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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.05.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-01
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030501019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903050101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903050101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-05
- Tag1903-05-01
- Monat1903-05
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Bezug-.Prei- i» tz« Heuptexpediti«, oder de«a »a-gade- pelle, oigrbolt: vterteljährltch ^g S.—, bei zweimaliger täglicher Luüelluuain- Hau- S»7S> Durch bte »ast oezoaeu Pir Deutsch» laich n Oesterreich vierteljährlich <50, für die übrige» Länder laut Zeituug-pret-Üp«. Ledaktiou ,»d LrpeöMo«: Joha»«t--esse 8. Fernsprecher ISS «ch SSL FUialer» »dttionr« r Alfred Hahn, vuchhaudlg^ lluivrrMtsstr.^ ll. Lisch«, Lathartueustr. 14, ». LSuig-pl. 7. Hgüpt-Filiale Vreade»; Marteupraß« SL. Fenksprecher Amt l Ar. 171S. Haupt-Filiale Serlia: C«k Dmuker, Herzgl. Bayr. Hofbuchhandlg„ Lützowstraße 10. Fernsprecher Au^ VI Nr. 4S0L Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt des KSnMche« Land- nnd des Kömgkichen AmLsgenchles Leipzig, -es Astes und -es Nolizeiaintes -er Stadt Leipzig. Anzeigen. Preis die Sgespaltene Petitzeile SS ReNameu »uter dem Redaktionsstrich lä gespalten) 7» vor de» FamUtenuach» richte» (S gespalte») SO Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen euch Offerteaauuahme SS (excl. Porto). Extra »Beilagen (gefalzt^ u»7 mit der llllorge»-L»Sgabe, ohne PostbefärdenwU ^4 SO.-, mit Postbefärdenmg 70^-, A«tahmschl»ß filr Atyeizem Adend-Au-gaber Bormittag« 10 Uhr. «orgen-Aa-gaber Nachmittag» 4 Uhr. Tnzetge» find stet« a» die Expedttio» z» richte». Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet w» früh S bi« abwd- 7 Uhr. Druck >md Verlag von S. Pol» t» Leipzig. Nr. 218. Freitag dm 1. Mai 1903. S7. Jahrgang. Für Monat Mai kann das „Leipziger Tageblatt" zum Preise von Mark 1,00 (Mark 1,28 bei freier Zustellung ins Haus) sowohl durch sämtliche Zeitungsspediteure, wie auch durch die nachstehenden Ausgabestellen bezogen werden. Ausgabestellen des „Leipziger Tageblattes": Im Zentrum. Brsthl 53, C. F. Schubert'» Nächst Kolonialwarenhdlg. Kathartuenstr. 14, 8. Lösche, Cigarrenhdlg. 2S3L Rttterftr. 4, Linckesche Leihbibliothek und Buchhdlg. Im Norden. Gerberstr. 8, H. 8. Kröger, Butterhdlq. 8824 Gnetseuaustr. 12, B. Ühlich, i. Fa. Ida Hartmann, Papierbdlg. Löhrttr 15, E. Hetzer, Kolonialwarenhdlg. S7S Vorkstr. 32 (Ecke Berliner Straße), F. W. Kietz, Kolonialwarenhdlg. I« Osten. J»ha«nt«gaffe 8, Hauptexpedition 222 vftplatz 4, Alfred Elfte Hansische Gaffe S, F. Fischer, Kolonialwarenhdlg. Schützenstr. 5, I. Schümicken, Kolonialwarenhdlg. 1178 Tauchaer Str. 1L, E. N. Reichel, Drogenhdlg. 8841 Im Lüde». Arndtstr. -5, I. F. Canitz, Kolonialwareubdlg. 3033 Batzersche Etr. 45, H. Neumeister, Cigarrenhdlg. 3984 üöntgspiatz 7, 8. Lösche, Cigarrenhdlg. 7L0L Riirnberaer Str. 45, M.E. Albrecht, Kolonialwarenhdlg. Lettzer Str. 35, V. Küster, Cigarrenhdlg. Im Westen. Veethavenstr. 21, Tb. Peter, Kolonialwarenhdlg. 3901 Krautsurter Str. 22 (Ecke Waldstr.), 8. Sievers, Kol onialwarenhdlg. Nanstiidter Sletnwcg 1, O. Engelmann, Kolonialwhdlg. 2151 Waldftr. 38, (A. Betterlem, Kolonialwarenhdlg. Weftplatz 82, M. 8eißaer, Cigarrenhdlg. 2402 In den Dor» und Nachbarorten. Auger»Cr«ttendorf, B. Friedel, Cigarrenhdlg., Zwei naundorfer Str. 8, O. Oehler, Bernhardstr. 29 Coauewttz, Frau Fischer, Heruiannstr. 23 » Friy Koch, Pegauer Straße 17 Eutritzsch, Robert Allner, Buchhdlg., Delitzscher Str. 25 820 Gautzsch, Ioh. Wolf, Ecke Ring- und Ortzscher Str. GohUS, Robert Altner, Buchhdlg., Lindenth. Str. S 820 - Paul Schmidt, Brüderstraßr 8 Kleinzschocher, G- Grützmann, Lschochersche Str. 7» in L.-Plagwitz 2588 Leutzsch, Albert Lindner, Wettiner Str. 51 in 8.-Liudenau Lindeuau, Alb. Lindner, Wettiner Str. 51 in L.-Lindenau Möckern, Paul Schmidt, Brüderstr. 8 in L.»Gvhli« Neustadt, Paul Kuck, Annonc.-Exped., Eisenbabnstr. 1 Neuschöuesetd, Paul Kuck. Anooncen-Exp., Eisrnbahustr.1 Oetzsch, Carl Scheffel, Ecke Ost- und Mittelste. 8475 Vlagwitz, G. Grützmann, Zschochersche Str. 7» 2588 Probfttzetda, Reinhard Sachse, Buchbiadergeschäft Nruduttz, W. Fugmanu, Marschallstr. 1 1518 - O. Schmidt, Koblgarteustr 87 1739 - Bernh. Weber, GabelSbergerstr. 11 Schleußt», G. Grützmann, Könneritzstr. 58 2588 Sellerhausen, O. Oehler, Anger-Crottendorf, Bern- hardstraße 29, Part. Stünz, O. Oehler, Anger-Erottend., Bernhardstr. 29, p. Thonberg, R. Häntsch, Reitzenhainer Str. 58 Boltmarsdars, Paul Kuck, Ann.-Exped., Eisenbabnstr. 1 * Georg Niemann,Konradstr.55(EckeElisabethstr.) Wahre«, Paul Schmidt, Brüderstr. S in L^Gohli« 189» - ML. „Ohne einen Reichstag, der vermöge einer konstanten Majorität, die er in seinem Gchotze birgt, im stände ist, die Pflicht einer Volksvertretung dahin zu erfüllen, baß sie die Regierung kritisiert, kontrolliert, warnt, unter Um ständen führt, -er im stände ist, dasjenige Gleichgewicht zu verwirklichen, wa- unsere Verfassung zwischen Regierung und Volksvertretung hat schaffen wollen, ohne einen solchen Reichstag bin ich in Sorge für die Dauer und die Solidität unserer nationalen Institutionen." Diese schon jüngst citierten, vom großen Bi-marck auf dem Marktplatze von Jena an dem unvergeßlichen Julitage deS Jahre» 1892 gesprochenen Worte dürfen an die Spitze unserer heutigen Betrachtung um so mehr gestellt werden, als die erste Sitzung des nach fünfjähriger Legislaturperiode jetzt scheidenden Reichstages in dem Zeichen deS gewal- tigen Mannes gestanden hat. Mit Würde und nicht ohne vaterländischen Schwung hat am 7. Dezember 1898, un mittelbar nach seiner Erwählung, der Präsident Graf Balle st rem de» großen Verluste- gedacht, den am 80. Juli jenes Jahres baS deutsche Volk erlitten hatte. Und wahrlich, zur Dankbarkeit gegen ihn hatte der Reichs tag nicht minderen Anlaß, als der Träger der Kaiserkrone. Denn außerhalb der Kreise höfischer Legendenbildung gibt eS auch heute noch keine Zweifel darüber, baß Kaiser und Reichstag die unvergänglichen Schöpfungen Otto v. Bismarcks sind. Daß er den in -em angeführten Worte enthaltenen Forderungen entspreche, hat dem Reichstage -er große Kanzler, so lange er seine- Amtes waltete, sehr ost be stritten, vor allem in den Stunden kleinlicher Neinsageret und persönlicher Gehässigkeit, wie sie vom Zentrum und dem Freisinn in den achtziger Jahren so häufig an den Tag gelegt wurden. Und -och hatte sich um den Au-Sau -zv Einheit: »er Deutsche Aeichötag Verdienste Erworben, deren Größe die Geschichte ohne Rückhalt anerkennen muß. Darf das Lob ersprießlichen Wirkens auch den fünf Jahren NeichstagSarbeit gespendet werden, an deren Abschluß wir jetzt stehen? Oder muß Klage und Vorwurf wegen politischer Unfruchtbarkeit gegen die Männer er- hoben werben, die der Sommer des Jahres 1898 zu Ver tretern des deutschen Volkes gemacht hat? Der Tadel wäre ungerecht gegen einen Reichstag, der mit einem Mtlitärgesetz, mit einer Flottenerwette- rung, mit der Bervollkonnnnung der sozialen Einrich tungen, vor allem aber mit der Schaffung deS großen neuen Zolltarife»- politische Ausgaben allerersten Ranges gelöst hat, gelöst in einer Weise, die den Interessen des deutschen Volkes im großen und ganzen entspricht. Auch in dem, was er verhindert hat, verdient dieser Reichstag lebhafte Anerkennung, wenn wir der Heber- tretbungen gedenken, die in ihrer Zuchthausvorlage oder der üblen 1«r Heinze die verbündeten Negierungen unS zugedacht hatten. Erinnern wir unS schließlich, baß die Beseitigung des lästigen Berbtndungsverbotes gegen die Vereine und des elsaß-lothringischen Diktaturparagraphen unter dem Drucke erfolgt ist, den auf die Regierungen dieser Reichstag au-geübt hat, so wird ein hartes, nicht» anerkennendes Urteil nicht über unsere Lippen gehen. Und doch diese lähmende Unzufriedenheit mit dem Wirken deS heutigen Parlamentarismus! Diese Teilnahmlosigkeit deS Publikums -en Verhandlungen gegenüber, in denen die wichtigsten Fragen -er Gegenwart entschieden werden! Forschen wir nach den Gründen dieser Erscheinung, so finden wir sie zum Teil in dem Fehlen der ersten Voraus- setznng für gedeihliches Wirken, einer „konstanten Majori- tät". Wir habe» sie in den siebziger und achtziger Jahren meist gehabt, als e- hieß: Hie' Zentrum, Freisinn, Welfen ustv., dort Nationalliberale und Konservative. DaS waren natürliche Mehrheiten, beruhend auf der Uebereinftimmung in -em Verhältnis zu einer von großen Gesichtspunkten auSgehen-en Regierung. Mehrheiten finden sich ja auch heute noch zusammen für die unentbehr- ltchen „Staatserforderniffe", um einen in der Zett von Oesterreichs tiefster parlamentarischer Erniedrigung oft gebrauchten Ausdruck auf unsere Zustände anzuwen-cn. Aber wie mühsam und gequält war gerade bet -en wich, tigsten Entscheidungen -a- Zusammenbrtngen der nötigen Stimmen. Da mußte ein Müller-Fulda an den Flotten vorlagen erst wochenlang hcrumdoktern, mußte Herr Lieber seine weitschweifigen Resoluttonen erst an baS Friedenspräsenz-Gesetz anhängen, ehe die gesetzgeberische Tat gelang. Wieviel Diners mußten bei Kanzler, Ministern und Parlamentariern gemeinsam verspeist werden, ehe für den Zolltarif «ine Mehrheit zu stände kam. Was aber schlimmer war, als diese den Zug in» Kletnliche an sich tragende Geschäftigkeit hinter den Ku lissen, -aS ist die Verwilderung der parlamentarischen Sitten gewesen, wie sie bei -en Kämpfen gegen die Heinze und für den Zolltarif auch im deutschen Volks hause ihren Einzug gehalten hat. Wir bestreiten nicht die Möglichkeit von Situationen, in denen nur die Obstruktion das Vaterland vor schweren Gefahren bewahren kann. Es ist aber um Wert und Würde de» Parlaments ge- schehen, wenn zu Mitteln gegriffen wird, die außerhalb von Rede und Abstimmung auf einem Gebiete liegen, daS zu betreten der gebildete Mann sich sträuben muß. Nach Maßgabe der Scenen, die wir in den Dezember, kämpfen des vorigen Jahre- erlebt haben, müssen wir dem letzten Reichstage eine Stufe zumessen, bte unter dem Niveau seiner Vorgänger liegt. Gerechterwetse darf aber -er Hinweis darauf nicht fehlen, -aß derartige Exzesse ver- einzelt geblieben, baß ihnen fast unmittelbar Zeiten ruhigerund sachlicher Beratung gefolgt find. Un schließlich war daS ein Uebel, das zu bekämpfen «S an Mitteln nicht fehlte. Aber kein Kraut ist gewachsen gegen die Schonungslosigkeit -er heutigen Reichstags- Verhandlungen, gegen den UeberdruH der Abgeordneten selbst. Es hat ja am Kontrollieren, Warnen, Kritisieren, ja selbst am Führen der Negierung nicht gefehlt. Aber -er Wunsch, das auf Seite der Regierungen hervor tretende Manko an überragenden saScinierenden Persön lichkeiten möchte ausgeglichen werben durch die Ver sammlung der fast vierhundert Erwählten des deutschen Volkes, hat sich auch nicht annähernd erfüllt. Wir können nicht einen einzigen Redner nennen, auf -essen Wort das deutsch« Volk mit Spannung wartete, an dessen Lippen es mit fiebernder Erregung hinge. Wir ver- missen immer wieder die Autorität maßgebender Persvn- lichkeiten. An die Stelle genialer oder wenigstens geist reicher Intuition sind Routine und Kleinarbeit getreten. Als auf den Plan, den der hochbetagte, Zettel avlesende Hohenlohe geräumt hatte, Graf Bülow mit seiner frischen, sprudelnden Beredsamkeit trat, hoffte man einen Augenblick auf einen Aufschwung. Er ist nicht ge kommen. Samoa, Boerenkrieg, Ehinawirren und Friedenskonferenz haben dem Kanzler Gelegenheit ge- boten, seine großen diplomatischen Talente in wirkungs vollen Parlamentsreden zu aufrichtiger Schätzung zu bringen. In den Debatten über die jämmerliche 12 000 ^-Angelegenheit bewies er rechtlichen Sinn und Geschick in der Behandlung von Personen. Aber als der Mann deS starken Willens, der nach oben wie noch unten durchdringen muß, kann er ebenso wenig angesehen werden, wie die Caprivi und Hohenlohe, die gleich ihrem großen Vorgänger während dieses fünfjährigen Zeit räume- au- -em Leben geschieden sind. Graf Bülow hat sich nicht als fähig erwiesen, die Zunahme jener er- schreckenden Erscheinung zu verhindern, deren Anfänge schon vor seiner Zeit liegen: der Kritik an Person und Worten des Kaisers. Dieser bet den Etatsdebatten de» Januar am schärfsten hervorgetretene Zug scheint uns geradezu charakteristisch für die heutigen Zustände. Die Schwäche, die bet uns dem KonstitutionaliSmuS an- hastet, beruht nicht nur auf den bescheidene» Leistungen deS Parlament». Die Regierung ist durch und durch schwach. In den allerwichtigsten politischen Kragen um- geht der Träger höchster staatlicher Autorität die von der Verfassung ihm zugewiesenen Ratgeber. Diese aber er schöpfen ihre Kraft in -em Aufsuchen von Halbheiten und Hohlheiten, mit denen die Differenz zwischen -em „Im pulsiven" und dem Staat-männisch-Korrekten aus geglichen werden soll. Die Zucht-auSvorlage, die Ignorierung de» Reichstage- beim AuSbruch« -e- chinestschen Kriege-, der Essener Ausfall gegen die Sozial demokratie, -a- sind die Gelegenheiten, bet denen eS den Auguren sehr schwer gemacht worden ist, vor ver sammeltem Volke mit dem Munde nicht zu zucken. Der Anstrengung, die verursacht wird durch -en dauernden Zwang, der persönlichen Anschauung Widerstrebende- sich zu eigen zu machen, Vorwürfe zu widerlegen, deren Kern man nicht alS unberechtigt empfinden kann, da müßte selbst stärkere Naturen aufretben, al- sie einem Bülow, PosadowSky, Goßler usw. beschieden sind. Besserung diese- Zustande» kann erst dann eintreten, wenn wir einmal erlöst werden von jenen widerwärtigen und empörenden Brandreden der Sozialdemokraten, die eS dem vaterländisch und monarchisch gesinnten Volks vertreter unmöglich machen, den Klagen über GotteS- gnadentum, persönliche Politik und Impulsivität vor der Oeffentlichkeit auch nur da- kleinste Zugeständnis zu machen. Die Natur deS Kaiser- können wir nicht ändern. Kanzler, Staatssekretär«, Reichstag wechseln von heute auf morgen. Der Herrscher ist der ruhende Pol. Darum halten wir unS >n seine besten Eigen schaften, währen- die Sozialdemokratie in ihrem Haß gegen die Monarchie geradezu eine Spezialität im Auf suchen solcher Fälle ausgebildet hat, in denen eS etwa- zu beklagen gibt. Gelänge es -en bürgerlichen Parteien, -em Reichstage wieder zu einer imposanten Stellung zu verhelfen, durch Zurückdrängung von Reaktion und Revolution die Signatur wahren Fortschrittes wieder zugeben, so würde sich der Macht diese- Faktors auch der Träger der Krone nicht entziehen, wir würden über kein Swtnemünde oder Essen mehr die Köpfe zu schütteln haben. Leider weist die jetzige Wahlbvwegung bisher nur wenig Symptome auf, denen die Hoffnung entnommen werden könnte, daß wir vor einem Aufschwünge des deutschen Parlamentarismus stehen. Bor fünf Jahren ließ -er inzwischen nun auch verstorbene Miquel seinen Ruf zur wirtschaftlichen Sammlung ergehen, Posa- dowSky mahnte im Briefe „an einen Notabeln" zur Einigung gegen die Sozialdemokratie. Sich mit einem offenen Worte an das deutsche Volk zu wenden, war die damalige Regierung Hohenlohes zu schwach, wie sich auch Graf Bülow dazu nicht berufen fühlen kann. Einzelne Teile unsere- Vaterlandes werden sicherlich zu leb hafterer Bewegung gelangen im Kampfe gegen das Uebergemicht klerikaler Einflüsse. Für unsere Stadt und unsere sächsische Heimat können wir nur immer wieder die Mahnung zum Kampfe gegen die Indolenz, die Teil nahmlosigkeit ergehen lassen. Wir- diese- Uebel über wunden, so werden wir 1908 vielleicht mehr Befriedigung aussprechen können, als in dem heutigen Rückblicke auf die letzten fünf Jahre deutscher Reichstagsgeschichte. Feuilleton. Der Trompeter von LSKKiugeu. Zur 80jährigen Jubelfeier sl. Mal 1908). Von Paul Pasig (Ilmenau). Nachdruck verbot»» ES «ar -um Anfänge d«s Wonnemonds im Jahre 1858, al» Joseph Victor Scheffel, damals noch nicht geadelt — da» aeschah erst aelegentlich seine» 50. Geburts tage» zum IS. Februar 1876 — auf dem lieblichen Eilande Eapri sein dichterische» Erstlingswerk, da» seine» Ruhm begründen sollte, „Der Trompeter von Säkkingen", vollendet«. Wundersame Wandlung,« «a,«n seither mit dem damals erst 27jährigen Dichter vorgeaangen. Ur sprünglich der RechtSgelehrslnnktt beflissen, vr. Lori» «nd sogar eine Zett lang RechtSprakstkant in dem badischen RmtSstiGtche« Sätkingen und am Hof,«richt -« Bruchsal, hatte er mit einem kühnen Entschluß der ZMristeret Valet gesagt, um Maler zu «erden. Damm» «ar er i» Mai 18V2 «ach No» ge-oge«. Hier aber «ar er zu der Er kenntnis gelangt, daß er nicht zu» Maler, sondern »um Dichter g^oren sei, und so hatte er sich in die Einsam- seit ans Eapri zurückgezogen, um, allein mit seinem GeuinS, «»«regt inmh ein« poetisch stttnMtnli r^»W»lle „Bin «in kecker Bursch geworden. Streifte viel durch Berg und Läl«r, Streifte nächtlich durch di« Straßen SporenNirrend, serenaoend. Und so einer schief wollt blicken. Fuhr die Land unr an die Wehre: „Zur Mensur! Die Klingen bindet l LoS l" Da« schwirrte durch die Lüste, Und auf manche glatte Wange Lat mein Schlager flott und schneidig Sich ein Stammbuchblatt geschrieben... Gern «eilte er im großen Faße und hielt geheim« Zwiesprache mtt dem prächtigen PerkSo, seinen» Besten Freund«. Und da wa?S denn auch gewesen, -aß ihn da jäh« Verhängnis «reiste „'S war ein scharfer wintermorgen. Drunten in dem lauen Keller Hielt der Zwera und ich selbander Einen philosophscken Anthtrunk. Aber wie im Mtttag-schein« Ich herau-trat, schien die Wett mir Etwa- seltsam au-zuschauen .... Aber da» Schönst« war doch der Anblick der Kurfürstin Leo«»,« . .. Naturumgebung, ungestört sich auSleben zu können. Denn s der Dichter da» burschikose Loben diese» seine» anderen so und nicht ander» ist „Der Trompeter" zu verstehen. I Ich»! Gr ist die Gelbstbefreiung de» Dichter» von all -em Wust und Qualm, der auf seiner nach freier Betätigung lechzen- den Seele lastete, seine Sinn« umnebelte und seinem künst lerischen Schaffen verhaßte Kesseln anlegte. Nun würdigt man auch die derben, aber nicht minder treffend und hu morvollen Geitenhiebe aus alle», wa» gelehrter Formel kram heißt, besonder» aber die Juristerei, und Jung Verner» Geständnis spiegelt de» Dichter» ureigenste Ueberzeugung wieder: „Römisch Reckt, gedenk' ich deiner. Liegt'- wie Alpdruck auf dem Herzen, Liegt'» wie Mühlstein mir im Magen, Ist der Kopf wie brrttd er nagelt, und sein Glück jubelt -er Dichter in all« Wett hinaus, al» er auf Capri Licht, Lust, Freiheit sich erdichtet hatte, in dem Liede: „Jung Werner ist der glückseligst« Mann In der ganzen Wett geworden! Dock wer da« Glück ihm angetm», Da» sagt er nicht «st Worten, Da- sagt er nur mtt Juchhei, wie wunderschön ist der Mail- Di« Vegedenbeit spielt bekanntlich kurz nach de» dreißigjährigen Kriege. Inna Verner ist von Heidelberg relegiert worden, west er 1« eine» kecken Liede der Pfalz» grästn seine Liebe bSs-Mtt hist. Wie humorvoll schildert Ans seiner Wanderschaft durch de« Schwär-, «al- kommt nun Jung Verner zu eine» Pfarrer, der ihr gastfreund« Die der Pfalzgraf Friedrich einstmals Der englünderrschen Gemahlin Liebe-krank gesungen hat . . Und nun Hub er an da» feurige Lied anzustimme», daS ihm -um verhängui» werden sollte. Wie konnte da- auch ander- sein? Da» Lied schließt mtt -er Strophe: „Befehlet, so werd' ich für Euch zum Narr, Dfalzaräfin, schönste der Frauen! Ja, Narr bin ich schon sonder Befehl, Da» Sonnenlicht blendet mich allzu hell Au- Euren zwo Augen, den klaren!^ Natürlich ereilte den liebe-trunkene» Gänger da» Ge schick: der Pedell zitiert ihn vor Se. Magniftcenz: .Grimmig faltete di« Stirn«, ' ' " " " di« Locken. Urteil
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