, bald wieder ihr« Reih«» zu schließen, so daß die frühere Ordnung wiederhergestellt wurde. Die Kundgebungen de« Publikums vor dem Palast nach der Rückkehr der Majestäten waren so stür misch. daß der König und die Köniam auf dem Balkon Lunss und Wissenschaft. Königs. Opernhaus. — Am 10. d. Mt« : „Tann häuser und der Sängerkrieg auf Wartburg". Große romantische Oper in drei Akten-von Richard Wagner. Am gestrigen Abend wurde die neue Spielzeit im Königl Opernhause mit einer Vorstellung de« „Tann häuser" eröffnet, die nicht in allen Einzelheiten den geschloffenen Charakter der von unserem Königl In stitute gewohnten Darbietungen de« Werke« zeigte. Immerhin jedoch war die Stimmung im Hause eine lrbhafte, und die aursührenden Künstler wurden an den Aktschlüssen mit reichem Beifall begrüßt. Die Venu« sang da« neu in den Verband der Hofiheater ein- aetretene Frl Riza Eibenschütz mit musikalischer Sicherheit, geschmackvollem Vortrage und frischer, wenn auch durch da« beständige Flackern de« Tone«, da« namentlich in der Auftritt«scene bi« zum Tremolieren gesteigert wurde, beeinträchtigter Tongebung; da» Spiel der Künstlerin war wohlabgerundet und ver riet die Beherrschung darstellerischer Mittel Al« Elisabeth versuchte sich von neuem, allerdings noch nicht in völligem Gelingen Frl. Krull; die not wendig« Vertiefung in der Darstellung und die zu nächst noch mangelnde völlige Beherrschung de« Gesang pari« wird «ine hoffentlich nicht zu ferne Zukunft der Künstlerin bringen Hr Anthe», im ersten Akte in frischer stimmlicher Verfassung, gab sich von allem An- fange her so s«hr au« dem Vollen, daß schon zu An fang de« zweiten Akte« eine beträchtliche Ermüdung wahrnehmbar wurde, die sich zusehend« steigerte und selbst nicht durch da» aulgezeichnete, ttesvurchdachte Spiel de« Künstler« wettgemacht werden konnte Hr« Höpfl» Wolfram vermochte so wem« wi« Hrn Rain«' Land, «ras die Erinnerung an Perron - Scheidemantel und Wachter zn verwischen Zwischen den Sängern auf d«r Bühne uno oem Orchester y«»rschre an mehr al» einem Punkte in der gestrigen Vorstellung kein volle« Ein vernehmen, namentlich wurde diese Unsicherheit in den Finalen de« ersten und zweiten Aktes unerfreulich wahr nehmbar. Die musikalische Leitung de« Werke« lag in den be- währte» Händen de« Hrn Generalmusikdirektor« v Schuch. W. Dg«. Ceutraltheater. Am S. d. Mt« . „Die größte Sünde". Drama in fünf Akten von Otto Ernst (Zum ersten Mal«) Diese Arbeit, da« dramatische Erstlingswerk de« in zwischen zu Ansehen gelangten Dichter«, wurde von dem Unterzeichneten bei seinem ersten Erscheinen im Jahre 18S5 wie folgt beurteilt: E« wäre ungerecht und der ernsten Kritik unwürdig, wollte sie über der Sache die Person vergessen. So mag e» denn, ehe auf den Inhalt de« vorliegenden Drama« näher eingegangen wird, anerkannt sein, daß der Verfasser de« Werke« zwrifello» ein begabter Dichter ist: er besitzt eine starkentwickelte poetische Individualität u«d hervorragende dramatische Gestaltung«kraft. S«ine Personen find keine jener unwahrscheinlichen Figuren, wie sie oft nur in der Phantasie de« Dichter« existieren, sondern sie stehen in plastische, Wirklichkeit vor dem geistigen Auge de« Leser« 8«i»e Sprach« ist gehaltvoll und ebenmäßig, ja fi« erhebt sich an manchen Stellen zu lyrischem Schwung« und verlint sich s«lbst dort, wo sein« Person«« im Stadium d«S Aff«kt« rrde», nicht in verletzrnde Maßlofigkrit Wi« lchadr, daß seine Phrntafie in so krankhaft^inseitiger Weise au»schw«ift, daß man ihn vom Standpunkte de« christlichen Staat«- wrsen» al« gefährlich bezeichnen müßte, wenn mo» nicht wüßte, daß di« atheistischen Ideen, die «r dichterisch verficht, nimm«,- mehr zu ri»«r allgemeinen W«ltanschauung durchdringe», sondern stet» nur eine ephemere Erscheinung bleibe» wero»n Li« Verarmung ver (Loiiesivee ist, wie un« die Geschichte beweist, stet« in Zeiten sittlichen Verfall« heroorgetreten, so in Griechenland nach der Zeit de« Perikle«, in Rom nach de« Augustu« Zeit, im Mittel- alter bei dem sittlichen Verfalle de« Kleru« und der Laien und zuletzt in der sittenlosen Zeit vor Ausbruch der ersten französischen Revolution Auch jetzt geht die Welt wiederum mit Riesenschritten einem tiefen sittlichen Verfalle entgegen, und wiederum zeigt sich als dessen Folgeerscheinung da« Hervortreten de« AtheiSmu« E« ist da« stolze Vertrauen auf die Kraft de« Ich«, wie e« der Menschheit in der Zeit des Wachsen« der physischen und geistigen Kräfte eigen zu sein pflegt, daß eS die Ohnmacht und Nichtigkeit der menschlichen Natur vergißt. Der Mensch will in einer solchen Zeit nicht begreifen, daß alle« Irdische de« Keim de« Todes und der Vergänglichkeit in sich trägt; die drängende Krast, da« kühne Selbstvertrauen in ibm erfüllt ihn mit der Zuversicht zu einem Streben in« Unendliche. Immer ist e« daher die Jugend, die zur Irreligiosität geneigt ist, die da« Dasein einer höheren Macht leugnet, oder doch wenigstens so handelt, al« sei fi« -nicht vorhanden. Erst die Erfahrung de« Leben« dämpft den lodernden Feuergeist, erschüttert da« übermütige Vertrauen auf die Kraft de« Ich«; erst in der Reise fängt de, Mensch an, nach jene, Macht zu such««, die uasere Unvollkommen, h«it zu ergänzen vermag durch die Fülle ihrer All gewalt, di« un« Trost geben kann im L«id, Stärkung, wenn wir un« klein und schwach fühlen, Beruhigung, wenn unser Gewissen un« belastet, Mut. wenn un« Furcht bedrängt, und Hoffnung, wenn wir verzage» wollen Da« ist die religiös« Stimmung, in d«r wir un« zu dem Gedanken von Gott erheben, die Quell« der natürlichen Religion Di« stürmend«, drängend« Kraft in ihm, der kühn« Stolz d«S Ich« ist e« auch, der den Helden diese« Drama« zu» Apostaten gemacht hat E, ist «in« durch««» edrl angrl«gte Natur, rrfüllt von innigem MugrsUhl für d»e Schwächen de» Mensch«»- geschlecht», aber irr« geworden am Glauben durch falsch« Lehren. Mit dem ganzen glühenden Enthusiasmus der Jugend kämpft er gegen Religion und Kirche; er ver wirft die priesterliche Trauung, Taufe und Konfir mation; er eifert gegen alle, die ihr Haupt in Demut vo, Gott beugen, und nennt sie Unmündige, Knechte, gewohnheitsfeige Menschen Vergeben« ermahnt der einzige Freund, den er besitzt, der selbst frei denkt über den Wert der Religion, abzustehen von seinem „be schränkten, enggeistige« Fanatismus"; vergeblich fleht sein Weib, daS um ihrer Liebe willen ihm au« Glanz und Reichtum gefolgt ist in Not und Elend, in die Ehe, der der Segen der Kirche fehlt, zur Umkehr — er airbt den unsinnigen Kampf nicht auf Sein Kind stirbt — ungetauft, sein Weib, voa G«wiffen«biffen gemartert, verfällt in schwere Krankheit, siecht dem Tod« entgegen, und wenn er sich nun auch, um seiner Lieb« zu ihr willen, zur kirchlichen Einsegnung herbeiläßt — e« geschieht nicht au« Ueberzeugung, sondern es ist der Preis, den er zahlt, um da« Leben der Geliebten zu erhalten Aber die Stunde kommt, in d«r da« Gefühl der für sie erkauften Schmach die einstige Liebe er sticken will, in der er ihr zuruft: „Um deinetwillen habe ich die Menschheit in mir besudelt, bin ich zum Juda» an meiner Ueberzeugung geworden!" Da rafft sie sich auf in einem plötzlichen Entschlusse; sie weiß, daß er thun wird, wa« Juda« that, al« er den Herr« verraten hatte, und sie fleht zu ihm, daß er sie mit sich führe in jene« Land, voa wo e« kein« Wiederkehr giebt Wa« die vorstehenden Ausführungen in bezug auf den Inhalt de« Drama« anbelangt, so ist der Stand- punkt, auf d«m wir vor sieben Jahren standen, heut« »och genau dersrlb«. Nur hinsichtlich der inzwischen er folgten bühnenmäßigen Umarbeitung de« Werke« bedarf di« damalig« Kritik einer Ergänzung Si« fällt nicht zum Vorteil« der Dichtung au«, denn e« muß in ihr
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