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Dresdner Journal : 20.05.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-20
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190205200
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19020520
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19020520
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-20
- Monat1902-05
- Jahr1902
- Titel
- Dresdner Journal : 20.05.1902
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DrrMtr Herausgegeben von der König!. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheine«: Werktag» nachm L Uhr. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi» mittag» 12 Uhr für d»e nach mittags erscheinende Stummer. Bei« Bezüge durch die Eesch»ft,st,«r tnuertat» Freude«, r,bO « (rrnichl. Zutragung), durch dir Vß t» Deutichen Reicht » w. (»L-schließlich Bestellgeld) vierteljährlich Wnzelae Nummer« 10 Pf. Wird Zurücksendung der für die bchrisUeitung bestimmlr«, aber von dieser nicht ein- utsordertcn Beiträge bean- prucht, so ist da- Postgeld beizusügen. Die Zeile kleiuer Schrift der M 7 mal gespaltenen Ankündi- W W g u nqs Seite oder deren Rau« E M » M MdMM W Ps Bei Tabeüen und Hz 18811 88888 AM»NM88 « W W 8 M daklionsstnch l Eingeiandl) die O113. 1902 Dienstag, den 20. Mai nachmittags. Amtlicher Teil. Sc. Majestät der König haben Allergnädiast zu genehmigen geruht, daß der RiitergutSpachter Kühn m Rütern den lhm verliehenen Titel eines Fürftl. Reußischen Oekonomierathe» annehme und führe. Se. Majestät der König haben den zum Konsul der Vereinigten Staalen von Amerika in Zittau er- »anntcn Herrn Hugo Münch daselbst in dieser Eigenschaft anzuerkenuen geruht. Srueuuuvgeu, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Z» GeschäftSterelch« de» Ministerium» de» Inner». UefSrdert wurden: Vie Nnftatt-ärzie vr. n>sä Karl Gruft Steinitz an der Landt-anstalt Hubertu-burg und vr. wsä. Paul Sooft Nerlich an der LanbeSanstalt llnter- göltzich zu Oberärzten daselbst und vr. meä. Bustav Heinrich Hermann Früstück an der Laiide-anstall Colditz zum Ober- irzt an der LandeSanstalt Hochweitzschen, die HilsSarzie vr. meck Ernst Hönnicke und vr. meü. Hugo Kus-, beide «n der Lande-anstalt Sonnenstein, sowie vr. wsä Max Gustav Dost an der Lande-anstalt Huberta-burg zu Anstalt»» ilrzien; die Wächter Heinrich Maximilian Bottzsch an der Lande-strasanstalt Zwickau, Emil Elewen» Porstmann und Gruft Arno Meier an der Lande»anstalt Waldheim zu Aus setzern. — Angestellt wurden: die approbirlen Aerzte vr meä Otto Stanze, vr. mvä Bruno Reinhold Unton v Rabenau, vr. weck Erich Wendt und vr. msä. Heinrich Kin>cher al- Hils-Srzte an der Lande»- auft-lt Huberiu-durg, sowie der Bolontärarzt an der Herl- und Pfleganstall Schugeuried vr. weck Viktor Vogel al» Hils-- arzt an der Lande-anstalt Hochweitzschen; der Bürgerschol- letzrer Max O-kar Müller m Löbau als Lehrer an der Lande-anstalt Großschweidnitz; der MilitSroberbäcker Karl Paul Bach al- Werkmeister und Ansseher an der Lande»- anstalt Waldheim, der Gärtnergehilfe Kurt Dehling in Bad Elfter al- «nstalt-gärtuer an der Landetanstalt Groß schweidnitz, die HilsSausseherin Elisabeth Hertel an der Lande-anstalt Waldheim al« Aufseherin daselbst. — Ver« setzt wurden: der Psarrer Erich Friedrich Saxe von der Lande-anstalt Colditz an v,e Lande-anstalt Großschweidnitz, der Oberarzt vr. w«ä. Albert Wilhelm Kellner von der Lande-anstalt Hubertu-burg an die Lande-anstalt Unter- ,S!tzsch, die Anstalt-Srzte vr. weck. Paul Ferdinand Roß bach von der Lande-anstalt Zschadraß an die Lande-anstalt Golditz, vr weck. Ernst Otto Arnemann von der Lande»- aaftalt Zschadraß an die Lande-anstalt Großschweidnitz vr. n»»ei. Johann Theodor Klemm von der Lande-anstalt hochweitzschen an die Lande-anstalt gichadraß und Vr. weck. Han» Götze von der Lande-anstalt Colditz an die Lande-- »nflalt Zschadraß, die HilsSarzte Friedrich Ferdinand Jo» hanne- Schlegel von der LandeSanstalt Untergöltzsch und vr meck Walter Heinicke von der Lande-anstalt HubertuS- burg an die Lande-anstalt Großschweidnitz, vr weck. Robert Hahn von der LandeSanstalt HubeituSburg an die Land«-- anftalt Sonnenstein und vr. weck. Friedrich Alfred Tauscher von der LandeSanstalt Hochweitzschen an die Lande-anstalt Golditz: der Lehrer Karl Heinrich Freyboth von der LandeS anstalt Großhennertdors an die Lande-anstalt BräunSdorf; der Ooerpfleger Gotilieb Wilhelm Durin von der Lande»- «nftolt Großhennrrtdoif an die Lande-anstalt Großschweidnitz und die Oberpflegrrin Mane Emma Auguste Wulle von der LandeSanstalt HubertuSburg an die LandeSanstalt «roß- schweibnitz; die Ausseherin Alwine Olga Grießbach von der Ände-anstalt BoigtSberg an die LandeSanstalt Brünhain. — Pensionirt wurden: die Aufseher Karl August Neumann md Kranz Emil Böhme an der LandeSanstalt zu Waldheim — Berftorben sind: der Sekretär Johanne- Theophil Nitzsche an der Lande-anstalt Waldheim, der Barteuausseher Gaul Moritz Lauterbach an der LandeSanstalt Sonnenstein ,nd der «usseher Johann Heinrich Rietzsch an der Lande«, wstalt Hohnstein. — Aus Ansuchen entlassen wurden: der Anstalt-geistliche Ludwig Hüttner an der LandeSanstalt Waldheim, sowie die HilsSärzte vr. wsck. Otto Winkler an der LandeSanstalt HubertuSburg und vr. weck. Aiwed Leo pold Hohlfeld an der Lande-anstalt Sonnenstein. .Behördl Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile) Nichtamtlicher Teil. Die auswärtige Politik der vorige» Woche. Der Kaiferliche Entschluß, auf dem Wege der ReichSgefetzgebung die Aufhebung de- Diktatur paragraphen herbrizusühren, fällt auch für die Beurteilung der auswärtigen Politik in» Gewicht. Daß die Stimme des Reichskanzler- zu Gunsten dieser in Elsaß-Lothringen freudig begrüßten Maß nahme abgegeben werden konnte, beweist ein starke» Vertrauen unserer Diplomatie in die Stetigkeit der für unS wichtigsten europäischen Verhältnisse. Dazu gehört neben der Erneuerung de- Dreibünde- und den vom Grafen v. Bülow sorgsam gepflegten guten Beziehungen zu Rußland auch die innere Lage Frankreichs. Die Stichwahlen in diesem Lande haben über alle- Erwarten den Sieg de- Repudli- kani-mus in einen förmlichen Triumph verwandelt. Da- republikanische Frankreich aber wird wie bisher friedlich fein, schon aus Gründen der Selbsterhaltung. Denn in kriegerischen Zeitläuften, gleichviel ob sie für Fr»nkreich Siege oder Niederlagen brächten, könnte leicht ein ehrgeiziger General oder Prätendent nach der Krone greifen. Mit stolzer Genuglhuung hat Präsident Loubet vor feiner Abreise nach Ruß land in Brest die Zurückweisung orleanistischlr oder bonapartistischer Ansprüche durch die französische Wählerschaft betont. Da auch am Hofe von St. Petersburg ein Napoleonide, und gerade der be deutendste lebt, so sollten die Woite d-S französischen Staatsoberhauptes wohl einen nicht mißzuverstehenden Wink enthalten. Hr. Loubet ist auf seiner Reise vom Minister de» Aeußern Hrn. Delcassä begleitet, und es wird zwischen diesem und den russischen Staatsmännern zu einer Aussprache über die schwebenden Fragen Ge legenheit sein. Ein solcher Gedankenaustausch mag durch neuere Vorgänge im fernen Osten wie im europäischen Orient und auch in der Mittelmeerpolitik den Diplomaten de- Zwei- bundeS nahegeiegt fein. Zu einer Aenderuug in den Grundlinien ihres bisherigen Verhaltens, zur Ver einbarung bestimmter gemeinsamer Unternehmungen für die nächste Zukunft dürften sie aber kaum Anlaß finden. Die Entwickelung der Weltlage weist den franko russischen Zweibund weniger auf schneidige Vorstöße als auf wachsame- Abwarten hin. Sein Hauptinteresse fällt mehr und mehr mit der konser vativen Grundrichtung des Dreibundes zusammen: eS ist die Vermeidung von Wirren in Europa, die, sofern dadurch Frankreich oder Rußland oder beide in Mitleidenschaft gezogen würden, nur ihren welt politischen Nebenbuhlern England, Japan und Amerika zu gute kommen müßten. In dem natürlichen Bedürfnisse der Zweibund mächte, ihre außereuropäischen Errungenschaften und Ansprüche nicht durch festländische Verwickelungen gefährden zu lassen, ist es begründet, daß Rußland und Frankreich mit den Grundsätzen, die Graf v. GoluchowSki in seinen Delegationsreden für die Behandlung der Balkanfragen ausgestellt hat, ehrlich übereinstimmen. Die abweichenden Stimmen der russischen Presse, die dem österreichisch-ungarischen Minister ihr Mißvergnügen ausgedrückt haben, dilrfen an der Friedfertigkeit der amtlichen russischen Politik nicht irre machen. Wer die politischen Blätter Rußlands regelmäßig verfolgt, der weiß, daß ihre Gedankenwelt ein ChaoS ist, das kein Staatsmann, auch der genialste nicht, zu leben- fähigen Formen gestalten könnte. Graf v. Go- luchowrki hat in diesem Punkte nichts vertuscht; ganz offen weist er auf „allerlei Unterströmungrn" hin und erklärt, Rußland müsse zu deren Bekämpfung entsprechende Mittel anwenden. So deutlich und ernsthaft ist seit langem nicht von amtlicher Stelle auf die gemeinsame Pflicht der beiden Kaiserreiche zur Ueberwachung de- Staaten- und Völkergemische» ln den Balkanländern hingewiesen worden. Neben den TeleaationSverhandlungen, die da» Interesse der Politiker nach der ungarischen Haupt stadt hwlenkten, haben auch die von dort kommenden Nachrichten über die wachsenden Schwierigkeiten des wirtschaftlichen Ausgleich» zwischen Oesterreich und Ungarn Aufsehen erregt. ES wird bereit» von einem handelspolitischen Bruche zwischen beiden Reich-Hälften gesprochen, und man hat dem ehr würdigen Kaiser Franz Joseph da- Wort in den Mund gelegt, wenn dieser Zufall eintrete, habe er siebzig Jahre umsonst gelebt. Wie es um die Stimmung in Buda-Pest bestellt ist, zeigt der Um stand, daß eine Aeußerung des Ministerpräsidenten Koloman v. Szell, Ungarn sei nötigenfalls zum Zollkriege gegen Oesterreich gerüstet, im ungar,fchen Abgeordnetenhaus von allen Seiten mit lang an haltendem Beifalle begrüßt wurde. Man darf aber in dieser Kundgebung mehr einen Wink an die ciSleithanische Pnsse sehen, die in der AuSgleichS- frage eine sehr heftige, von Buda-Pest au- kluger weise nicht erwiderte Sprache geführt hat. Daß Hr. v. Szell auf die Verhinderung des Ausgleichs hindrönge, kann im Ernst niemand behaupten. ES wird voraussichtlich unter persönlicher Mit wirkung des Träge:- der beiden Kronen rin Mittel zur Verständigung gefunden werden, auch ohne daß der Rücktritt des cisleithanischen Ministerpräsidenten vr. v. Koerber die dafür erforderliche Voraussetzung zu bilden braucht. In Ostasien hat der Verlauf der Aufstände in Süd-Tschili und Kuang-si dem Urteile der ruhigen Beobachter rechtgegeden. Den gut aus gebildeten Truppen Auanschikais war es ein leichte-, mit den aufrührerischen Schwärmen im südlichen Teile Petjchilis fertig zu werden. Der erzbischöfliche Vikar Msgr. Favier, gegen besten Missionare diese Bewegung vornehmlich gerichtet war, hat den Rang der Mandarinen erster Ordnung erhalten. Der gleiche Rang ist auf Betreiben der deutschen Diplomatie auch dem apostolischen Vikar für Süd Schantung Bischof v. Anzer verliehen worden. Für chinesische Verhältnisse ist diese Aeußer- lichkeit nicht unwichtig. Es spricht sich darin aus, daß wir für die deutsche MissionSthätigkeit in Ostasien Gleichberechtigung mit der französischen in Anspruch nehmen und keiner Unterordnung zustimmen. Auch beweist die rasche Erfüllung des von unS in Peking geäußerten Wunsches durch die chinesische Regierung, daß diese auf die Bekundung ihrer guten Bezieh ungen zu Deutschland besonder- in der Pflege der MiffionSinteressen Wert legt. Ueberhaupt ist nach der Sühnung deS Gesandtenmordes das völkerrecht liche Verhältnis zwischen dem Reich und China wieder freundschaftlich geworden. Auf chinesifcher Seite trägt zu dieser so manchen falschen ZeitungS- propheten beschämenden Wiederherstellung des Ver trauens die Wahrnehmung bei, daß gerade Deutsch land in Peking am wenigsten mit unbequemen Forderungen auftritt. Einen Anspruch auf ausschließliche Eisenbahnbaurechteinden wichtigsten nördlichen Be zirken dec chinesischen Regierungsprovinz Petschili, wie ihn die britische Politik jetzt für eine englische Eisenbahngesellschaft erwerben will, haben wir nie erhoben. Die Durchsetzung dieser Vorrechte würde England zum Nachteile Japans und der Vereinigten Staaten, namentlich aber zum Schaden Rußlands die wirtschaftliche Beherrschung de- ganzen nörollchen Petschili sichern. Namentlich aber die Bahnstrecke Peking-Kalgan, von wo die Karawanenstraße durch die Mongolei nach Sibirien geht, würde für den Handelverkehr auf einer der wichtigsten Strecken Asien- gewissermaßen einem russischen Leibe einen englischen Kopf aufsetzen. Daß die russische Politik diese Gefahr überfchen folltr, ist wohl aus geschlossen. ES werden auch bereit- Meldungen über einen Einspruch Rußlands, ja auch Amerika-, gegen diese neueste englisch-chinesische Abmachung verbreitet. Rußland wird aber jedenfalls eine gütliche Lösung um so eher anstreben, al- ihm nicht bloß in der Mandschurei, sondern auch in seiner eigenen Amurprovinz das Vordringen deS japa nischen Handels, des rechtmäßigen wie namentlich de- SchmuggelhandelS, ernste Sorgen bereitet. Immer lauter ertönt in der russischen Presse der Ruf nach Sperr maßregeln gegen die Ueberschwemm- ung mit chinesischen und japanischen Waren, vor denen die Erzeugnisse der russischen Industrie viel leicht bis zum Baikal-See zurückweichen müßten. Die mandichurische Bahn diene mehr der Betrieb samkeit der gelben Völker als der Ausbreitung rus sischen Wesen». Diese Klagen mögen in der Form übertrieben sein und nur darauf vorzubereitcn besttmmt sein, daß Rußland die Mandschurei gegen die chinesische und japanische Einwanderung fester in die Hand nehmen müßte. Aber in der Cache selbst ist die größere Rührigkeit des mongolischen Elements gegenüber dem Russentum kaum zu bestreiten; sie äußert sich in Japan nicht nur in Handel und In dustrie. Die ununterbrochene Förderung der japani schen Rüstungen zu Lande und zur See erregen in Rußland nach wie vor Aufsehen, und die „Nowoje Wremja" hat den Japanern unter Hinweis auf ihre mißliche Finanzlage kürzlich eine lange Ansprache über ihren verschwenderischen Aufwand für militä rische Zwecke gehalten. Solche Warnungen können, selbst wenn sie von einer besser berufenen Stelle al ber „Nowoje Wremja" ausgingen, auf ein so sehr vom Bewußtsein seiner Aufgabe erfülltes Volk wie das japanische keinen Eindruck machen. In dem Drange nach Korea fallen wirtschaftliche LebenS- interessen der Japaner mit den Zielen ihres politi schen Ehrgeize- zusammen.^Rußland hat inzwischen mit der koreanischenRegierungeinenStreit Legender imrus- sischen Interesse erwünschten Telegraphenlinie von Korea nach der Mandschurei. Korea widersetzt sich im Einver nehmen mit China diesem Wunsche der nordischen Großmacht, und eS scheint nicht, als ob Rußland mit feinem Anspruch auf Beherrschung des man dschurischen Telegraphen nach K»rea mehr Erfolg haben wird als England mit der Forderung eine» Eifenbahnmonopols nn Norden der Provinz Petfchili. Die bisherigen Erfahrungen beim Bau der Maudschureibahn haben die Aufbietung besonderer Kräfte veranlaßt. Erst vor wenigen Tagen sind in der mandschurischen Stadt Charbin russische Techniker in größerer Anzahl eingetroffen. Trotz der Ungunst der Verhältnisse wird also daS große Verkehrswerk doch endlich zu stände kommen. Auch der siamesischen Frage hat noch ein flüchtiger Blick zu gelten. Schon in unserer vorigen Uebersicht machten wir auf die Befürchtungen der französischen Kolonialpolitiker aufmerksam, daß Japan seine Hilfe den Siamesen leihen könnte und so auch in jenem Kunst und Wissenschaft. Kouigl. Opernhaus. — Am 17. d Mt» : „Fidelio". Oper in zwei Akten. Nach dem Franzö sischen bearbeitet von Treitschke Musik von Ludwig »an Beethoven. Lon dem dankenswerten Bestreben geleitet, soweit »»r möglich den Spielplan aufrechtzuerhalten, berief die llömgl. Generaldirektion die König! Preußische Kammer» sängen» Frl. Ida Hiedler, um an Stelle von Frau Wittich, deren Erkrankung die Vorführung de« Beethoven- schen Meisterwerke« in Frage stellte, die Titelrolle zu fingen Eie erreichte damit nicht nur, daß einem er freulicherweise sehr gut besetzten Hause in dem weihe vollen Genießen einer der herrlichsten Offenbarungen tondichterischen Schaffen» gleichsam eine musikalische Pfingstfest-Vorfeier erhalten blieb. Sie vermittelte ihm zugleich die Bekanntschaft mit einer Vertreterin der Rolle der Leonore, mit der aus der deutschen Bühne der Gegen wart nur wenige in die Schranken treten dürfen Frl. Hiedler, die un« au« dem Konzertsaal keine Fremde ist, erzielte einen Erfolg, dessen Bedeutung um so höher zu veranschlagen ist, insofern die Gestalt de« in ihrer Liebe zur Heldin, zu männlicher Thatkraft und Entschlossenheit reifenden Weibe« hierselbst man darf sagen von den Tagen einer Schröder-Devrient bi« zur Gegenwart be- nsrnste Vertreterinnen fand Gleich in den ersten Scenen hatte dir Künstlerin Fühlung mit dem Publikum ge wonnen, und ihre nach feiten de« musikalischen Vortrag» wie seiner seelischen Durchdringung höchsten Anforderungen genügende Wiedergabe der großen Arie trug ihr auf offener Scene reichen Beifall ein Nicht minder günstig beftand aber Frl Hiedler auch i» der Kerkerscene, deren HSHemmkt mit de« Berzweiflunp«schrei de« „Töt' erst sei» Weib" sie zu voller Wirkung heran«,»gestalten wußte Die Letftuag un «raz-lne» »«lischt»»», >o o»r- eiaigten sich hier in einer in unseren Tagen nicht eben häufig zu findenden Weise stilistisches Feingefühl mit jenem Können, wie e» nur gereifter Künstlerschaft zu eigen zu sein vermag. Die schöne Linie, da« edle Maß- halten der Klassizität sah man wieder einmal in die Er scheinung treten in der Behandlung de« gesanglichen Teil», in einer meisterlichen Kantilene, wie im Jnnehalten der Schönheitsgrenzen im Affekt und in der Darstellung, in Gesten und Bewegungen Kurz, unterstützt und getragen von der idealschönen äußeren Verkörperung der Gestalt, stellte Frl. Hiedler einen Fidelio hin, der dies« Auf führung de« Werke« zu einem Ereigni« machte Unter den einheimischen Kräften ragten Hr. Perron al« Przzaro sowie Frl. Nast und Hr. Jäger al« Marcelline und Jaquino hervor. Hr. Wachter hat darstellerisch seinen Rocco vervollkommnet, aber bei stimmlicher Jndi-position wurde der noch immer bestehende Mangel einer Posier- ung der Stimme die«mal besonder» störend empfunden Der mustergiltigen Leistung der König!. Kapelle wie auch der de« Chor« gedenkt man bei un« al« etwa« nahezu Selbstverständlichen Hr Hofkapellmeistrr Hagen führte mit bewährter Umsicht die musikalische Leitung O. S. Köuigl. Schauspielhaus. — Am 18 d Mt» : Neu einstudirrt: „Der Geizige", Lustspiel in fünf Akten von Moli-re, deutsch von Ludwig Fulda, und „Die gelehrten Frauen", Lustspiel in fünf Akten von Molisrr, in deutschen Versen von Ludwig Fulda Der Molisre-Cyklu«, der am König! Schauspiel haus« bereit« nächste Woche beginut, hat mit der Wiederaufnahme der beiden Stücke „Der Geizige" und „Die gelehrten Frauen" eine wertvoll« Vervollständigung erfahren. Wenn auch Molidr« in beide« Stücken, be sonder« aber in dem ersteren, nicht nur die Sitten oder Unftilen seiner eigenen Zett gerßeln, sondern auch universal-menschliche Leidenschasten und Irrtümer schildern wollte, so sind sie doch für die Gegen wart in höherem Maße Kultur- und Sittenbilder geworden, denen wir mehr mit historischem Interesse gegenüberstehen, als daß sie un« seelisch berühren und bewegen Molare hat seinen Gestalten, in denen er menschliche Schwächen und Laster verkörperte — hier den Geiz und die Sucht von Frauen, den ihnen von der Natur und den bestehenden Einrichtungen der menschlichen Gesellschaft gegebenen Beruf und Wirkung«- krei« zu verlassen —, zu viel der individuellen Eigentüm lichkeiten und Charakteristiken seiner eigenen Zeit mit- gegeben und dem Milieu der Handlung zuviel zeitgemäße Zugeständnisse gemacht, al« daß e» ihm gelungen ist, ewig wahre Menschen zu schaffen, bei dcnen Kostüm, Kulturzustand und Familienbande nur etwa« Zufällige» sind, deren Bethätigung menschlicher Leidenschaft sich au« diesen Hüllen au»lösen läßt Weiter hat Molisre auch die Nebenhandlung und Nebenfiguren meist mit so kräftigen Zügen seiner Zeit «»«gestattet, daß do« Ganze zu einem vollendeten Sittenbild wird, in dem die Haupt figuren da« universale Interesse einbüßen In dieser Hinsicht hat Molisre einen Shakespeare, Goethe, Schiller nicht erreicht, wohl aber bietet er so viel Wertvollste« in geistreichem, prägnantem Dialog, unübertrefflicher drama tischer Gestaltung und Wirkung und in fesselnder Be handlung de« Stoffe«, daß manche seiner Dramen mit Recht nie von einer Hosbühne verschwinden. Di« Darstellung der gelehrten Frauen war eine wohl- gelungene Hervorzud'ben ist vor allem Frl. Ulrich al« Philaminte, dir in Sprechweise der leichten Verse, in maßvoller und doch treffender Darstellung Unübertreff liche« bot. Frl Laue, deren muntere und natürliche Darstellung der Henriette ein« recht anerkennen«werte Leistung war und die, abgesehen von ihrem Kostüm vorzüglich au«sah, möchte sich die Behandlung der Verse, und de« Organ» durch Fr! Ulrich zum Vorbild nehmen Fr! Guinand traf die Rolle der Belise vornehm und glaubwürdig, ebenso entsprach Frl Ga»ny Hr. Froböse hob seinen Trissotin besonder« in der VorlesungSscene aus dem Rahmen de» feinen Lustspiel« wohl etwa« zu sehr herau«, er übertrieb hier, so daß die Figur unglaubhaft wurde; ferner erregte sein Kostüm Befremden, da« nach der Ueberlieferung im schwarzen Ge lehrtenanzug, keine«fall«aber in einem rosaseidrnen Etutzer- kleid bestehen sollte. Die übrigenMitwirkenden, vor allem Frl Schendler (Martine) und die Herren Müller (Chrpsal), Decarli (Clitander) und Huff (Dadiu«) sind nur lobend zu erwähnen Da« Zusammenspiel und flotte Dar stellung werden bei einer Wiederholung sicher gewinnen. DaS Lob der Aufführung de« „Geizigen" muß ein eingeschränktere« sein Diese« Lustspiel, da« nicht nur den Geiz, sondern auch schnöde Selbstsucht und zerstörte Familienbande un« vorsührt, in dem eigentlich jede Figur eine verworfene, eine Verbrechrrnatur ist, und da« dadurch so sehr an da« Tragische heranstreift, kann von seiner peinlichen Wirkung nur verlieren, wenn der Rolle de« Harpagon Komische« angrheftet wird und damit zugleich dem Stücke selbst der Charakter al« Lustspiel gewahrt bleibt Hr. Wiene al» Harpagon ist mitRrcht dieser Ausfassung beigetreten, vermochte aber doch nicht, in de« Hauptscrnen wenigsten», über eine rein schau spielerische Wirkung herau»zukommen Freilich sind ge- rade diese Scenen, wo Molare dem Theaterpublikum und dem damaligen Geschmack weitkommend entgegenkam, jetzt nur sehr schwer glaubhaft zu machen. Im übrigen traf er Ton und Charakteristik gut Die anderen Mit spielenden, unter denen nur Frl. Diacono al» vor züglich« Frosiu« hervorgehoben werden muß, ent sprachen der derb lustspielhaften Auffassung de» Drama» nicht genug, e« fehlte da an Humor. E» sind hier zu nennen di« Damen Frl Laue (Elis«) und ». d Osten (Marianne) und di« Herren Dettmer, der
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