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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.12.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-14
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931214024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893121402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893121402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-12
- Tag1893-12-14
- Monat1893-12
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sammsk, liUclcurovatzn, itlmg -Lk-r ) clii, 5a K':n KLÄchrß bi^'N . d. ^.i-, » grotztcr -<f ^ W zend m gcb. 1 ^'1 von Gon a'ae^ >. dein ieur » L>de» hr vorlkqen. va » tt» -«»tiMittti», »de- L«, t» «tttt. tchU »d d«> Bor orten errichtet»» Au». «Ith«!»» «bgetzolt: vierteljährlich^4L0. « Weimaligrr täglicher Zustellung in» ^l üLO. Durch die Post bezof»n für laud und Oesterreich: vierteljährlich e.—. Direct» täglich« Kreuzbandsenduog i»s Luslaud: monatlich 7.50. Abend-Ausgabe. ri«Bi»rgea.Au»gab« erscheint täglich '/,7 Uhr, di« «beud.Au»gabe Wochentag« 5 Uhr. Lrdactioa au- ErpeLiti-a: L»tz«»»e«««fte 8. UeErvedttiou ist Wochentag« »«unterbrach», g«-8»tt »oll früh 8 bi» Lbach» 7 Uhr. Filiale«: VN« aie»»'s e-rN«. (VUfrrd Hatz,), Universität» strotze 1. L««i« Lösche. ß»th»rilleustr. 14, pari. u»d König-Platz 7. Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. L«zetge«'Prei- die 6 gespaltene Petitzeile LS Wg. Reklamen unter den,NedactionSsrrich (4g«. spalten) 50 vor de» Familirnnochrichtr» )6 gespalten) 40^. chrstzerr Schriften laut uuserem Preis- verzeichnitz. Tadellanjcher und Zistnrnsatz nach höherem Tarif. «xtra-Bet lagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe. ohne Postbesörttrung M.—, mit Postbesörderung ^ 7V.—. 7i«n,h«eschluß siir Auzeiae»: Abead-Ausgabe: Bormittag« lO^LHr. Margea.Au«gad«: Nachmittag« «Uhr. Soun» «ud Festtag« srcch ",S Uhr. Bel deu Fllialen and «nnahineslellen j-r ei,« halbe Stund« srüher. sind stet» an die Gtztzelltti»« zu richten. Druck u»d «erlag von E. Polz i» Leipzig. Z» 637. DormerStag den 14. December 1893. 87. Jahrgang. Politische Tages schau. * Leipzig, 14. Tecember. Der ru«ä«ische HandclSVertrag ist gestern im Reichs tage mit einer überraschenv großen Mehrheit angenommen «orte», denn eine Mehrheit von 24 Stimmen »st eine Seltenheit in dem jetzigen Reichstage, in dem die wichtigsten (dtscheidungen durch ungemein geringe Majoritäten herheizesübrt zu werden pflegen, die überdies bis zum letzten Kageiblickc zweifelhaft sind. So war es bei dem Hemsgesetz, bei dem Zesuilenantrag und jetzt wieder bei dem nmäiischrn Handelsverträge der Fa». Die Entscheidung über alle diese Fragen war bis unmittelbar vor der Ab- s.l«»img höchst zweifelhast, und jeden, Antisemiten, Polen, Wßer und „Wilden" mußte man auf seine Stellungnahme zeua anseben, um sich ein Urthril über die Aussichten einer Äedrheit sür oder gegen zu bilden. Dabei fällt die zufällige zffßere oder geringere Präsenz auf dieser oder jener Seile eutl'iblaggebknd ins Gewicht und Uebcrraschungen aller Art sind nicht ausgeschlossen. Tie Unbcrechcnbarkeit der richtigsten Entscheidungen wurde auch stets durch die Hintrr- balligkcit und Geheimthuerei des CentrumS verstärkt, liefe Partei pflegt sich bis zu der letzten Stunde in auS- «ichcnde, nichtssagende Redensarten einzubüllen; das ist meS der taktischen Kunststücke der Windthorstschen Schule. Li» zur letzten Stunde ist die Stärke der Opposition gegen dm rumänischen Handelsvertrag im Eenlrum unberechenbar zMrben. Großes in der Verdunkelung ihrer Stellung zu da Handelsverträgen haben anck die Polen geleistet. Erst «arte auf Grund zuverlässiger Mitthcilungcn berichtet, die -»len würden dafür stimmen, dann verwahrte sich in der Eemmission daS polnische Mitglied entschieden gegen diese Angabe, bei der Abstimmung fehlte dasselbe und schließlich stimmten im Plenum die Polen doch für die Verträge. Ein erfreulicher und gesunder Zustand sind diese Ent scheidungen durch so geringe ZusallSmehrbeiten nicht und daS Gewicht und Anseben der RcichStagsbeschlüsse kann ! «adurch nur geschmälert werden. Mit Recht wies der Abg. « Bennigsen gestern auf diese Erscheinung und ihre Gründe hm, deren gewichtigster darin besteht, daß so viele Abgeordnete »aiger nach der Wirkung eines von den verbündeten Re- gmingen vorgeschlagenen Gesetzes aus daö gesammte Reich, Ä vielmehr nach der Wirkung auf einzelne Gegenden ad Stände fragen, und sich desdalb gar häufig noch im letzten Augenblicke durch Bestürmungen einzelner Zntcressenten- jäppen beeinflußen oder wohl gar nur von momentanen Llimmungen und Verstimniiiiigeu leiten lassen. Ta i» miserem ParlamcntSbcrichte dieser Theil der Rede des national- liberalen Parteiführers etwas kur; bebandelt ist, so tragen «ir diesen Theil nach dem ausführlicheren Berichte der „Nat.- Llg." hier nach. Herr v. Bennigsen sagte: ES müssen sich die Mitglieder des Reichstags auf den Etand- «>:»ct stellen, daß sie hier das ganzeTeutschc Reich zu vertreten lieben und nicht die besonderen Interessen einer Gegend. Doch dwoi, will ich ab'eben; aber Sie müssen mir doch Recht geben: »«im man vielleicht glaubt, bedeutende Interesse» vorzugS- miie auf Kosten anderer wichtiger Interessen vertreten zu solle», «il man ihnen einen ganz überwiegenden Werth beilegt, so müsse» 8 such solche Interessen sein, von denen man glaubt, dag sie «rusthast in Gefahr stehe». Aber biogen Stimmungen und tzrrstinimungcn, bloße» allgemein dunklen Elnvnndmiarn sollten 2ch grone Parteien sich scheuen, soweit nachzugebe», dag man sie in im deutschen Parlamente vertritt. (Sehr richtig! links.) Früher un daS doch anders im deutschenReichstage. In den Zeiten nach 1807 M 1871 faßte» die großen Parteien und ihre Führer die Auf- -eben eine" Vertreters iin Reichstage doch anders und hoher -»! (Widerspruch rechts; sehr wahr! links), als cs jetzt geschehen in. Ja, das Ansehen, welches der Reichstag in früherer Zeit zchabt hat, hat er heute nicht mehr. (Sehr richtig! links.) Wenn der deutsche Reichstag überhaupt zu der imponirenden Auto rität niemals gekommen ist, welche andere Parlamente diesseits und jenseits des OceanS rinnedmen, so liegt das allerdings zum Theil in der übermächtigen Gestalt und Wirksamkeit des ersten Reichs» kanzlerS (Beifall), so daß daneben rin Parlament die ihm gebührende Stellung nur schwer gewinnen konnte. Aber wenn daS vielleicht ein Hindernis war, ein viel schwereres Hindernitz ist diese klägliche Zersplitterung des ParteiwesenS im Reichs» tage gcweieu, wo überhaupt sür keine fortlaufende Politik eine Mehrheit vorhanden ist, auch in diesem Reichstage nicht. In den großen Fragen, die uns beschäftige», haben wir Mehrheiten durch Verschiebung von rechts nach links und von links nach rechts erlebt, ein großer durchgehender Zug, aus den das Volk sich stützen kan», fehlt. Die Autorität, mit der dir Regierung rechnen kann als auf eine sichere Grundlage, sie ist in diesem Reichstage so wenig vorhanden, wie ein Tugend Jahre vorher. Daran trägt das deutsche Volk in seinen Vertretern auch einen erheb lichen Theil Schuid. In Ungarn giebt inan sich mehr und mehr der Hoffnung hin, daß der Episkopat hei platonischen Protesten gegen die Civilehevorlage cS bewenden lassen werde. Eine Wendung in der Haltung deS Episkopat« sehe» die rcgierungS- sreundlichen Blätter darin, daß in der jüngsten BischosSver- sammlung, die Anfang December in Pest getagt hat, der von den drei Hauptzegnern der ministeriellen Kirchenpolitik, den Bischöfen Schlauch, Steiner und Hornig, in Sachen der kirchcnpolitischen Vorlagen auSgearbeilcle Hirtenbrief die Zustimmung der Versammlung nicht erlangt hat. ES ist ferner ausgefallen, daß der Episkopat, obwohl er zur Zeit der Einbringung der Eivilchcvorlage im Reichstage in der Hauptstadt versammelt war, eine sofortige Kundgebung gegen die Vorlage unterlassen hat. Man schreibt dies in erster Linie der Tkatsache, daß die kirchenpolitischen Vor lagen von dem klerikalcrseitS befürchteten aggressiven Geiste gegen die katholische Kirche und die Religion überhaupt frei sind, und sodann der versöhnlichen Rede des Zustizminister- zu. Zn der BischosSvcrsammtung habe die vom Fürst- primaS Vasary und von dem Erzbischof Samassa ver tretene gemäßigtere Richtung die Oberhand erlangt, eS werde zu keiner gemeinsamen Kundgebung des Episkopat« und auch nickt zu der unter senier Aegide geplanten katbolischen Massenversammlung kommen. Der von der BischcfSconfercnz in seinen wesentlichsten Stellen ge milderte und gekürzte Hirtenbrief der Bischöfe Schlauch, Steiner und Hornig werde nicht als Eolleetivkundgcbung, sondern in Form von Diöccsanschreibcn an die Geistlichkeit versendet werden. Es sei nun kaum mcbr anznnebmcn, daß der Episkopat den Widerstand gegen die kircl.enpolitischen Reformen bis zur Proclannrung des EulturlampfeS steigern werde. Daß eö in den jüngsten Bischosseonfcrcnzen den Ver tretern der extremen kirchlichen Richtung nicht gelungen ist, die Führung an sich zu reißen, unterliegt keinem Zweifel, ob aber die Schlußfolgerungen der regierungSfrenndlichcn Presse alle richtig sind, muß sich erst zeigen. Zn den französischen Blättern streitet man jetzt darüber, ans Grund welcher Geseyesparagraphen dem Bombcn- verbrecher Vaillant der Proeeß gemacht werde» wird und ob er mit dein Tode bestraft werde» kann. Es sind die Paragraphen 302 und 2 des Strafgesetzbuches, vielleicht auch der nach dem Anschlag Rakackol'ü verschärfte Artikel 435, aus welche die Anklage sich zu stützen hat. Rach Artikel 302 aber wird jeder dcü Mordes Schuldige mit dem Tode bestraft und nach Artikel 2 wird der Versuch, wenn er sich in dem Beginn der Ausführung knndgegebcn unk nur durch Umstände, die von dem Willen des ThätcrS unabhängig sind, seine Wir kung verfehlt hat, wie daS Verbrechen selbst bestraft. Artikel 435 handelt von den Mordanschlägen mittelst Sprengstoffen; auch darnach wird taut Artikel 434 der Thätcr mit dem Tote bestraft, falls das HauS bewohnt war oder zur Wohnung diente. Nach dem Gesetz also wäre Vaillant doppelt dem Tode verfalle», aber wcSbalb sollte» die Geschworenen der Seine, die einem Ravackol mildernde Umstände zubilligtcn, nicht ilnn gegenüber dieselbe Milde walten lasten? De» Dynamilunbolv Ravachol konnte im vorigen Zahre bekanntlich nur deshalb daö Schicksal lrcstcii, das er verdient batte, weil die Geschworenen von Montbrison ihn wegen früher begangener Morde und Leichenschändungen zum Tode ver- urtheillen. Tie Nachrichten aus Italien, namentlich aus Unter» italicn und Sicilicn, der Heimath des künftigen Eonseil- präsidenten EriSpi, der immer noch nach den zur Uebernabmc der Portefeuille« deS Auswärtigen, deS Krieges und der Marine geeigneten und geneigten Männern sucht, lauten nicht« weniger als erfreulich. Zm Süden des Königreichs herrscht sowohl unter der städtischen wie unter der ländlichen Bevölkerung eine hochgradige Gäbrnng, die offenbar lheitS auf die allgemeine wirthschaftliche Notblage, theil« auf den harten Steuerdruck zurückzufükren ist, unter dem namentlich der kleine Mann empfindlich leidet. Gewissenlose Agitatoren, die überall da, wo Noth und Unzufriedenheit herrschen, sür ihre Aussaat den ergiebigsten Boden finden, mögen zudem dazu beigctragen baben, die Erregung der Gemütner bis zur Siedehitze zu steigern. Die gefährlich die Lage ist, zeigen die blutigen Meutereien, zu denen eg in Giavdincllo und Partinico aus Sicitien und », Bilvnto in der Provinz Bari gekommen ist. Da da« Eabinet CrcSpi noch nicht ge bildet ist, so kann eS auch nicht sür diese Vorgänge vcrant wörtlich gemacht werden. EriSpi, der seine Sicilianer kennt, wird vielmehr, sobald er die Regierung übernommen bat, Sorge dafür tragen, daß auf seiner Heimathinsel die öffent loche Ordnung nicht weiter gestört wird. Tic Hauptsache aber bleibt, daß in de» dortigen unglücklichen agrarische» Verhältnissen Wandel geschafft wird; der Grundbesitz ist in den Hände» einer k.einen Anzahl von Latisundicnbesitzern und er wird zum Theil überhaupt nicht bearbeitet. Zn Tpantcn ist man von den schönen Versprechungen des Bruders des Sultans von Marokko, Araaf, wenig erbaut und tadelt den Marschall Martine, EampoS wegen seines Zögerns und DiploinatisirenS. Wohl mit Unrecht. So lange l.e spanische Marokkopolitik vorwiegend von diplomatischen GesichtSpunclcn geleitet wird, muß der militairischr Factor sich natürlich an der zweiten Rolle genügen lasten. Marschall Martine; EampoS bekleidet allerdings den böchsten Rang der m'tilairischcn Hierarchie, das ist jedoch kein Hinderniß, daß er sich vorerst in einem diplomatischen Feldzüge verjuchk, sei cs auch nur» um der Welt zu dcwciscn, daß Spaniens Langmulh erst alle Mittet der gütlichen Verständigung erschöpfte, ehe eS mit vollem Ernste den KriegSpsad deschritt. Zm gegenwärtigen Augen blick liegt der Tchwerpunel der niarolkanischen Situation in dem Ultimatum, welches der Marschall dem Bruder des Sultans gestellt bat. Bei der Langsamkeit der Verbindungen in und mit Marokko kann die Erledigung dieses Ultimatums sich noch dis ins kommende Jahr hinübcrzoger» und damit erscheint auch der Zcitpnnel der Aufnahme der militairiicheu Operationen in« Ungewisse vertagt. Wenn man mit diesem Stande der Tinge in Spanien unzufriedener ist als außerhalb. so ist daS begreiflich, weil in Spanien die nationale Empfind' lichkrü niilspricht. Hoffentlich läßt sich aber der Marschall dadurch nickt beeinflussen. Wenn cs ihm gelingt, den be rechtigten Forderungen Spaniens auf diplomatischem Wege Gcn»gthunng zu schassen, so wird er seinem Lande einen besseren Dienst erzeigt haben, als wenn er dem Dräugcn der MilitairS nachgegcbcn hätte. Wie voranSzuseben war, versteht eS die russische Presse, an- dem anarchistischen Attentat in Pari« Honig für die französisch-russische Allianz zu zieben. Alle« ist Bewunderung für Dupuy: „Der ncugcwäblte Präsident der Kammer — schreibt die „Nowoje Wremja" — ist durch sein „die Sitzung wird fortgesetzt" der Held de« TagcS geworden, der M^nn, aus welchen augenblicklich die begeistert mitfühlende Aufmerksamkeit nicht nur Frank reich«,^ sondern ganz Europas gerichtet ist. Zbm kann eine so glänzende Zukunft bevorstehen, wie sic ihm auch im Traume nicht vorgeschwcbt bat. Aber da- kommt noch ..." Hieran schließt sich eine AuSsübrung über die Nothwendigkeit internationaler Maßregeln gegen die Anarchisten, wobei die Initiative von London oder Berlin aus zu ergreifen sei, weil dort die geringste Tbeilnabmc den Schwierigkeiten ent den allgemeinen Kamps Europa« gegen die Anarchisten zu fördern. Die Logik dieser Ausführungen ist echt russisch. Erst ein Hieb ans England und Deutschland und dann die Zumuthuiig, daß man den Russen und Franzosen die Kastanie» auS dein Feuer hole. Nachdem man eS m Berlin versäumt hat, »ach den Anschlägen auf de» .Kaiser und den Kanzler eine Anregung zur Herbeiführung inkernationaler Maßregeln zu geben, kann man jetzt nicht nachhinken; Frank reich bat »un den Vortritt, den höchstens der russische Buseo- freund für sich in Anspruch nehmen kann. Deutsches Reich. * Leipzig, l l. December. Zn Berlin findet am ll. Zanuar ein Evngreß der Angestellten der sächsischen und preußischen O rtSkrankcncassen statt, der sich mit der Gründung eineSVerdandcS dieser Beamten befassen wird. Tic Aufgabe dieses Verbandes sott die Regelung der An- stcllnngövcrhällniffe der.Krankencasscnbcamlcn, ihrerBesoldung, Pensionirnng, Beanitenqnalikäl sei». Seiten« der hessische» Kranlcncassc» ist schon eine entsprechende Eingabe a» den Reichstag geinackt worden. Der vom OrtStrankencasseii- Rendant Prinz in EoltbuS Unterzeichnete Aufruf enthält folgenden, sür viel« .Krankencassen wohl zutreffende» Satz: „Gegenüber dieser Wichtigkeit und hoben Bedeutung der .Krankencassen Rcndanten-Stcllnng bat die RcickSgesetzgebung bi- jetzt Abstand davon genommen, die Stellung derselben in rechtlicher Beziehung durch besondere Vorschriften einheitlich zu regeln. Dieses aber tbut dringend »oth! Sind doch die Zustände, wie sie heute zuin großen Tbcil vorherrschen, ans die Dauer »»haltbar! Zustände, die e« bei dem stete» Wechsel der Vorstand«- und GeneralversammlungS Mitglieder, sowie bei der leicht zu sinkenden Majorität stets gestatten, den brauchbarsten unk tüchtigsten Beamten, der cr»ciil. nicht zahm genug ist, dem Gesetz und den Satzungen zuwrdcr dem Icsieste» Winke ;n folgen, wie einen gewöhnlichen Bediensteten zu ent lassen. Diese« System der Willkür, der Launcnbcrrschasl muß aushörcn, wenn ander« nicht alle besseren Beamten Elemente der Kraiikcnvcrsichcrnng, die immer mehr und mehr bei dem Niedergänge de« induslricUcn Erwerbslebens der umsichtigsten und intclligciileslen Leitung und GeschäflSsührunz bedarf, den Rücke» kehren sollen." Berlin. 13. December. Nach längerem schwere» Leiden ist, ivie im geflogen Abendblatt gemeldet wurde, der Bürgermeister a. D. Gebeulter Regierung-rath Hermann Dnncker in, 77. Lebensjahre gestorben. Hermann Dnncker war, so schreibt in einem Nachrufe die „National-Zeitung", am 5. Januar 1817 in Berlin geboren. Nach dreiiährigent Studium der Reckte an der Berliner Universität wurde er am 9. März 1837 bcnn Kammergericht als AuScultator SSLLO 10S«0 2is.ro r»«.2S 47.— 201 — 102,6» 61.S2-- 12<»0 4S.S7>! ».»2-7 «1.22-7 IN»!'. 11».— Il4.»o S6.70 04.10 12".. 62-. S7-. l»>, so. «0>7! «»-,> i 8t! »722 — v«?L0 «2, - 2V0- K2Zö? 4«': »2 272 Ni SOL dr 0^ x°i Fettilleton. Lebe» nm Leben. As Roman in zwei Bänden von M. Gerhardt. Nachdruck verbeten. (Fortsetzung) Aber ehe sie die Tbür erreicht, wurde diese ausaciissen Nicht Lassen, sondern .Karl, der älteste der Sicwcrt'schc» Knaben (lärmte schneebedeckt herein und bUcb dann, sich besinnend, bc sitämt unfern der Tbür stellen. „Was giebt'S, Karl? rief Noloff il»n entgegen. „Eine Depesche, Onkel — sie sagten. Du wärest hier trmiien." Karl zog etwas sorgfältig in Papier GetiDckcltcs aus der Tascbe, Hildegard nahm eS ihm ab und reicht« cS Noloff, der timst an die Lampe trat, ging mit dem Knaben in den HauS- diir zurück und half ihm auSschälen. Als sie zurückkam, saß Xolvff in sich rusaiiimengebrvchen auf dem Rohrsessel vor dem Lchreibtisch. Tie Stirn auf dem rechten Arni, der über die Aalte auSgestrcckt lag. während der linke schlaff niederhing. „Was ist geschehen?" ries Hildegard heftig erschreckt und Irgte die Hand aus seine Schulter. Er richtete sich mit An fügung auf. Seine Augen waren umflort, cr war bleich itie ein Todter. Stumm reichte er .Hildegard das Blättchen, kas er krampsbafl zwischen den Fingern zerdrückt batte. „Antonie schwer erkrankt. Selbstmordversuch. Noloff muß sofort kommen. Ehrhardt." Die Depesche war an Frau Sicwcrt gerichtet. Rolcff blickte zu Hildegard auf. Entsetzen stand aus ihren Lägen wie auf den seinen. Keines von Beiden vermochte ein «ert zu rede». Karl, der seitwärts stand, nahm inzwischen ohne Arg daS Lort. .Mutter wollte eigentlich selbst kommen, Onkel, aber daS ließ ich nicht zu. Sie wollte nämlich keinen von den Leuten 'tuten, weil Dewitz mit dem Vater gefahren ist, und die nstern die Depesche verbummeln oder sich ini rothen Krug «»sdalien könnten. Der Telegrapbenbote kam, gleich nachdem I» fort warst, aber er konnte nicht weiter, er war diitkbalb klimten unterwegs gewesen. Die Wege sind überall ver mittelt. Zch subr zuerst nach Gravclischken, da warst Du auch fort. Und dann bin ich ein bischen herumgebiestert. Die Wege sind ja hier obne Baum und Strauch, keine Spur zu finden. „Du bist ein braver Zunge, ciu ganzer Kerl", sagte Roloff mit heiserer Stimme und reichte seinem Neffen die Hand. „Zch danke Dir. Ter Barer war noch nickt zurück?" „Nein, der muß wobl bis morgen in Weidcnburg bleiben, cr kommt nicht durch. —" Roloff taumelte, als cr aufstand. Vierundzwanzig Stunden maßloser körperlicher und seelischer Anspannung machten sich in der Reaction fühlbar. Er erklärte, sofort fahren zu müssen. Er war in einem Mielhfukrwcrk ans Wohlan gekommen und ging hinaus, nm mit seinem -Kutscher zu sprechen. Aber der Mann, der ohne hin einen weiteren und schwierigeren Weg gehabt, als er cr wartet, weigerte sich kurz und grob, niit seinen müde» Gäulen Keule neck einen Schritt weiter zu fahren, und zeigte sich auch sür da« Äncrbictc» eines freigebigen Geldgeschenk« ganz un zugänglich. Tie ganze HauSgcnossenschaft war im Hausflur versammelt dessen frischgcschcucrlc Dielen im Diu von den schmutzigen Ab drücken schncenasscr Männerstiefeln bedeckt wurden. Man ratb schlagtc in Hast. Zeder gab seine Stimme. Ter nächste Zug passirre nach zehn ttbr die Stadt. Jetzt war es scheu bald zehn. Aber natürlich tonnte man ans Zugvcrspätiing rechne» Karl batte durch den Telegrapbenbotcii gehört, daß die Süd- bahn heute überhaupt keine» Zug abgebcn lasse, weil bei Seeburg einer im Schnee festlicge und anSgegraben werden müsse. „Es muß versucht werde»", sagte Roloff. „J,n Notbfall nehme ich von der Starr Extrapost zum Eourierzug — oder bester noch tiiect nach .Königsberg." „Zch fahre Dick über den See, Onkel", erbot sich Karl „Der Landweg ist eine halbe Meile um und jetzt nicht zu passiren und kaum zu finden " Noloff wollte jedoch nickt mit dem 1?nabcn fahren, der in Grunibehnen nächtigen sollte. Er wollte sehen, ob im Torfe nickt Fuhrwerk und frische Pferde zu haben feien. Während er hastig Pelz und Mütze anlegle und nach Jemand verlangte, der ihn zureckiweisen könne, kam Hildegard von draußen. „Mein Schlitten ist gleich fertig, meine Pferde sind anS- gerulst, ich fahre Sie, Herr Professor", sagte sie eilig und ver schwand im Zimmer, um eine Minute später im Mantel, den Kops in eine rolhe Kappe gehüllt, wieder zum Vorschein zu kommen. Draußen läuteten Schlittenglockcn. Es batte ausgebört zu schneien, aber die Luft war noch voll weißlichen Dunste«. Ein paar Minuten später verschwanden die erleuchteten Fenster de« Pfarrhauses de» beiden Fahrtgenoste» und eine endlose, pfadlosc Schnecwüste dehnt sich vor ihnen an«. Hildegard hatte ihren jungen Kutscher zurückgelassen und einen ortSarmen .Knaben mitgenommen, der in« Pfarrban« gehörte und sich anheischig machte, Füblerdienste zu leisten. In der Tbat kannte er jeden Weidenstlimpf, jeden Zaunpfabl, der einige Zoll au« dem Schnee bervorragtc, und so kam da« Fuhrwerk ebne bedeutenden Um- und Zrrweg, wenn auch des tiefen lockern Schnee« wegen langsam und mühsam vorwärl». DaS matte Schncclicht genügte, diese Spuren zu finde». An schwierigen Stellen führte der Zunge die Pferde am Halfer durch Gräben und Hobe Schneewehen. Hildegard balle be ständig mit ihm zu verkehren. Roloff saß schweigsam, in düsteres Brüte» versunken, neben ibr. Zuweilen suckle sie sein Auge, voll tiefer Scelenaiigst, zuweilen griff sie nach seiner Hand. Dann begegnete sie einem Blick, einem Lächeln, die beredter waren als viele Worte. WaS in ihm vergebt — erlebt sie c« nicht mit ihm in sich selbst? Seine Frau bat den Tod gesucht — stirbt wahr scheinlich. Wird er sich nickt wie ihr Mörder Vorkommen, er, mit seinem empfindlichen Gewissen, seinem sei» entwickelten RechtSgesühl, dem Brtürsniß boker Selbstachtung, da« jetzt, nachdem der Wirbclsturm der Leidenschaft verbrämt, mit ver schärften, verdoppelten Ansprüchen an ihn bcrantritt? Wird cr leben können, leben wollen unter der Verdammniß diese« inneren Tribunal-? Und wenn nicht — so ist sie bei ihm —! Die Lebenden kann Antonie auSeinanderrcißcn mit ihrer VtrzwciflungSthar, kann ihre» bleichen Schatten für immer trennend zwischen ihnen aufsteigcn lassen — über die Todgeweihten bat sie keine Macht. Zm Tode einander aiizugchörcn — die« letzte höchste Glück, da« Schuld und Nene auelöscht, das mißgönnt das Schicksal ihnen nicht. Roloff fuhr auf, als der Schiilten in der Nähe eine« Ge höfts dielt. Vorwärts lag schneebedeckte» Kieserngebölz, zwischen welchem das Terrain sich etwa« senkte. Hildegard gab dem Knaben Geld und hieß ihn den Bauern nm ein Nachtquartier bitten. Sie brauche ihn nicht mehr. „DaS ist der Ser dort vor un«", sagte sie Roloff zur Erklärung, während die Pferde stampfend und mäbnenschüttclnd verschnauften. „Bon hier au- finde ich mich allein zurecht." Er blickte in ihre Augen, au« denen cS ibm wie die Be geisterung eines heroischen Entschlusses cntgcgenstrahlle. „Hildegard — Sic schicken da« Kind fort, weil Sie es keincr Gefahr aussetzen wollen." „Za, wir müsse» quer über den See — c« ist der nächste — eigcnllich der einzige Weg — und er hat schlecht zu- gefrorene Stelle», die unter dem Schnee schwer zu vermeiden fein werden." „Hildegard, Sic werde» mich allein fahren lassen — ich bringe Sie nach dem Gedöst — Sie werden mir gehorchen!" „Alfred, hast Du mir nickt da« Recht gegeben, bei Dir zu sein m dieser Stunde? DaS darüber hinan« liegt, trennt uns — sür immer. Aber bis über den See gehörst Du noch mir." Sic nahm seine Hand und drückte sic an ibre Dange „Kind — Kind!" crwiderle er erscküttcrl. „Ich hätte nickt dulden sollen, daß Tu mich begleitest. Mein Leben ist verfallen — so oder so — auSgclöscht. Ich habe um Leben und Tod gewürfelt und verloren. Du mußt Dich inner lich von mir lösen — mich vergesse» — ick habe genug zu tragen Ich will nickt auch Dick noch inS Verderben bringen." „Ick bin lein Kind, Alfred. Ich weiß, was ich thuc? Da« sind Ministe»? WaS sind Zahre? — Wenn ich in dieser Limite sterben sollte, so würde ich mit Freuden in den Tod gebe». Tenn da- Leben wäre niir nicht« schuldig geblieben — »ickl«. ES giebt mir Eine«, wa« ich fürchte: Dir fern zu sei» »nd Dick unglücklich z» wissen." Er zog sie an sich und tiißtc sie auf Stirn und Lippen, iiibriinstig und feierlich. Jetzt geschehe, wa« da will", sagte er leise. „Alle», wa nn» jetzt »eck trennen kann, ist nur äußerlicher Schein. Wir sind ein« — im Lebe» und im Sterben" Hierauf trieb Hildegard die Pferde an. und der Schlitten glitt da« User hinab ans die Sersläche. Der Waldkranz, den dieselbe ciiisaßte, balle dem Schneetreiben eiiiigermaßen gewehrt, und zwischen den engen Usern bedurfte c« keine« gekennzeichne ten Wege«. Tie Pferde griffe» ans dem ebenen Grund rascher aus, vom schwarze» Nachlbimmel blickten dir Sterne, der Schnee schimmerte wie ein weite«, mit schwarzen Borten ge» sänmtc« Leichentuch Von den Seelen der beiten Falngcnoffen kalte sich der dumpfe Druck gelost. Eine Art schwärmerischer TodrSfrcudig- keil tönte in abgerissene» Worten und Reden, die da« Höchste und Tiefste, Erinnerungen, Ahnungen berührten, in hoch- gestimmtem Einklang ans.
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