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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.05.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-05-30
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188005303
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800530
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800530
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-05
- Tag1880-05-30
- Monat1880-05
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.05.1880
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Grschedtt tlglich früh SV. Uhr. «t GePedttto» -»hauutSgaff« »». ÜMHDmcho tzrr Nedutt»», Gmantttag» 14-12 Uhr. Nachrmtttcg« 4—« Uhr. e der f«r tzte «ächff. Aummer tzefttmmteu « «»chentOße« HK Nach«M»a<, a» San», rftta-e» früh HK'/,» Uhr. O» de» Ftt1«tt» fir Z,ü L»«ch»r; Dv» Me««. UaiversttLtSpr. 22. M»«K Lösche. Gatbariaenstr. 18,p. «ur VK V,3 Uhr. UchMer.TagMM Anzeiger. OlW str Politik, 8ocal«kschichte, Handkls- und GeschiMtckchr. »d,»»k»e»w»«t»vt«rNtz.^/,ML^ iucl. Bniiqrrlohn b Mi. esrch du Post bezogen 4 ML Jede einzelne Stummer 2» Vl- vetegexemptar 1t) M. Gebühren für SrNabeUage» ohne Postbestrd«uog »8 ML mit Postdesvrdenmg 4« ML L»s»r«te Sgesp. Pettt^il« 24 Pf. Grbtzere Schnstru taut unserem PreiSverzrichmß.—TLdellmcisch« Satz nach höherem Larts. »erta»e, »»trr de»*<h««B»»ßl1ch di« SvalyeUe 40 Ps. Inserate find pä» an d. Gepedttt»L zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praannmanauk oder durch Postvorschutz. Z 176. Sormtag den 30. Mai 1880. 74. Jahrgang. Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten Mttt»,ch, «« 2. Juni ». «Be«»» «'/, Uhr t« E««1e »er I. Bürger schule. Lage»ordnung: l. Gutachten de- Bau-, Lösch- und Finanz-AuSschuffeS über den Vau de- Feuerwehrdepot- am Fleischerplatze. U. Gutachten d,S Bau-Au»schusse- über: ». budgetirte Unterhaltungskosten für da» neue Theater - d. eine Revaraturkoftenforderung für die Ausstellungshalle; Wasserleitungsanlagen in der Straße L deS südlichen Bebauung-plane». IN. Gutachten de» Bau-, Oekonomie- und Finanz-AuSschuffeS über: ». den Ankauf einer Parcelle in Petscher Mark; d. Verkauf eine- Villenplatzes an der BiSmarckstraße. IV. Gutachten de» Bau-, Oekonomie- und StiftungS-AuSschusse» über einen Arealau-tausch in Reudnitzer Flur- V. Gutachten de» Bau-, Oekonomie- und BerfaflungS-AuSschufseS über eine in da» Regulativ für Be bauung der BiSmarckstraße aufzunehmende Bestimmung m Betreff der Eouterrainwohnungen. VI. Gutachten de» Bau- und Oekonomie-AuSschusse- über: ». Abänderung deS südwestlichen Bebauungs pläne»; d. die Bauvorschriften für die Baublöcke II, IV, V und VI in der Nordvorstadt; e. ein Ab kommen mit den Adjacenten der Eolonnadenstraße wegen Regulirung der Fluchtlinie; 4. Regulirung der Fluchtlinie auf der Westseite de» Königsplatzes. VU. Bericht deS StiftungS-AuSschusse- über: >. Prüfung der Rechnungen de» JohanniShoSpitalS auf die Jahre 1877 und 1878; b. Prüfung verschiedener anderer Stiftungsrechnungen. Bekanntmachung, die Bezeichn«»« der Fuhrwerke betreffend. Nach der Ministerial-Verordnung, die Bezeichnung der Fubrwerke betreffend, vom 7. Septemper 1876 soll fetze» nicht auoschltekltch zur versonentzef-rtzeruu» tzeftt««te Fuhrwerk mit Sem «amen de» Etgeuttzümers beziehentlich mit besonberer Nummer bezeichnet und diese Bezeichnung ans tzer linke« Gelte an dem Fuhrwerke seltzft oder «uf einer tzarau befefttgteu Lasel angebracht sein. Mit Rücksicht darauf, daß nach gemachten Erfahrungen die in der erwähnten Verordnung vorgeschriebene Bezeichnung-all in einzelnen Fällen wegen der besondt-ren Beschaffenheit de» Fuhrwerke» nicht ausführbar ist, so ist obige Bestimmung durch neuere Ministerial-Verordnung vom 16. April laufenden Jahre» dahin abaeändert worden, tzatz in solchen Fällen auch fetze antzere» tze« 8»e< rrsüilentze. am Kummet der Pferde ,tzer sonst auf der linke« Lette de» Fuhrwerke» tzerzusteleude Bezeichn««, für genügend angesehe» werden soll. Indem wir dies hierdurch noch besonders zur öffentlichen Kenntniß bringen, machen wir die Fuhr- werkSbesiper unter Bezugnahme auf unsere Bekanntmachung vom 18. Oktober 1876 darauf aufmerksam, tzatz in alen Fällen, in denen die früher vorgeschrtebene Bezeichnung»«»» nach der Beschaffenheit de» Fuhrwerke» überhaupt thunltch, nach wie vor lediglich diese Letztere zur Anwendung zu drin gen ist, und Hatz auch für die Fälle, tu welchen die nach Matzgabe tzer «eueren Verordnung nach gelassene vezetchuuugdwetse gewählt werden darf, die frühere Vorschrift, daß di« Bezeichnung mtt deutlicher, un»erwtschdarer Schrift anzubringen ist, unverändert tu Grast dletdt. Leipzig, den 8«. Mai 1880. Der «ath der Stadt Leipzig l>r. Georgi. Harrwitz. Sie «evistou -er preußischen Maigesehe. ** Berlin, 28. Mai. Die dichtbesetzten Tri bünen, da- volle Hau», die Spannung, die über den Gemütheru zu liegen scheint, da« Alle» zeigt schon äußerlich zur Genüge die Bedeutsamkeit diese» Tage-, an dem die kirchcnpolilische Vorlage zur eisten Lesung steht. Trotz der Publikationen ver „Nordd. Allgkin. Ztg." ist die Lage nicht geklärt. Bestehen bleibt der Widerspruch zwischen der ener gischen Festhaltung deS StaatSgedanken« in jenen Depeschen und dem Bekenntniß der Schwäche, Ka der Puttkamer'sche Entwurf ablegt. Unklar und vieldeutig genug war demgemäß der einlei tende Bortrag, mit welchem der CuUuSmmister von Puttkamer feine und de» Fürsten Bis marck Stellung zu der kirchlichen Krage zu umschreiben unternahm. Oder Ihun wir nicht vielleicht bester zu sagen: nicht seine eigene, sondern nur des Fürsten BiSmarck Stellung? Wir kenn« diese Rede de- Ministers sehr genau in den Grundzügrn ihre» ConceptS; wer die eben veröffentlichten Aktenstücke gelesen, konnte in den AnSführungen de» Herrn von Putlkamer nur wenig Neue» und UebcrraschendeS finden. ES ist ein Satz, der voll und ganz unterschrieben werden tann. daß der Staat nicht Verzicht leisten darf auf die Forderung, die Kirche müsse sich einordnen in den RechtSrahmen der staatlichen Normen; e- ist auch in gewiffem Sinne die Einschränkung an zuerkennen, die der Minister sofort diesem Axiom hinzuftigte, daß nämlich die innersten und eigentlichsten LcbenSfunctionen von Staat nnd Kirche nicht ohne Rest ineinander ansgehen. Aber daß hieran» der Schluß gezogen wird, ein größerer oder geringerer Theil der römischen An sprüche sei und blerbe in ihrer Berechtigung un bestreitbar und Alle«, wa« sich erreichen laste, wäre nur ein Waffenstillstand, ein erträglicher wocku8 riveuäi, erscheint un« al« eine Inkonsequenz, die 'n ihren weiteren Jrrthümern eben zu so halben Daßregeln führt, wie die Vorlage e« ist. Gerade gcgmllber der authentischen Interpretation de« berühmten päpstlichen Breve vom 21. Februar, einer Interpretation, die den ganzen starr unbeug samen Standpunkt de« non P08IMNU« wie in uuce zusammen),ßt, gerade gegenüber solchen Kund gebungen gnbt e« gar keine andere Wahl für den Staat, die Regierung und die gemäßigten Parteien von recht« und link«, al« den Weg de« Gesetze« unverrückt zu wandeln und nicht in den Irrgarten polizeilicher Befugnisse abzuschweifen. Giebt Herr v. Puttkamer doch selber zu, daß der Kampf, der so große Verwüstungen anae- richtet, der elf von den zwölf preußischen BiS- thümrrn und über tausend Pfarreien verwaist und verödet hat, daß dieser Kampf sich immer »ur auf dem äußerlichen Gebiet von Macht und Berordnuna-bcfugniffen bewegt, niemals ober der Staat in di« Dogmen unv die Heil- lehre der katholischen Kirche hin Ubergegriffen hat. Weshalb denn also, wenn da» gute Recht feststeht, wenn e« im Einklang ist mit der öffentlichen Moral, diese» Bollwerk niederreißeu (?) und eine papierne Gchutzwehr dafür errichlen, die jeder Hauch gou- vernementalen Belieben» tagtäglich umwerfen kann? Kür Rom ist, da- hob Herr v. Puttkamer sehr richtig hervor, der preußisch« Eulturkampfnur eine Phase ,u dem großen Ringen um die Weltherr schaft. Rom kann e» wenig verschlagen, ob e» unter Umstände« an einem Punkte nachgiebt und nachläßt, wen« e» an einem andern sich Bortheil« von solchem Verhalten verspricht . Aber der weltliche Staat befindet sich nicht in gleicher Lage. Wa- er cke ftu-tt» hat fallen lasten von seinen Prärogativen, da» ist ihm 6« Zur» nur noch ein« hohle Form, deren Inhalt nicht wiederz«gewinnen ist. Wenn Herr v. Putt- kam« iu eme Erörterung darüber eintritt, mit welchen Gefühlen die au» dem Exil heimkehrenden Lrdochow»ki und Melcher» ihre Diöcelen wieder betreten, ob al« Triumphatoren oder ge drückt durch die Vergangenheit, gedemüthigt durch die Gegenwart, so meinen wir, daß seine Ent scheidung iür die letztere Alternative mehr für einen Optimismus de« Gefühls al« für fein Ur- heil spricht. Sicherlich würden die ehemaligen kirchlichen Würdenträger von Köln, BreSlau, Hulda u. s. w. gegebenenfalls anders denken, wenn »e auch vielleicht klug genug sein würden, daS nicht Jedermann öffentlich zu sagen. Der Abg. Falk, der heute da« Bollwerk der von ihm selber geschaffenen Gesetze mit tiefem sitt lichen Ernst und mit der vollsten Berufenheit zur Sache vertheidigte, war in der Lage, auS persön lichen Wahrnehmungen den unbeschreiblich tiefen Eindruck zu constatiren, den gerade dieser von der Rückkehr der Bischöfe handelnde Art. 4 in weite» Kreisen d« katholischen Bevölkerung hervoraerus«. DaS war ja aerade die Stärke der Position, welche Falk al- Minister einnahm, daß er die kirch liche Frage nicht als eine Macht-, sondern al» eine Rechtsfrage behandelte, daß er mit fester Hand die Grenzen zwischen dem Dogmatischen und dem prak tisch in die Wirklichkeit Eingreifenden de- Katho- liciSmu- zog, jene- außerhalb der Eompetenz de« Staate« ließ, diese- aber voll und ohne Rest in diese Eompetenz einschloß. Und da» erbitterte „Nein", da- die Curie solchen wahrlich gemäßigten Zielen und Bestrebungen eine» nationalen aufstrevenden StaatS- wesen» und eine- klarsehenden und klarwollendcn StaatSmauneS, wie eS Falkist, entgegenstellte, dieses „nein" und die Stimmung, auS der heraus eS fort und fort gerufen wurde, sollte sich begütigen lasten durch einen Schritt de- Staat-, der zu Nein ist, um zu befriedigen, und gerade groß genug, um mit Recht als Schwäche gedeutet zu werden und da- Verlangen nach weiteren Zugeständnissen zu er wecken? Nein, einem Gegner gegenüber wie daS Papstthum kann nur Eines zum Ziele führen, die Entschlossenheit und Zähigkeit des AuSharrens, die ungebrochene Ausdauer und Continuität deS Wollen« in energischer und in den Schranken deS Gesetze- sich haltender staatSmännischer Thätigkeit. Wo ist denn ein Ende abzusehen auf der Bahn, welche die Vorlage beschreitet? Der Abg. Falk fragte mit gutem Grunde, welche Concession deS Papstes denn nun atS genügend betrachtet werden solle, um dieses Gesetz in Wirksamkeit treten zu lasten? Und waS dann geschehen solle, wenn die Wohllhaten, welche die Vorlage enthält, praktisch werden und dennoch daS stille oder ausgesprochene Widerstre ben der päpstlichen Partei zu einer Zurücknahme derselben nöthigen werde? Wenn aber eine Frist bestimmung, etwa auf ein Jahr, für daS Gesetz beliebt wird, wenn nun wirklich die ehemaligen Bischöfe im Triumph, wie wir meinen, oder ge demüthigt nach Herrn v. Puttkamer'« Ansicht, heimkehren, wie denkt sich al-dann die Regierung die Zurücknahme ihrer ^spendeten Erleichtern«, aen? Soll«, wenn dle Curie wieder in die Kampfe-position einschwenkt, die Maigesetze ihre Geltung zurückgewinnen, dann werden sie mit vollendeten Thatsachen, mit der in gewissen Gren zen berechtigten Erbitterung der romfreundlichen Bevölkerung nach allen den Schwierigkeiten und über dieselben hinan- zu rechnen haben, die gegen- wärtig schon in der Passivität stumpfen Beharren» ihnen entgeaensteheu. E« ist «n aller Entschiedenheit zurückzuweisen, wenn der Lbg. Windthorst den endlichen Erfolg der Maiaejetze in einem Lufhvren aller Religion und Religiosität und in einer Herrschaft der „Polizei" erblickt. Die Phantasie de- ultramontanen Führer- ersch-pste sich förmlich in einer Auffindung von Analogien zu der Vorlage und selbst der Erl könig mit seinem „Und bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt" lieferte den poetischen Resonanz boden für die au» Klage«, Angriff, Vertheidigung und Siegeszuversicht gemischten Ausführungen IdeS Lbg. Windthorst. Drei Punkte hob der l Abg. Wmdthorst mit aller nur wünschen-werthen Klarheit hervor, einmal, daß seine Partei sich ihre definitive Entscheidung noch Vorbehalte, dann, daß sie Amendirungen de- Entwurfs gern ihre Unterstützung leihen würde; endlich, daß eine Unter werfung der Kirche unter den Staat nie und nimmer zu erwarten stehe. Wie dennoch zwischen den drei Forderungen ein Einklang herzustellen sein wird, DaS ist eine jener Unmöglichkeiten, die nur für die Diplomatie der gelehrigen und gelehrten Gefolgschaft deS Papstes möglich und ausführbar werden können. Die Debatte, die vertagt, nicht beendigt wurde, wird morgen voraussichtlich die Stellung der Parteien prägnanter fixiren. » « » «ttzun«»»ertcht. * Berlin, 88. Mai. Da» Abgeordnetenhaus trat heute vor überfüllten Tribünen in die Vrrathung de» Gesetzentwurf» wegen Abänderung der kirchenpolitischen Gesetze. Der CultuSmlnifter v. Puttkamer erinnerte zu nächst daran, daß der Abschluß de» kirchcnpolitischen EonflictS unter allen Umständen lediglich auf dem Boden der preußischen Gesetzgebung zu suchen ei, und daß einer schnellen Herbeiführung deS FriedenS >ie erheblichsten Schwierigkeiten entgegenstehen. Jener ersten Ausgabe zu entsprechen, sei die gegen wärtige Vorlage bestimmt. Die Wahrheit der zweiten Bemerkung sei durch die Wiener Verhandlungen schlagend nachgewiesen worden. ES habe sich dabei wieder herausgestellt, daß zwischen Staat und Kirche ein gemeinsamer RechtSboden überhaupt nicht extsiire. Die Regierung müsse zunächst daran fefthalten, daß die Grundlinien des MachtgebieteS deS Staates durch die kirchenpolitische Gesetzgebung der Jahre 1873 bis 1875 unwiderruflich gezogen seien. Die Verhandlungen mit Rom hätten deshalb nur daraus ausgehen können, ohne die beiderseitigen Principien »u berühren, einen macia« vir,>»ä> zu suchen. ES sei jedoch nicht möglich gewesen, durch die Verhandlungen mit der Curie einen Boden zu finden, um durch eine organische Revision der Mai aesetze den Frieden herbeizuführen. Die Regierung sei zu den weitgehendsten Zugeständnissen bereit gewesen. Sie habe eS für möglich erklärt, daS DiS- ciplinargesetz dahin abzuändern, daß nicht nur alle geringeren DiSciplinarstrafen, Verweis, Geldbußen rc„ auS dem Gesetz ausgeschieden würden, sondern daß sogar die Wirkung deS Unheils des DisciplinargerichtShoseS die kirchliche Seite der bischöflichen Functionen gar nicht berühren solle. In ähnlicher Weise sei die Regierung auf den übrigen Gebieten der kirchenpolitischen Gesetzgebung entgegengekommen, habe aber überall nur ein «<m P0S8IIMU» der Curie gesunden. Mit um so größerer Befriedigung habe die Regierung von dem Breve deö Papstes vom 84. Februc-r Kenntniß genommen und diesem Geiübl durch den Staatsministerialbeschluß vom 17. März Ausdruck gegeben. Dieser Beschluß sei im ganzen Lande mit Freude begrüßt worden, weil man rn demselben den Weg zu einer Lösung der beklagenswerthen Wirren erblickte. Bevor der Staat-ministerialbeschluß in Rom bekannt war, sei durch eine Depesche deS CardinalftaatSsecretairS Nina an Jacobini jenem früheren Breve de» Papste- eine Deutung gegeben worden, welche demselben jeden Charakter eines Zugeständnisse» nahm. ES sei in dieser Depesche (deren Wortlaut der Minister mittheilte) in schroffster Form der Anspruch der Curie, über di« An stellung der unabsetzbaren Geistlichen allein zu entschei den, wiederholt worden. Hiermit war für die Regierung die Möglichkeit, auf dem betretenen Wege weiter zu geben, auSgeschloffen. ES wäre für sie sehr leicht ge wesen, sich nunmehr wieder auf einen rein negativen Standpunkt zurückzuziehen. Hatte sie ihrerseits daran denken wollen, aus eigene Hand an eine Revision der Maigeletze zu gehen, jo würde st, Loncessionen ge macht haben, ohne dafür da» Geringste einzutauschen. E» wäre die» eine unverzeihliche Thorheit und Schwäch« gewesen. Di« Kirche befinde sich in einer vorcheilhaf- teren Lag« al» der Staat, für sie sei der Kampf «ü der preußischen Regierung nur eine Phase in ihrem Kampfe um die Weltherrschaft, welchem Zwecke sie auch wohl zeitweise die Nothlage ihrer Gläubigen unürordnk« zu können glaub«. Die Kirche könne warten. Da» könnte nun der Staat in seiner unan greifbaren, verfassungsmäßig richtigen VcrtheidigungS stellung auch, wenn er nicht neben seiner konstitutio nellen Pflicht zugleich auch die moralisch-patriotische Verantwortung für di« Nothlage seiner katholischen Angehörigen tragen müßte. Von 13 BcStbümern würden nur noch 4 ordnungsmäßig verwaltet, die Domkapitel würden immer lückenhafter, über 1000 Pfarrstellen jeien verwaist, die Scmrnarien, bie katho lischen Fakultäten verödeten. Und dielen Nothftand habe die Kirche verschuldet durch ihre Weigerung in einer Frage, welche daS Wesen der Kirche in keiner Weise berührt! (Zustimmung.) Solchen Ver hältnissen gegenüber habe die Regierung geglaubt, auf Mittel Bedacht nehmen zu muffen, für die Wieder herstellung einer geordneten Diöcesanverwaltung, für eine Abbülfe de» Prieftermangel» und für eine mög lichste Milderung der Conflicte Sorge ,u tragen. Diesem Zwecke solle die Vorlage entsprechen. Wie man daran habe denken können, daß die Regierung gegenüber der ablehnenden Haltung der Cune ihre Vorlage zurückziehen werde, sei unbegreiflich. Daß der Regierung diese ablehnende Haltung vorher be- kannt gewesen sei, beweise der veröffentlichte Depeschenwechsel, unmöglich aber könne sie die Schritte, die sie im Interesse der Staatsangehörigen für nöthia halte, von der Zustimmung oder Abneigung der Eurie abhängig machen. Der Minister ging hier auf näher auf die Einzelheiten de» Gesetze» ein und wieS namentlich auf die Nothwenbigkert hin, einzelne der abgesetzien Bischöfe unter Umständen wieder in ihr Amt zurückkehren zu lasten. Die Regierung müsse deshalb gerade auf den Artikel 4 der Vorlage einen besonderen Werth legen. Dasselbe gelte von Art. 8, wenn er auch gern anerkennen wolle, daß eS vom rein konstitutionellen Standpunkte eine sehr weitgehende Zumuthung sei, daS Zugeständniß zu verlangen, daß die Handhabung der Strafgesetze dem Be lieben der Regcerung anheimgegeben werde. Die politischen Gründe seien aber schwerwiegend genug, um einen solchen Anspruch zu begründen. Die Annahme der Vorlage diele den großen Vortheil, der Regierung eine feste landesgesetzliche Basis zu geben, um je nach dem Stande etwaiger Verein barungen mit der Curie die Handhabung der Mai- aesetze einzurichten. Trotz aller vorhergehenden That sachen sei die Möglichkeit solcher Vereinbarungen keineswegs ausgeschlossen, denn die Curie ändere ihre Entschlüsse mit der Situation. Die Besorgniß, daß die Regierung auf Grund der ihr gegebenen Voll machten zu weit gehen könne, sei durch die That- sachc ausgeschlossen, daß die Regierung nickt die Voll macht verlange, von der Anzecgepflicht der Geistlichen, dem springenden Punkt deS ganzen Conflict», zu diSpensircn. Ein Bischof, der auf Grund deS vor liegenden Gesehentwurts in seine Diöcese zurückkehre, thue Dies wahrscheinlich nicht al- Triumphator. Auf Abänderungen ,m Einzelnen werde die Regierung gern einzugeben bereit sein, an dem Kern der Vor lage aber müsse sie fefthalten. Sie wolle wenigstens NcchlS unversucht lassen, um den Frieden lwiederzu- finden, dessen Wiederherstellung daS Vaterland dringend genug bedürfe. (Beifall.) Abg. Falk constatirte, daß der Staatsministerial beschluß vom 17. März durchaus der Stellung ent spreche, welche die Regierung seit dem Beginn d«S LulturkampfeS eingenommen. Der Beifall, den der Beschluß bei allen Parteien mtt Ausnahme des Centrum» gefunden habe, sei aber nur begründet gewesen in der Voraussetzung, daß man an der Auf fassung, daß die Zugeständnisse de» Staate» mtt denen der Kirche nur glelchen Schritte- erfolgen sollten, auf Seiten der StaatSregierung festhatten werde. Die Annahme, daß die Kirche sich zu Eoncessionen bereit zetgen würde, sei inzwischen — da» zeige die Dort munder Versammlung und da» Verhalten de» Papstes — unerfüllt geblieben, und dennoch sei die Vorlage gemachl, die doch unzweifelhaft wesentliche Eon- cesfionen darbiete. Der veröffentlichte Depeschen wechsel sei eher geeignet, gegen als für die Vorlage zu sprechen. Angesichts der gegenwärtigen Sachlage werde man gewiß nicht behaupten können, daß em dringende» Bedürsniß vorliege, der Regierung Vollmach ten für etwaige weitere Verhandlungen mit dem Vatikan zu geben. Ebensowenig könne al» zwingende» Motiv der Wunsch der Regierung angeführt werden, ihre Friedensliebe zu documenttren. Für diesen Zweck sei eS wahrlich nicht nöthig, der Kirche Eoncesstonen zu machen, die selbst dann, wenn der Papst bedeutende Gegenconcessionen gemacht hätte, viel zu wett gehen würden. Erzbischoj Droste, der sich den StaatSgesetzen gegenüber nicht halb so schwer vergangen hätte, w» die neuerding« abgesc tzten Bischöfe, sei,m Jahre 1840 nicht wieder auf seinen Bischofssitz zurückgeführl worden, wie man Die» jetzt wolle. Em solcher Entwurf müsse den Verdacht erwecken, daß e» der Regierung an der
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