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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.07.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-26
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940726021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894072602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894072602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-07
- Tag1894-07-26
- Monat1894-07
- Jahr1894
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Vezv-r-VreiA W der Hanptrxprditiou oder den im Stadt- tqirk und den Bororten errichteten Au-- «chestellen abgeholt: vierteljährlich ^14.50, tei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau« >l bchO. Durch die Post bezogen für Teutsch>aud und Oesterreich: vierteliährlich X 6.—. Direkte täglich« Kreuzbandiendung in« Au-land: monatlich 7.SO. DieMorgen-Bu-gob« erscheint täglich '/,?llhr, die Abeud-Au-qab« Wochentag-; 5 Uhr. Nedaction und Erxeditiou: Johanne«,affe 8. Dt« Expedition ist Wochentag- uaunterbrocheu geöffnet vou früh 8 bi- Adeud« 7 Uhr. Filiale«: vtto Klemm'S Lorti«. («lfre» Hahn). Universität-stratze l, Lont« Lösche. tathariorostr. 14. part. und «önig-platz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. AnzetgemPrei- die «gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reklamen unter dem Redaction-strich (4 g»' spalten) 50^, vor den Familiennachrichte» (6 gespalten) 40^. Größere Schrillen laut unserem Preis» verzeichniß. 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Während vor wenigen Jahren noch Graf Zedlitz-Trützschler, der spätereCultuSnunister und andere glauben gemacht wurden, die Schulpraxis in den Provinzen mit polnischer Bevölke rung verkümmere nicht nur die religiöse Bildung, sondern auch tenProsanunterricht, ist soeben auf dem polnischen Journalistentag in Lemberg anerkannt worden, daß das Gegentheil der Fall sei. Die Literatur entwickele sich, Analphabeten gebe eS nicht, die „Volksausklärung", die doch einen wirksamen Schul unterricht zur Voraussetzung hat, blühe. Ja — welche Genug- lbuung für die preußische Regierung! — die nationalpolnischen Zustände in Preußisch-Schlesien werden im Vergleiche zu den jenigen deS bis vor Kurzem von einem Taaffe regierten Oesterreich-Schlesien gepriesen. Auch die Behauptung, daS Unterrichtswesen in Preußen beeinträchtige die wirth- schaftliche Entwickelung der polnischen Bevölkerung, hat man fallen gelassen, es wurde vielmehr unter Hinweis auf daS Bildungswesen zugestanden, daß die laud- wirthschaftlichen Gauverbände gedeihen. Eines aller dings werden die preußischen Politiker der „Versöhnung" in den Berichten über die Lemberger Versammlung vermissen: den Ausdruck der Zufriedenheit über Zustände, die sich im letzten Jahre für die Polen noch weit günstiger gestaltet haben, als sie zu der Zeit waren, wo der in der galizischen Hauptstadt belobte Stand der Dinge sich vorbereitete. Von Dank war nicht die Rede, wohl aber von der Eroberung Schlesiens für die „Allgemeinheit der Polen". Warum auch nicht? Eine preußische Regierung, die aus Scheu vor der polnischen Unzufriedenheit die hundert jährige Feier der Bereinigung einer Provinz mit Preußen verhindert hat, darf sich nicht wundern, wenn sich die Polen boffnungssreudig große Ziele stecken. Sie fürchten offenbar nicht, die Regierung werde ihren Agitatoren in Oberschlesien „ausS Maul schlagen", was vor zwei Jahren selbst noch von dem Ultramontanen Gras Ballcstrem als notbwcndig be rechnet worden ist. Und heute ist die Beschränkung aus Oberschlesien bereits ein überwundener Standpunkt, „daS ganze Schlesien soll es sein". Der Appetit kommt beim Gespeistwerdcn. In unserem heutigen Morgenblatte ist im volkswirthschaft- lichcn Theilc eine wichtige und interessante Mittheilung in telegraphischer Kürze enthalten, die Nachricht nämlich, daß die amerikanische LebenSversichrrungsgrscUschaft Vquitable auf ihre Canceffion in Preußen verzichtet hat Der Vor gang ist um so erstaunlicher, als die Equitable-LebenSver- sicherungSzesellschaft in Preußen ein außerordentlich großes Geschäft machte. Sie hat in Deutschland gegen zehntausend Versicherte mit einer Versicherungssumme von nahezu achtzig Millionen Mark. Die Gründe, welche sie zu diesem Schritt veranlaßt, sind in einer Mittheilung der Gesell schaft an daS Ministerium des Innern angegeben. Dar nach erhielt sie die Concession zum Gewerbebetriebe im Jahre 1877 aus Grund der vou ihr vorgelegten Dokumente bezüglich ihrer Prospekte und Broschüren. Die Gesellschaft ging dann an die Eröffnung ihres Geschäfts betriebes. Man weiß, daß sie für ihre Bureaus in Berlin an der Ecke der Friedrich- und Leipziger Straße für einen, 5 Millionen Mark übersteigenden, Betrag sich einen Palast baute. Zum Schutz dtt deutschen Policeninhaber sind bei der Vereinsbank der Stadt Hamburg, wo die Gesellschaft zuerst thätig war, 16 Millionen Mark und bei der preußischen Regierung 4 Millionen Mark hinterlegt. Gegen ihren Ge schäftsbetrieb sind Einwendungen nie erhoben worden. Am 8. März 1892 erließ nun der Minister des Innern für die Berichterstattung der LebcnSversicherungsgesell- schaften eine Verfügung, in welcher alle Gesellschaften, welche irgend einen Tbeil ihres VersicherungSgeschästes nach dem System der Dividendenansammlung betrieben, angewiesen werden, für jede einzelne Gruppe im Jahres berichte jedes Rechnungsjahres getrennte Nachweise zu geben. Die Eguitable nun hat ihr Geschäft nach dem Dividenden ansammlungssystem nicht in solche JahreSclassen, sondern in verschiedene große Gruppen gethcilt, die sie, selbst wenn sie wollte, jetzt nicht mehr in JahreSclassen zertheilen kann, weil sic damit in die wohlerworbenen Rechte ihrer hundert tausend anders classisicirtcn Versicherten iu allen Theilen der Welt eingreifen würde. Sie befindet sich daher nicht in der Lage, deu Bericht, welchen die Regierung ver langt, in der Weise zu erstatten, wie er verlangt wird. In den staltgehabten Verhandlungen hat der Minister auf der Befolgung seines Erlasses beharrt. Die Direktionen der Gesellschaft halten eS daher bei der Unmöglichkeit, Forderungen der Regierung bezüglich der Classificirung der Versicherten nachzukommen, für das allein Richtige, aus die Neuaufnahme von Versicherten zu verzichten. Selbstverständlich werden die bestehenden Eontracte und Versicherungen durch das in Berlin verbleibende Bureau gemäß den Policebedingungcn ab gewickelt werden. Die Gesellschaft wird in Berlin ihren bcständizcn Vertreter beibehalten, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen, neue Ge schäfte aber nicht mehr machen. Wer geglaubt hatte, die griechische Regierung werde, nachdem die Delegirtcn der StaatSgläubigcr die Ver handlungen abgebrochen unv in der deutschen Presse ein- müthig nach energischen Repressalien gerufen worden war, klein beigeben und endlich durch einen annehmbaren Com- promißvorschlag den mit Fug und Recht an sie gestellte» Forderungen Nachkommen, sieht sich jetzt gründlichst getäuscht. Allerdings bat die Regierung den Delegirtcn der Bondsbesitzer eine neue Proposition gemacht und dieselbe ist auch, nach dem England, dem wegen verschiedener Souterintercssen in Griechenland, wie größere Bahnbaulen rc., eine Störung des Einvernehmens mit der Regierung sehr unbequem sein würde, sich zufrieden erklärt hat, von den Delegirtcn auch angenommen, allein deutscherseits bestem Vernehmen nach endgiltig abgelehnt worden, weil sie noch ungünstiger ist als die frühere. Die jüngsten Vorschläge bezwecken: 1) Progressive, mit 32 Procent des wirklichen Zinsbetrags be- ginnende ünd in 68 Jahren bis zu dessen voller Höhe steigende Zinszahlung. 2) Während der erste» drei Jahre soll die ganze Summe nur zur Zinszahlung dienen. 3) Im vierten Jahre Zah lung von 36 Procent, wovon 3 Procenl zur Amortisation dienen sollen. 4) Vom fünften Jahre an bis zu der Zeit, da die Gläubiger 3 Procent Zinsen aus die Monopol-Anleihe und die üprocentige Anleihe und 2'/, Proccnt aus die Renten erhalten, wird die Be messung jährlich um 1 Procent onwachsen, wovon V» den Zinsen, * n der Amortisation zu Gute kommen sollen. 5) Während dieser Zeit sollen die Zinsersparnisje, welche durch Amortisation ge wonnen werden, den Zinsempsängern zu Gute kommen. 6) Ist jene unter 4 erwähnte Zinshöhe erreicht, so sollen der Anwachs um 1 Procent wie die durch Amortisation erzielten Er sparnisse ausschließlich zu einem TilgungssondS dienen, bis das Schuldcapital um 60 Procent vermindert ist. 7) Ist dies erreicht, so soll das Anwachsen der Zinsen, bis deren wirklicher Betrag sür alle Anleihen erreicht ist, wieder ausgenommen werden. Es soll aber jetzt nur noch die Hälfte der durch Amortisation erzielten Ersvarnisse dasür verwandt werden, während der jährlich zumachsende 1 Proccnt ausschließlich dem Tilgungsfonds zufließen soll. 8) Die Amortisation ist eine obligatorische und wird entweder durch Ankauf oder durch Ziehungen zum festen Coursc von 75 Procent des nominellen Betrags vollzogen. Die Ziehungen finden 14 Tage vor der Fälligkeit deS Halbjahrcoupons statt. Die Tilgung der «schuld wird sich, wie die griechische Regierung meint, bielleicht schon in 50 Jahren erzielen lassen. Ist bei dem neuesten griechischen Anerbieten einerseits daS Princip der jährlich steigenden Zinsen und die ebenfalls proponirte Uebcrweisung der als Pfänder dienenden Staats einnahmen in das unveräußerliche Eigenthum der Gläubiger durchaus annehmbar — wofern Herr Tricupis das nicht etwa hinterher wieder sür ungesetzlich erklärt —, so ist andererseits ein Zinssatz von 32 Proccnt für den Anfang entschieden zu niedrig gegriffen. Dies um so mehr, als die Griechen bereits 40 Procent — allerdings als dauernden Satz — angeboten hatten, also doch immerhin ihre momentane Zahlungsfähigkeit in dieser Höhe anerkannt haben. Unter diesen Umstände» würde eS begreiflich erscheinen, wenn daS deutsche Comitö 35 Proccnt bei jährlich steigendem Zinssatz als daS Minimum bezeichncte, ja, die „Voss. Ztg." ist der Meinung, daß unter 50 Procent und dirccter Controlc der Monopole ein Aus gleich nicht geschlossen werden dürfe. Die stete Rücksichtnahme aus die englischen Gläubiger müsse aufhören ; Deutschland sei, wie auch wir schon betonten, als Staat mächtig genug, die Interessen seiner Angehörigen selbst zu schützen, und einige deutsche Kriegsschiffe in den griechischen Gewässern, die Blockirung irgend eines HafenS oder Besetzung einer Insel als Faustpfand, brächten sicherlich keine europäische Ver wickelung hervor, sie würden aber den Herren Bankerotteurs i» Athen zeigen, daß Deutschland nicht mit international cingegangenen Verpflichtungen spielen läßt, wenn auch andere Großstaaten sich einen gemeinen Betrug, der an ihren Angehörigen begangen wurde, gefallen lasse». Wie die „Bcrl. N. N." hören, besteht deutscherseits an Höchster Stelle der Wunsch, sür die deutschen Gläubiger ein möglichst gutes Ergcbniß zu erzielen, aber bei der Anwendung äußerster Mittel sei mit der schwierige» Stellung der Dynastie in Griechenland zu rechnen. Erwünscht wäre eS unter solchen Umständen in hohem Grade, daß Frankreich sich einer starken deutschen Pression anschlösse. Aber eS gewinnt neuerdings den Anschein, als ob die französische Regierung eine gewisse Besorgniß zeige,sich durch eine Annähcrung an Deutschland nach verschiedenen Richtungen hin — inneren und äußeren — zu compromittircn. Auch französische Interessen in Griechenland mögen in den Pariser Entschließungen eine Rolle spielen. Da indeß die Republik bei einem frühere» Anlaß, der Ermordung der Consuln in Salonichi, kein Bedenken getragen hat, ein fran zösisches Geschwader in enger Fühlung mit einem deutschen in Griechenland austretcn zu lasten, so sollte man annehmen, daß auch die jetzt vorhandenen Bedenken schließlich zu überwinden sein werden. Die „Berl. N. Nachr." tbcilcn die Ansicht, daß Deutschland eventuell auch allein mit starker Hand eingreifen müsse, und gehen darin soweit, daß sic die Schwierigkeiten der Ver waltung u. s. w., die durch Besetzung einer Insel als Faustpfand sür Deutschland entstehen würden, sowohl Griechen land als de» anderen interessirtcn Großmächten gegenüber, als sür die diesseitigen Entschließungen maßgebend nicht an- zucrkennen vermögen. Wäre ein einheitliches Vorgehen der Mächte zu erzielen, so könnten wir nur wiederholt auf den Vorschlag zuruckkommen, die faule, mit Vertragsbrüchen bloS spielende griechische Staatsschuldenverwaltung unter die Aufsicht einer europäischen Commission zu stellen, ein Experi ment, da« sich in Konstantinopel bekanntlich ganz gut be währt hat. Zum deutsch-portugiesischen Grenzstreit schreibt der „Hamb. Corresp.": „Der in Lstasrika zwischen Deutschland und Portugal aus gebrochene Grenzconslicl wegen der Kiongabucht nimmt in den Erörterungen der Presse einen sehr breiten Raum ein und man begegnet vielfach schon Betrachtungen über die Frage, in welcher Form die Streitfrage zwischen de» beiden betkeiligten Mächten auSgelragen werden dürste, die aber vorläufig noch stark verfrüht sind. Nament lich schweben alle Meldungenvon Per mittelungsanträgen und der Ausnahme, die sie augenblicklich gesunden haben sollen, zur Zeit noch vollständig in der Lust. Wie wir erfahre», ist bis jetzt überhaupt noch kein amtlicher Bericht über Flaggenhissung in der ttiongabucht in Berlin eingeiroffen und damit fehlt für die deutsche Regierung vorläufig noch jede Grundlage zu einer bestimmten Stellungnahme. Indessen sieht man im Auswärtigen Amt in den nächsten Tagen dem Eintreffen des Berichts des Gouverneurs v. Scheele entgegen. Sobald derselbe angelangt ist, wird sich die Regierung über ihr weiteres Vorgehen schlüssig machen." TagS zuvor schrieb derselbe „Hamb. Corr.": „Deutscherseits hat man lange gezögert, ehe man von dem Kiongagebict formellen Besitz ergriffen, und Deutschland hätte wahrscheinlich auch jetzt nicht zu dieser Maßregel gegriffen, wenn Portugal sich bemüht hätte, dem Schmuggel von Waffen, Munition und Sclaven eine Schranke zu setzen. Jetzt aber kann, wie wir vernehmen, von der Annahme einer Ver mittelung oder eines Schiedsgerichts keine Rede sein, da das EigcnthumSrecht Deutschlands auf vertrags mäßiger Grundlage beruht." So widersprechen sich in der neue» Aera des OfsiciösenthumS nicht nur die Ossiciösc» niitereiuandcr, sonder» von heute auf morgen sich selbst. Hoffentlich bestätigt sich sehr bald die Nachricht, daß Deutschland unter leinen Umständen gewillt ist, mit sich handeln zu lasse», zumal da auch der eine „dunkle Punct", aus de» der „Hamb. Eon." hingewiesen hatte, völlig aufgeklärt ist. Bekanntlich behauptet Portugal, Kivnga mit Wafsengwall dem Sultan vou Zanzibar ab- gcnommen zu haben. Hierbei hat es jedoch eine wesent liche Bedingung dafür, daß neue Besitzcrgreisungcn an den Küsten des afrikanischen Festlandes als csfcctive betrachtet werden, nämlich die Vorschrift des Artikels 34 derCongo- acte, nicht erfüllt. Der Artikel 31 lautet: „Diejenige Macht, welche iu Zukunft von einem Gebiete an der Küste asrikauischen Festlandes, welche- außerhalb ihrer gegenwärtige» Besitzungen liegt, Besitz ergreift, wird den betreffenden Act mit einer an die übrigen Signatarmächte der gegenwärtige» Acte gerichteten Anzeige begleiten, um dieselben in den Stand zu setzen, gegebene» Falls ihre Reclamationen geltend zu macheu." Diese Benachrichtigung hat Portugal unterlassen. Damit ist seine Besetzung von Kionga keine effectivc, und Portugals Einspruch gegen die Hissung der deutschcu Flagge ist hinfällig. Im Senat der Bereinigte» Staate» treten die demo kratischen Schutzzöllncr immer sciudseligcr gegen de» Präsidenten Cleveland auf. In der Montaassitzung er klärte Gorman, Vertreter Marylands. Clcvelanv s bekanntes Schreiben sür die größte Tborheit. Der Präsident und dessen Finanzminister hätten beide die SenatSbill ausdrücklich gut- aeheißen, wofür er die Senatoren Best und JoncS als Zeugen aufries. Clcveland habe nach einigem Zögern sogar die Zölle auf Kohlen und Eisenerz gutgcheißcu. Dasselbe bezeugte der Senator Harris, worauf Gorman alle die jenigen, welche die Mehrheit der Senatoren sür bestechlich erklärten, als erbärmliche Heuchler charaklcrisirtc. In weit höheren Stellen säßen Schurken, welche sich bei Tage nicht zeigen dürsten. Von Zollsreihcit des Eisenerze« würden nur die Neu-Schottland-Grubcn Vorlbcil haben. Die Zuhörcrtribünen des Senats waren überfüllt, namentlich waren auch zahlreiche Mitglieder des Repräsentantenhauses zugegen. Ein Compromiß »nt dem Senat erscheint je länger Feisilleton. Thermidor. bj Erzählung von Julius Kehlheim. Nachdruck »rrdot,». (Fortsetzung.) „Warum sollte der Künstler die höheren Stände Haffen?" versetzte Adricnnc. „Warum Diejenigen anfeinden, die allein Freiheit und Befähigung besitzen, die Kunst zu genießen, und welche sie deshalb fordern und stützen, während der von All- tagSsorgcn bedrückte Geist, nur der Noth deS augenblicklichen Bedürfen« lebend, weder Muße noch Rübe genug besitzt, sich künstlerisch weihevollem Genuß binzugebcn?" „Arme« Volk!" schrie Laguerrc, bleich vor Wuth. „Dich an den Karren der Frohne und Entbehrung gespannt — ihnen aber sei Alles gewährt und gestattet, den Großen, den Nachahmern der Olympier, mit denen sie die Freiheit der Sitten und die Vorliebe für schöne Erdentöcbter «keilen." „Sie vergessen sich, Herr Laguerrc", ries Adrienne nun auch ihrerseits erregt, „äch vergaß, daß man über StandeS- unterschiede nicht mit Ihnen streiten darf. Bitte, lassen Sie den Zettel nur hier." Mit einer nichi mißzuverstehenden Gebcrde ertheilte die junge Künstlerin ihm den wohlverdienten Abschied. Laguerrc verbeugte sich tief vor ihr, dock nickt ohne ironischen Beigeschmack, ungefähr wie auf der Bühne sich ein in Ungnade gefallener Vasall von seiner erzürnten Gebieterin verabschiedet baden würde, und schritt der Thüre zu Hart an der Schwelle aber kehrte er noch einmal um und sagte in demütbigcm Tone, welcher gar seltsam von seiner früheren Schroffheit abstach: „Verzeihen Sie, Mademoiselle, dem armen Plebejer, der e« nicht gleickmütbig mit anzuscbrn vermag, wie übermüthige WeSpen die Königin der Blumen in un lauterer Absickft umkreisen. Vergeben Sie ibm, wenn er derb und ungeschickt mit dem Stock bürgerlicher Ehrbarkeit die Un- brruseneo abzuwehren sucht von Dem, wa« ihm selbst ein Heiligthum ist!" Da« war ein Abgang, wie e« in der Tbeatersprache heißt. Adrienne blieb betroffen stehen. Sic fand da unerwartet einen Freund, dessen Sympathie sie niemals bemerkt, weil nicht ge- theilt hatte. Lus der Treppe ramrt« Laguerre i» seiner Erregung an einen Mann an, welchen er nicht weiter beachtete. E« war der Lakai de« Grasen Mancini, welcher Adrienne die ihr zu gedachten Rosen nebst einem zierlichen Billet des Grafen brachte. WaS würde Laguerrc wohl zu der Aufnahme dieser Blumen gesagt haben, in denen Adrienne ihr erglühendes Antlitz förm lich vergrub, um einen Duft in sich zu saugen, welcher Wonne und Betäubung brachte und ihr Boudoir in seinen süßen Hauch hüllte, gleich einer Wolke, aus der sich das Bild deS freundlichen Spender«, des jungen, ritterlichen Grgscn Man cini, erhob. Siebentes Capitel. Die noch immer wunderbar schöne, jugendliche Königin Marie Antoinette liebte die Freude, daS Leben, den Glanz, da« Licht. Allwöchentlich wurde ein großes Feuerwerk im Garten deS Lustschlosses Trianon abgebrannt. Es war dies ein Licblingsvergnügen der Königin, deren Geschick ebenfalls solch' einem plötzlich aufflammenden Licht und späterem Versinken in das tiefe Dunkel deS Unglücks gleichen sollte. Der Bürgerstand und auch das Volk drängte sich zu diesen Festen. War doch daS Feuerwerk eine Belustigung, die über alle Borurtheile, Perrücken und hochgctragenen Köpfe hinüber sich in den freien Actbcr erhob und so den Blicken auch der Fernstehenden ein köstliches Schauspiel bot. Bor den Gärten schob und drängte sich die Menge, jedwede neue Leistung mit neuem Jubel begrüßend. ES gab da ein Sicbverlicren und Wiederfindcn, daS sich Manche zu nutze machten, welche nicht um de» Feuerwerks willen allein hierher gekommen waren. Alles schwamm in jenem Meer von Heiterkeit, welche sich bei solchen Anlässen gern einzustcllen pflegt, wo man, die AlltagSsorgcn zu Hause lassend, sich eber einer freieren LebenSausfassung, einer ungebundeneren Natürlichkeit überläßt, als im Zwange alltäglicher Ver hältnisse. „Mademoiselle Adrienne? Welch' ein Glück. Ihnen zu begegnen!" ries ein junger, schöner Mann, dessen -Kleidung und Benehmen ibn als einen jener Bevorzugten bezeichne«!», welche in der Hofgesellschaft, im Garten selbst ihren Platz hatten, und den nur ein Zufall in« Gewühl geführt. „Und einmal allein, welch' eine ungewöhnliche Gunst de» Schicksal» ..." „In dem Gedränge ist mir Mama Fanchon abhanden gekommen, oder, bester gesagt, ich ihr", rief Adrienne, von der allgemeinen Fröhlichkeit angesteckt und sichtlich durch die unerwartete Begegnung erfreut. „Ich fürchte, sie bedarf eher eine« Schutze« al« ich." Es war kein schlimmes, nur ein etwa« übermüthige« Lachen, in welches die beiden jungen Leute gemeinsam »»«brachen, al« sic der Vereinsamung Mdme. Bouterre'S gedachten. Fanchon batte sich derart an Adrienne'S Leitung, Entscheidung und Ober herrschaft in allen wichtige« und unwichtigen Fragen ge wöhnt, daß ihre eigene Energie völlig einzuschlummern drohte, und sie sich ohne die Stütze ihrer Pflegetochter wie ein ver waiste» Kind erschien. Der Graf reichte die Fingerspitzen seiner wohlgepstegten. unter der kostbaren Spitzenmanchrtte doppelt aristokrotisck auSsebenden Hand Adrienne, um sie zu geleiten. „Sie müssen Trianon in der Nahe sehen, Mademoiselle, kommen Sie . . . Ich kenne hier Weg und Steg", ermunterte er Adrienne, „Sie solle» die Königin sehen, die schöne, arg verleumdete Frau . . Dieser Versuchung vermochte Adrienne nicht zu wider stehen, denn sie vergötterte Marie Antoniette. Der Graf Andrae Mancini war ein schöner Cavalier in der ersten Blüthe der Jugend, kaum fünfundzwanzig Jahre alt. Ta« feingeschnittenc Gesicht, welches die italienische Ab kunst in jedem Zuge verrietb, die feurigen schwarzen Augen sahen verführerisch unter seiner modisch gepuderten Frisur hervor. Er schien größer, al» er in Wirklichkeit war, durch vie Biegsamkeit seiner Bewegungen, durch das hochgetragene Haupt, den geschmeidigen Gang. Mit weltmännischer Grazie führte er seine Gefährtin durch dunkle TaxuShecken bis zu einem Hügel empor, von welchem Standpunkt au« sie sowohl daS Feuerwerk, als auch die Königin sehen konnten, welche, von einigen ihrer Getreuen umgeben, dem märchcnbastcn Schauspiel zusah. Marie Antoinette stand in diesem Augenblick — Anfang Mai im Jabre 1789 — im Zenith ihrer Schönheit, doch nicht dem ihres Glückes. Sic war an diesem milden Abend sehr einfach gekleidet, in ein Kleid von indischem Muffelin, über welche- sic einen Kaschmirsbawl geworfcn halte. DaS schöne aupt deckte ein großer Florentiner Strohhut; allein die achter Maria Theresta'S bedurfte keiner äußerlichen Ab zeichen, um immer und überall als die Erste erkannt zu werden. Die Königin batte bereit« viel von ihrer sonnigen Heiter keit eingebüßt. Vielfache -Kränkungen, bittere Angriffe, von spitzigen Federn und giftigen Zungen auSgesührt, hatten einen Schatten tiefer Melancholie über die einst so strahlende Stirn geworfen. Adrienne betrachtete die Königin, welche sie in so un mittelbarer Nähe noch niemals gesehen, mit einer Art an dächtigen Staunens. „Unv diese Frau, deren Anblick allein alle Verdächtigungen entkräftet, wird verfolgt, gehaßt, verleumdet, blos weil sie eine Fremde ist, eine Oestcrreicherin, wie sie daS Volk nennt?" fragte Adricnnc leise. „Mehr nocb, weil sie allein ist", erwiderte der Graf; auch er schwärmte wie die gesammte Jugend des HoscS für die Königin. „Ihr königlicher Gemahl hat wobl die Macht, doch nicht die Kraft, sie zu beschütze»! O dieser Elende, dieser Verfasser der Flugschrift „Etteniotna, oder die Prinzessin, welche die Krisen liebt" . . . Man hätte kiese» Menschen nicht bloS einspcrrcn, man hätte ihn hiurichtcn sollen „Worauf bezieht sich diese Flugschrist?" fragte Adrienne. „Die Königin", erklärte Graf Mancini, „Kat in einem Anfall leickft verzeiblicficr Neugierde die öfjciitliche Anstalt deS Magnetiseurs Mesmer betucht. Sic war in strengstem Jncognito da, nur ihre intimste Freundin, die Herzogin von Polignac, begleitete sie. Dennoch ist dieser Besuck, rucbbar geworden, und die abscheulichsten Schlüsse sind aus diesem Umstand gezogen worden, welcben der strengste Richter höchstens als Unüberlegtheit bczeicbncn könnte." „Liebt die Königin den König?" fragte Adrienne traum verloren, diese Frage von merkwürdiger Tragweite obnc jede Vorbereitung auSsprechcnd. „Die Ehe des Königspaars ist eine sricdlicfie, bei Hose nennt man sie sogar eine glückliche", vcrsctzic der Graf in leisestem Flüstertöne, denn selbst die griinui TaniSwände haben Ohren bei Hofe „Ludwig XVl liebt seine wunder schöne Gemablin, daS ist gewiß. Ob aber sic sür den erden- schweren, langsam denkende» Mann jene Volllicbe zu empfinden vermag, deren ihre Fcuersecle bedarf — ob er sich jemals u jene» Regionen z» erbeben vermag, wohin ibre Pbantasie ie cmporträgt ... ich fürchte, ihm fehlt auch der leiseste Ansatz zum Flügel" Atricnnc verstummte. Ob die zufällig berührte Saite in ihrem Busen einen ahnenden Widerhall fand, ob die leuchten den Fcuergarbcn, welche cbep zum dunkeln Nachtbimmel emporprasselten, ihre Aufmerksamkeit aus sich zogen, konnte ibr Begleiter nicht entdecken. Sie blickte den Zerstiebenden Funken nach, bis AllcS vorüber und mit einem Male wieder tiefe Rübe eingekehrt war. Wie lange befand sie sich nun schon aus diesem Hügel? Wie lange hatte sie geträumt? Im Garten war eS be ängstigend leer und still geworden. Ueber der Bäume dunkel»
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