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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-03-11
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191903111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19190311
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19190311
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1919
- Monat1919-03
- Tag1919-03-11
- Monat1919-03
- Jahr1919
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1919
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Riesaer H Tageblatt ««d A«re1gvr «EldeblM uil» Artiger). »ratztmlschrts»: »»«««"» «trfa. L Poftscheckkont»: «elpzl, »I8SS. F«rnru, Nr. -0. «ir°k°ff. Rtesa Nr SL für die AmtShauvtmannschaft Grokenbatn, da» Amtsgericht und den Rat der Stadt Riesa, sowie den Gemeinderat Gröba. 58. Dienstag, 11. Miirz 191V, abends. 72. Jahrg. Da» Messer Tageblatt erschet»t je»«« T»O abend« Uhr mit «a»nahme der Sonn, «nd Festtag«. Pe'.ugSPrel», gegen DorauSzahstmg, durch unser« Trüg« frei Hau« ober b-I Abholung an, Postschalter vierteljährlich S.ÜO Mark, monatlich l.20 Mark. A«iet»e» für di» Nummer de» ÄuSgavetage» lind uis lö Uhr oormittaz« aufzugeben und im vorau» zu bezahlen: eine Gewähr für da» Erscheinen an bestimmten Lagen und Plätzen wird nicht übernommen Preis für dir 43 mm breite Grundschrift-Zeile (7 Silben) 30 Pf, Ortsprei» 2S Pf.; zeitraubender und tabellarischer Sah ent» »rechend höher. Nachweisung»» und BermittelunaSgebiihr 20 Ps. Fest» Tarife. Bewilligter Rabatt erlischt, wenn der Betrag verfällt, durch Klag« «ingezogen iverden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Zahlung», und Erfüllungsort: Riesa. VierzehntSgigr Unterhaltungsbeilage „Erzähler an der Elbe". — Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher Störungen de» Betriebes der Druckerei, der Lieferanten oder der Beförderungseinrichtungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder aus Rückzahlung des Bezugspreises. Rotationsdruck und Verlag; Langrrt Winterlich, Ries«. Geschäftsstelle: Poetheitrake SA. Verantwortlich sü^Nedaktion^Ar^thur Hahnes Riesa: für Anzeigenteil: Wilhelm Dittrich, Riesa. Auf Grund der Bekanntmachung über Anskunftsvflicht vom 12. Juli 1917 (RGBl. S. 604) wird hiermit eine ««herordentliche Nachprüfung der Biehzählungsergcdnifse für Rinder und Schweine vom 1. Mörz 1919 fiir den 20. März 1919 anaeordnet. Die Nachprüfung ist von den Kommunalverbänden nach näherer Anweisung des Ministeriums durchzusühren. , Die Viehhalter sind verpflichtet, den vom Kommnnalverband beauftragten Personen Auskunft über den Viehbestand zu erteilen, sowie ihnen das Betreten und die Besichtigung der Räume zu gestatten. Wer den Beauftragten des KommnnalverbandeS die geforderte Auskunft nicht erteilt oder willentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder das Betreten seiner Räume verweigert, wird nach § 5 der Bekanntmachung über Anskunftsvflicht vom 12. Juli 1917 mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 10000 M. oder mit einer dieser Strafen bestraft. Auch können Tiere, die verschwiegen worden sind, als dem Staate verfallen erklärt werden. Fahrlässige Zuwiderhandlung zieht nach der gleichen Bestimmung Geldstrafe bis zu 3000 M. nach sich. Dresden, am 7. März 1919. 772 VbX Ils. Wirtschaftsministerin»«. 2590 Eierverteilung. Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung des Kommunalverbandes Großenhain vom 5. März 1919 — Riesaer Tageblatt Nr. 55 vom 7. März 1919 — geben wir be kannt, das; auf jeden Wochenabschnitt vom 10.—16. März 1919 der Eierkarte 1 Ei zum Preise von 43 Pfg. geliefert wird. Um ein längeres Stehen vor den Geschäften zu vermeiden, findet der Verkauf nach BrotkartenanSaabrbezirken statt. ES erhalten die Eier: ». im Oanptaeschäst der Molkereigenossenschaft Riesa, e. G. m. b. H., Wettinerstr. 21, Donnerstag, den IS. März ISIS, nachmittags 2—6 Uhr, Diejenigen, welche ihre Lebensmittelkarten abholcn in der Schankwirtschaft „Elbterrasse" und in der Carolaschule, Freitag, de» 14. März ISIS, nachmittags 2—6 Uhr, Diejenigen, welche ihre Lebens» nnttelkarten abholen in: Gasthaus „Stadt Drcöden" und im Realproaumnasinm, Sonnabend, den 15. März ISIS, nachmittags 2—6 Uhr, Diejenigen, welche ihre Lebens mittelkarten abholen im Gasthaus „Deutsches Haus" und in dec Schankwirt schaft „Dampfbadschänke", b. im 2. Geschäft der Molkereigenossenschaft Riefa, e. G. m. b. H., Gchloststraste 15, Donnerstag, den 1». Mär, ISIS, nachmittags 2—6 Uhr, Diejenigen, welche ihre Lebensmittelkarten abholen im Gasthaus „Stern" und in der Knabenschule, Freitag, den 14. März 1V1V, nachmittags 2—6 Uhr, Diejenigen, welche ihre Lebens« mittelkarten abholen in der Polizeiwache» Sonnabend, den 15. März ISIS» nachmittags 2—6 Uhr, Diejenigen, welche ihre Lebensmittelkarten abholen im „Ratskeller". Der Rat der Stadt Riesa» am 10. März 1919. Gßm. Lichtenberg. Aus Berlin wird uns geschrieben: Im Osten Berlins und in den angrenzenden Vororten lind Ende der vergangenen Woche Bluttaten verübt wor den, die nur mit Balkanwirren oder mit Kolonialauiständen zu vergleichen sind. Lichtenberg, der größte der östlichen Berliner Vororte, zählte vor dem Kriege annähernd 150 000 Einwohner. Hierher hatten sich die durch Massen groß städtischen Gesindels verstärkten Spartakisten aus dem Innern Berlins vor den Geschützen und Maschinengewehren der Regierungstrnpven zurückgezogen. In tierischer Wnt und wildem Rachedurst haben sich die politischen „Idealisten" auf das Lichtenberger Polizeipräsidium, die Hauptpost und andere Dicnstgcbäude gestürzt, die Besatzung und Polizisten entwaffnet und Mann für Mann erschossen. Die Reichs» reg'.erung hat die einzig mögliche Folgerung daraus ge zogen, und das Standrecht über Groß Berlin verhängt. Es sind bereits einige dreißig bewaffnete Aufrührer stand rechtlich erschossen worden. Inmitten der Parteikümpfe kann der Einzelne immer hin die Energie und innere Sammlung anfbringcn, um andere Ueberzengungen und selbst die extremsten in ihrer Logik und Psychologie zu verfolgen und zu verstehen. Aber gegenüber den Lichtenberger Untaten verstummt die Stimme un Innern, die mahnt: Erforsche und Verstehe. Die Nieder- metzelnng der Polizeibeamten mar eine Tat des Verbrecher tums gegen die von der Gemeinschaft aller Staatsbürger eingesetzte Schutzmacht und der Spartakismns ist für alle Zeiten mit dem Makel behaftet, mit und für Verbrecher- rache gekämpft zu haben. Und doch: Neu ist auch diese Erscheinung nicht. Seit mehr als einem Jahr sind die russischen Bolschewisten die Schrittmacher des Verbrechertums. In ihren eigenen Reihen sind Bestechung, Erpressung, Mord, Schändung, Unter schlagung au der Tagesordnung, und wo solche Taten un gestraft geschehen können, da fühlt sich auch der nicht-bolsche wistische Nur-Verbrecher gut aufgehoben. Dem kommunisti- schen Aufruhr dort wie hier folgt das Verbrechertum wie ein Schatten. Herrliche Tqge haben Ende der Woche Plün derer, Diebe und Hehler im Berliner Osten in den Haus» rninen und in den mit Barrikaden befestigten Straßenzügen ceic ect. Wet sich noch einen Nest von Glauben an den Sieg des Guten bewahrt hat, fragt sich, ob die Bewegung denn nicht an ihrer Unmoral zu Grunde gehen muß. Sie geht dann nicht zu Grunde, wenn eine Volksmoral vorhanden ist, welche Unlauterkeit und Gemeinheit achtet. Es scheint» als ob die Unterernährung den Teil der Gehirnzellen gelähmt hat, in denen moralische Werturteile nach höheren Gesichtspunkten gebildet wurden. Es führt eine abwärts gerichtete Kurve von Kriegshamslerei über unreelle Bereicherung zur Plünderung großstädtischer „Schlachtfelder". Wird die Masse, wenn sie satt zu essen erhält, nicht nur die Arbeitskraft, sondern auch oie Moral wiederfinden? Der Bolschewismus, der bet uns Spartakismns heißt, hat die Taktik des früheren Nihilismus übernommen, die sich „Propaganda der Tat" nennt. Mord an hervorragenden Vertretern des alten Systems zur Abschreckung und Ent- nervung der anderen Vertreter, Beseitigung der Säulen, auf denen die alte Ordnung ruht, das ist das Wesen der Kamps form. Gegen Einbuße an Gut ist der Bürger fast stumpf ge worden; nimmt es ihm nicht der Spartakist, so nimmt es der Staat. Aber das Leben hat jeder nur einmal zu verlieren, und das ist bedroht! Auch die Form unserer irdischen Un sterblichkeit, unsere Kinder, sind in gleicher Weise bedroht wie wir. Das Blutbad in Lichtenberg hat vor Frauen und Kin dern nicht Halt gemacht. Ist nun die Blutorgie der letzten Tage ein vereinzelter Akt oder deutet sie die Formen an, in denen sich künftig der Existenzkampf des deutschen Staats und Wirtschaftslebens gegenüber dem Wahnsinn vollziehen wird? v In den Berliner Großbetrieben, soweit sie nicht in der Kumpfzone liegen, ist gestern die A r"b e: l wie der ausgenommen worden, namentlich m den Sie mens-, Schwartzkopff- und Borstg-Werken, deren Arbeiter schaft größtenteils in der Umgebung der Fabriken wohnt. Nur ein Teil derjenigen Arbeiter, die auf die Stadtbahn der Straßenbahn angewiesen sind, um an ihre Arbeits stätte zu gelangen, ist noch ausgebrieben. Um 6 Uhr abends gestern wird mitgetetlt: Bon den Ncgierungstruppen ist Neukölln bis zur Ringbahn be icht. Nach Norden verläuft die erreichte Lime über den Schlesischen Bahnhof, den Friedrichshain, den Gütervahn- Hof Nord, die Nordgrenze von Moabit. Die Durchfüh rung der Entwaffnung macht gute Fortschritte. Km An griff auf Lichtenberg ,st beabsichtigt. Der Zeitpunkt dafür kann aber noch nicht angegeben iverden. In Berlin haben gestern Truppen der Gardekaval'.erie- schützendivision in der Gegend der Michaeltirch- und der Markusstraße ein Spartakistenuest aus gehoben mit über 100 Mann und davon etwa 30 Mann standrechl- lich erschossen. — Nach verschiedenen Blättern rechnete man damit, baß die Regierungstruvpen noch gestern rn Lich tenberg eiurückeu würden, das schon vom Osten her umfaßt ist. — Uebcr den Vcrlanfdcs Be r l: n e r A u f r u h r s teilen verschiedene Blätter mit, daß der von Naoek und den vor mehreren Wochen verhafteten 86 Führern des Noten Soldatensbundes beabsichtigte Putsch soweit vorbe reitet war, daß die übrigen Führer ihn mühelos durch führen konnten. Ihnen standen ungefähr 10000 Bewaff nete zur Verfügung, Deserteure, Strafgefangene, Arbeits lose, ein großer Teil der Voiksinarinedivision und mehrere Depots der republikanischen Soldatemvehr. Die einheitliche Führung der Aufständischen hat jetzt aufgehört. Kleine Trupps von 10—20 Mann sind in den Gärten, Kellern, Schermen usw. verschanzt zusammen vielleicht noch 3000 bis,4000 Mann. An zuständiger militärischer Stelle wird über den Aufruhr in Berlin erklärt: Verbrecherische Ele mente haben den Streik benutzt, um einen Aufruhr zu entfesseln. Sie wollten nach Einnahme des Präsidiums, den Reichstag, die Neichsdruckerei und die Bahnhöfe nehmen und dann die Räterepublik erklären. DaS Zentrum ist ge säubert, wobei die Marinebrigade, eine vorzügliche Truppe, wesentliche Hilfe leistete. Die aufrührerischen Massen sind zusammengeschrumpft und haben sich in kleine Trupps ohne einheitliche Leitung aufgelöst. Spandau ist fest in unserer Hand. Die Regierungstrnpven sind absolut ver läßlich. Zunächst sollen der Osten uns die östlichen und nordöstlichen Vororte bis über Groß-Berlin hinaus ge säubert werden. In Lichtenberg sind tatsächlich etwa 150 Personen totgeschlagen worden. Ueberall wurde geplün dert. Es scheint wahr zu sein, daß ein oder mehrere spar- takistische Flieger über Berlin arbeiten. Die militärische Führung der Aufrührer lag in den Händen des Noten Scldatenoundes, der der kommunistischen Partei nahcsreht und bestellt zweifellos zum Teil aus Mitgliedern der In telligenz. Eine Neutralität von bewaffneten Truppenteilen in Berlin wird nicht geduldet. Die Garde hat sich aus nahmslos bereit erklärt, die Befehle Noskes anzuerkenncn und auszuführen. Unzuverlässige Elemente werden schnell erkannt und während der 14tägigen Probedicnstzcit entfernt. In Weimar ist man sich darüber klar, daß die teilweise Unterdrückung der Unruhen in Berlin und an anderen Stellen zu einem übertriebenen Optimismus vorläufig noch keine Veranlassung gibt. Man weiß, daß derartige Vor gänge sich so lange wiederholen werben, bis der Mangel an Lebensmitteln und Arbeitsgelegenheit behoben ist. Reichs kommissar Winntg teilte in einer Pressebcsprechung mit, daß nachgcwicsenermaßen fortgesetzt enge Beziehungen zwischen den Königsberger Spartakisten und den Bolschewisten in Libau und Kowno bestehen. Nene Unruhen in Düsseldorf. In Düsseldorf beginnt cs bereits wieder zu gären. Die" Unabhängige Sozialdemokratie führt eine Hetzpropaganda zugunsten neuer Gewalttätigkeiten. Man verlangt völlige Amnestie für die verhafteten Spartakisten und Zurückzie hung der Regierungstruppen. Wenn diese Forderung nicht erfüllt wirb, wird mit einem neuen Generalstreik gerechnet werden müssen. Zu blutigen Zusammenstößen ist es vor gestern zwischen Rcgierungstruppen und Kundgebern ge kommen. Die Lage ist wieder bedenklich. Die Ansichten, ob die Verhängung des Belagerungszustandes dringend erfor derlich gewesen sei, gehen in der Bürgerschaft weit ausein ander. Es handelt sich bet dem Wiederausflackern der Un ruhen nicht um eine vereinzelte Erscheinung: allenthalben im Industriegebiet versuchten die Spartakisten neue Ruhe störungen. Die „Düsseld. Nachr." melden, baß vorgestern alle städtischen Betriebe und die meisten Werke militärisch besetzt wurden. Dadurch soll verhindert werben, daß bei neuen Ausständen die Arbeiter zur Niederlegung der Arbeit ge zwungen werben können. Ans Oberschlesie«. Spartakisten erstürmten gestern früh die Wache auf der Grenzstraße, wobei dem Posten das Gewehr entrissen wurde. Ein Soldat wurde durch Kopfschuß sofort getötet und ein Un teroffizier durch Bauchschuß schwer verletzt. DaS Militär konnte sich nur durch Handgranaten des Angriffes erwehren. Die Streiklage in Oberschlesien ist dieselbe wie am Sonn abend. Es sind im ganzen 25 Schachtanlagen im Ausstand. Beendigung des Generalstreiks in Leipzig. Der Generalstreik in Leipzig ist am Montag für beendet erklärt und beschlossen worden, am Dienstag früh in sämt lichen Betrieben, die Arbeit wieder anfzunchmen. Bereits gestern vormittag ist von den Eisenbahnern die Arbeit anf- genommen worden, sodaß der Zugverkehr von und noch Leip zig wieder im Gange ist: gleichzeitig ist auch der Postver- kchr nach auswärts wiederhergcstellt. Der A.- und S.-Nat hat an die Arbeiter die Aufforderung gerichtet, jetzt nach Be endigung des Generalstreiks, wo die Gefahr eines Ein marsches fremder Truppen behoben sei, die Waffen und Mu nition sofort wieder abzugeben. Gleichzeitig ist die Bestim mung aufgehoben worden, wonach von S Uhr abends bis 5 Uhr früh kein Personenverkehr auf den Straßen stattfinden dürfte und die Lokale um Uhr geschlossen werden müßten. Am Sonnabend und Sonntag abend haben an verschiedenen Stellen der Stadt bedeutungslose Schießereien stattgefundcn, bei denen jedoch weder Personen verletzt noch Ausschreitun gen begangen wurden. Es handelt sich in den meisten Fällen um Schreckschüsse, die abgegeben wurden, um Menschenan sammlungen zu zerstreuen. Sonntag vormittag sand in der Albcrthalle eine vom Leipziger Bürgerausschuß cinbcrufene Versammlung statt, die einen Massenbesuch aufwies. Im Ver laufe dieser Versammlung erschienen plötzlich drei bewaffnete Matrosen im Auftrage des hiesigen Vahnhofskommandanten und beschlagnahmten 2000 Flugblätter, nachdem vorher sämt liche Eingänge der Albcrthalle besetzt worden waren. Die Versammlung nahm jedoch einen ungestörten Verlauf. Nationalversammlung. Die gestrige Sitzung wurde um 2 Uhr 20 Min. eröffnet. Tagesordnung: Ern ä h r u n g s i nterpc t- lation. Zur Interpellation führt Avg. Dr. Peter len (Dem.) ans: Die Negierung muß mit absoluter Wahrheit und Klarlnut dem deutschen Volke "sagen, wie die Lage ist. Andererseits müssen wir das moralische Gesüßt des Volkes aufrusen. Die Arbeitseinstellungen müssen auf hören, damit die vorhandenen Vorräte nicht aus Furcht vor der Unsicherheit vergeudet werden. Wir fordern speziell die Aufhebung der Zwangswirtschaft für Fische und Eier, weiter den Abbau der Kricgsorganisatr'oueu. Zum Zwei ten haben wir unsere Interpellation eingebracht, nm au das Genüssen der Welt zu appellieren. Wenn wir nicht die Lebensmittel bekommen, die wir haben müssen, dann wird das nicht länger zu einer deutschen, sondern zu einer europäischen Katastrophe führen. Wenn aber der rus sische Bolschewismus Deutschland und schließlich ganz Europa überflutet, dann mögen die Mächte die 'Verant wortung tragen, die da helfen können, aber nicht wollen. Zur Begründung der Interpellation der Dciitschuationalen und Deutschen Volksparteiler über die Llbstclluug des Not standes für die Landwirtschaft erklärt Abg. Dr. Sem lu ter (Dcutschinat. Vp.): Wir stehen vor einer Katastrophe, wenn inbezng auf die Produktion künstlicher Düngemittel und die Beschaffung der nöligen Arbeitskräfte für die Landwirtschaft nicht Abhilfe geschaffen wird. Wir müssen Vorsorge treffen, daß wir in der Zukunft vom Auslände unabhängig gemacht werden. Die Zwangswirtschaft muß nach den Vorschlägen von Dr. Rösicke abgebanl iverden. Es muß den Landwirten volle Freiheit gelassen werden. Dia Landwirtschaft kann nur gefördert werden durch d--i Pri vatbetrieb, nicht durch die Sozialisierung. Tas -vous be schließt die gemeinsame Besprechung der beiden Jmerpella- tionen. ErnährungSminister Schmidt: Die Frage der In terpellanten, ob unsere Ernährung bis zum nächsten Wirt schaftsjahr ausreicht, mutz ich verneinen. Was soll nun geschehen, um den Fehlbetrag zu decken? Eine Herab setzung der schon so niedrigen Lebensmitielratioueu ist un möglich. Es bleibt also nur übrig, den Fehlbetrag durch Einfuhr vym Auslände zu decken. Die Hoffnung aus Aufhebung der Blockade bei Jnkrasttretnng des Waffen stillstandes war trügerisch. 'Alles spricht dafür, daß dec Wirtschaftskampf auch nach Friedensschluss mit a'.wr Schärfe fortgeführt werden soll. Trotz ällcdem stände es nicht so schlimm mit unserer Ernährung, wenn nicht durch sinnlose Streiks und politische Unruhen die Einfuhrmög lichkeit aus dem neutralen und dein feindlichen Auslände unterbunden wvrdcn wäre. Wir Hütten unserem Volke mancherlei Erleichterungen schaffen können. Wir Hütten in nicht geringem Umfange Reis, Oel, Milch, Fteisch und Südfrüchte einführen können, wenn wir daüir als Kom pensation Kohle, Kali und Eisen hätten bieten tonnen. Well wir das nicht bieten konnten, sind sic uns vor der Nase weggeschuappt worden. Das Ausland will m'cht unser entwertetes Geld; es will unsere Erzeugnisse- Ich jage es vor aller Oeffentlichkeit, dass ich die Verantwortung für die Ernährung der Städte nicht mehr übernehmen kann.
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