Delete Search...
Dresdner Journal : 18.10.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-10-18
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187210181
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18721018
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18721018
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1872
- Monat1872-10
- Tag1872-10-18
- Monat1872-10
- Jahr1872
- Titel
- Dresdner Journal : 18.10.1872
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
»243 1 l^ir. itz Lvioüe« ?o»D uoä Lmrslo« Uiuumvrv: 1 Ux-r)8teiup«I»u»odt»8 lÜL»u. , - i-t,,. 2 11»Ir St.Mp«tz«battr, Ku»uoo» ... 6 Idir ^E.rk1däe«6«ilt»vdvi» Io»erlttevprel«er Für 6«» k»um viver ee»p»It«ovQ 2«i1s: Uzr. Uutor „Lioxe«wat" cd« 2«ll«: S Lr»vde!i»eilr Mit X rum lull, äsr 8ooll- voä ^siert.^., AyvQll» Kr äen kol^sudeu D»^. Fiettag. dm 18. October. »872. DreMerIMrml. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. IN8sr»t»n»LL»Iun» ao,M»rt,r Llxl»: ^>. 6ooum«iollLr a« Dr««loer xouru»!»; «d«väiu> ; D. DvAtvv, L«Ae»» Fovt u. L ««- kiu^-».rUll-Vi.ll-I..ip1^-»^.I-»r«1.o-rr.»dr>irt ». N.: //aa»en«te,n F ^0A?rr, L.riiu -VI»ll - N»mdar^ - kr»llL- kori ». It-»buckeo: Duci. ^er»re, L.rUo: F. DkeemeMsv, D. ^ttbrec-it, »r«m«a: L LV^ivtte,- Lr.1.«: I. L'tanv«»'» LNreuu u. L. Dnü,, rr«»Ldirt ». H.: L a. F 6. ^errma»in'»ede üuedd , Daube F <7o.» kn«! ^beticb's öucdk.; Vdemuitr: H. ^o«At,' k»ri»: Davor. Da/itte, Dutt,er F <7o.,- Visa: Ft. DMett^, Stuttgart: Daube <7o. NerLusssvderr Löoisi. krpsäitioll de» Dresdner dourortl», Dresdeu, LlLrxLretdev^ams Uo. 1. Amtlicher Theil. Dresden, 10. October. Seine Majestät der König haben den Oberlandforstmeister Hanns August Carl von Kirchbach aus Allerhöchsteigener Bewegung zum Kammerherrn zu ernennen geruhet. Nichtamtlicher Theil, llebersicht. Telegraphische Rachrichte«. Aeituagtschaa. (Provinzial-Correspondenz.) Tagetgeschichte. (Berlin. Braunsberg. Münster. Kob lenz. Schleswig. Straßburg. Oldenburg. Detmold. Aus Baden. Darmstadt. Wien. Prag. Paris. Bern. Rom. Madrid. Kopenhagen. Konstantinopel.) Dresdner Nachrichten. Verwischtes. Statistik und »olkswirthschast. Eiugesandtes. Feuilleton. Zuserate. Tageskaleuder Börseunach- richten. Beilage. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichteu. (Leipzig.) Gerichtsverhandlungen. (Leipzig.) Feuilleton. Eingrsandtes. Zuserate. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Donnerstag, 17. Oktober, Mittags. (W. T. B.) Die Leiche deS verstorbenen Prinzen Albrecht wird auf Befehl des Kaisers morgen Abend in aller Stille aus dem priuzlichen Palais nach dem königlichen Schlosse überführt werden. Am Sonnabend findet das Leichenbegänguiß in feierlichem Zuge vom Schlösse aus nach dem Dome statt. New-Uork, Mittwoch, 1S. Oktober. (W.T.B., Kabeltelegramm.) Wie aus Meri co hierher gemel det wird, hat die mexikanische Regierung sich bereit erklärt, für Ersatz des Schadens bei den Gewalt- tbätiakeiteu in Texas aufzukommen, und zugleich die Versprechung abgegeben, die Schuldigen aus zuliefern. Rach aus Havana hier eiuartroffenen Nach- richten beträgt das kubanische Deficit 13 Millionen Dollars. Zur Deckung dieser Summe wird die Regierung u. A. eine Steuer auf Sclaven vor- schlagen, eine Erhöhung des Zolles dagegen nicht beantragen. Dresden, 17. October. Die halbamtliche preußische „Provinzial-Cor- respondenz" bespricht heute in sehr eingehender Weise die Denkschrift der deutschen Bischöfe. Wir theilen hier den Schluß ihrer Erörterung mit, welcher lautet: Die jetzige Denkschrift der deutschen Bischöfe giebt den entschiedensten Beweis, daß dieselben sich un bedingt und rückhaltlos dem Willen der römischen Curie gebeugt haben und alle Folgen der vaticanischen Be schlüsse dem Staate gegenüber zu ziehen entschlossen sind. Diese gemeinsame unzweideutige Kundgebung des deutschen Episkopats muß auch die letzten Zweifel und Bedenken über die Stellung schwinden lassen, welche die Regierung des drutschen Reichs, sowie die deutschen Landesregierungen der römischen Curie und der ihr willenlos folgsamen Geistlichkeit gegenüber einzunehmen haben. Schon während des ConcilS hatte die deutsche Regierung in Uebereinstimmung mit anderen Groß- staaten darauf hingewiesen, daß durch die in Aussicht genommenen Beschlüsse die Beziehungen der geistlichen zur weltlichen Macht tief berührt und erheblich verän dert werden würden. Im Vertrauen auf den gesunden Sinn unseres Volkes und auf die festgegründete Kraft unseres Staatswesens hatte sie jedoch davon Abstand genommen, ihrerseits die Grundlagen der staatlichen Beziehungen zur Kirche zu verändern, so lange nicht in dem thatsächlichen Verhalten der deutschen Geistlich keit unmittelbare Anlässe dazu hervortraten. Das will kürliche und rücksichtslose Einschreiten deS Bischofs von Ermrland gegen einen Religionslehrer, der zugleich Staatsdiener war, — die öffentliche Verkündigung der großen Excommunication unter Nichtachtung der bür gerlichen Gesetze, sowie die Lossagung deS katholi schen Frldpropstes Bischof Namszanowski von seinen Pflichten gegen die militärischen Oberen, setzten die Regierung in die Nothwendigkeit, Maßregeln der Ab wehr gegen die geistlichen Uebergriffe zu treffen. Als sodann der Geist des Widerspruchs und der Auflehnung durch eine Kundgebung deS Papstes gegen die Regie rung des deutschen Reichs geradezu ermuntert wurde, mußte die Regierung erkennen, daß die Abwehr geist licher Uebergriffe nicht mehr auf den einzelnen Fall zu beschränken, sondern der ganze Zusammenhang der staatsfeindlicheü kirchlichen Bewegung im Auge zu be halten sei. Die demzufolge zur Geltung gelangten Auffassungen, Absichten und Entschließungen der Re gierung haben durch den jetzigen gemeinsamen und heraus fordernden Schritt der Bischöfe eine neue und gewichtige Bestätigung erhalten. Wenn die preußische Regierung es nach dem Erlaß der Verfassung vom 31. Januar 1850 im Vertrauen auf die damaligen Beziehungen zu den kirchlichen Gewalten zunächst unterlassen hat, den Ar tikel 15, nach welchem „die evangelische und die römisch- katholische Kirche, sowie jede andere Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbstständig ordnet und verwaltet", in seiner Bedeutung und Tragweite durch ausdrückliche Ausführungsgesetze (wie sie sonst fast zu allen ähn lichen Verfassungsbestimmungrn ergingen) näher fest zustellen, so ist es jetzt, nachdem die Bischöfe das Ge biet der kirchlichen Angelegenheiten eigenmächtig zu be stimmen und willkürlich auszudehnen versucht haben, unerläßlich geworden, durch unzweideutige und unan tastbare Staatsgesetze diejenigen Gebiete zu regeln, welche nicht lediglich Angelegenheiten der Kirche sind, sondern zugleich irgend eine Beziehung zum bürgerlichen und staatlichen Leben haben. Es liegt der Regierung auch jetzt fern, wie Fürst Bismarck in einer seiner Reden sagte, dogmatische Erörterungen über die Wand lungen, welche in Bezug auf die Glaubenssätze der katholischen Kirche vorgegangen sein können, zu begin nen. „Jedes Dogma, auch das von uns nicht ge glaubte, welches Millionen Landsleute theilen, muß für rhre Mitbürger und für die Regierung jedenfalls heilig sein. Aber wir können den Anspruch auf die Aus übung eines Theils der Staatssouveränetät den geist lichen Behörden nicht einräumen, und so wett sie die selbe etwa besitzen, sehen wir im Interesse deS Frieden- unS genöthigt, sie einzuschränken, damit wir nebenein ander Platz haben, damit wir in Ruhe mit einander leben können." Das jetzige Auftreten der Bischöfe wird unzweifelhaft dazu helfen, das Wort des Reichs kanzlers rascher zur Erfüllung gelangen zu lassen, „daß die Negierung gegenüber den Ansprüchen, welche ein zelne Unterthanrn Er. Majestät deS Königs von Preu ßen geistlichen Standes stellen, daß es Landesgesetze geben könne, die für sie nicht verbindlich seien, daß die Regierung solchen Ansprüchen gegenüber die volle ein heitliche Souveränetät mit allen ihr zu Gebote stehen den Mitteln aufrecht erhalten werde und in dieser Rich tung auch der vollen Unterstützung der großen Majo rität beider Confessionen sicher sei." Die Souveränetät kann nur eine einheitliche sein und muß es bleiben: die Souveränetät der Gesetzgebung! Tagesgeschichte. * Berlin, 16. October. Infolge des Ablebens des Prinzen Albrecht (Vater) finden die beabsichtigten Hof jagden in Springe (zwischen Hannover und Hameln) nicht statt, und wird Se. Majestät der Kaiser des halb Baden-Baden schon früher verlassen und bereits am Freitag, den 18. d. Vormittags per Extrazug mit der anhalter Bahn hier wieder eintreffen. — Der könig liche Hof legt heute für Se. königl. Hoh. den Prinzen Albrecht die Trauer auf 4 Wochen an. Ferner sind auf allerhöchsten Befehl die königl. Theater von gestern ab auf drei Tage geschlossen worden. — Die „Prov.- Corr." widmet dem entschlafenen Prinzen Albrecht einen Nekrolog, der mit folgenden Sätzen schließt: „Prinz Albrecht war weit über die Kreise seines nähern Verkehrs hinaus eine allgemein beliebte Persönlichkeit; sein echt wohlwollendes, biederes, treuherziges Wesen hatte ihm von jeher die Herzen auch in den weitern Volkskreisen gewonnen, und daS Vertrauen derselben bewährte sich ihm gegenüber auch in schwerer Zeit. In der ersten Legislatur des norddeutschen Reichstages in einem ostpreußischen Kreise zum Abgeordneten gewählt, war er auch hier stets treu und ausdauernd in der Erfüllung des „Dienstes" für das Vaterland. Mit dem königlichen Hause wird die herzliche Theilnahme des Volkes dem Heimgegangenen Prinzen ein ehrendes Andenken widmen!" — Die beiden Häuser des Landtages werden, wie die „Prov.-Corr." berichtet, am 22. d. M. zunächst ihre früher unterbrochenen Ar beiten wieder aufnehmen, das Herrenhaus vor Allem die Kreisordnung, das Abgeordnetenhaus eine Anzahl von theilweise wichtigen Vorlagen. Dem Abgeordneten hause wird bald nach dem Zusammentritt der Staats haushaltsetat für 1873 nebst mehrern mit demselben im Zusammenhänge stehenden besondern Gesetzentwürfen vorgelegt werden. Die „N. Pr. Z." erfährt, daß dem Landtage eine besondere Gesetzvorlage über die Dota tion der Provinzialverbände mit Provinzialfonds zu- gehen wird. In Bezug auf sociale Verhältnisse liegt es, laut der „N.A. Z.", in der Absicht der Regierung, eine Abänderung des Sparkassenreglements und die Einführung des Sparkassenwesens in den neuen Pro vinzen herbeizuführen. — Der schleswig-holstein- sche Provinziallandtag hatte die Anerkennung der Ersatzpflicht des Staates für die von Einwohnern der Provinz in den Jahren 1848 bis 1850 und 1864 er littenen Kriegsschäden allerhöchsten Ortes beantragt, ist aber, der „Voss. Ztg." zufolge, abschläglich beschicken worden. — Bei der am 14. d. in Hadersleben voll zogenen Wahl eines Abgeordneten des ersten schleswig- schen Wahlkreises für den preußischen Landtag wurde der dänische Candidat Krüger-Beftoft mit 185 gegen 25 Stimmen, welche auf den Conrector Prof. vr. Jessen fielen, wiedergewählt. Auch im zweiten Wahlkreise wurde der dänische Candidat Ahlmann-Werthcmine mit 182 Stimmen wiedergewählt; der deutsche Candidat Richelsen-Alnor erhielt 28 Stimmen. — Das Gesetz vom 14. Juni 1871 über das Reichsoberhandelsgericht 8 3 bestimmt: Bei dem Bundesoberhandelsge richte kann ein besonderer Beamter mit Wahrnehmung der Verrichtungen der Staatsanwaltschaft beauf tragt werden. Das Bedürfniß, diese Einrichtung ins Leben treten zu lassen, schreibt die „Sp. Z.", hat sich seitdem herausgestellt. Die Zahl derjenigen an das Reichsoberhandelsgericht gelangenden Spruchsachen, welche die Mitwirkung der Staatsanwaltschaft erfor dern, hat sich infolge der Ausdehnung der Competenz dieses Gerichtshofes auf Bayern und Elsaß-Lothringen nicht unerheblich vermehrt, da sowohl nach bayerschem, als nach französischem Proceßrecht jene Mitwirkung in allen Civilsachen eintritt, sobald dieselben in die höchste Instanz gelangen. In der Zeit vom 1. Decbr. 1871 bis 1. Juni 1872 sind an solchen Sachen eingegangen: aus Preußen 2, aus Bayern 27, aus Hessen 1, aus Oldenburg 3, aus Elsaß-Lothringen 8, zusammen 41. Der größte Theil derselben besteht aus Handelssachen, in welchen nur Mitglieder des Reichsoberhandelsgerichts zu Vertretern der Staatsanwaltschaft bestellt werden dürfen. Eine solche Vertretung der Staatsanwaltschaft durch Mitglieder des Gerichtshofes, wenn sie häufig erfolgen muß, bringt den Gerichtshof und dessen Mit glieder in eine dem öffentlichen Interesse nicht entspre chende Stellung, wie sie zugleich den ohnehin vollauf beschäftigten Mitgliedern zu erheblicher Belästigung ge reicht. Dazu kommt, was die Spruchsachen aus Elsaß- Lothringen anlangt, daß das dort geltende Civil- und Feuilleton. (Redigirt von Otto Vanek.) K. Hoftheater, 16. October: „Emilia Galotti" von Lessing. Wenn jüngst die Vorstellung von „Cabale und Liebe" eine endlich unabweisliche Veranlassung gab, zu mög lichster Abhilfe das Nachdenken auf diejenigen klassischen oder an großen schauspielerischen Rollenaufgaben reichen Bühnenwerke hin zu lenken, deren würdige Besetzung uns unüberwindliche Schwierigkeiten, dem Kunstgeschmacke eine Beeinträchtigung und der Theaterelnnahme einen Aus fall bereitet und dadurch endlich das zärtliche Verhält- niß zwischen der Kasse und dem Repertoire von Schau oper und fadem Unterhaltungsstück zum Nachtheil edler Tradition und ideeller Richtung immer intimer werden läßt — wenn dieser Hinweis für die aufrichtige Ueber- zeugung eine harte Pflicht war, so wird es zur an genehmen, in „Emilia Galotti" eine jener wichtigsten classtschen Dichtungen hervorheben zu können, deren künstlerisch tüchtige Ausführung unsrer Bühne noch bei nahe ohne wesentliche Lücke möglich ist. Diese Lücke betrifft den Prinzen. Die Schwäche, mit denen sein Vertreter, Herr Hanstein, in Bezug auf die freie Eleganz der Sprache und die Richtigkett der Betonung seit Jahren vergeblich zu kämpfen hat, find ebenso lange bekannt und bieten trotz ihrer stören den Bedeutsamkeit keine Veranlassung, die Thatigkeit diese- Künstler- »u einer unfruchtbaren einzuschränken. Fruchtbringend bleibt ein Wirkung-kreiS immer dann, und zwar nur dann, wenn sich die Activität des Küust- lers lediglich auf Leistungen ausdehnt, in welchen seine Mängel von seinen Vorzügen überragt werden und durch jene das Verständniß der Dichtung nicht beein trächtigt wird. Die Wohlerscheinung, der persönliche Anstand bei einfachem Spiele, die oft warme Erreg barkeit, welche sich bei Herrn Hanstein vorfinden, machen seine Kraft an passenden Stellen verwendbar genug; daneben hat er zuweilen noch durch eine feine In tuition, z. B. als Heinrich VI., Charakterbilder ge geben, die, so treffend als decent und maßvoll, von keinem wirklichen Kenner unterschätzt werden dürfen. Die Rolle deS Prinzen hat nun aber die Aufgabe, den kühn auf die Spitze gestellten Wahrscheinlichkeits- eindruckideS Stückes in Balance zu erhalten. Der Prinz ist charakterlos, ohne sittliches Pathos, so weit im Her zen, wie im Gewissen, ein Spielball seiner Leidenschaften und deshalb auch seiner Günstlinge; aber dieser Prinz ist zualeich der feinste Cavalirr seines Lande-, ver führerisch in Worten und Wesen, am meisten dann, wenn er vor seinen eigenen Gefühlen verwirrt das Knie beugt; der Sinn für alle- Schöne in Kunst und Na tur hat seine UrtheilSkraft bis zur graziösen Dialektik geschärft, er umgarnt seine Opfer mit den Reizungen der Bildung und des Geistes, Kräfte, die durch Ju gend und durch den Glanz vornehmer, aber liebens- würdiaer Hoheit nur noch siegreicher wrrden. Alle diese Eigenschaften mußte der Poet seinem Prinzen geben, damit dieser mit List, Heuchelei und Mord befiecte Lieb haber einer in keuscher Sittenstrenge erzogenen Emilia Galotti, der Braut eines Appiani, gefährlich zu werden vermag. Wenn ein Schauspieler, oft tu unrichtigen Be tonungen schwankend, nicht da- Begehren jede- Wortes zu einer dämonischen Macht gestalten kann und die Rolle eine- vorschnellen taktlosen Verfolger- nicht ver gessen macht, so hat Börne recht, wenn er eS tadelt, daß Emilia nur von ihrem Vater getkdtet wird, um ihre anatomische Unschuld zu retten, blos mit der Ver ¬ stärkung, daß dies Erretten völlig voreilig und nutzlos ist. Hierdurch verliert die Handlung des Stückes an moralischer Glaubhaftigkeit und es entsteht da eine Lücke, wo der Gipfel der innern Peripetie sein sollte. Neben der ungenügenden Vertretung dieser Partie sind mehrere andere sehr tüchtig, einige sogar glän zend. Zu jenen gehören Emilia, Marinelli, Odoardo, Appiani, Conti und Angelo (Frl. Ulrich und die Herren Jaffö, Winger, Dettmer, Koberstein uud Kramer). Als ersten Ranges ganz den For derungen der Dichtung entsprechend erscheint Frau Bay er's Claudia, eine wundersam wahre und rein stilisirte Ausführung tragischer Mutterrollen, mit den Zügen feinster Seelenmalerei, mit der innigen jüber- zeugenden Kraft des Gefühls ausgrstattet und deutlich kennzeichnend jene stille Reue, welche das moralische Gewissen da empfindet, wo eine ideale Frage durch praktisch-egoistisches Handeln wider Willen tragisch ge löst wird. Lessing hat seine Claudia nur für große Künstlerinnen zugänglich gemacht. Nicht minder hocherfrrulich ist Fräulein Langen- Haun'S Orsina. Das Heraustreten entfesselter Lei denschaft, die jähe Flamme der Eifersucht, durch Stolz und Verachtung gegen ihre Beleidiger genährt, brachte die Künstlerin zu einer ergreifenden, und weil sie weib liche- Selbstbewußtsein verrieth, zugleich zu einer über zeugenden Wirkung. Otto Banck. Luftreisen, von »laisher, Klamariou, Fonvielle und Liffandter. Eingeführt von Hermann MasiuS. Leipzig, bei Brandstetter. 1872. (Schluß au- Nr. 242.) Wenn durch die angeführten Schilderungen von Glaisher'S Fahrt und den dabei gemachten körperlichen Erfahrungen allerdings für das Aufsteigrn eine Grenze angedeutet wurde, so hat diese doch vielleicht eine wei- Strafproceßrecht wesentlich auf der Voraussetzung be ruht, daß zur Vertretung der Staatsanwaltschaft bei dem obersten Gerichtshöfe ein mit derselben dauernd betrauter Beamter fungire, welcher in jedem Stadium des Verfahrens zur Ausübung seiner Verrichtungen berufen werden könne. Auf diese Erwägungen ge stützt, hat der Reichskanzler bei dem BundeSrath bean tragt, derselbe möge der Beauftragung eines besondern Beamten mit Wahrnehmung der Verrichtungen der Staatsanwaltschaft bei dem Reichsoberhandelsgerichte seine Zustimmung ertheilen. Die Stellung soll vor läufig eine widerrufliche und mit einer Remuneration von 2500 Thalern dotirt"sein, wovon Elsaß-Lothringen ein Fünftel trägt. — Dem geh. Oberrcgierungsrath und vortragenden Rath in dem Ministerium der geist lichen, Unterrichts- und Medicinalangelegcnheiten, Stiehl, ist bei dem Ausscheiden aus dem Amte der Charakter als wirklicher geh. Oberrcgierungsrath mit dem Range eines Raths erster Klasse beigelegt worden. — In den preußischen Landesthcilen längs der polni schen und russischen Grenze werden zur Verhütung des Einschleppens der Cholera sogenannte Nevi- sionsan st alten errichtet. — An die Direktion der Geschützgießerei zu Spandau sollen feiten des hiesigen Artilleriedcpots ca. 5500 Centner Bronze in französischen Geschützröhrcn aus den hiesigen Beständen versandt werden. Gegenwärtig sind Mannschaften des Gardefeldartillerieregiments mit dem Verladen der Ge schützröhre beschäftigt. — Die auf gestern festgesetzte Eröffnung des neuen Potsdamer Bahnhofes hat wegen einzelner noch rückständiger Arbeiten nicht stattsinden können. Die Inbetriebsetzung des Bahn hofes hat infolge dessen auf einige Zeit hinaus geschoben werden müssen. — Infolge der Woh- nungscalamitäten sind nach amtlichen Ermittelun gen in vergangener Woche über 800 Familien von Berlin nach außerhalb verzogen. Dieselben ge hören vornehmlich den Mittlern Ständen an, wie z. B. pensionirten Beamten, kleinen Rentnern rc. Obgleich nun die Wohnungsnoth auch bei dem Arbeiterstande sich im Abnehmen befindet, so ist dies keineswegs durch Erbauung von Arbeiterwohnungen zu Wege gebracht worden, sondern durch das Verziehen derselben auf die umliegenden Ortschaften, die nicht zum Weichbilde Ber lins gehören. * Brauntberg, 15. October. Durch den Pfarrer Grunert aus Königsberg wurde heute Abend hier die erste altkatholische Trauung vollzogen. * Münster, 15. October. Gestern Abend wurde dem Superior der hiesigen Jesuiten, k. Hergarten, ein an den Oberbürgermeister geh. Reg.-Rath Ossenberg gerich tetes Rescript der königl. Regierung notificirt, in wel chem es heißt: „DaS .. - Rescript der Herren Minister des Innern und der geistlichen Angelegenheiten vom 28. September d. I be stimmt, daß allgemein jede priesterliche nod seelsorgerische Thä- tigkeit des Ordens als unter das Verbot der Ausführungsver ordnung vom 5. Juli d. I. fallend zu betrachten, dem Orden daher unbedingt, namentlich das Predigen, die Abhöruua der Beichte, die Ertheilung der Absolution, die Lesung der Messe uud Verwaltung der Sacramente, desgleichen die Leitung von Congregatiouen und Exercitien zu untersagen sei." Hierauf überreichte der Superior einen energischen Protest zur Einhändigung an die königl. Regierung. Koblenz, 15. October. (Fr. I.) Den hiesigen Jesuiten, denen es noch erlaubt war, bei offenem Gotteshause Messe zu lesen, wurde gestern amtlich die Verfügung zugestellt, daß dies von jetzt bis zum 31. Deccmber d. I. nur bei verschlossenen Thüren stattfin den dürfe. Einige der hiesigen Väter werden als Mis sionare nack Amerika gehen. Schleswig, 14. October. Der socialdemokra- tische Agitator Stoehr aus Kiel wurde, wie die „S. N." melden, am Sonnabend Abend im Local der Wittwe Schwenn infolge des dort von ihm gehaltenen socialdemokratischen Vortrages polizeilich verhaftet und nach dem Rathhausgefängnisse abgeführt. Den Transport begleitete eine zahlreiche Menge, welche unter Lärmen und Tumult die transportirenden Polizeibeam- tere, verschiebbarere Ausdehnung, als wir gegenwärtig glauben. Erinnern wir uns an den Ausspruch des kühnen Seefahrers Cook, es werde nie ein Sterblicher dem Südpol näher kommen als er, eine Weissagung, die durch den Amerikaner Roß so glänzend zu Nichte gemacht wurde. Aber es sind auch schon innerhalb der bis jetzt erreichten Luftregion ncch so zahlreiche wissen schaftliche Forschungen anzustellen, so vielseitige prak tische Zwecke zu erreichen, daß die soeben ausgegebenen Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine recht haben, auch von ihrem Standpunkte aus zu weiteren Vervollkommnungen der Luftschifffahrt aufzumuntern. Sie stehen nicht an, dabei den Franzosen ein Lob zu spenden, wenn sie unter Anderem Folgendes bemerken: Nach den Resultaten der bisherigen Erfahrungen stand es fest, daß ein Ballon, mit einer Schraube ver sehen, sich selbstständig in der Luft fortbewegen könne. Es war aber noch nicht gelungen, die Form des Bal lons, sowie die Dimensionen und besondere Einrichtung der Schraube endgiltig zu bestimmen und zu ermitteln, in welcher Weise die letztere am geeignetsten in Bewe gung zu setzen sei. Dieses Problem der eigentlichen Construction mit allen Schwierigkeiten und Unsicherheiten eine- unbe kannten Gebietes hat Depey de Lüme fast vollkommen gelöst. Um dem Winde einen möglichst geringen Wi derstand entgegenzusetzen, hat Depey de Löme dem Bal lon eine schlankovale Form gegeben; um zu verhindern, daß die Ballonhülle schlaff wird, in wogende Bewegung geräth und dadurch die Lenkbarkeit beeinträchtigt, hat er in der Gondel einen Ventilator angebracht und durch einen Schlauch von Zeug mit einem kleinen Ballon in Verbindung gesetzt, der an dem untern Ende de» großen Ballon- befestigt ist. Wenn die Hülle infolge de» Entweichen- von Wasserstoffgas erschlafft, wird
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview