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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.08.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-31
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960831016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896083101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896083101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-31
- Monat1896-08
- Jahr1896
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BezugS-PreiS I» d« Hauptexpeditko» oder den tm Stadt. be»trk and den Bororten errichteten Au»« aovestellen abgebolt: vierteljährlich oei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus b.SO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ü.—. Directe tägliche Kreuzbandsenüuug int Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-Aosgab« erscheint um '/,? Uhr, di« Abend-Autgabr Wochentags um b Uhr. Nedartton und Erpeditiou: Johan«es«asfe 8. Die Expedition ist Wochentags unnnterbrochea «s^ikttt von früh 8 bi« Abends 7 Uhr. Filialen: Dtt« Klemm'» Sortim. (Alfred Hahn). Universität-straße 8 (Paulinum), LoniS Lösche, lkaibannenstr. 14, vart und Königsvlad 7. Morgen-Ausgabe. UtWigkr Tligtblalt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes nnd Polizei-Amtes -er Stadt Leipzig. Anzaigen'PreiS die 6 gespaltene Petitzeile L0 Pf-, Reclamen unter dein Redactionsslrich (4gk- spalten) 50»j, vor den Faimliennachrichte« (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preil- vrrzeichniß. Tabellarischer und Ziffern:«) nach höherem Tarif. Extra-Vcilagrn (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbrsörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Busgabe: Vormittags 10 Uhr. Marge n-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eia» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die EL-edition zu richten. Druck und Verlag von T. Polz in Lelvsig 442. Jahrgang. Montag den 31. August 1896. Für ^SpLSirAi»^ kann das Leipziger Tageblatt durch alle Postanstalten des deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns zum Preise von 2 bezogen werden. In Leipzig abonnirt man für 1 65 mit Bringerlohn 2 und nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspeditenre die Hauptexpedition: Johannesgasse 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Univcrsitätsstrasje 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 35 Herr k. 0. Kittel, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 1 Herr ^I'Iieo6. keter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethestrasie) Herr liei'in. Neelie, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Ttraste(Thomasiusstras;en-Ecke) Herr Ottokrruix, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr kiiuurii Üet/.er, Colonialwaarenhandlung, Marschnerstraste 9 Herr Kaul Kebieiber, Trogengeschäst, Nürnberger Straste 45 Herr Ll. k. ^idreekt, Colonialivaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Itobert Kleiner, Zweinaundorser Straße 18, - (Connewitz Frau Kindler, Hermannstraße 23, I. - Eutritzsch" Herr ködert 4itner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - (Hohlis Herr ködert 4I1uer, Buchhandlung, Lindeuthaler Straße 5, - Lindenau kinüner sc Kei^t, Wettiner Straße 51, Ecke Waldstraße, Buchbinderei, - Neustadt kedeit's ^nnoneen-kxpeüition, Eisenbalmstrnße 1, Peterskirchhos 5 Herr Llux Xiertli, Buchbinderei, Ranftfche Gasse 6 Herr kriedr. Ki8ei»er, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. kn^dinunn, Colonialwaarenhandlung, Schützenstraste 5 Herr -Int. 8eilüniieiten, Colonialivaarenhandlung, ELestplatz 32 Herr k. Dittrie!», Cigarrenhandlung, 2)orkstraste 32 tEcke Berliner Straße- Herr 0. Keduy, Colonialwaarenhandlung, Meitzer Straste 35 Herr V. Küster, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr ^1. Ki'iitxinnnn, Zschochersche Straße 7 a, - Reudnitz Herr >4. kuLinnnn, Aiarschallstraße 1, - - Herr kernd. Rtützengeschäit, Leipziger Straße 6, - Thonberg Herr K. küntsvit. Reitzenhainer Straße 58, - Bolrniarsdorf Herr K. 4. >rlrittn»llu, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Amtlicher Theil. Gcwölbc-Vcrmictbnng. In dem Kaufhause (altes Gewandhaus) sollen die folgenden, an der Universitätsstraße gelegenen Verkaufsgewölbe vom 1. Oktober d. I ab auf 6 Jahre vermiethct werden, und zwar Gewölbe Nr. 47, neben der Durchfahrt gelegen, ca. 73,4 gm groß, nebst dem darunter im Kellergeschoß gelegenen Lager räume, ca. 63,8 gm groß, Gewölbe Nr. 48, ca. 95,7 qm groß, nebst dem ebenda ge legenen Lagerräume, ca 87,5 gn> groß, Gewölbe Nr. 50, an der Ecke der Universitätsslraße und dem Kupsergäßchen gelegen, ca. 87,7 gm groß, nebst ca. 82,0 qm großem Lagerräume. Miethgesuche werden auf dem Rathhause, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, entgegengenommen. Leipzig, den 27. August 1896. Tcr Rath -er Stabt Leipzig. Or. Georgi. Krumbiegel. Bekanntmachung. Die Ausgabe der Karten für diejenigen Syuagogenplätze, welche die bisherigen Inhaber für das neue Synagogenjahr zu behalten wünschen, findet Montag, den 31. August, Vormittags 11—12 Uhr, in dec Gemeindekanzlei (Synagogengebäude, eine Treppe hoch) statt. Die Abholung dieser Karten muß bis spätestens 31. August, Mittags 12 Uhr, erfolge»; über die bis dahin nicht in Empfang genommenen Karten wird anderweitig verfügt. Wir bitten, bei Empfangnahme der Karten die bisherige» Karten und die diesjährigen (Hcmeindesteilcrqnittungcn vorzulegen. Leipzig, 28. August 1896. Der Vorstand der Israelitischen RcligionSgemcinde zu Leipzig. Sparcafscngclder hat sofort oder später zu 4 Proccnt auszuleihcu der Stadtrath z» Roßwein. Einzureichen Besitzstandsverzeichniß, Brandcasjen- schein und Grundbuchsfolienauszug. Vas Lustlayer und die Parade der sälMchen ^rmee bei Geithain im Juni 1730. Bon Otto Moser. Wie mehrfach berichtet, wird bevorstehenden 3. September eine, die Manöver deö sächsischen (XII.) Armeecorps ab schließende Kaiserparade statlsinden, zu welcher man die Ebene bei Zeit dain an der Elbe ansersehen bat. Es ist dies dasselbe Terrain, auf welchem vor l66 Iakreu das be rühmte Eampement abgehallen wurde, während dessen König August der Starke bewundernswerthen lplan; und Luxus ent faltete, in der Hauptsache aber damit die Absicht verband, der Welt die von ihm nach französischem Muster vollzogener Reorganisation seines Heeres vor- zufiihren. Und in der Thal war diese Reorganisation zur dringenden Nothwendigkeit geworden, insofern die Zeitläuse und die mililairischen Reformen anderer Mächle sie er heischten und der vorbergegangene für König August so demüthigende nordische Krieg sie rechtfertigte. Der Entwickelungsgang der Streitmacht des Landes hatte im Laufe der Jahrhunderte manche Phasen durchgemachl. Bor Einführung der stehenden Heere war das sächsische Militair blos auf eine Leibwache der Fürsten und wenige Besatzungs compagnien, theils in der Residenz, theils in den Festungen Wittenberg, Pleißenburg, Königstein, Sonnenstein, Stolpen und Senftenberg, beschränkt. Wenn es in jenen Zeiten zum Kriege kam, erfolgte ein allgemeines Landschaflsamgebot, wo der Adel zu Pferde und das Stadt- und Landvolk zu Fuß, jedes auf seiner Gemeinde Kosten, dienten und eine unvoll kommene Armee ausmackten, die, wo nicht nach jedem Feld zuge, doch wenigstens nach jedem Frietensschluß wieder aus einander ging. Inzwischen unterhielten die ersten Laudes fürsten immer einige wohlversuchle Kriegsleute in bleibender Bestallung. Sie batten auch schon, von 1486 an, einen oder mehrere Kriegsräthe, mit einer militairiscben Ebarge be kleidet, in ihrem Hofratbscolleginm, mit deren Zuziehung alle kriegerischen Angelegenheiten besorgt werden mußten. Die Leibwache der Kurfürsten bildete das sogenannte reisige Hofgesinde, welches jedoch keine Leibgarde im heutigen Sinne des Wortes, kein geschlossener Truppenkörper war, sondern sich aus Kriegsleuten aus dem Stande der Fürsten, Grafen und Herren zusammsnsctzte, welche die Um gebung des Kurfürsten bildeten, nebst einem geringen Troß von „einspännigen Knechten" oder Reitern, die nur mit einem Pferde dienten. Die unter diesem reisigen Hofgesinde vorkommenden Fürsten waren meistens junge Herren, die ihre ritterliche Ausbildung am Dresdner Hofe empfingen, während die Grafen und Herren vorzugsweise dem inländischen hohen Abel, wie den Grafen Schwarzburg, Mansfeld, Barby, Solms, den Reußen, Herren von Plauen, den Herren von Schönburg ond den Schenken, Herren von Tautenburg, an- gehvrten. Doch finden sich unter denselben auch die Namen fremder Grafen und Herren, wie die der Waldeck, Oldenburg, Hohenlohe, Wartenberg, Scheftenberg und andere mehr. Den eigentlichen Kern ces reisigen Hofgesindes bildeten jedoch die Mitglieder der meißnischen, sächsischen und thüringischen Basallengeschlechter, welchen auch die unter dem reisigen Hofgesinde mit aufgeführten kurfürstlichen Rätbc fast ohne Ausnahme angehörten. Das reisige Hofgesinde befand sich als Begleitung des Kurfürsten auf seinen Kriegs zügen, Jagden und Reisen, nahm Theil an den Hof festen , Tänzen, Turnieren und anderen ritterlichen Ucbungen und hatte bei den vom Kurfürsten veranstalteten Festlichkeiten zugleich auszuwartcn. Den Oberbefehl über das reisige Hofgesinde führte der Hofmarschall. Ging der Kur fürst ins Feld, so ritt derjenige Theil des Hofgesindes, welcher nicht um die Person des Kurfürsten bleiben mußte, „unter der Rennfahne", mit welcher der Marschall jederzeit einen Tagesmarsch vorauseiltc, um den Platz für das Lager zu wählen, für die Berpflegung zu sorgen und überhaupt Alles auf das Eintreffen des Kurfürsten vorzubereiten. Anfänglich hakle daS reisige Hofgesinde keine oder dock nur sehr geringe Besoldung in baarem Gelde, dagegen vom Hofe Futter, Mahlzeit und Kleidung zu empfangen. Erft Kurfürst Moritz ließ wegen seiner vielen Kriegszüge, welche die Lieferung von Naturalien erschwerte, statt dieser eine Besoldung aus die Pferde in Geld eintreten; sein Nachfolger Kurfürst August stellte jedoch im Iabre 1563 die alte Einrichtung wieder her. Die ersten Soldtruppen führte Herzog Albrecht der Beherzte, Sohn deS Kurfürsten FriedrichdeSSanftmütoigen, ein. Er warb bald nach seinem Regierungsantritt im Jahre 1 185 auf Monate oder auch auf Iabre Kricgslcute und vcrstärtle sic mit den aus militairischem Fuße stehenden und von großen Städten unterhaltcnen Eompagnien, eine Einrichtung, die auch vom Kurfürsten Moritz beibekalten und verbessert wurde. Eine noch wichtigere Epoche in der mililairischen Organisation des Landes und ter Geschickte der säcksi'ckea Armee brachte aber die Rcgierungszeir Kurfürst Ioban: Georg's I., ch 1656, der bekanntlich an dem Dreißigjährigen Kriege sehr großen Änlbcil nahm. So wurde unter diesem Kurfürsten schon im Iabre 1613 das ein Jahr zuvor auf dem Landtage beschlossene sogenannte Defensiv ns werk eingerichtet, welches aus 9661 Mann Infanterie und 1593 Mann Eavallerie bestand, genau angegeben ans zwei Regi mentern Infanterie und zwei Regimentern Eavallerie oder Nillerpferden. Jedes Regiment Infanterie hatte ä Fäbndel zu 5,20 Mann, das Altkresdensche Fäbndel ausgenommen, welches nur 304 Mann stark war nnd mit dem Pirnaischcn und Freiberger zusammen die Besatzung von Dresden ausmackle. Jedes Regiment Eavallerie bestand aus sechs Eompagnien und war das erste 903 Pferde und das zweite 690 Pferde stark. Ferner findet sich bereits im Jahre 1619 eine sächsische Armee unter dem Eommando eines Grasen von Mansfeld, die zwar im Iabre 1622 säst zur Hälfte entlassen, aber schon 1632 unter dem Eommando ces Generals Arnim wieder auf 24 000 Mann gebracht und in sechs Regimenter Infanterie und sechs Regimenter Eavallerie eingetbeilt, im Jahre 1635 sogar noch etwas stärker, war. Nack dem Westfälischen Frieden, 1618, wurde diese Armee all mählich bis über die Hälfte abgedankt. Unter Kurfürst Jobann Georg I. wurden mehrere Kriegsbaumeister ange stellt, für die rcgulirte Miliz im Jahre l63l die ersten Kriegsartikel gegeben und 1634 eine eigene Kriegskanzlei errichtet, auch kommen im Iabre 1646 die ersten Ordonnanzen vor. Beim Regierungsantritt Kurfürst Johann Georg's II., -h 1680, findet sich die Truppenzahl ziemlich vermindert. Gleichwohl konnte der Kurfürst im Iabre 1673 ein Hilfs corps von 6500 Mann unter dem Eommando des Kur prinzen und nachherigen Kurfürsten Johann Georg HI. zur Feuilleton. Mein Ofenschirm. Humoreske vom Freiherrn von Schlicht. Nachdruck verboten. ^Sobald der Diener zu mir inS Zimmer trat und mir einen Brief brachte, bekam ich nervöse Zuckungen. Ich war Strvhwittwer, zum ersten Mal in meinem ehe lichen Leben lernte ich diesen Zustand kennen, der neben seinen großen Vortheilen auch unleugbare Nachtheile mit sich bringt. Die Trennung sollte nur eine kurze sein, in acht Tagen wollte ich meine Frau bei ihrer Mutter abholen, dort meinen Geburtstag feiern und am selben Abend wieder mit meiner Gebieterin in das eigene Nest zurückkehren. Selbstverständlich versprachen wir uns beim Abschied uns täglich mindestens zwei Mal zu schreiben, und wir hielten auch Wort — meine ,nau wenigstens. Aber während diese Briefe anfangs mein Eulzücken bildeten, singen sie allmählich an, mich zu quälen und um die Ruhe meines Lebens zu bringen. Ach, und die kleine Fran meinte es so gut. In der Freude ihres Herzens hatte sic mir im ersten Brief geschrieben, daß meine Schwieger mutter für mich ein wunderschönes Geburtstagsgeschenk habe — ich solle einmal rathen, was es wohl sein könne. Natürlich war das viel leichter gesagt als gethan, denn was kann man nicht Alles geschenkt bekommen? Die Zahl der Gegenstände ist so groß, daß ein Stotterer sie nie und nimmer aussprechen kann. So bat ich denn, wenn doch einmal gerathen sein sollte, um etwas nähere Angaben, besonders wollte ich wissen, ob eS etwas zu essen, trinken, rauchen oder zum Anziehen wäre. Es sei nichts von alledem, hieß es, es sei ein Luxusgegenstand, aber dennoch sehr nütz lich, fast unentbehrlich. Nun war der Kreis schon etwas enger gezogen, dennoch aber war es noch immer unmöglich, daü Richtige zu ratben. So erbat ich denn abermals nähere Angaben und schrieb, ich möchte gern den Anfangs- oder den Endbuchstaben des Wortes wissen, am liebsten natürlich beide und einige Buchstaben in der Mitte. Die Antwort lautete, das sei leiver nicht möglich, aber ein „i" käme in dem Worte vor, ob ick, es denn immer noch nicht wisse. Ich gestand offen und ehrlich meine Unwissenheit ein und bat, mir etwas über das Aeußere des geheimnißvollen Gegenstandes zu verrathen. Der Bescheid, den ich erhielt, ging vahin, das Geschenk sei wenigstens viermal so lang als es breit sei, eö wäre aus Holz, Leder und Tuch gefertigt. Wenn ich es nun noch nicht wüßte, wäre ich wirklich zu dumm. Natürlich wollte ich diesen Vorwurf nicht auf mir sitzen lassen und telegraphirte sofort: „Hurrah, ich Habs. Eine Chaiselongue." Aber schon nach einer Stunde hatte ich die Antwort: „Ganz falsch". Nun fing ich an, unruhig und nervös zu werden, ich dachte an nichts Anderes als an dieses unbekannte L, mit dem ich gequält und gepeinigt wurde, und nur mit Widerstreben öffnete ick schließlich die Briefe meiner Frau, die stets eine Variation über dasselbe Thema waren. Als ich es endlich gar nicht mehr aushalten konnte, that ich, was ich schon längst hätte thun können, ich wandte mich an einen Freund und klagte ihm mein Leid. Kopfschüttelnd hörte er mir zu: „Was ist mindestens viermal so lang als breit und enthalt in seiner Benennung ein „i"? Ich denke, daS kann nur eins sein." „Und daS wäre?" fragte ich frohlockend. „Eine Irrenanstalt", antwortete er — und nun gab ich es auf, das Räthsel zu lösen. So kam mein Geburtstag heran, und Jeder kann sich vorstellen, mit welcher Ungeduld ich dem Augenblick der Be- sckeerung entgegensah, nachdem ich meine kleine Frau und meine Schwiegermutter begrüßt hatte. Aber ich mußte noch etwas warten, der Eonditor hatte den Kuchen noch nicht geschickt, und als er kam, mußten die Lichter noch befestigt und angezündet werden, und als nun endlich für mich ge klingelt werben sollte, fehlte die Glocke. Um der Pein ein Ende zu machen, schlug ich selbst in der Eßstube das Gong- Gong und betrat dann, gefolgt von meinen Damen, den Saal, in dem die Geschenke für mich aufgebaut waren. Mit schnellem Blick überflog ich die zahllosen Gaben, die da vor mir lagen — welche von allen mochte da« große Gehrimniß sein? Da lagen manche Sachen, die viermal so lang als breit waren und deren Bezeichnungen ein „i" enthielt — ein s Eigarrenetui für holländische Cigarren, ein neumodisches Portemonnaie von der Gestalt einer Ziehharmonika und sonst noch Mancherlei, aber so schön diese Dinge auch waren, so schienen sie mir doch die Leiben nicht Werth zu sein, die ich in den letzten acht Tagen auSgestanden hatte. „Aber freust Du Dich denn gar nicht, Du bist ja so still?" klang da die Stimme meiner Frau an mein Obr. — „Wie kannst Du nur so fragen?" gab ich zurück, „natür lich freue ich mick riesig — aber Kind, nun zeig' mir mal das berühmte Geschenk, mit dem Du mich so lange ge- quälst hast." „Aber hier steht es ja doch", lautete die Antwort, und meine Frau zeigte auf einen Pbotographierabmcn, sowohl an Fatzon als an Arbeit das Grausigste, was ich je gesehen balle, nach meiner Meinung konnte das Ding keine fünfzig Reickspfennige gekostet haben. „Wirklich sehr, sehr hübsch, meine liebe Schwiegermama", sagte ich und küßte dankbar die Hände der gütigen, alten Frau. Aber im Innern war ich arg enttäuscht und ich vermochte dies nur schlecht zu verheimlichen, als wir endlich in daS Eßzimmer gingen, um zu frühstücken. Wie stets, wenn ich mick in diesem Saal befinde, ließ ich auch dieses Mal meine Blicke bewundernd umbersckweifen und erfreute mich an den vielen alten Krystall- und GlaSsacken, die cie Borde zieren. Da entdeckte ich etwas, was mir bei meinen früheren Besticken noch nicht ausgefallen war. Neugierig erhob ich mich von meinem Platz. „Ich bitte um Verzeihung, aber den Ofenschirm muß ich mir erst mal ansehen, das Ding ist ja wundervoll!" Ich trat an den Kamin uud betrachtete aufmerksam den Gegenstand meiner Neugierde. Der Rahmen des guk zwei Meter hoben und etwa einen halben Meter breiten Ofen schirms bestand aus dickem, gepreßtem Leder, auf dem wunder volle Ornamente eingebrannt waren. Die Füllung deS Rahmens war ein großes Stück grünen Atlasses mit ein gepreßten Heiligenbildern — wie ich später erfuhr, vor vielen Jahren mit großen Kosten in Rußland bei dem Besuch eine- Klosters erstanden. Gleichsam den Kopf deS Ofenschirm bildeten viele, alte, geschnitzte kleine Engelsfiguren. „Aber Liebste, wo hast Du denn da« wieder aufgetrieben?" fragte ich voller Bewunderung, „da- ist ja geradezu herrlich." „So, gefällt er Dir?" klang es zurück, „na, dann muß ich ibn Dir wohl noch zum Geburtstag schenken." „Tu bist aber auch wirklich zu dumm", brach meine Frau mit Hellem Lachen loS, „dies ist doch natürlich das große Geheimniß, von dem ich Dir schrieb! Daß Du darauf aber noch nicht gekommen bist." Ich war starr, vor Freude keines Wortes fähig, uns erst später gelang es mir, meinen Dank zum Ausdruck zu bringen. Abends um acht Uhr wollten wir mit dem Schnell;» ; abreisen, und um sieben Uhr begannen wir unsere Sache» einzupacken. „Und den Ofenschirm nehmen wir mit ins Coupö", sag:, meine kleine Frau. „Natürlich", bestätigte ich lachend, „den nehmen wir mir in das Coups." Um ein halb acht Uhr fuhr der Wagen vor, der uns zum Bahnhof fahren sollte, und nun gmg das Absckiec- nehmen los. Mutter und Tochter hatten sich noch im letzten Augenblick soviel zu sagen, sich gegenseitig noch an so viel zu erinnern, einander für dritte Personen noch soviel Grüßc aufzutragen, daß ick schließlich voran ging und in den Wagen stieg. Endlich erschien auch meine kleine Frau und ich wollte gerade dem Kutscher zurufen, er solle losfahren, als plötzlich Bertha, das sckwiegermütterliche Dienstmädchen, in der Hauslhür erschien, in beiden Händen den gewaltigen Ofen schirm tragend. „Geben Sie nur her", rief meine Frau, indem sie die Hände ausstreckte „wir nehmen ihn in den Wagen." Ich glaubte, der Schlag sollte mick rühren. „Aber Kind, so mach doch keine Scherze", bat ich endlich, „wir müssen uns beeilen, wenn wir noch rechtzeitig zur Bahn kommen wollen." Inzwischen hatte meine Frau, ohne auf meine Worte zu achten, versucht, den Schirm in den Wagen hinein- zunebmen. „Es geht nicht", klagte sie endlich. „Natürlich geht e« nicht", versetzte ich, „selbst die Diagonale unseres Vehikels hat keine zwei Meter." „So laß uns den Wagen offen machen und den Schirm hinstellen", bat meine Frau.
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