Delete Search...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.04.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-06
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030406024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903040602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903040602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-04
- Tag1903-04-06
- Monat1903-04
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Bezugs «Preis t» d«r Hauptexpedition oder deren Ausgabe» pellen abgeholt: vierteljährlich ^il g.—, bel zweimaliger täglicher Zuteilung in» Hau» 8.7V. Durch die Post vezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.K0, für di« ilbrigeu Länder laut Zrttung-pretSlist«. Ledaktion und Lrpe-ilio«: JohanniSgasse 8. Fernsprecher 1V3 und 222. Fitiatevpeditions« r Alfred Hahn, Buchhaudlg., UuiversitätSstr.S, L. Lösch«, Katharinenstr. 14, u. KüutgSvl. 7. Haupt-Filiale Vres-en: Marienstraße 84. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. Haupt-Filiale Serlin: Aarl vuncker, Herzgl. Bayr. Hosbuchhandlg^ Lützowstraße 10. Fernsvrecher Amt VI Nr. 4603 Abend-Ausgabe. MpMer TaMaü Anzeiger. Ämtoblalt des Hönigkichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiaintes der Ltadt Leipzig. Anzetgeu.Prei- die 6 gespaltene Petitzelle LS Reklame, unter dem RrdaktionSstrich (4 gespalten) 7V vor den Familien nach richten (6 gespalten) VO Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend HSHer. — Bebübreu für Nachwrisungru und Offerteuauuahme 2K (rxcl. Porto). Srtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Marge»-Ausgabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit PostbesSrderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Au-gab«: Bormittag» 10 Uhr. Marge»-Au-gab«: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stets an di« Expedition za richten. Die Expedition ist Wochentag» unuuterbrochen geöffnet von srüh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 175. S7. Jahrgang. Montag den 6. April 1903. PoMische Tagesschau. * Leipzig, 6 April. Zolltarif vnd Wiederbelebung des Erwerbslebeus. Die aufsteigende Bewegung in den Eisenbahnein nahmen, welche die Wiederbelebung des ganzen Er werbslebens widerspiegelt, hat genau zu derselben Zeit begonnen, in der durch die Einbringung des Antrags Kardorff die Verständigung der Reichstagsmehrheil unter sich und mit den verbündeten Regierungen über die Zolltarifvorlage besiegelt und deren baldige Verabschiedung in sichere Aussicht gestellt wurde. Dieses zeitliche Zusammentreffen war jedenfalls kein zufälliges. Mehr denn sonst gilt hier das Wort: post Koo. er«c> proptsr sioo. Unter den Momenten, welche den Unter- nehmungsgeist lähmten und die Wiederbelebung der in dustriellen und kommerziellen Tätigkeit hemmten, spielte, wie von allen Seiten anerkannt wird, die völlige Un sicherheit über die handelspolitische Zukunft Deutschlands, über die Gestaltung seiner handelspolitischen Be ziehungen -um Auslände eine hervorragende Rolle. Unter dem Drucke dieser Unsicherheit erlahmten alsbald alle aufwärts und vorwärts gerichteten Bestrebungen wieder. Dieses drückende Gefühl der Unsicherheit ist mit der Entscheidung über die Zolltarifvorlage geschwunden oder doch so gemildert worden, daß es die frühere läh mende Wirkung nicht mehr ausübt. Daß die Verab schiedung der Zolltarifvorlage eine beruhigende und den Unternehmungsgeist belebende Wirkung haben würde, ist in den schutzzöllnerischen Kreisen der Industrie nie mals bezweifelt worden. Aber auch die mit den Verhält- nifsen und Bedürfnissen der heimischen Industrie ver traute Minderheit des Ausschusses des Handelsvertrags vereins ging bei ihrer Anregung, die Opposition gegen die Zolltarifvorlage fallen zu lassen, von der Ueber- zeugung aus, daß mit deren Annahme der lähmende Druck von dem Untcrnehmungsgeiste genommen werden würde. Jetzt müssen sogar Blätter, welche seinerzeit auf Setten der Obstruktion gegen das Zustandekommen der Zolltarifvorlage gestanden haben, in ihrem Handelsteile zugestehen, daß die unbestreitbare Wendung zum Bessern in unserem Erwerbsleben nicht zum wenigsten von der Wiederherstellung des Vertrauens in die günstige Ent wickelung unserer Handelsbeziehungen zum Auslande infolge deS Zustandekommens der Zolltarifvorlagc her- rtthrt. Bei den nahen Beziehungen der Presse zu den jenigen Zweigen unserer Industrie, deren Schwerpunkt in der Ausfuhr liegt, darf hiernach angenommen wer den, daß man auch in diesen Kreisen sich der zuversicht lichen Ueberzeugung hingibt, auf der Grundlage der Zolltarifvorlage werde sich in naher Zeit die Neuregelung unserer zoll- und handelspolitischen Beziehungen zum AuSlande durch langfristige und den Bedürfnissen deS Handels- und Erwerbslebens entsprechende Handels verträge vollziehen. Wird hiernach nicht ernstlich be stritten werden können, daß der Anstoß für die Besserung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere die Wiederbelebung von Industrie und Handel, von dem Zustandekommen der Zolltarifvorlage auSgtng, so erhellt, ein wie hohes Verdienst sich die auf den Antrag Kardorff vereinte Reichstagsmehrheit um die Beseitigung der Ab satzstörung und der damit zusammenhängenden schweren Nachteile für unser ganzes Erwerbsleben erworben hat. Und nicht bloß Industrie und Handel sind dieser Mehr heit zu Danke verpflichtet, sondern vor allem auch die Arbeiter, denen aus der Besserung der wirtschaft lichen Verhältnisse die Sicherung und Vermehrung ihrer Arbeitsgelegenheit, sowie die Aussicht auf steigende Be wegung der Arbeitslöhne erwachsen. Hätte die Obstruk- tion gesiegt, so wäre selbstverständlich das Gegenteil ein getreten. Die Unsicherheit unserer handelspolitischen Zukunft wäre nur noch größer und der von ihr aus geübte Druck auf den Unternehmungsgeist nur noch schwerer geworden. Wenn bisher vielfach die Industrie mit Opfern ihren Arbeitern Arbeitsgelegenheit und Ver dienst erhalten hatte, so würde dies schwerlich auf die Dauer möglich gewesen sein; man würde vielmehr mit Bestimmtheit auf weitgehende Arbeitercntlassungen und Lohnherabsetzungen haben rechnen müssen. Dies wäre die unzweifelhafte Folgeerscheinung eines Sieges der von den Sozialdemokraten insceniertcn Obstruktion gegen den Zolltarif gewesen, während umgekehrt jetzt durch die Ueberwindung dieser Obstruktion den Arbeitern nicht nur ihre jetzige Arbeitsgelegenheit und ihr jetziger Ar beitslohn gesichert, sondern auch die Aussicht auf eine Besserung ihrer wirtschaftlichen Lage eröffnet wird. Auch hier also zeigt sich wieder einmal deutlich, daß die Sozialdemokraten, die vorgaben, die Interessen der Arbeiter zu wahren, in Wirklichkeit durch ihre Parteibcstrebungen diese Interessen aufs schwerste zu schädigen im Begriff waren, während umgekehrt die jenigen bürgerlichen Parteien, die von den Sozialdemo kraten mit Vorliebe als Ausbeuter und Profitwucherer bezeichnet werden, die wirtschaftliche Lage unserer Ar beiter nicht nur gesichert, sondern auch die Grundlage für eine weitere Besserung derselben geschaffen haben. Wie unser gesamtes heimisches Erwerbsleben, wie Land wirtschaft, Industrie und Handel, so müssen es vor allem auch die deutschen Arbeiter der Reichstagsmehrheit Dank wissen, daß sie trotz der obwaltenden Schwierig- ketten und trotz deS letdenschafltchen Widerstandes der Obstruktionsparteien mit Entschlossenheit die Zolltarif vorlagc unter Dach gebracht haben. Polen vnd Zentrum. Wie der Bund der Landwirte seinem allzu nachsichtigen konservativen Nährvater über den Kopf gewachsen ist und nun mit Undank die jahrelang genossenen Wohltaten vergilt, so zahlen jetzt die Polen dem Zentrum, dem sie ihr Empvrkommen verdanken, mit Undank die erwiesenen Liebesdienste heim. Wie im Osten, so auch im Westen, wo bekanntlich der Versuch einer Verständigung über ein gemeinsames Vorgehen bei den Wahlen infolge der Maßlosigkeit der Polen gescheitert ist. Wie diese aufzutreten wagten, lehren die gewechselten Schriftstücke. Der Ausschuß der Wahlcvmitos der Zentrumspartei im rheinisch-westfälischen Industrie gebiete hatte mit dem sogenannten Zentral-Wahlcomitä der Polen, das seinen Sitz inBochum hat, nach langen Vorverhandlungen für Sonntag den 29. März eine ge meinschaftliche Sitzung in Bochum festgesetzt. Die eigent lichen Führer der radikalen Richtung unter den Polen erschienen zu dieser Sitzung nicht, sie schickten vielmehr neun bisher wenig hervorgetretene Delegierte. Diese unterbreiteten den Vertretern der Zentrumscomitös in einem Schriftstücke die nachstehenden Forderungen: «I. Die Zentrumsparteiverzichtet auf eigene Kanditaturen inOstpreußen (mit Ausnahme von Brauns berg-Heilsberg), We st preuße n, O st Pommern, Posen und Oberschlesien und wird die deutschen Katholiken jener Bezirke offiziell und öffentlich durch die Presse zur Unter stützung der polnischen Kandidaten auffordern. II. Die Zentrumspartei wird bei den bischöflichen Behörden eine Verordnung erwirken, nach welcher: 2. in allen Gemeinden, in welchen die Polen in überwiegender Ma jorität sind, wie dies vielfach in Sachsen der Fall ist, der Hauptgottes dienst mit polnischem Gesang und Pre digt für die Polen bestimmt sein soll; t>. in allen Gemeinden, in welchen Polen und Deutsche annähernd gleich stark sind, soll bei dem Hauptgottesdienst abwechselnd, also jeden zweiten Sonntag polnisch resp. deutsch gepredigt und gesungen werden, für den anderen Teil müßte alsdann möglichst zu einer anderen Zeit gepredigt werden; c. wo die Polen schwächer als die Deut schen sind, aber dennoch eine starke Kolonie bilden, ist polnische Andacht an jedem Sonntag nachmittag vor oder nach der Haupt andacht abzuhalten; ck. in allen anderen Gemeinden, in welchen polnische Vereine bestehen, ist wenigstens jeden Monat pol nische Andacht abzuhalten; e. der Vorbereitungsunterricht zu der hl. Beichte und Kommunion ist an Kinder polnischer Eltern in polnischer Sprache zu erteilen; k. die wenigen Geistlichen in den deutschen Diözesen, welche der polnischen Sprache vollstän dig mächtig sind, sind für die Seelsorge für die Deutschen zu entbinden und ausschließlich für die Polen zu bestimmen, so mit auch in Gegenden anzustellcn, wo die Polen zahlreich sind; x. den polnischen Geistlichen aus dem Osten, welche mit Zustimmung ihrer Bischöfe nach dem Westen kommen wollen, um sich der Polenpastoration für längere oder kürzere Zeit zu widmen, ist dieses zu gestatten; k. die' Kosten der Polenpastoration haben die Kirchenkassen zu tragen; i. die polnischen Andachten sind wenigstens eine Woche vorher in polnischer Sprache von der Kanzel und im „PoSlaniec kato- licki" (einem Beiblatt des „Wiarus") anzukündigen, sofern die Aufnahme unentgeltlich erfolgt. III. Die Führer der Zentrumspartei übernehmen die Ver pflichtung, dafür zu sorgen, daß die Geistlichkeit von der Ger- manisation der Polen durch deutsche kirchliche Vereine und durch Verbreitung deutscher Zeitungen in polnischen Familien abläßt. IV. Die Zentrumsfraktion des Abgeordnetenhauses wird sofort Aufhebung des Sprachenerlasses für die Bergwerke, sowie des Verbots der polnischen Sprache in öffentlichen Versammlungen, insbesondere im Landkreise Bochum, bean tragen."' Die polnischen Delegierten sahen selbst ein, daß der Ausschuß des Wahlcomitös der Zentrumspartei auf diese Forderungen nicht eingehcn konnte; sie erklärten im Namen ihrer Auftraggeber, in eine Diskussion nicht ein treten zu können, verlangten aber eine schriftliche Ant wort und verließen dann das Beratungszimmer. Trotz der Maßlosigkeit der Forderung trat der erschrockene Zentrumsausschuß am 1. April wieder zusammen, um sich über die verlangte schriftliche Antwort schlüssig zu machen; aber noch ehe er zu einem Beschlüsse kommen konnte, wurde ihm eine Nummer des „Wiarus Polski" vorgelcgt, in der folgendes zu lesen war: „Am vergangenen Sonntag fand in Bochum eine Ver sammlung des Hauptwahlcomites statt. Zum Zwecke von Ver handlungen mit dem Zentrumscomite ausgesandte Delegierte kehrten zurück, ohne Berücksichtigung der Wünsche der Polen gefunden zu haben; deshalb beschloß das Hauptcomitö wie folgt: Weil die Repräsentanten der Zentrumspartei auf die Be dingungen des polnischen Hauptwahlcomites hin nicht erklär ten, daß sie dieselben annehmen, beschließen wir hiermit, in allen Bezirken für den Kandidaten der Po len, den Schriftsteller Josef Chociszewski, Gnesen, zu stimmen. Stimmenthaltungen in besonderen Bezirken behält sich das polnische Hauptwahlcomitö vor." Der Ausschuß des Zentrumswahlcomitss erklärte nunmehr, daß „jede fachliche Antwort durch diese Ver öffentlichung gegenstandslos geworden" sei. Ob es bei dieser Erklärung bleibt und ob nicht am Ende doch das Zentrum den Polen gegenüber das Beispiel befolgen wird, das ihnen die Konservativen durch ihre Unter werfung unter die Landbündler gegeben haben, muß man abwarten. Jedenfalls ist der Vorgang äußerst lehr reich, auch für die preußische Regierung, der gegenüber bas Zentrum dieselbe Rolle zu spielen an fängt, die ihm gegenüber die Polen spielen. Die Säuische Kriegsflotte, der Kaiser Wilhelm jetzt als Ehren-Admiral angehört, ist, den heutigen Bedürfnissen des Landes entsprechend, nur klein. Linienschiffe im eigentlichen Sinne des Wortes hat Dänemark nicht, und wenn auch in den neunziger Jahren einige Küstenpanzer, Kreuzer und Torpedo boote erbaut worden sind, so sind die meisten Schiffe doch schon in einer früheren Periode entstanden, einzelne be reits zu Anfang der sechziger Jahre. Das größte Panzer, schiff, „Helgoland", von 5450 Tonnen Wasserverdrängung und nur 12 Knoten Fahrgeschwindigkeit, ist im Jahre 1878 erbaut und 1896 modernisiert worden. Bon den sechs Küstenpanzern find drei, „Olfert Fischer", ,Herluf Trolle" und „Skjold", neueren Datums. Von diesen in den Jahren 1896 bis 1902 erbauten Schiffen gleichen die beiden ersten in ihrer Größe (3500 Tonnen) unseren „Siegfried"-Schiffen. „Skjold" ist 2200 Tonnen groß. Die übrigen drei Küstenpanzer, „Jver Hwitfeld", 3300 Tonnen groß und 1886 erbaut, „Nordenskjold", 2500 Tonnen, 1880 erbaut, sowie „Odin", 3100 Tonnen, 1872 erbaut, wurden Ende der neunziger Jahre modernisiert. Aus fünf Schiffen besteht die Kreuzerflotte. „Kyen" und „Wal- kyrum", das größte Fahrzeug dieser Gattung, wurden 1882 und 1888 erbaut und sind 2740 bezw. 3000 Tonnen groß. Die 1890 bis 1894 erbauten ,Hekla", ,Lejmdall" und „Geyser" haben eine Wasserverdrängung von 1800 Tonnen. An weiterem Kriegsschiffmaterial sind einige Panzcrbattericn und Kanonenboote, sowie 24 Torpedo boote, davon 6 in den neunziger Jahren erbaute, vor handen. Dazu kommen noch Schulschiffe, Vermessungs schiffe und Bersuchsfahrzcuge- Bemerkenswert ist, daß die meisten der zu Gefechtszwecken geeigneten Schiffe mit Kruppschen Kanonen armiert sind. Der Bau der Schiffe ist, mit Ausnahme einer Reihe älterer Torpedoboote, fast ausnahmslos auf Kopenhagener Werften erfolgt. Daß für die Marine des kleinen Reiches nicht gerade große Mittel aufgewandt werden können, ist erklärlich. Der Marineetat erfordert jährlich nur 7 Millionen Mark. An Personal sind 277 Offiziere, darunter 138 Reserve leutnants, und 1137 Mann vorhanden. Der Mann- schaftsbcstand genügte also kaum, um zwei der neuen deutschen Linienschiffe zu besetzen. Daher ist es ver ständlich, daß nur immer einzelne Schiffe der dänischen Flotte in Dienst gehalten werden, meistens zur Ausbil- düng von Personal. Uebcrseeische Interessen hat Däne mark nicht zu schützen, und dank seiner Stellung als Feuilleton. s, Das Gold vom Mdwalersrand. Roma» voa F. Klinck-Lütet-burg. Nachdruck verboten. Das Vorurteil gegen die Eisenbahnen ist über wunden, und in einigen Jahren wird der Schienen, sträng meinen Grund und Boden nach allen Rich tungen hin durchkreuzen und seinen Wert unendlich gesteigert haben. Dann aber ist für mich der Augenblick gekommen, in welchem ich meinen großen Plan verwirk lichen und zeigen kann, daß ich nicht ein erbärmlicher Renegat und Ucberläufcr war, sondern ein Mann, der sich stets bemüht hat, das Wohl des Landes zu fördern und weitschaucnd einen schlimmen Fehler erkannte, den er zu verbessern gesucht." Peter van Senden saß leuchtenden Blickes da. Alle Not und Angst schien mit einem Male vergessen, und wie er den Neffen ansah, lag es wie ein Triumph in seinen Augen. Dann fuhr er fort: „So viel weißt auch du, Wilm. Unsere Landwirt schaft ist in einer unverantwortlichen Weise vernach lässigt worden. Sie sagen, die Rentabilität des Acker- baue- sei nicht lohnend — das Gold, das blanke Gold lockt sie alle. Unser Land bietet aber nicht nur einen Ueberfluß an Gold und anderen Metallen, sondern ist auch im stände, seinen Bedarf an Cerealien zn decken, und eS brauchen nicht alljährlich ungezählte Summen nach Amerika und Australien zu wandern. Sie können im Lande verbleiben und unserem Volke zu gute kommen." „Die Transvaal Consolidated Land- und Exploration- Company hat ihre Erwartungen nicht verwirklicht ge- sehen, Onkel Peter, und sehr viel billiger gekauft", wagte der junge Mann einzuwerfen. „Ja, die Transvaal Consolidated Land- und Explo« ration-Compann, Wilm! Wie kann sie nur daran denken, unter den von ihr gestellten Bedingungen Ansiedler zu be- kommen? Sie will den Leuten auf fünf Jahre kosten frei 200 Acres Bauland und die nötigen Weideplätze geben und für die dann folgenden fünf Jahre nur eine Pacht von fünf Pfund jährlich verlange«. Später soll die Farm dem Inhaber zu einem Schützungspreisc über lassen werden. Nur der Wohlhabende würde in der Lage sein, von dieser Einrichtung Gebrauch zu machen, wenn er töricht genug wäre, sich auf leere Versprechungen zu verlassen. Wer aber das Geld hat, die Reise nach Trans vaal zu machen, sich ein Haus zu bauen, cs cinzurichten, die landwirtschaftlichen Geräte, und vor allen Dingen die nötigen Ochfenwagen mit je einem Gespann von zwölf oder sechzehn Ochsen zu kaufen, wird wenig Lust haben, von Grund aus anzufangen, um später der Gefahr aus gesetzt zu sein, sich um die Früchte feines Fleißes betrogen zu sehen. Ich will dem kleinen Mann die Möglichkeit geben, durch Fleiß auf seine Rechnung zu kommen. Seit dem Scharen von Goldgräbern den Konsum steigern, ist die Förderung der landwirtschaftlichen Produktion Lebensfrage geworden, und jeder, der sich ihr widmet, darf auf reichen Gewinn rechnen, fofern er selbst nicht die Arbeit scheut, nm unerschwinglichen Tagclohn zu er sparen. Mein Plan geht dahin, unserem Lande neue Lebensadern zuzuführen, Menschen, die ein lebendiges Interesse daran haben, den Ackerbau zu heben, als Herren und Knechte zugleich. Der Faulen haben wir wahrlich schon an den Kaffern übergenug. Wenn die Zeit gekommen ist, werde ich das Land parzellieren, Häuser und Stallungen errichten, auch ein Stück Land urbar machen lassen, so daß vom ersten Tage an eine Familie ihre Nahrung finden kann. Ich werde meine Farmen, gegen Gewinnanteil, auf fünfzehn Jahre un kündbar, verpachten und es dem Pächter überlassen, nach Ablauf dieser Frist sie zu einem mäßigen, im voraus zu bestimmenden Preis zu erwerben. Im Pretoria- und Rustenburg-Bczirk will ich Farmen nach europäischem Muster einrichten und sic von den Johannesburger Fabriken aus mit landwirtschaftlichen Maschinen ver sehen, um an Arbeitskräften zu fparcn und größere Er- folge zu erzielen." Wilm war den Worten Peter van Sendens mit der gespanntesten Aufmerksamkeit gefolgt. Die Darlegung der Pläne, die den ungeteilten Beifall des jungen Manne» fanden, hatten auch diesem die Lage des OheimS für den Augenblick in Bergeffenheit gebracht, al» plötzlich ein ver- änderter Ausdruck in dem Gesicht desselben ihn wieder jäh daran erinnerte. Der Berqinspektor schüttelte sich wie im Fieberirost, seine Züge waren verzerrt. Nicht eine Spur der Lebhaftigkeit, die sich noch vor wenigen Augen blicke« barirr »«--«drückt, -eigte sich m«hr ia thnen. „Und nun ist alles auS", fügte er mit monotoner Stimme hinzu; und als er sah, daß sein Neffe den Versuch machen wollte, seine Worte zu widerlegen, kam es heftig über seine Lippen: „Du kennst die Verhältnisse und meine Gegner nicht." Dann trat eine Pause ein, di« Wilm nicht zu unter brechen wagte. Endlich schien Peter van Senden eine plötzlich eingctretene Erschlaffung wenigstens so weit über wunden zu haben, um seinen Gedanken «ine neue Richtung zu geben. „Ja, wenn ich verkaufen könnte — im Tieflande und meinetwegen auch im Pvtschefstrom-Bezirk, wo die Der- kehrsverhältnisie noch so viel zu wünschen übrig lassen. Nur nicht bei Pretoria. Wilm, großer Gott, wenn cs ganz schlimm kommen sollte " Wieder erschien der Berginspektor von einer jähen Angst ergriffen. Er war aufgesprungen und dicht an Wilm herangetretcn. Jetzt legte er seine Hand auf den Arm des Neffen und sah ihm flehend in das Gesicht. „Leide nicht, daß die Farm „Elise" verkauft, daß irgend eine Veränderung auf ihr stattfindct, so lange die arme Kranke lebt, die dort ihre traurigen Tage verbringt. Du sagtest Tante Grietje habe dir geschrieben. Was will sie von dir? Sie hat mich angeklagt. O, si«! Sie trägt an meinem ganzen Unglück die Schuld! Ihr Geisteshoch- mut, ihr Geiz haben mich zu Grunde gerichtet! Wenn sie mir geblieben märe, was sie eines Tages war, ich würde nicht heute so verachtet dagestanden haben, braucht« nicht landesflüchtig geworden zu sein. Schreibe ihr das, Wilm, als mein letztes Wort, das ich ihr zu sagen habe." „Onkel Peter, ich würde ihr das nicht schreiben", ver setzte Wilm ernst, indem ihm ein heißes Rot in die Wangen stieg. „Niemand als ich weiß besser, wie sehr sie unter den Mißverständnissen gelitten hat, die nun einmal kein Ende -wischen Euch nehmen wollten. Ich kann glauben, baß sie dich falsch beurteilt hat, aber ihre Lieb« zu dir war eine unveränderte." Peter van Senden lachte voll Hohn laut auf, und dieses Lachen hatte für Wilm «inen Klang, der ihn mit Befürch tungen für den Seelcnzustand des unglücklichen Mannes erfüllte. „Da» hat sie mir bewiesen", kam cs schneidend über seine Lippen. „Doch wozu noch davon reden? Du könn test eher di« Erde in ihren Bewegungen hemmen, al» diese Ira« veranlasse« ihre ««sichte« anderen unter,»ordnen." „Ich will zu ihr, Onkel Peter. Sie hat mich um mein Kommen gebeten, da sic zu vermuten schein:, daß du vor läufig nicht nach Johannesburg zurückkchren wirst. Ich soll ihr behülflich sein, geschäftliche Angelegenheiten zu ordnen." Flüchtig leuchtete es in dem Gesicht deS Berginspektors auf, aber so schnell war die aufflammend« Hoffnung wie der erloschen, daß ihr Abglanz nicht einmal von Wilm van Senden bemerkt worden war. Nichtsdestoweniger hatte die Mitteilung des Neffen eine nachhaltige Wirkung auf Peter van Senden. „Du willst nach Johannesburg? Und dein Vater?" fragt« er sichtlich gespannt. „Ich beabsichtige nicht, die Rückkehr des Vaters abzu warten, sondern fchon heute abend zu reisen." „Wilm, du solltest nicht zögern", rief Peter van Senden aus, und es machte den Eindruck, als ob mit einem Male neue Spannkraft von ihm Besitz ergriffen habe. „Reise, Wilm, und versuche -u retten, was noch zu retten ist. Suche Zett zu gewinnen, wende dich an die Transvaalregierung, versuche ein Moratorium zu erlangen, damit das Geld ge schafft werden kann, und alles wird noch gut. Ich will in zwischen —" Er stockte und ein bitteres Lächeln umspielte seinen Mund. Peter van Senden hatte die politische Lage ver gessen. Für ihn konnte nur noch in einem Falle etwas gut werden: Wenn seine Gegner säumig gewesen waren. Der Trost, der in diesem Gedanken lag, war nicht groß. Dennoch wiederholte er seine Bitten und drang in den Neffen, seine Absicht, zu reisen, zur Ausführung zu bringen, indem er ihm alle Gründe auseinandersetzte, die ein schnelles Eingreifen notwendig machen würden. Es war dem jungen Manne unmöglich, dem Drängen d«S OheimS Widerstand zu leisten und er sah sich genötigt, den Diener zu beauftragen, seine Reisetasche -u packen. Der Berginspektor van Senden aber versprach die Rück kehr seine» Bruders abzuwarten, und inzwischen daS Haus nicht zu verlassen. Wilm traf jede Anordnung, die dazu dienen konnte den Aufenthalt des Oheims geheim zu halten und ihn denselben nach Kräften angenehm zu machen. Dann verabschiedete er sich, um unverzüglich nach dem Bahnhofe zu gehen, um den Nachtzug zu benutzen. Als er im Begriff stand, die kleine Reisetasche in der Hand, da» HauS zu verlassen, kam ihm Mynheer EgnatiuS vaa Send«« errtg«a«n.
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview
First Page
Back 10 Pages
Previous Page