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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.06.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-06-21
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188406210
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840621
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840621
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-06
- Tag1884-06-21
- Monat1884-06
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.06.1884
- Autor
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Erscheint täglich früh S'/.UHr. U«-«tt«n »n- L-Pk-Msa Johanne-gasse 33. -Pttchkundtn -er Ue-actiov: Bormittag» 10—12 Uhr. Nachmittag» 3—6 Uhr. Mk W» »S»»de eln-et«udter M»aulcri»t« »»ch< HG di» K«»«ctt«a »tcht ,erd>»»Itch, *»«ch»e »er für »ie ntchftfelee»», N»«««r Aeftt»»»«« z«s,r«t« « S»che»t«,e« n» » U»r -tachWttt««-. «G»»«»«,» Arftlagrn früh »t»'/,» llchr. 3» -k« Filiale» für I»s.-A«»ah«e: LN» Ule««. UuiverfltLtSstraße 21» vOt» Lösche, Katharinrnstraßr 13, p. nur »iS '/.» «tr. cwngtr Anzeiger. Organ für Politik, Localgcschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. -Auflage 18,600. Ilbonnemeutspreis oiertelj. 4Vr MK. incl. Bringerlohn 5 Mk., Lurch die Post bezogen 6 Pik. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren sür Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne i,-oiL>esörüeruug 39 Mt. «it Postdesörderung 18 Mk. Inserate 6gespaltene'Pctitzeile 20 Ps. Größere Schrillten laut unserem PreiS- verzeichniß. Tabellarischer o. Ziffernsay „ach KSherm Tarif. lleclamr» unter dem Nr-aetionsstrich die Spal'zcile 50 Ps. Inserate sind stet-; an die Expedition z» senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenuniorsn-Ia oder durch Pest- Nachnahme. ^ 17S. Sonnabend den 21. Juni 1884. 78. Jahrgang. Zur gesiiliignl Vechtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 22. Juni, Bormittags nur bis ^8 Uhr geöffnet. LxpvSMon Ä68 I-elprlxvr 'rnxsdlLttes. Amtlicher Theil. Vrkanntmachung. Belm weiteren Forlschreitcn der jetzt begonnenen GaS- rvhrenarbeiten in der Fahrbahn de» Auaustu-platzeS wird eS erforderlich, die Goctheslraße und die Straße entlang der UniversitStSgebäude bei der Kreuzung «rit der Grim» «atfchea Straße zu durchgraben. Daher wird aus die Dauer der Arbeiten an der bczeiclineten Stelle die Goethe- Kraße btS zum Ritterplatz, »nd die Straße an den Üutverfitätsaebäuden bi- zur UntverfitatSstraße für de« durchgehenden Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 18. Juni 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Georgi. Kretschmer. Veklnmtmaihmlg. Wegen vorzunehmen rer Pflasternngsarbeiten wird da» Raundörfchcn vom 2H. diese- Monat- an auf die Dauer der Arbctten sür allen unbefugten Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 20. Juni 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Trvndlin. Kr. Bekanntmachung. Der lm hiesigen Georgenhause detinirte. am 22. November 1832 zu Reudnitz geborene Gclbgießer Gustav Siuil Wilhelm Flügel »st am 24. Mai diese» Jahres von dem ihm gestatteten Au-gange nicht wieder zurückgekchrt und treibt sich vermuthlich arbeitslos und bettelnd umher. Wir bitten, gedachten Flügel lm vrtretuogssalle zu verhafton und un< schleunigst Mittbeilung zu machen. Leipzig, am 18. Juni 1884. Das Psltzet-Amt »er Ltatzt Leipzig. , Nretichneider. Nsdr. Faldix. Aufforderung an di« Handelstreibenden und Industriellen, den Gesetzentwurf zur Abänderung des Zolltarifs betr. Der dem Reichslage vorgelcgte Grsepenttvurs, betr. tue Abände- ruua de- ZolliarisgcsetzeS vom 15. Juli 1879. enthält Vorschläge, welch« zum Theil in die Interessen von Handel und Industrie tics einschneiden. Um diese Interesse» rechtzeitig wahrnehmen zu können, sordcrn wir die Bctheiligten hierdurch auf, ihre Wünsche und Be- denke» so schleunig wie möglich und längstens btö zum 23. d. M. Wittag- schriftlich an unser Bureau, Nenmarkt 19, I., gelangen zu lassen. Leipzig, den 19. Juni 1884. Tie H-indrlSkammer. WachSmuth, Bors. Vr. Grnsel, S. Bau der Dltherkirche. Dir bei dem Bau der Lutherkirche nolhwendig werdenden Stein metz» »nd Zimmerarbeiten sollen geeigneten Unternehmern über- tragen werden. Specielle Zeichnungen und Anschläge sür diele Arbeiten sind gegen Einzahlung von 30 bei dem bauleitenden Architekten, Herrn Julius Zeißig hier, z» entnehmen. Bei dem- selben liegen auch die Bedingungen aus, uuter denen die Vergebung der Arbeiten erfolgt. Offerten aus diese Arbeiten bitten wir bis zum 27. Juni dieses Jahre», Nachmittags b Ulir. bei dem Vorsitzenden unserer Bau- deputation, Herrn vr. ColSitz hier — Promcnadenstraße Nr. 1 — abzugeben. Leipzig, den 21. Juni 1884. Ter Üircheiibauperet» z» Leipzig. vr. Freietleben. Bekanntmachung. Di« in de» Kasernen zu Leipzig und Möckeri» auSzusührenden km»rrparat«rk», veranschlagt mit 1253 ^l 53 sür Maurerarbeiten, 23 » 80 » « Dachdeckcrarbeiten, 849 - 40 » » Zimmerarbeiten, » 199 » 50 - » Glaserarbeiten, 177 » 11 » » Anstreicherarbeiten, 15 » — « » Schlosserarbciten, 64 » 40 « . Klempnerarbeiten, 66 . 96 « » Asphalteurarbeiten, 338 . 80 » » Steinsetzerarbeiten, solle» a» den Mindestfordernden vergeben werde». Reflektanten können Kostenanschläge und Bedingungen im Bureau der Unterzeichneten Verwaltung, Schloß Plcißenburg. TbnrmbanS Rr. 1L» «insehen, auch sind die Offenen bi» zum 27. Juni v., Vormittags Ist Uhr schriftlich und versiegelt mit der Ausichrist: „G»P»iss!«n ans Vaurcparatnre« betr." daselbst abzugebcn. Leipzig, am 18. Juni 1884. Königliche Garnison-Verwaltung. Schulneubau in Möckern. Die Glaser-, Schlaffer-, Tischler-, Dachdecker- »nd Slempner- arbeite« sollen bei Auswahl uuter den Bewerbern an die Mindest- fordernde» vergeben werden. Vla»krttS sür diese Arbeiten können vom 2l. bis mit 25. d. M. in dem Bureau der Herren Architekten Ludwig Hülßner i» Leipzig, an der Pleiße 2 rr gegen Lopialgebührcn entnommen Verden und siud die Anschläge versiegelt mi! der Ausjchris«: „Schulneubau X. X. Arbeiten" a»s dem Aemeindeburcau in Möckern b,S zun, 1. Juli d. I. 6 Uhr einznreichen. Möckern, den IS Juni 1884. Der SchnlparftanS. Für hiesiges Gemeindcbiireau suche ich säe Milte August »tz«r 1. September einen geübten Expedienten, welcher die Geschäfte d«< ZwangSvollstreckungSbeamten mit z« übernehmen hat. Ein kommen circa 1100 Nach Befinden ist Laution tu Höhe von 1000 ^l zu stellen. MSckrr», de« 18. J»nt 1884. Der G«mei»»e»orsta«p. vr. M»z Eckstein. Nichtamtlicher Theil. Line türkische Lircularnote. Während man noch darüber streitet, ob England die Türkei zu einer Expedition nach dem Sudan ansgesvrbcrt hat. oder ob c» wahr ist, wa» Gladstone im Unterhaus« milthcilte, daß nur Verhandlungen über Besetzung einiger Puncte «»» Rothen Meere durch türkische Truppen staltsanden. wird die Weit durch ein Rundschreiben der Türkei au die Mächte überrascht, welches bestimmt erscheint, die französischen Jnlereffen gegen die Englands zu unterstützen. Die Pforte erklärte in ihrer Note mit einer Sicherheit, welche man seit langer Zeit von derselbe» nicht mehr gewohnt ist, daß die Ausgabe der englische» Regierung, die Ordnung in Egypten herznstellen, soweit gelöst sei, um die englische Besatzung da selbst überflüssig zu machen. Sollten die Großmächte jedoch die Anweseiiheil einer fremden Militairmackt in Egypten für nolhwendig erachten, so möge dieselbe von der Türkei oder von dieser in Verbindung mit England, Frankreich, Spanien und Italien gestellt werden. Dieser Vorschlag enthält eine beißende Kritik der eng lischen Verwaltung von Egypten. Mit sehr wobl angebrach tem Hohn beginnt die Note rannt, die Ausrichtung der Ord nung in Egypten als hergestelll zu erklären, oder mit anderen Worten, die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Thatsacbe zu lenken, daß England sich als unfähig erwiesen hat, die selbst gestellte Ausgabe zu lösen. Was sollen unter solchen Um ständen noch englische Truppen in Egypten, sie können nur dazu dienen, die Verhältnisse zu verschlechtern, weil sie vom Lande ernährt werden müssen. England will die Kosten der Besetzung nicht tragen, daS zeigt sein Bemühen, die Con- screnz zu Stande zu bringen, und daS Land kann die Last, welche ihm durch Verpflegung der englischen Truppen er wächst, nicht länger tragen, also ist eS. wie die Psorle ganz richtig bervorbebt, daS Beste, daß die englischen Truppen aus Egypten abzichen. Ter einzige Zweck, den ihr Verbleiben haben könnte, Schutz gegen die Angriffe deS Mahdi zu gewähren, bleibt gleichfalls außer Ansatz, weil dazu ehre Zahl nicht au-reicht und weil es übertieS zweifel haft ist, ob die Engländer es nicht vorziehen werden, Egypten ebenso dem Madoi preiSzugeben. wie sic ihm ben Sudan überlasten haben. Tie Erfahrung hat gelehrt, daß die Engländer vor der Macht des Mahdi immer weiter zurückgcwicken sind, die Möglichkeit ist daher durchaus nicht ausgcscbloste», daß sie beim Herannahen seiner Hauptmacht auch Egyplen räumen wcrdeo. Gegenüber einem solche» Verlange» der Pforte könnte eS Befremden erregen, weshalb sie eS nicht vorzieht, selbst Egypteiz unk. daS.llser des Rothen Meeres gegen den M.rüdi zn schützen. Warum hat die Pforte I der Anstorternng Englands nicht Folg« geleistet, die Häfen am Nöthen Meere zu besetzen und vou diesen anS eine Expedition gegen den Mahdi zu nnternehmcn? Daraus ist zn erwidern, daß England diese Aufforderung än Bedingungen knüpfte, welche die Pforte nicht cingebe» konnte. England mußte sich zur Tragung der Kosten deS türkischen FelkzngeS gegen den Mahdi verstehen und aus den Oberbefehl über die türkischen Truppen Verzicht leisten. Hätte die Aufforderung so gelautet, dann war eS klar, daß es der englischen Negie rung Ernst war mit ihrem Anerbieten, andcrnsallö würde die Türkei nur die Sache Englands geführt haben und bätte nach Erreichung des Zweckes gleich dem Mohren, der seine Arbeit gethan, den Rückzug anlrcten können. Die Pforte handelte also nur corrcct, wenn sic daS englische Anerbiclen unter den gestellten Bedingungen ablclmte. Dagegen ist eS nur in der Ordnung, wenn die Türkei für sich das Recht in Anspruch nimmt, Eavplcn gegen den Ansturm deS Mahdi zu vertheidigen, und wenn dieses Recht als cm ihr ciusschlirßlich zukomniendcS anerkannt wird, dann wird sie auch Mittel und Wege sinken, die Kosten für ein solches Unternehmen auszubriiige». Für den Fall, daß Europa ans die Einmischung in die egyptischcn Angelegen heiten nicht Verzicht leisten sollte, so mag eS nach der Meinung der Pforte auch die Last der Abwehr des Mahdi gemeinschaftlich tragen. Franzosen. Engländer, Jlaliener und Spanier mögen die Erfüllung dieser Ausgabe im Bunde mit den Türken übernehmen. Tie Pforte zieht mit diesem Vorschläge die Eonsequenz der europäischen Finanzcontrole. Sind die eghptiscben Finanzen der Aufsicht Europa» unter stellt, so ist es auch nur recht und billig, daß die AufsichlS- mächte auch sür die Sicherheit des Landes Sorge tragen, durch welche regelmäßige Einkünfte Überhaupt erst möglich werden. Frankreich hat Monate lang mit England übe. die Dauer der englischen Besetzung Egyptens verhandelt und ist endlich mit England dabin übcremgrkonimen, daß der l. Januar l888 der Endtermin für den Rückzug der englischen Truppen anS Egvpten sein soll: das genügt aber der Türkei nicht, sie will, daß sofort eine Aenderuiig in dieser itleziekung eintreten soll und mit dieser Forderung ist sie auch vollkommen in ihrem Rechte. Jetzt wird es klar, auS welchen, Grunde die Türkei ibre Tbeilnahme an der Londoner Eonfcrenz abgelebnt bat, sic stellt sich aus denselben Stantpnuet wie Frankreich und nimmt sür sich ebenfalls daS Recht in Anspruch, zuvor mit seiner Meinung über die Grundlagen der Conjcrenz- verbandlungen gehört zn werden, ehe sie ihre Zustimmung zur Eonfcrenz ertb-ilt. England hat lsik'ier die Miene angenommen, als komme es nur ans die Zustimmung Frankreich» an. daS klebrige werde sich sinken, die Türkei macht aber England einen Strich durch die Rechnung und zeigt, daß sie auch noch am Leben ist. England mag er zufrieden sein, w-nn die Türkei der Ccnserenz fern bleibt, den übrigen Mächten dürfte da- wcniaer gleichgiltig sein, kenn die Türkei bat an» alle Fälle ein Wort über die zukünftige Gestaltung der egyptischcn Ver hältnisse mit zu rede». Am Montag kommt da» sranzösisch- engliscke Abkommen in den beiderseitigen Parlamenten zur Sprache und gleichzeitig werden Gladstone und Ferry in der Lage iein, die Urthcile der europäische» Mächte über das Abkommen niitznkheilen. Die Türkei bat sich unabhängig von lsiewm Abkommen zur Sache geäußert und dadurch England in eine srbr unbegucnie Lage versetzt, die sich um so verbÄiignißvoller gestalten kann, je mehr die Macht de» Mahdi wächst und je »aber seine Scbaaren Egvpten kommen. Berber ist bereils seil dem 23 Mii in den Händen der Aufständischen »»d 33.699 Man» sind im A»m,>rs>ch ans Donqola. Wadihaisa, KoroSko »nt Assuan schweben in größter Gefahr „nd Siiakim ist allnächtlich den Angriffen Osman Digina's ansgesetzk. Erst in der Nacht vom 17. zum 18. Juni hat wieder ein solcher Angriff stattgesunden, und wenn er auch von den Fort» zurückgewiesen wurde, so kann eS doch leicht kommen, daß OSmcin Dignia sich durch einen kühnen Handstreich der wichtigen Hafenstadt bemächtigt. Diese täglich dringender werdenden Gefahren sind durch die Eonferen; nickt abzu- wehren, hier kann nur festes entschlossenes Handeln Helsen »nd dazu bat Gladstone keine Lust, er scheint »ock immer auf einen günstigen Zufall zu rechnen oder aus Zwistigkeiten unter den Aufständischen. Ein Kenner der orientalischen Verhältnisse, Eduard Glaser, stellt^ in der ,N. Fr. Pr." folgenden Verlauf der Dinge in Aussicht: Als vom MahbiSmuS bedroht sind vorläufig die orlbodor iiiobamedanischen Länder zu bezeichnen, welche euro päischer Herrschaft unterworfen sind, wie Tunis, Algerien, Egypten und Indien. Erst in zweiter Linie kommen die türkischen Besitzungen an die Reihe, nicht etwa weil der Herr scher ein Mohamedaner, sonder» weil die Türken Alles aus- geboten habe», um in den gefährdeten Gegenden eine ver nünftige Politik zu befolgen und Truppen nach ben Puncten zu legen, wo sie nothwendig werden könnten. Als einzige» durchgreifendes Hilfsmittel erkennt Glaser da- Eingreifen türkischer Truppen und türkisch-arabischer Ucberredungskunst im Sudan selbst. Gladstone scheint einen ähnlichen Gedanken gehabt zu haben, als er die Pforte aussordcrte, Truppen ans Rothe Meer zn senden, aber rr hat die Opfer nicht bringen wollen welche damit nolhwendig verbunden sind. Jetzt appellirt die Türkei an die europäischen Mächte. Vielleicht hat diese- nicht unkluge Vorgehen Erfolg. * Leipzig, 21. Juni 1884. * Dentschsreisinnige Redner und Zeitungen fließen über vo» Entrüstung über die nationalliberale Partei, weil sie beim Unsallversicherungsgefetz in einigen technischen Einzelheiten, die sic nach ihren Wünschen zu regeln außer Stande ist, nackgiebt. Seit der Vereinbarung über die Jiistizgesrtze ist die Hetze gegen die Nationallibcralen nicht in so zügelloser Weise betrieben worden. AuS der maßlosen Heftigkeit der Angriffe spricht die Angst vor dem neuen Auf schwung der verhaßten Partei. Den Deulschsreisinnigen steht eS aber am allerübelsten zu Gesicht, bei andern Parteien von Wankelmuth. Abfall, Gesinnungslosigkeit u. dergl. zu reden und sich mit ihrer eigenen Cbaraklerscstigkeit und Neber- zengniigStrene zn brüsten. Wenige Wochen erst sind eS her, daß diese Partei ein feierliche- stolzes Manifest erließ, worin die Zurückweisung aller AnSnabn.egesetze an der Spitze stand, »nö als unmittelbar daraus da- Soccalistengesetz zur Ent scheidung stand, da fielen diese Männer mit den felsenfesten Ebaraktercn dutzendweise ans- Kläglichste um. Und damals handelte e- sich nickt um verwickelte technische Fragen, über die ein sicheres Urtheil kentzutagc überhaupt noch nicht möglich ist, sondern uni höchst einfache, aber auch höchst fundamentale Principien. Wen» eine Partei eine so über alle Begriffe klägliche »nd in allen Zeiten und von alle» Parteien uner reichte Leistung erst wenige Woche» hinter sich hat, so würde ihr wirklich etwas Bescheidenheit geziemen. * Die jüngste Sitzung der Buvgetcommission hat unzweiselbast ergeben, daß die Majorität, bestehend auS den Mitgliedern der Teutschsreisiiinigen und LcS EcnlrumS, darin einig ist. den Gesetzentwurf, betreffend die Dainps- schissSsuhvention, in der Commission zu begraben. Es ist dies durch die Annahme eines von dem Aög. Richter vor- geschlagenen Verfahren» zum Ausdruck gelangt, wonach vor dem Eintritt in die Discnssion die Negierung über eine Menge von Fragen Informationen geben soll. Systematisch wird deSbatb die allgemeine Finanzlage deS Reiches und der Einzelstaaten. das postalische, wirlhschaflliche und Admiralitäls- inlereflc bei der Einrichtung der directen Tampserlinien nach Japan »nd Australien zur DiScussion kommen. In der DenuerStag-Sitziing gclangle nicht einmal die Erörterung der allgemeinen Finanzlage zum Abschluß, und eS ist charakteristisch, daß Herr Richter die Berufung der zweiten Sitzung aus den nächsten Donnerstag, also nach acht Tagen, beantragte. DaS war selbst den Bundesgenossen zu stark, und aus Windt- korst's Vorschlag wurde der nächste Montag bestimmt. Wir nehmen nach diesem Vorgänge an, daß die Commission mindesten» 10—14 Tage gebraucht, um ihre Arbeiten abzu- schließrn. Da» heißt, daß daS deutsche Volk sich nickt der Hoffnung hingeben darf, von dem gegenwärtigen Reichstage eine Entscheidung über die hochwichtige Frage zu erhalte». Leider muffen wir die« mit der Ueberzeugunq constatiren, daß bei der Heiligkeit der Opposition seitens der Teutschsreisiiinigen »nd der Coalition derselben mit dem Centrum die Majorität des Reichstages die Vorlage ablehnen würde. * In der Sitzung de» BundcSrathS vom Donnerstag wurde der Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung de- Gesetze? wegen Erhebung von RcickSstempelabgabe», in Gemäßheil der Ausschußanträge angenommen. * Tie XI. Commission de» Reichstag- trat am Donnerstag Abend zusammen »nd erklärte sich in ihrer Mehr heit gegen die Anträge Munckel und Rcickensperger aus sofortige Wiedereinführung der DerusiingSinstanz. ES wurde nach längerer Debatte beschlossen, dem Plenum die Annahme folgender von den Abgg. Schröder (Wittenberg) und Wölsel vorgeschlagcnen motivirten Tagesordnung z» empfehlen: „In Erwägung l- daß die Wiedereinführung der Berufung eine tiefgreifende Revision nicht nur der Stras- prcceßortnnn.q, sondern auch deS GcrichlsversasiungegesetzeS vorauSsctzt, daß sich aber bei der Kürze der Zeit, welche seit dem Jiislcbkntrclcn der Justizgesctze verflösse» ist, ein ab schließende» Urtheil über da» Betürsniß zu einer solchen Re vision nicht hat gewinnen lassen; 2) daß auch den Beschwerden Uber die Strafrechtspflege, welchen die Anträge der Abgg. Munck-l und Reichensperger durch Einführung deö Rechts mittels der Berufung gegen die Slraskammeriiriheile begegnen wollen, i» der Hauptsache durch eine dem Geiste der Stras- proceßorbnuiig entsprechende Handhabung diese» Gesetze- ab» geholt » werden kan», gebt der Reichstag über beide Anträge zur Tagesordnung über." * Der Abg. Dindtborfl bat zum Uns »li ve rsicberungSqrsetz folgende Resolution beantragt: Der Reichstag wolle heschließe», den BundeSrath zu ersuchen, in Erwägung zn ziehen, aus welche Weise die durch, den gesctz lichen Ausschluß der privaten Unsallversicher»ngö- Gesellschaften in ihrem Erwerb« beeinträchtigten Be diensteten jener Gelelllchasten zu entschädigen seien * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Die der staatlichen Gesellschaft auS den verbrecherischen Attentaten der Anarchisten gegen Leben und Eigenthum erwachsende Gefahr scheint in der That einem Theil der Presse nach nicht groß genug zu sein. Denn aus andere Weise vermögcn wir uns den Umstand nicht zu erklären, daß eS sich gewisse Blätter durchaus nicht versagen können, Gerüchte oder »namgeklärte Vorgänge, die ja bisweilen vielleicht rin Körnchen Wahrheit enthalten mögen, sofort ohne weitere Prüsunq der Richtigkeit in der unglauklichste» Weise auf- zuhauschen. Od hierdurch die ohnehin schon nervöse öffentliche Meinung »och mehr in Schrecken und Erregung »ersetz! wird, vec- schlägt denselben nicht-, wenn nur dem SensationSbedürsniß genügt und wenn nur der Zweck erreicht wird, sich dem Publicum als ein wohlbedientes Blatt bei dieser Gelegenheit in geneigte Erinnerung zu bringen. Ein recht eklatantes Beispiel sür ein derartig»- leichtfertige- Verfahren, welches wir nicht genug mißbilligen können, giebt die bereit» charalterisirte Mitthcilung de» „Berliner Tag.-blattes" vom 16. d. MtS. über angeblich entdeckte neue AttentatSpbine. Doppelt bedauern-werth ist dieselbe, weil sie ohne jegliche posuive Unterlage die Person Sr. Majestät de» Kaisers und Königs hierbei ins Spiel zieht. Wir können übrigens auf daS Bestimmleste versichern, daß namentlich alle in diesem Artikel enthaltenen Mitthrilungen» welche sich ans die Allerhöchste Person und deren Entschließungen beziehen, vollkommen an» der Lust gegriffen sind. Wir haben von dem erwähnten Artikel de- „Berliner Tageblattes" keine Notiz genommen. * Nachdem kaum mit den Niederlanden ein Vertrag über den Schutz literarischen EigentbumS ab geschlossen worden ist. wird schon wieder eine neue gleiche Convention mit Italien cmgekündigt. Damit ist aber die Reihe der Literarverträge, welche daS Reick abzuschließen im Begriffe ist, noch lange nickt beendet. Dem Vernehmen nach dürsten sich gleiche Verträge mit Spanien und den skandina vischen Königreichen anschUeßeii. Der Grund, warum man mit der Schweiz noch nicht in Unterhandlungen darüber ein- getrcten ist, dürste darin zu finden sein, daß die Eiogenosieu- schast vor Kurzem den Wunsch zu erkennen gegeben bat. eine allgemeine internationale Abmachung über den Schutz geistigen EigentbumS berbeizusühren. Trotz de- Ab- schlusieS ber obengenannte» Verträge gilt eS sür möglich, daß die schwierige Absicht zu erreiche» wäre, da die Verträge inSgesammt aus der Basis der deutsch-französischen Literar» conventiou beruhen. Vielleicht würde eine allgemeine inter» nationale Vereinbarung die Wirkung habe», daß diejenigen Staaten, bei welchen starke Abweichungen von dieser Con vention stipulirt werden mußten, sich den allgemeinen Be stimmungen durchaus anschließen. lieber Verhandlungen mit England in Bezug auf die gleiche Materie verlautet nicht». . * . * Die „Politische Correspondenz" meldet au- Scutari d'Albania, 9. Juni: „AuS Gufsinje trafen hier Nach richten über nachstehendes Ereigniß ein, welche« sich am 5. d. in der Nähe LeS genannten OrtcS zugetragen hat. Bor etwa vier Wochen tödteten mehrere Montenegriner au» unbekannten Motiven zwei Mohamedaner anS dem Gebiete von Gussinje. Die Landsleute de« Ermordeten griffen nun am 5. d., um die Blutthat zu rächen, ein an der Grenze gelegene«, von Montenegrinern bewohnte« Dorf an. Im Verlause de» hieraus entstandenen Kampfe» tödteten die Mohamedaner 13 Montenegriner, schlugen ihnen die Köpfe ab und nahmen dieselben als SiegeStropbäe» mit sich. Aus dem Wege nach ihren Heimstätten zeigten sie die Trophäen den türkischen Truppen, welche zum Zwecke der Verhinderung von Ruhestörungen in der Nähe der Grenze lagern, ohne daß sie jedoch anläßlich de« erwähnten Kampfe- zu irgendwelcher Intervention Miene gemacht hätten. Der General-Gouverneur Mustavhn Assim Pascha entsendete sofort, nachdem er von dem Vorfälle Kenntnis; erhalten hatte, ein Bataillon Soldaten zur Verstärkung de» erwähnten militairischen Postens und ließ de» Com Mandanten be lebteren wegen seiner Fahrlässigkeit in Hast bringen. Die Mohamedaner, welche an den Montenegrinern so blutige Rache genommen batten, ließen jedoch dem General-Gouverneur entbieten, daß seine Maßregel» behufs Ausrcchterhaftnng der Ruhe n» der Grenze vollständig zwecklos seien. Sic (die crwäbnlcn Mohamedaner) seien unter keiner Bedingung geneigt, mit den Montenegrinern in ei» gute» Einvernehmen zu treten, sie würden in die beabsichtigte Erenzdelimitirung nie willigen und jede Hoffnung auf Durchführung diese» Werke- sei eine Illusion. Diese Botschaft hat aus Mustapha Assim einen höchst peinlichen Eindruck gemacht. Ec hatte sich der Hoffnung hingegeben, die Grenzdelimitation nach so vielen Schwierigkeiten und Unterbrechungen endlich ihrer Verwirklichung zuzusübren; er war in dieser Erwartung durch seinen intimen Verkehr mit den, Fürsten Nikolaus von Montenegro, dem erst kürzlich nach Ankricvitza ein Geschenk de« Sultan», bestehend i» einem prachtvollen Säbel und zwei reich auSgelegten Revolvern, überbrackt wurde, be stärkt worden; die Beziehungen zwischen der Localregierung von Albanien »nd der montenegrinischen Regierung batten sich bereits sebr freundlich gestaltet, und nun stößt die Grcnz- delimitirung mit einem Male aus neuen Widerstand, der keineswegs leicht zu beseitigen sein wird. Auch die freund lichen Beziehungen zwischen Scutari und Cetinje sind durch die Blutthat der Mohamedaner begreiflicherweise einigermaßen getrübt Worten. * In der niederländischen Erbsolgeangelegen- heit vertreten die Petersburger »Siowremennija J-- westija" einen originellen Standpunct. Sie suchen zu be weise», daß Deutschland au« russischem Interesse sich der Niederlande bemächtigen müsse. „Die rilssöchen I,»kreisen kordern, daß Holland nickt nur m deutsche Hände übergebt, sondern auch dem deuischen Reiche einver» leibt wird. AuS welchem Grunde? Au» dem Grunde, weil dann Deuilchlaud unmittelbar ein Nachbarstaat England» werden wird, au» demselben Grunde, der Dculschlnnd bewegt, Oesterreich nach Osten hinzudrängen. Ie mächliger die Interessen DeuischlandS lm Westen sind, um so geringer wcrd-n sie im Osten sein, um so mehr wirb dieser „Drang nach Osten" obnehmen, der jetzt die Deuischen beseelt. Mit der Erwerbung Hollands eröffnet sich den Deutschen ein Colonialgebiet. wclckem Teutt'ckland, ohne zu verlieren, sondern erwerbend, den Uebrrsti ß seiner Bevölkerung abtreten kann. Der Schwerpunkt DentschlandS wird eben dann verlegt." ES ist richtig, daß der Sckwerpunct Deutschland» schon einmal von Westen nach Oste» verleg! wurde, von dem Mo ment an gerechnet, wo Deutschland a»S den Ländern zwischen Elbe und Rbonc niit dem Rbcinstroni als Mittelpunkt be- I stank. Die historische Evolution, die Deutschland im Westen I rückwärts, im Osten vorwärts getrieben hat, wieder rückwärt« ' anSznftlbren, dazu sind die nationalen Grenzen jetzt zu fest ' l-
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