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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.09.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-17
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020917021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902091702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902091702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-17
- Monat1902-09
- Jahr1902
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üppigen Salon besonders verführerisch auf dem seidenen Polsterstuhl zurück und blickte den gegenübcrsiyendcn ele ganten Doctor kokett an. Sie hatte schon viel gebrochen und ihm mit bezaubernder Liebenswürdigkeit seine Bitte abgeschlagen. Jetzt fügte sie noch hinzu: „Ich freue mich aber, lieber Freund, -atz Sie meine Bedeutung nicht unterschätzt und dah Sie eingesebcn haben, von wem allein die Erfüllung Ihrer Bilte ab hängen konnte. Ich werde versuchen, meine Stellung diesen Winter über durch meine einflußreichen Familien beziehungen und auch durch meine persönlichen Gaben noch zu verstärken. Ich will Ihnen verrathen, es wäre mein schönster Traum, unumschränkte Königin der Gesellschaft zu werden, und ich habe auch gegründete Hoff nungen, dieses Ziel zu erreichen, vorausgesetzt, daß es mir an einem treu ergebenen Ritter nicht fehlt. Mein Wille soll regieren, meine Ansicht soll für alle Anderen maßgebend sein! Das ist mein Streben und znm Tbcil schon mein Sieg. Damit Sic das recht erkennen und zu gleich sehen, wie unerhört aufrichtig und vertrauensvoll ich mit Ihnen spreche, gesteh'! ich Ihnen sogar, daß die Uebergehung Ihrer Frau mein Werk ist. Ich habe mich ausdrücklich ihrer Einladung widersetzt und werde es auch ferner thun." „Und weshalb fügten Sie mir bas zu?" fragte Ernst erregt. „Aber mein Bester, erstens müssen Sie sich doch selbst sagen, daß Ihre Frau Gemahlin gesellschaftlich leider un- möglich ist, und Sie haben sich das auch gesagt, sonst hätten Sie mir in Westerland das Vorleben Ihrer Gat tin nicht so sorgfältig verschwiegen." „Sie wäre nicht die erste Künstlerin, zu deren Gunsten eine Ausnahme gemacht würde!" „Man ist aber in diesem Falle zu einer Ausnahme nicht geneigt." „Warum nicht? Frau Tirksen zuckte die Schultern und dehnre sich wohlig. „Sic haben vorbin von ..erstens' gebrochen", drängte E?nst. „Wie lautet Ihr „zweuenc" ? " „Auf das „zweitens" besinne ich mich mch:. — Höch stens könnte . . . Ware es nicht vrrlle.chl dentdar. daß es aus irgend einem Grunde mein rer-'dnliLer Wunsch wäre, Ihnen aus dem Hervstst- r ohne Ihre lrebe Frau zu begegnen'? Konnten Sie nch n:cht verstellen. daß ich es in meiner gunnürdigen Seldnürch: nir lodnender halte, einen liebenswürdigen jungen Mann ,n die Gesellschaft einzu führen und in jeder Weile u: -ordern und zu ... begünsti gen, als dessen eifersüchtige Frau?" Ern»'s Widerstand gegen dieien dreisten Angriff war nur schwach. „Diese Frau iü meine Gattin", entgegnete er mit guter Haltung. „^Gegenwärtig iß sie das. — Zweifellos. — Aber können Sie das auch in meiner Gegenwart, selbst für wemge Augenblicke, nicht vergeßen'? — Wenn ich Sic bitte, auf dem Herbstfest zu erscheinen, werden Sie im Ltandc sein, mir diesen Wunsch abznschlagcn?" Mit großen Augen blickte er der schönen Millionärin ins Gesicht. Er war betroffen, aber nicht beleidigt. Ber genen hatte er seine Frau nicht,' aber er maß sie an der eleganten, einflußreichen Dame, die vor ihm saß, und er dachte an Reichthmn, Ehre und Eitelkeit. „Ich werde kommen", flüsterte er leise. Sie dankte ihm mit einem Blick und bot ihm die weiße, beringte Hand, die er artig an die Lippen führte und nur zögernd wieder frei gab. Kätbe erfuhr nur das Fehlschlagen seiner ursprüng lichen Hoffnung. Seinen Entschluß, das Fest ohne sie zu besuchen, verheimlichte er ihr noch, und sie war von Frau Homanu so getröstet zurückgekommen, daß sic jetzt auf alle Ehren des Regierungspräsidenten leichteren Herzen» ver- sichrere, als ihr das noch vor wenigen Stunden möglich geschienen hätte. Auch seinem Bruder davon zu sprechen, scheute er sich, obwohl er sich vor dem eigenen Gewissen längst frei gesprochen hatte. Er war nach Kräften überzeugt, kein Unrecht zu thun, und erklärte es für seine Pflicht, seinen Borthcil wahrzunchmen. Wenn er sich ohne seine Frau in der Gesellschaft zeigte, beging er schlimmsteil Falles eine kleine Taetlvsigkcit. Aber diese Taktlosigkeit war nicht seine Schuld. Sie fiel auf den Regierungspräsi denten zurück, der diese Art der Einladung zu verant worten hatte. Er selbst durste sich überhaupt nicht an maßen, den Fehler eines Mannes zu berichtigen, der vielleicht einmal sein Vorgesetzter werden konnte. Denn mit Frau Tirksen's Unterstützung schien ihm die Ver- waltungslaufbahn wieder in greifbare Rahe gerückt. Das Fest begann bereits am Nachmittag, und als Robert nach Tikch seine Kanzlei aufsuckue, sand er nur eine kurze schriftliche Entschuldigung des Bruders aus seinem Platz. Er schien nicht eben überrascht zu sein, doch wurde seine Miene noch bekümmerter als sonst. Für ihn kam nur eine Kleinigkeit mehr zu dem, was er schon wußte. Aber diese Kleinigkeit mußte auch Käthe mit sehenden Augen ertragen. Das that ihm weh. Sie war vor Schrecken verstummt, als ihr Ernst heute seine Annahme der Einladung mitgetheilt hatte und dann rasch gegangen war. Vor wenigen Tagen erst hatte er ihr erklärt, wie groß der Schimpf einer Frau ist, die ihr Mann vor anständigen Leuten verstecken muß; deutlich klangen ihr seine Worte noch in den Ohren, und jetzt ging er hin, ihr diesen Schimpf öffentlich anzuthun. Sie gerietst in eine ganz unbegreifliche Angst, die sich durch keinerlei Beschäftigung ablcnken ließ. In ruheloser Hast trieb es sie aus einem Zimmer in das andere. Bald legte sie in der Küche beim Abwaschen des Geschirres mit Hand an, bald griff sie nach einem Buche, bald nahm sie Avend-Ansgäbe «7,40 Druck und Verlag von T. Polz in Leipzig. 08. Jahrgang Ztr. 474 Mittwoch den 17. September 1902. kallädr.I 90,10 t-UüuIrl 97,40 HsI und Ltein- z:i- Feuilleton der in. auf und In -.ooa. »der. 7»U 0.07). rsr. m Ur-. Nl! vsiOolqn.» Haupt-Filiale Serlin: Königgrätzerstraße US. Fernsprecher Amt VI Nr. S3SS- Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. >ui iri«- N«r- Vioton»** U-MLrcll- - LiplLkr. U»m- ruo ttieUart 2>3.— Lnüseu 90,40 «nderloNt.) vis ioldaetisa und nmr aut dem äürtts. Xsus m Ooorsea im miktes vurea «neruuseu dsi ISS,«2 27,10 t0,w 107,25 147.50 107^0 113,10 50,75 120.40 110.25 145,50 190,40 177,- 111,— 17k-,- 80,75 127,- 108,50 331,50 00,20 12»,— 170,75 125,10 80,40 175, 199. 180, stundenlanger inmitten Kenner Parität trieften nicht-. „SsvM»" (15,A m Oporto von ill Os-iii» voll m, ,VVN0eo>eI»- K/v- t» tio-Noa o" (154Y in >rs»ll- «15/0- ill iv- voll I.ivei- idi»ll- Ub/V) ill sUx» (ILO) voll tolliono» itk llieli kivv 1>l»»»doll o»oa 4/A) kort 8»><t« miL-^wsrNt»- Wizcigen Preis die Ogespülieuc Pctitzcilc 25» Reklamen unter dem Nedcrctiousslrich (4 gespalten) 75 H, vor den Fanüliennach- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zisferiisatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertriiannahine 25 H (ezcl. Porto). Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags lO Uhr. Morgen-Ausgabe: Aachniittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von srllh 8 bis Abend- 7 Uhr. werden. Auch die gewerbsmäßigen höchstens ein Grundstück siir das zwar meistens dasjenige, welches nicht mochte. Wie wichtig aber deutsch-evangelischen Arbeit zur U.llii >.8kv. IHV.N >l0ll iomr. k»°U. tr»Id. -äo»t dlllill mLkr. llrdestr—ersccherungSgejetze steht noch rstZernnz, daun als letztes Ziel eine 118», 1«»o 454.00 45,40 128,15 117,- 117,- deulschen , bedarf keines Wortes der Er wähnung. Um so erfreulicher ist es daber, wenn wir ver nehmen, daß die Förderer deutscher Ansiedlung auch in richtiger Werthsckätzung der erhaltenden Kraft deutschen kirch lichen und Schullebens die Opfer nicht scheuen, um von den Schultern der jungen Ansiedler die Lasten für den Schul- und Kirchcndicnst zu nebmcn und auS eigenen Mitteln für die Aus sendung geeigneter Kräfte in die deutschen Siedlungen forgeu. In diesen Tagen geht Herr Pfarrer Faulhaber hinaus nach Neu-Württemberg, der Privatcolonie des Herrn Dr. Herrmann Meyer-Leipzig. Herr vr. Meyer bat sogleich nach Anlage seiner Siedlung in ausgiebigem Maße Mittel zum Bau eines Pfarr- und SchulbauscS bewilligt, die Pläne dazu in Deutschland von sachverständiger Seite prüfen lassen und Herrn Pfarrer Faulhaber Alles zur Ver- fügung gestellt, was der Seelsorger und Schulleiter in Bra silien nölhig gebraucht, aber fast immer schmerzlich entbehrt. Eine reiche Sammlung von Karten- und Anschauungsmitteln, eine gute Bibliothek für die junge Gemeinde, Zuwendungen an Paramenten, ein Harmonium — alles Dinge, welche in Brasilien fast unerschwinglich theuer sind, — stehen bereit für Herrn Pfarrer Faulhaber. Die Urwaldgemeinde darf mit diesem Angebinde der Heimat!) wohl zufrieden sein. Wir knüpfen aber besondere deutsche Hoffnungen an die hochherzige Fürsorge des Herrn vr. Meyer und evangelische Wünsche an die Thätigkeit deS Herrn Pfarrer Faulhaber. Deutsches Reich. Berlin, 16. September. Socialvolitiscke Auf gaben. In fesselnder Darstellung hat der Reichstag-- Abgeordnete Vr. Hieber auf dem VerbandStage der nationalliberalen Iugendvereine ein Bild von der 'ccialxrliki'chen Gesttzgrdunz Deutschland- entworfen, an der m:tzuw:rk-n r-: nanvnall-berale Partei in erster Linie beru-en war. ^r b:b:nde.:e dir drei großen Gebiete des Arbeittr-chutz--, der Arbrirrrvervierurg und der Arbeiter- Organisation. Tas :rrr::s Err:»:: rar- d:e Gesetzgebung jedoch niL: rnm S: Istrorn orrania^-n. An dem Ausbau des ':::a.:o'..:-'ch.-n ?::a„d:S -07 noaolä'no weiter gearbeitet oo:.che die gemachten krdürfn.ffe uns auf- Ist. Huber ungefähr Nllllss 710 O., L, Vnreiuirts 5 v., OllroUllv (1„ versUusts ROO U., LN-six 0 6., krisOi-ieN 0 kt„ Osnsilll ÜLmvure »»U 145000., 1500 L, Olliius I,LUK«lldi!>din lleoU 12050 O.. 510L., Vsr- tsmxutt 400 (i., — K-iIidsrx. 8200 O., Iler- O., 848 L. !»onsi Löms > tdolili-okuxs 5sut>«i 2200 O., 3., ktiilipp 400 5, 6., 13400 1!., oru»»j» 1825 11. 800 kk, 5875 8., 3500, »V jntei». eisreevs 372 (7, eipMcrIagMalt Anzeiger. ÄttttsliM -es S-Mgtichen Land- UN- ÄitttSMWes Leipzig, -es Aathes nnd Nottzei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. d.Usa «iiscO eeeUt. (»Nsr tu »Ullk. okkdr. Vövl. iss Oer Liebeshandel. Roman von Rudolf Htrschberg-Jura. iOachbruck virdotin. „Es geht nicht schlecht", antwortete Herr Homann. „Allerdings kann sie bereits nicht mehr ansgehcn. Sie sehen, ich muß Alles einholen und habe auch daheim einige neue Pflichten übernommen. Aber es wird schon Alles gut vorübergcsten. Es kann nicht lange mehr danern, daß wir zn Dreien sind, un) dann soll es noch viel schöner bet uns werden." „Kann mich Lotte empfangen? Darf ich mit Ihnen gehen?" fragte Käthe, tn deren Innerem eine weiche Sehnsucht emporwuchs, alle Unrast zu vergessen. „Aber, Frau Doctor, von Herzen freuen wird sie sich. Sic hat so oft von Ihnen gesprochen." Nach wenigen Minuten saß Käthe neben der Freun din nnd ergriff die arbcttshartcn Hände, die eben noch an einem ganz kleinen Hemdchen genäht hatten. Tie ließ das Linnen in den Schoost sinken und aus dem blühenden Gesicht blickten die klugen Augen freundlich auf Käthe's vergrämte Wangen. Käthe sah sich flüchtig in dem ver- trauten Raume um. Es erschien ihr Alles noch viel be scheidener als früher, aber auch noch viel schöner und friedlicher. Der Borwand ihres Besuches war gewesen, Frau Lotte zu erheitern und zu crmuthigen. Aber es war Krau Lotte selbst, deren gesundes Wesen einen milden, Mütter- lichen Trost auf Käthe auSströmte. Mit einem Male löste sich der schwere Druck ihres Herzens, schluchzend barg sie das Gesicht an der Brust der Freundin, und ihre Tstränen machten das weiße Linnen feucht. Zur selben Zeit lehnte sich Frau Dtrksen in ihtem Die rückwärtige Verbindungslinie ist 180 Seemeilen lang, streift aber Zur »«dtschen vrdcnSsrage erhält die „Voss. Ztg." von geschätzter Seite nachstehende Zuschrift: Wie dieser Tage ge meldet wurde, sieht man der Entscheidung der badischen Regierung in der Frage der Männerklöster für die nächste Zeit entgegen, und die Befürchtung scheint keineswegs aus geschlossen, daß ibre Entscheidung zu Gunsten der Orden aus fallen wird. Sollle sich diese Befürchtung bewahrheiten, so müßte man sich über daö kurze Gedächtniß der badischen Regierung wundern; liegen doch die schweren Kämpfe» die in dem Lande durch den puren Uebermuth der Organe der katholischen Kirche erregt wurden, noch nicht allzu fern; sie fallen ja ihrem Haupttbeile nach in die Negierung des noch jetzt lebenden Großherzogs. Den Anstoß gab, wie be kannt, eine Versammlung der deutschen Bischöfe in Würz burg Ende 1848, welche darauf auSgingen, in ihrer Weise von den Erregungen und Errungenschaften des unruhigen Jahres zu prosiliren. Demgemäß erbob der Erzbischof von Freiburg im Jahre 1849 daS Verlangen, über die Besetzung der Pfründen in Baden, wo die katholische Kirche sich aller verfassungsmäßigen Freiheiten erfreute, ganz nach eigenem Ermessen zu verfügen u. s. w. Sein Uebermuth wuchs, als ihm die Regierung keineswegs mit dem gebührenden Nachdruck ent- gegcntrat; ging er doch bis zur feierlichen Verhängung der Ex- communicalion über die Mitglieder des katholischen Oberkirchen- ralhS, welche pflichtgemäß das staatliche Interesse wahrnahmen. Dabei standen vein Kirchensiirstcn Orvrntzleule, namentlich die Jesuiten und die Liguorianer, die er eigen« zur Stärkung scin-r Position inS Land gezogen batte, getreulich zur Seite. Die Wendung erfolgte, nachdem die Regierung die schwächliche, den StandpunctdeSStaates im wesentlichen preisgebendeEonveniion vom 28. Juni 1859 mit der Curie abgeschlossen hatte, durch den Landtag,derdie Convention verwarf und dadurch das nachgiebige Ministerium zum Rücktritt zwang (Februar 1860); so wurde die Convention nicht Gesetz. Man wird immer gut thun: diese Vorgänge in der Erinnerung zu behalten; handelt es sich auch gegenwärtig um eine Maßregel, die an sich nicht von großer Tragweite sei» mag, so weiß man doch auS hundert fältiger Erfahrung, daß die katholische Kirche, wenn man ihr den kleinen Finger reicbl, es liebt, die ganze Hand zu ergreifen. Darum: vriueipüg obsta! Die chauvinistischen Reden deS französischen Marine- ministerS Pelletan sind weniger wegen ihrer Anspielung auf Deutschland, die im Munde eines Naturburschen wie Pelletan bei unS wohl von keiner Seite tragisch genommen werden dürfte, als deswegen bemerkenswerth, weil sie die Aspirationen Frankreichs nach einer beherrschen den Stellung im Mittelmeere deutlich verrathen. Es ist deshalb angezeigt, sich die strategische Lage im Mittel meere auf Grund der sachkundigen AuSiührungen, die der vorige Jahrgang unserer vom Nachrichtcnbureau deS ReichsmarinrainteS herausgcgebencn „Marine-Rundschau" enthält, zu vergegenwärtigen. Die Besetzung von Tunis im Jahre 1887 bezeichnet den Anfang einer auf die Beherrschung des westlichen MittelmeerbeckenS gerichteten Marinepolitik Frankreichs. Im Hinblick auf die Möglichkeit eines Con- flicteS mit England wurde auf die Anregung des Admirals Aube alsbald nicht nur die Verstärkung der Flotte, sondern auch der Ausbau guter Slützpuncte in Angriff genommen. Man schritt 1889 zur Anlage eines KriegShasenS in Biserla und verstärkte die Befestigungen und wichtigsten Plätze au der tunesischen und algerischen Küste, wie die von sellschast für die protestantischen Deutschen Amerikas war daS Band, welche« die Tausende deutscher Bauern noch mit der Heimatb verband. Man muß die Opfer freudigkeit unserer Colouistcu anerkennen, mit welcher sie trotz harter Anfangsjahre für die Pflege deutscher Sprache und Sitte eingetreten sind. TaS Mittel dazu war Kirche und Schule, meistens in einem Gebäude vereinigt und ihre Dienste durch einen Geistlichen gemeinsam ausübend, wenigsten« in den dürren Jahren des Ansangö. Daß diese Schulen junger Urwaldcolonien keine Musteranstalten waren, lag an der finanziellen Bedrängnis) der jungen Einwanderer, welche in keiner Weise von der Landesregierung in Schule und Kirche unterstützt Landverkäufer hatten Pfarrhaus übrig und der eigentliche Bauer die Erhaltung Lieser Stärkung unseres DeutschlhumS dort ist, beweist mehr al« alles andere die unausgesetzte Bemühung der brasilischen Regierung und nordamerikanischer Kirchengemein- sckasten, gerade den deutschen Nachwuchs in ihre Schulen und Gotteshäuser zu ziehen. Sie bieten dem Dauern heute ost umsonst den Unterricht an, und darin liegt die Ge fahr für den Bestand unsere« TeutsckthumS. Daß die Jesuiten in ihren Collegien alles andere thun, als die Erhaltung des StammesbewußtseinS in ihren Zöglingen zu pflegen, wird der conservative LandeSverein unsere« engeren Vater landes schon der Consequenz halber nicht umhin können, dem abgesLüttelten unbekannten Verfasser deS Thronkrach-Artikel« des „Vaterland" auch dessen Gesinnungsgenossen, der sich so stolz „vr. Oertel-Sachsen" nennt, folgen zu lassen. Jeden falls haltenwireSfürau«aeschlossen,daß bei den nächsten Reichstagswahlen, besonders wenn bei diesen die Zollfrage zur Wahlparole werden sollte, im 9. sächsischen Wahl kreise Herr vr. Oertel wieder unter conservative Fittiche genommen wird. astnit. (irub. LUltr >me»p uso in-»-« , .s. 155,90 t'rsibr. — s Politische Tagesschau. * Leipzig, 17. September. Bekanntlich hat dieser Tage der Bund der Landwtrthe in der Industrie-Ausstellung zu Düsseldorf eine Versamm lung abgehalten, in der nicht einmal die Beschlüsse erster Lesung der Zolltarif-Commission Gnade fanden und die Parole „Alles oder Nichts!" ausgegeben wurde. Neber diese Versammlung wird nun ver „Köln. Ztg." geschrieben: „So oft im Westen elne Ansammlung von Landwlrthen l zu er warten ist, treffen mit tödtlicher Sicherheit auch di» Herren vom Bund» der Landwirthe Veranstaltungen zu Kundgebungen und ogitatoriichrr Werbung. Dir Thierschau der rheinischen Landwirthschaftskammer konnte der Bund nicht unbenutzt vorübergehe» lasten. Man ließ auch die Freunde auS Westfalen mit Sonderzug kommen, und als Ver sammlungslokal wählte man die Frsthalle der Jndustrie-AuSstellung. Hier erging sich Herr Lucke vom Vorstande deS Bunde- der Land wirthe in gemeinen Schmähungen gegen die Industrie, nicht einmal die Gastfreundschaft wissen solche Bündler zu achten. Es war ein lehrreiches Bild, lehrreicher als Hunderte ellen« und Parlamentsreden, als heute Oertel und Locke herrlichen Industrie-Ausstellung als alleinige dustrirller Verhältnisse sich auswarfen, von wirthfchaftlichem Gebiet und von Gottesfurcht zu dem Schlüsse kamen: Unser» Zölle oder solche Versammlungen sollten unsere Reichs- und Landesregie rungen maßgebende Vertreter als stille unbekannte Zuhörer entsenden; sie würden berichten können, welches die Ziele des Bundes sind und wie er das Volk verhetzt gegen den Staat, trotz der Versicherung, die beste Stütze de- Staates zu sein. Zweifellos hat die Agitation des Bundes im Westen ungeahnte Erfolge zu verzeichnen; die Zahl der Agrarier wächst, der Bestand der eingesessenen Bauernvereine ist be droht und für die kommenden Relchstagswahlen werden die wil desten Leidenschaften aus wirthschastlichem Gebiete entfesselt. In der heutigen Bundesversammlung dämmerte Manchem ein Licht auf, weshalb Wohl das Gerücht nicht verstummt, Frhr. v. Wangenheim wolle den Vorsitz deS Bundes niederlegen. Er ist noch zu vornehm und grade für die übrigen Führer des Bundes. Wer ihn heute hörte und sein Auftreten und seine Sprechweise verglich mit den wüsten Fanfaren des geborenen Demagogen Or. Oertel und der fanatischen Hetzrede deS Herrn Lucke, der konnte zu keiner anderen Schlußfolgerung kommen". In der Tbat hat sich Herr Vr. Oertel, wie aus ein gehenden Versammlungsberichten hervorgeht, in Düsseldorf fo getreulich an das Vorbild gehalten, das ihm der Verfasser des berüchtigten Thronkrach-Artikels des sächsischen „Vaterland" gegeben, daß die Bezeichnung „wüste Fanfaren" auf seine Rede vollkommen zutrifft und 'daß man bezüglich des Verfassers dieses Artikels auf ganz eigene Vermutbungen kommt. Man wird nun zunächst abzuwarten Halen, waS die „Kreuzzeitung" und die „Conservat. Corr.", die so muthig auf diesen Verfasser loSgeschlagen und von der Leitung deS konservativen LandeS- vereinS im Königreich Sachsen die Verleugnung dieses Sünders verlangt haben, über die neueste rednerische Leistung des Herrn vr. Oertel sagen und ob sie auch ihm ein „authentisches Des- aveu"ertheilen und von ihm erklären, seineAuSführungen hätten sie „ebenso überrascht und unangenehm berührt, wie alle übrigen Conservativen." Nachdem „Kreuzztg." und „Conserv. Corr." die Wiedergabe und Anpreisung des Thronkrach-ArtikelS durch die „Deutsche Tagesztg." deö Herrn vr. Oertel schweigend bingenommen, ist freilich die Wahrscheinlichkeit, daß man in Berlin sich gegen den conservativen FractionSrevner er mannen werde, nickt groß. Es gewinnt vielmehr den Anschein, als ob man dort dem conservativen Landesverein in Sachsenden Vortritt lassen und ihm zurauncn wollte: „Habne- mann, geh Du voran, Du hast die größten Stiefeln an". Und auch wenn ein solches Znraunen unterbleiben sollte, Sfax, Tunis, Düne, Algier, Oran re. — sowie auf Corsica die Befestigungen von Ajaccio und Bonifacio. Hierdurch schuf man sich ein strategisches Dreieck, dessen Spitzen in Toulon, Biserta und Oran ruhen und sich gegen Malta und Gibraltar richten. Der schwächste Punct ist Oran; Biserta, von Natur mehr begünstigt, wird zu einer Operation«- basi- erste» Range« ausgebaut. Freilich hallen beide Puncte einen Vergleich mit Malta und Gibraltar nickt auS. Doch muß da« strategische Dreieck Toulon — Biserta — Oran, unterstützt durch die besestigten Häfen auf Corsica und an der algerisch-tunesischen Küste, für die Beherrschung deS westlichen MittejmcereS als stärker angesehen werden, als die strategische Linie Gibraltar-Malta. Ihre Sicherheit wird durch die französischen Slützpuncte Biserta bis Oran gefährdet; außerdem ist die Entfernung Malta-Gibraltar größer als die Entfernungen Toulon-Biserta, Toulon-Oran, Orau-Biserta. In das strategische Dreieck Toulon-Biserta-Oran sind die Inseln Corsica und Sardinien gewissermaßen als Keil eingesckoben. Corsica ist für Frankreich ein guter Stützpunkt zu Unternehmungen gegen die tos kanische und römstche Küste. Sardinien, in italienischen Händen, bebt diesen Vortheil auf, gefährdet die Verbindungslinie Toulon-Biserta und ist somit für die Franzosen gleichsam ein Pfahl im Fleische. Der Hauptkriegsbafen Italiens, Spezia, liegt für eine Beherrschung deS westlichen Mittel meerbeckens nicht sehr günstig, auch ist von dort aus ein kräftiger Schutz der langen italienischen Südwestküste sehr erschwert und wird erst mit Hilfe Messinas und MaddalenaS (an der Nordostspitze von Sardinien) ge sichert. Eine starke Befestigung beider Plätze ist in neuester Zeil vorgenommen. Die Bucht von Maddalena beherrscht die Straße von Bonifacio, für die Schifffahrt vom Golf du Lion nach der Straße von Messina der kürzeste Weg, und bedroht die Verbindung Toulon-Biserta und bis zu einem gewissen Grade auck Toulon-Oran. Von der italieni schen Küste nur 105 Seemeilen entfernt, schützt sie Rom vor einem Angriffe oder LandungSversuche, solange sie nicht völlig blockirt ist. nach Spezia ist die corsikaiiiscke Küste und ist dadurch einer Unterbrechung durch Streitkräfte in Ajaccio und Bonifacio auSgeseyt, so daß der Hafen von Maddalena stark befestigt und mit großen eigenen Hilfsmitteln ausgerüstet sein muß, um in einem Kriege mit Frankreich dauernd seinen Werth zu behaupten. In fremden Händen würde er eine stete Bedrohung der ganzen Südwestküste Italiens sein. Abgesehen von seiner großen defensiven Wichtigkeit, ist der Stützpunkt Maddalena für Italien eine geeignete Basis zu offensiven Operationen. Für England vervollständigt Maddalena die Linie Gibraltar-Malta zu einem strategischen Dreieck, welches dem französischen Toulon-Biserta-Oran an Stärke überlegen ist. In einem Kriege mit Frankreich muß England somit versuchen, sich die Freundschaft Italiens zu sickern, wenn ihm nicht die Erwerbung des spanischen Port Mahon gelingt. Daß andererseits auch Italien für die Be- bauptung seiner Stellung im Mittelmeere Frankreich gegen über der englischen Unterstützung sich mit Vortheil bedienen würde, dürfte nach den obigen Ausführungen nicht zu be zweifeln sein. Die siidbrafilischcn Eolonie» wurden jüngst schon in diesen Blättern für die Auswanderung empfohlen. Tort bar sich das Deutschtbum, besonders daS evangelische Teut'ch- tbuin, lebenskräftig gezeigt. Deutsche Sprache, deutsche Eilte und deutscher Glaube haben dort wirklich eure zweite Heimath gefunden. Darum ist Rio Grande do Sul, wo die meisten deutschen Kleinbauern ansä'sig sind, beute der blühendste Staat Brasilien» und Dank dem deutschen Beispiel, der Achtung vor dem Gesetze, auch der bestoerwaltete unter den zwanzig brasilischen Staaten. Leider baden wir Deutsche jabrzcdnte- lang unsere StammeSgenossen dort fast ohne jede Unter stützung gelassen, nur die Arbeit der Evangelischen Ge- Bezugs-Preis sn der Hauptexpedition oder den lm Stadk« bezirk und den Vororten errichteten AuS« nabrstellen abgeholt: vierteljährlich.4! 4.50, 5- zweimaliger täglicher Zustellung ins HauS 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich vierteljährliches, für die übrigen Länder laut Zeitung-Preisliste. Redaktion un- Erpeditiou: Johannisgasse 8. Fernsprecher 153 und 922. FMale»peditione«r 1 Alfred Hahn, Buchhandlg., UniversitätSstr.S, L. Lösche, Katharinenstr. 14, u. Königspl. 7/ Haupt-Filiale Dresden: Strehlenerstraße 6. Fernsprecher Amt I Nr. 1718. Er'abruncun und n: drängen. Nach d::-: zeigend:' auS: ,,. . . In Rest-: : „ :::en :n »e« 85,35 ou»t» - - — e « r. «—» lou»ts 214,10 . -1«. tLIILll. 218,05 85,45 218,00 äo. ——- LtiU. -Visu — »ulsM 92 50 18250 «r 47,80 1« 194,i.O llon —— otiea 171.80 186,60 172,60 >»init 172,25 oketk 107,40 ov<t 107,10 f 0«UO i>rist 56cx I 3^00 — —— - 3150 1455k — 67 7S I 6875 327k 3320 — ! 475 12450 126^0 — ir>ooo 9350 1 000 13200 13320 12-k>0 1 :150 — 3025 2500 44Lk 510 540 133k 1370 2440 40c 440 1170 2325 » . »» 1450- 1500 15000 — 040 380 395 4775 4850 — 2075 4725 4775 3125 3200 - - 185 18200 . - 465 soo 2825 —» 270 300 9450 9600 —— 1950 — 15 460 405 185 — 1340 1400 1400 1450 — 900
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