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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.11.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-22
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189611224
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18961122
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18961122
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-11
- Tag1896-11-22
- Monat1896-11
- Jahr1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.11.1896
- Autor
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Die Mor-en-AuSgabe erscheint mn Uhr. di« Lhend-Au-gab« Wochentag» nm b Uhr. Rrdsetton vn- Erpedition: JohanneSgasie 8. Di« Expedition ist Wochentag» ununterbrochen »Sssnet von früh 8 bl» Abend» 7 Uhr. Filialen: vtt» »le««'» r-rlim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinum), -out» Lösche, Eatharinenstr. 14, part. und KSnigsplatz 7. Bezugs.Preis ^d« tzauptexpedition oder den im Stadt« b«trk md de« Vororten errichteten Aus gabestellen abgrholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zweimaligrr täglicher Zustellung in» hau» HLO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertrstährlich . Direkte täglich« Krruzbandjendung in» Lu»land: monatttch >4 7.50. Anzeiger Amtsblatt des Äömgkichen Land- und Ämtsgerichies Leipzig, des Aalhes nnd Nolizei-Äintes der Ltadl Leipzig. Sonntag den 22. November 1896. AnzeigeN'Preis die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reklamen unter dem R«daetion»strich l4qe- jpalten) 50^, vor den Familien Nachrichten ik gespalten) 40^. Größere Schrillen laut nnserem Preis verzeichniß. Tabellarischer und Zifferniav nach höherem Tarif. Extra-Vellage« (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohn« Postdesörderung .M S0.—, mit Postbefürderuag 70.—. Anuahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen- Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei Len Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. > Truck und Verlag von E. Potz in Leipzig. SV. Jahrgang. Aus -er Woche. ü „Ein großer Auswand unnütz ward verthan!" Sie Lackten „ihn" zu vernichten und sind jetzt froh, wenn so wenig al» möglich von dem Ausritt Richter's und anderer Staatsmänner auf da» Gebiet der auswärtigen Politik ge sprochen wird. Die Niederlage der Feinde B i s m a r ck' S ist die Wirkung deS Schwergewichts deS Sachverhalts. Der Assecuranzvertrag kann eben nicht als ein gegen die Inter essen Deutschlands geführter Schlag auögelegl werden, vom Proconsul so wenig wie von den Tribunen. Aber unverkennbar haben auch die vaterlandschändenden Versuche, den größten und verdientesten Deutschen zu entehren, ihr gut Theil zu dem Ausgange des Feldzuges beigetragen, lieber die Zweck mäßigkeit der Veröffentlichung deS russischen Vertrages in diesem Augenblicke, nicht allerdings über die Lauterkeit der Absichten Bismarck's, hatten auch in einzelnen naliviialgesinntcn Kreisen Zweifel obgewaltet, durch die Schmutzwellen der gegnerischen Angriffe sind sie, wo nicht weggeschwemnit, so doch zurückgedrängt worden. Vor der Ungeheuerlichkeit der Beschuldigung deS Vaterlandsverraths gegen den Schöpfer des Vaterlandes konnten opportunistische Bedenken um so weniger Stand halten, als Jedermann weiß, daß das Auge deS Alt reichskanzlers weiter reicht als das irgend eines andern den Staatsgeschäften ferner stehenden Deutschen. Die zahlreichen und noch der Vermehrung entgegensetzenden Huldigungen nationalliberaler Vereine sind herauSgefordert durch die Be schimpfungen Bismarck's; darum sind sie aber nicht lediglich als Proteste, sondern auch als Vertrauensbeweise für den „BiSmarck von jetzt" gedacht und empfunden. Wie die radicalen Parteien bei dem Ausdruck ihrer patrio tischen Besorgniß um die Position Deutschlands in Europa etwas Anderes bezweckt hatten, als sic vorgegeben, so in ihrer Duellaction. Wir haben daran nie gezweifelt, jetzt be stätigen sie eS sich gegenseitig. Der badische Dcmokraten- sübrer Muser hat in Elberfeld und Düsseldorf „Vorträge" über das Duellunwesen gehalten und die „Franks. Ztg." bat dazu bemerkt, daß die Sache der deutschen Voltspartei in den Rhein landen durch die Reden eine bedeutsame Förderung erhalten habe. Hierin findet Herr Richterden Beweis, daß die Vorträge gehalten sind „nicht um der Sache willen, sondern um am Nieder rhein eine weitere Zersplitterung", im Interesse der deutschen Volkspartei natürlich, „zu fördern". Die „Franks. Ztg.' wird — und zwar mit demselben Rechte — den Vorwurf zurückgeben, da die Socialdemokratie ihn beiden „VolkSpar- leien" machte, und so erfahren, Dank dem Zorn des Herrn Rickter, die ehrlichen Leuten wieder einmal die Wahrheit. Es ist in hohem Maße bedauerlich, daß im Reichstag der Strom der Rede nicht mehr fließen kann, otzne durch die Schlammgewässer der Par te ise lbstsucht getrübt zu werden. Die Uebertreibung von Uebelständen und ihre empörende Ausnutzung kommt schließlich nur ihrem Fortbestände zu Statten. ES sind im Reichstage zweifellos sehr ernste Dinge zur Sprache gebracht worden, die eingehender behandelt werden konnten, wenn nicht die Leidenschaften die Führung an sich gerissen hätten. Vor Allem die Thatsache, daß in mehreren FällenauS der BerufSthätigkeit von Richtern heraus diesen die Nothwendigkeit erwachsen ist, entweder einer Herausforderung zum Zwei kämpfe Folge zu leisten oder gewisse Folgen der Ablehnung auf sich zu nehmen. Hier liegt offenbar eine Ver fehlung der obersten Staatsbehörden vor, die Niemandem, auch keinem militairischen Ehrengerichte, erlauben dürfen, gegen einen Richter wegen einer innerhalb seines Pflichtenbereichs gelbanen Aeußeruug vorzngehen. Es handelt sich da um die Wahrung deS Ansehens der Gerichte, ja geradezu um die richterliche Unabhängigkeit. Wohin gelangen wir, wenn ein Richter von der amtlichen Bekundung seiner Ueberzeugung gesellschaftliche Schädigung durch eine staatliche Einrichtung, wie daS Ehrengericht eine ist, zu befürchten bat? Diese Frage hätte im Reichstag reiflich erwogen werden sollen. Aber allerdings zur sachlichen Vertiefung kann ein Haus nicht gelangen, in dem ganze Stände und Classen gegen un- fläthige Beschimpfungen zu vertheidigen sind, Scurrilitäten, wie man ihnen m der Witzblätter-Rubrik „Aus der JnstructionSstunde" zu begegnen pflegt, vvrgebracht werden, jeder Klatsch als unumstößliche Thatsache auSgegeben und in den Excursionen über die Moralität einzelner Gesellschaftögruvpen eine widerwärtige Heuchelei an den Tag gelegt wird, eine Heuchelei, die nicht selten zur Albern heit wird. So entdeckt heute der „Vorwärts" nm Geberden tiefster sittlicher Entrüstung da» unsers Wissen letzt wenig mehr gesungene uralt« Stuventenlied: „Ich war Brandfuchs noch an Jahren." Die Sprache deS Trinkliedes ist nickt sein, aber nur ein heimlicher Sünder kann cs sittlich anstößig finden. Die socialdemokratische Memoiren-Literatur hat in den Erlebnissen des „Genossen" Hartmann sehr viel weniger harmlose Dinge aufzuweisen, als sie in jenem Exkneip-CantuS besungen werden. Obwohl das Anschwellen der großpolnischen Bewegung in Posen, Westprrußen und Schlesien ohne Frage auf das Emporkommen deS PolenthumS in Oesterreich zurückruführen ist, veröffentlicht die „Kreuz-Ztg." eine Wiener Zuschrift, in der ein Reptil au-einanberseyt, daß den galizischen Polen von GottcS und Rechts wegen noch mehr gegeben werden müßte. Damit hat die „Kreuz-Ztg.", die sich m der Polen frage bisher correct verhalten hat, die Partei auch des Preußischen PolenthumS genommen. Wenn es sich dabei nicht etwa um eine redactiourlle Gedankenlosigkeit handelt, so wird dem führenden konservativen Organ abermals.der Abfall von einer früher hochgrhaltenru politischen Ueberzeugung nachrusagea sein. Der Arznei- und Curschwindlrr vr. Bolbrding ist zu vier Jahren Gefängniß verurtheilt worden. DaS genügt nach der Seite der Repression hin, er wird sich aber nach Ver büßung der Strafe noch eines beträchtlichen Theile» seines nach vielen Huoderttausenden zählenden Raubes zu erfreuen haben und er bliebe im Besitz deS Ganzen ungestört, wenn er sich nicht thörickterweise der Steuerhinterziehung schuldig gemacht hätte. Dem öffentlichen RechtSbewußtsein entspricht c» gewiß nicht, daß da» Gesetz nicht verstattet, einem über führten Verbrecher sein durch daS Verbrechen erworbene- Ver wögen abzuerkennen. Deutsches Reich. * Leipzig, 2l. November. DaS conservative „Vater land" schreibt: „Wie wir hören, beabsichtigt man in hiesigen Handwerker kreisen die sächsischen Reichstags-Abgeordneten (mit Aus nahme der Socialdemokraten) bezüglich ihrer Stellungnahme zur Handwerker-Reorganisation zu befragen. Je nach Ausfall der Antworten soll Stellung zu den verschiedenen politischen Parteien genommen werden. Parteien, die sich der Reorganisation gegenüber ablehnend verhalten, sollen in Zukunst bei keinerlei Wahlen auf die Unterstützung der Handwerker zu rechnen haben." Vorläufig glauben wir, daß das „Vaterland" seine eignen Wünsche mit den Absichten der Handwerkertrcise verwechselt. Da nach Art. 29 der Reichsverfassung die Mitglieder des Reichstags „Vertreter des gesummten Volkes und an Auf träge und Instructionen nickt gebunden" sind, so würde ein solches Vorgeben mit dem Sinne der Neickövcrfassung nickt zu vereinbaren sein. Auch würden die Berathungen des Reichstags in den Commissionen und im Plenum ganz über flüssig werden, wenn die einzelnen Abgeordneten sich vor ihrer Watzl zu einer bestimmten Stellungnahme zu concretcn Fragen verpflichten wollten. UeberdicS sind die Ansichten der Hand werkerkreise über die Hanbwerkerorganisation sctzr verschieden. Wenn nun die Vertreter dieser verschiedenen Ansichten ihre Stellungnahme in der Candidatcnfrage lediglich von den An sichten der Eandidateu über die Handwerker-Reorganisation abhängig machen wollten, so würde in solchen Wahlkreisen, in denen nur die Einigkeit der bürgerlichen Parteien zum Siege über die Socialdemokratic führen kann, die Mandate der Umsturzpartei geradezu an den Hals geworfen. Um Der artiges berbeizuführen, sind die sächsischen Handwerker zu vernünftig. x Berlin, 2l. November. Wie es scheint, ist die von dcutscker Seite beabsichtigte Handelsexpedition nach Ostasien und die Betheiligung wichtiger Industriezweige, wie der Baumwollenmannfactur und der Rübenzuckerindnstrie, gesichert. Wir begrüßen dies Ergebniß mit aufrichtiger Freude. Der Zeitpunkt der Entsendung der Expedition ist in mehrerer Hinsicht als sehr passend gewählt zu bezeichnen. Wir müssen im Auge halten, daß England, durch die Klagerufe und Warnungen des Herrn E. E. Williams in weiten Kreisen beunruhigt, sich anschickl, mit verdoppelter Kraft im Welthandel einzusetzen und speciell gegen die ge fährliche deutsche Concurrenz den Krieg zu eröffnen. ES ist daher erforderlich, daß auch wir, besonders in einem für den Export so überaus wichtigen und steigend wichtigen Gebiete, wie Ostasien unsere Anstrengungen zu vermehren. Neben England müssen wir speciell in China auf einen zweiten Gegner achten: auf Japan, das, nach dem Abschlüsse des Handelsvertrages mit China, begünstigt durch seine geographische Lage und die Billigkeit der Arbeitskräfte, auch unserem Export nach China immer gefährlicher zu werden droht. Hier gilt eS, die Ueber- legenheit unserer Industrie so lange mit allen Kräften auS- zunützen, als Japan in industrieller Hinsicht noch zurücksteht. Da die begründete Hoffnung besteht, daß die Erhöhung der Postdampsersubvention vom Reichstage bewilligt werden wird, so darf man erwarten, daß die Früchte der beabsichtigten Expedition sich sehr bald zeigen werden. Gerade das Ge deihen des Handels nach Ostasien hängt erfahrunzSmäßig bei dem Charakter der Bewohner von gewissen Einzelheiten des kaufmännischen Verkehrs, der Verpackung, der Lieferung rc. ab, die nur an Ort und Stelle zu studiren sind. * Berlin, 21. November. Am 19. d. MtS. war der Delegirtentag derDeutschen conservativen Partei im Reichstage zusammentreten. Es wurden eine Reibe von Resolutionen angenommen, von denen die „Cons. Korr." zunächst die folgenden mittheilt: 1) Der Delegirtentag der Deutschen conservativen Partei stellt auch heute, wie cs in dem Programm vom 8. December 1892 ge schehen ist, die Erweckung, Erhaltung und Kräftigung der christ- liehen Lebensanichauung an die Spitze seiner Ausgaben. Er erachtet den Kanips gegen die Socialdcmokcotie als eine Hauplausgabe der Parteien und der Negierung. Dem verhetzenden Treiben gewerbs- mäßiger Agitatoren, die jede göttliche und weltliche Autorität unter graben und die durch den Mißbrauch politischer Freiheiten aus Zerstörung der christlichen Gesinnung im Volke hinarbeiten, muß durch energische Handhabung staatlicher Machtmittel ein Ziel gesetzt werben. Der Delegirtentag hält es besonders für geboten, dem stetigen Vordringen der Socialdemokratie gegenüber vor Partei-Zer splitterungen zu warnen. Die Vielheit kleiner Parteiblldungen führt zur Ohnmacht gegenüber straff organisirten Parteien. Es ist darum zu erwarten, daß kein konservativer Mann eine neue Partei- bildung fördern werde, auch wenn diese angeblich auf conservativen Boden sich befindet oder Berührungspuncte mit dem conservativen Programm dartnetet. Es muß vielmehr gefordert werden, daß Ver suchen, neue Parteien auf Konen der konservativen Partei zu gründen, entschieden und kräftig entgrgengearbeilet werde. Es ist unzulässig, daß ein Mitglied der conservativen Partei gleichzeitig einer anderen politischen Partei angehvre. 2) In Erwägung, daß von verschiedenen Seiten versucht worden ist, über di« sociatpolittjch« Haltung der konservative» Partei Mißverständnisse und Mißdeutungen öffentlich hervorzurusen, erklärt der Delegirtentag rc.: 1) Die conservative Partei erachtet e» für geboten, den in unserem Volksleben hervorgetretenen vielfachen Schäden energisch »ntgegenzutreten. Sie steht nach wi« vor aus dem Boden d«r Allerhöchtte» Botschaft von 1881. Demgemäß wünscht sie nicht den Stillstand der Socialreform, sondern die planvolle Weiter führung derjelbeo. 2) Die Socialresorm ist nicht ausschließlich oder wesentlich als eine Angelegenheit der Lohnarbeiter zu erachten; sie hat sich vielmehr gleichmäßig auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber und auf all« Productivstänbe zu erstrecken. In seinem Referat« über die Gesammtpolitik der Conservativen und ihre Stellung zu den Parteien führte Freiherr von Manteuffel zu Punct 1) etwa folgende-au»: „Wir haben uns davor zu hüten, daß wir «in« lediglich agrarische Partei bilde». Wenn wir keine andere Frage al» die agrarische betonen, so setzen wir uns selbstverftäud.ich dem Verdachte au», lediglich «ine Agrarpartei zu sein. Daraus machen di« Gegner dann Großgrundbesitzerpartei — Junkerpartei u. s. w. Nach unserem Programm haben wir alle Productivstände zu vertreten." Freiherr v. Manteuffel wie» bei dieser Gelegenheit darauf bin, daß brr Schlußsatz in der Resolution 1 sich nicht aus den Bund der Landwirt he beziehe, da der Bund ja «ine politische Organisation nicht sei. Nichtsdestoweniger ist vom Delegirtentage die ursprüngliche Bezeichnung „Organisation" in „Partei" umgcändert worden. Nachdem Freiherr v. Man teuffel noch betont hatte, daß die conservative Partei nie die Reserve außer Acht lassen solle, die sie sich als conservative Partei auferlcgen müsse, daß sie also jeder Demagogie aus dem Wege zu geben habe, schloß er unter lebhaftem Beifall mit nochmaliger Betonung der Parteiselbstständigkeit, welche nicht ausschließe, daß den Negierungen offen die Meinung gesagt werde, wenn sie schädliche Wege geben. Hierauf wurde in die Diskussion eingetrelen; dieselbe erstreckte sich haupt sächlich auf den von Herrn v. Plötz bemängelten Schlußsatz der Resolution, dessen Ausbeulung durch den Freisinn er fürchte, lieber diese Debatte theilt die „Cons. Korr." Weiteres nicht mit. V. Berlin, 21. November. (Telegramm.) Der Kaiser, der gestern Abend um ll Uhr 30 Min. in bestem Wohlsein im Neuen Palais wieder cintraf, empfing im Laufe des heutigen Vormittags den Chef des GeneralstabeS General Graf v. Schlieffen zum Vorträge und arbeitete dann längere Zeit mit dem stellvertretenden Ches des Militaircabinels Obersten von Villaume. — Am königl. Hofe wird heute der Geburtstag der Kaiserin Friedrich gefeiert. Einladungen zu der aus diesem Anlaß beute Abend im Neuen Palais Ilattsindcnden Theatervorstellung waren auch an sämmtliche Mitglieder der hiesigen großbritannischen Botschaft ergangen. 6. II. Berlin, 2l. November. (Privattelegramm.) Der Kaiser hat angeordnet, daß die Panzerschiffe „Preußen" und „Friedrich der Große" aus der Liste der Panzer schiffe zu streichen sind und fortan als Hafenschiffe geführt werden. Berlin, 2l. November. (Telegramm.) DaS Ab geordnetenhaus vollzog heute die Präsidentenwahl. Zum Präsidenten wurde durch Zuruf Herr v. Koller wrederzewäblt, der die Wahl an na hm. Die Herren v. Heere man und Krause wurden, ebenfalls durch Zuruf, zu Vicepräsidenten wiedergewählt und nahmen die Wahl an. 6. II. Berlin, 21. November. (Privattelegramm.) Der große Streit der Lithographen ist zu deren klngunsten beendet; die Arbeiter haben keine ihrer Forderungen durch gesetzt. Der Streik hat über 100 000 gekostet. — Der Colonialrath hat sich bekanntlich in seiner October-Tagung mit der Uebernahme des Neu- Gui nea-SchutzgebieteS in die Reichsverwaltung beschäftigt und ist im Gegensätze gegen den Reichstag zu dem Beschlüsse gekommen, diese Uebernakmc zu empfehlen. Auf Grund dieses Beschlusses wird dem Vernehmen nach eine Vorlage an den Reichstag vorbereitet. Der zwischen dem Reiche und der Neu-Guinea-Compagnie im März abge schlossene Vertrag ist von dem Colonialratbe einigermaßen abgeändert worden und hat so, wie verlautet, die Ge nehmigung der zuständigen amtlichen Stellen gefunden. Die hauptsächlichste Neuerung ist die, daß die der Ncu-Guinea- Compagnie daraus zusallenden Vortbelle dem Schutzgebiete zugewendet werden sollen. An dem früheren Vertrage mit der Neu-Guinea-Compagnie ist noch die Bestimmung ge ändert, daß alles herrenlose Land ihr gehören soll; darin ist eine Beschränkung eingetreten. Auch soll die Emschädigung an die Compagnie für die Ablösung gewisser Rechte und Be fugnisse nicht auf einmal bezahlt werden. — Der Vorstand der deutschen Colonialgesell schaft wird am 5. December in Berlin zusammentreten. Es wird der Etat für das nächste Geschäftsjahr vorgelegt werden. Die Anträge deS Ausschusses behandeln u. A. die Bewilligung von 2000 zur Unterstützung der deutschen Schule in Apia und die schenkweise Ueberlassung der Bestände der Producten- sammlung, mit Ausschluß der auf die deutschen Colonien bezüglichen Objecte, an das Orientalische Seminar und den württembrrgischen Verein für Handelsgeographie. Aus der Sitzung des Ausschusses vom 3. November ist der Beschluß erwäbnenswerth, Herrn vr. Kayser als ein Zeichen dank barer Gesinnung für die vielen Verdienste, die er sich um die Gesellschaft erworben batte, ein künstlerisch ausgestattetes Dankschreiben deS Ausschusses zu übersenken. — Der Afrikaverein hatte eine Eingabe an Len Reichskanzler gerichtet, in welcher zur Bekämpfung deS überseeischen Branntweinhandels eine Erhöhung des Einfuhrzolles auf Spirituosen in Kamerun und Togo gebeten wurde. Es ist daraufhin eine Antwort eingegangen, in der die kaiserliche Regierung mittheilt, daß sie gern be müht sei, in internationale Verhandlungen übereine weitere Einschränkung des übermäßigen Spirituosenverbrauchs in Westafrika durch gemeinsame Erhöhung der Einfuhrzölle zu treten. Zu einem für unS befriedigenden Ergebniß können diese Verhandlungen, wie bereits einer auswärtigen Regierung amtlich mitgethrilt worden sei, jedoch erst dann führen, wenn die Sicherheit dafür geboten werde, daß durch ein Zu sammenwirken sämmilicher betbeiligten Colonialmächte bei Unterdrückung der Spirituoseneinfubr im klebrigen dem Handel und Verkehr aller Nationen gleicher Spielraum ge währt werde und eine einseitige Schädigung der bedeutenden Handels- und landwirrbschaftlichen Interessen deS deutschen Reiches ausgeschlossen bleibe. — In Bezug auf die Gehaltsaufbesserung der Officiere ist noch zu berichten: Der beim Heer für Ofsiciere der berittenen und Specialwaffen, sowie in be sonderen Stellungen hergebrachte Einkommensvorzug soll bei den Officiere» der Cavallerie und der reitenden Artillerie mit Rücksicht auf Len durch die Pferdehaltung er wachsenden Mehraufwand bestehen bleiben, doch soll der Unterschied nicht mehr bei dem Gebalt stattfinden, sondern in die Form einer nicht pensionsfähigen Zulage gekleidet werden mit dem Zusatze: „So lange die Frage einer Ent schädigung für die Pferdehaltung nicht anderweitig geregelt ist." ES soll also künftig daS eigentliche Gehalt und da« Aufrückrn einheitlich durch alle Waffen mit Einbeziehung aller besonderen Institute geregelt werden. Ferner sollen künftig, statt bisher bei der Infanterie 57 und bei der Cavallerie 41 v. H, 60 v. H. sämmtlicker Hauptleute und Rittmeister der Armee daS Gcdalt l. Classe erhalten. Gleich artig erfolgt die Regelung bei der Marine. — Mit dem Proceß Witte-Stöcker beschäftigte fick kürzlich der Christlich - sociale Jugendbund. Der sowohl von Stöcker als auch von Witte als Zeuge vor geschlagene, im ersten Termin aber nicht vernommene Rekacteur v. Gerlach hielt den Vortrag, wobei er „von seinem Standpuncte als Jurist aus" meinte, daS Urtheil deS Schöffengerichts werde an Merkwürdigkeit nur noch von dem unter dem Vorsitz deS Präsidenten Lüiy, der einer Gehirn- erweichung erlegen sei, gefällten Erkennlniß im Proceß Stöckcr-Backer übertroffen. Die Versammlung erklärte schließ lich einstimmig, „daß sie in der Verurtheilung Stöcker's ein unbegreifliches Fehlurtheil erblicke und die Ehrenhaftig keit Stöcker's dadurch in nichts gemindert sehe." — Der aus dem Hannoverschen Spielerproceß bekannte Lieutenant V. Schierstädt, der früher im hiesigen Gacde-Dragoner-Regiment stand und in Folge der beim Proceß bekannt gewordenen Vorgänge mit schlichtem Abschied entlassen wurde, war vor etwa einem Jahre als Lieutenant der Reserve des 8. Ulanen-Regiments wieder ein gestellt und zur Dienstleistung bei dem genannten Regiment in Lyck commandirt. Nunmehr ist er in die aclive Armee übernommen, indem er beim 17. Hnsarcn-Regiment in Braunschweig angestellt ist. Er hat hierbei ein Patent vom März 1888 erhalten und damit iVs Jahre gegenüber seinem srüheren Dicnstalter eingebüßt. * Königsberg, 20. November. Auf die Beschwerde der Direktion der Bvrsenhalle wegen des Verbotes an die Militair musik, im Börsengarten zu spielen, ist nack der „K. H. Z." die Antwort des Kriegsminislers eingegangen. Danach sei der betreffende militairische Vorgesetzte befugt, Bestimmungen auch über das außerdienstliche Concertiren der Militairmusiker zu treffen. Im klebrigen habe der Kaiser einen Bericht des GeneralcommandoS in dieser Angelegen heit eingcfordert; die Entscheidung stehe aber noch anS. * Flensburg, 2". November. Tie Redacteure Rossen und Wrang vom „Flensborg Avis" wurden heute von der Strafkammer des Landgerichts wegen groben Unfugv, begangen durch den Gebrauch der verbotenen Bezeichnung Eöndcrjylland statt Schleswig, zu zwei resp. sechs Wochen Gefängniß und in die Kosten verurtheilt. * Hamburg, 20. November. Der „Gen.-Anz. für Ham burg-Altona" schreibt: „Wir halten unsere Meldung von der bevorstehenden Ernennung des Grafen Waldersee zum Oberco mmanvirenden in den Marten vollkommen aufrecht." Und der „Franks. Ztg." wird von hier telegraphier: „Tie Nachricht, betreffend Walversee's Versetzung, balle ich aufrecht. Das Dementi des „Hamb. Correfp." ist ans den Fingern gesogen. Die Nachricht stammt aus ersten Milicairkreisen." * Hamburg, 21. November. (Telegramm.) Die Schauer le Ute Hamburgs und AltonaS sind, wie in der gestrigen Versammlung beschlossen worden war, heute früh in den Ausstand getreten. Einige Schiffe arbeiten mit Stauervicen und ihrer Mannschaft, aber auf den meisten Schiffen ruht die Arbeit. Im Ganzen sind etwa 2500 Leute ausständig. Die Schauerleute stehen in großen Ansamm lungen am Hafen beisammen und besprechen die Sachlage, es herrscht indessen vollkommene Ruhe. ? Hannover, 20. November. Ter nationalliberale Verein beschloß in seiner gestrigen Generalversammlung, an den Fürsten Bismarck folgendes Telegramm abzusenren: „Die gegen Ew. Durchlaucht in einem Theil der deutjcken Presse und auch im Reichstag in jüngster Zeit gerichteten Angriffe weisen die Theilnehmer an der Generalversammlung des Nauonal- liberalen Vereins Hannover mit Entrüstung zurück. Sie senden Em. Durchlaucht, dein starken Begründer und treuen Schirmer des deutschen Reiches, die Versicherung unverlöschlicher Dankbarkeit und begeisterter Verehrung." * Detmold, 21. November. (Telegramm.) DieFürstin Elisabeth, Wittwe des Fürsten Leopold, ist an Lungen- Entzündung ertrankt. (Wiederholt.) * Gclscukircheu, 20. November. Der hiesige Polizei sergeant Ferdinand Stegemann war von der Straf kammer in Essen wegen verschiedener Ueberschreitungen im Amte zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt worden. Er hatte, wie aus der Verhandlung dervorging, auf einem Patrouillengang den Schneidermeister Anton Tietz, der ihn wegen seines Benehmens mehreren Mädchen gegenüber zur Rede stellte, mit Faust und Säbel mißhandelt und außerdem eine Dogge auf ibn gehetzt, die den Tietz am Bein verletzte. Daß die Ausschreitungen deS Polizeibeanilen ziemlich schwerer Art waren, geht aus der verhältnißmäßig hohen Strafe von drei Monaten hervor, auf die daS Gericht erkannte, obwobt der Staatsanwalt nur 20 Geldstrafe beantragt batlc. Stegemann brauchte indessen die Gefängnißstrafe nickt anzu treten, dcnn sie wurde ihm im Gnadenwege erlassen nur in eine Geldbuße von 25 umgewandclt, Ferner wurden auch die ihm auferleglco, ziemlich beträchtlichen Gerichtskosten auf 30 ermäßigt. * Gera, 20. November. Brr der heutigen Grmeinderaths wähl in Gera-Unter mhauS wurden sämmtliche ackt socialdemokratische Candibatrn gewählt. * Mannheim, 20. Novembep. In einer geradezu flegel haften Weise bespricht, wie wir dem „Cchw. Merk/ eul nehmen, die hiesige socialdevekratische „Volksslimme" den Beschluß des StabtrathS, die Kosten für die Herrichtung des Platzes zur Aufstellung deS Bismarckdenkmals auf die Stabtcasse zu übernehmen. DaS Blatt kündigt an, daß die socialdemokratisch-radicale Mehrheit deS Bürgerausschusses gegen den Beschluß dcS StavtrathS Einspruch erbeben werde. Zugleich versteigt sich da« Blatt zu der rohen Bemerkung, daß eS al- einen geeigneten Platz für die Aufstellung dcS BtSmarckdenkmalS den Hof de- hiesigen Kreisgefängnisses Vorschlag«, „wo dann die großen und kleinen Diebe bei ihren Spaziergängen mit Ehrerbietung zu ihrem großen Verbilde «mporsehrn können." Solche schamlosen Elemente werden demnächst im RathhauSsaak« das groß« Wort führen! * Caunstadt, 20. November. Bei der Nachwahl zum Landtag erhielten Tauscher (Soc.) 2880, Pfaff (nat-Iib.l 2490, der Volksparteiler 1401 Stimmen. Die Stichwahl ist auf den 3. December angesrtzt.
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