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Dresdner Journal : 27.10.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-10-27
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187210273
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18721027
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18721027
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1872
- Monat1872-10
- Tag1872-10-27
- Monat1872-10
- Jahr1872
- Titel
- Dresdner Journal : 27.10.1872
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»251. Sonntag, de» 27, October. 1872. Sd»»«wei>t«pr»wO i KLrUcd i L 7'dlr. ^»drllod! 1 >N»Ir. 15^. L«tvt»v« l»0«t Q»<t Io»»«»«» tritt ^LLrUod 2 Utlr 8tv»p»ls«dadr, Liorelo« Ikmvwbrll: 1 tlxr 8t«up«dm»odt»^ dio«u. I»»er»te»Pr»t»e: ktlr «tvo K»uw «iv«r se,p»It««» 2aü«: 11t Vvt«r „Lülg«*oat" äi« 2»U»; > Il^r. LAzUod, mit Xumituo» ä« So»»- uoä Xdsoäs Kr äe» fol^ockea iLz. Dres-MrImmml. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. l»»»r»t»»»»»»»»» »»»vLrkr l.«tP»tU: F>. Lra»<i»te««', 6o»»u»ioQ»r <1«, vr«iäo«r ^oiu-o»I,; «devck« : L Ln-I-r, Luaen ^'ort u L L»m- ». N.r I/aa»«»»tr»»» <F L«rU»-VI/»-S»»»d»rU-ri»»Ir- kort ». U.-»L»«L«o: L/o««, L«rU»: ^1. Letemq/e»-, ^1. Ftdr«c/»1, >r«w«»: 15 Lc^Iotte, Lr«^»»: L. Sta»««^» Ijüreou u. Ä. Zenite, kr«»Il5iart ». N.:' L ^aeA«r »LL« u. <7. //errmann'sok« öuekk., Haide <0 t7o.,- kn«! F>. L,7or/»c/»'» Üucttl, i cd«Etti: />. ^o,At, r«ri>: Äav«, Fa/itte, Litt,er F vo., Vis»: Fl. t-LxettL, 8tuttx»rt: La«d« F (7o. N»r»u«eedvrr Xürüsl. Lrpväition äes Vrv«äoor Journal», Vrvsäea, ^larxaretiieoxg»«» Uo. 1. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. In Gemäßheit der Vorschrift in 8 6 der Verord nung über den Geschäftsbetrieb ausländischer Ver sicherungsgesellschaften im Königreiche Sachsen vom 16. Septemher 1856 wird hierdurch bekannt gemacht, daß die Gegenseitige Leben--, Jnvaliditäts- und Unfall-Versicherungsgesellschaft „Pro metheus* zu Berlin den Vorschriften in 88 2 bi-4 der angezogenen Verordnung Genüge geleistet und Dresden zum Sitz für ihren Geschäftsbetrieb in Sachsen ge wählt hat. Dresden, am 21. October 1872. Ministerium der Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe u. Handel, vr. Weiulig. Fromm. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Sonnabend, 2«. October, Mittag». (W.T.B.) Die ReisediSpofitiouen de» Laiser» haben turch den Lod de» Prinze» Albrecht zwar eine Ab- änderung erfahren, doch wird Se. Majestät nach dem Aufenthalte in 8udwig»last auf einen Lag nach Hannover gehen und al»daun dem sächsischen Kö- uig»paare zu dessen goldener Hochzeit in Dre»den persönlich seine Glückwünsche darbrivgen. Berlin, Sonnabend, 26. October, Nach mittag». (W. T. B.) Da» Herrenhav» hat in seiner heutigen Sitzung bei Fortsetzung der Spe- cialdi»cvsfiou über die Krei»orduvng zunächst die §K 2V, 21 und 22 in der von der Tomwisfion voraeschlagenen Fassung augeuommen. Ueber K 23, verbunden mit §Z 36 di» 46 entstand eine lange heftige Debatte. Der Minister de» Innern erklärte »amen» der Negierung die Anträge der Commission, welche die Erbschulzeuimter wieder- Herstellen wollen, für völlig unannehmbar. Gleich wohl wurden in der Abstimmung, welche durch Namensaufruf erfolgte, diese Commisfiontauträge mit 72 gegen 64 Stimmen vom Hanse augenommeu. Weimar, Sonuabend, 26. October. (W.T.B.) Heute früh 7 Uhr ist hierfelbst Ottilie » «oethe, die Wittwe des einzigen Sohne» Wolfgang v. Goethe », gestorben. Schwerin, Freitag, 25. October. (W.T.B.) Ueber da» Nesaltat der commiffarisch deputatischen Verhandlungen betreff» Modifikation der bestehen de« Lande»verfassung melden die „Mecklenburgischen Anzeigen", daß die ritterschaftlichen Deputirteu die landesherrlichen Borlagen als Grundlagen weiterer Verhandlungen acceptirt haben. Obgleich die Laud- schäft die RegierungSpropofitionrn zunächst abge- lehnt hat, find doch für die betreffenden Erklärun gen der Majorität und der Minorität wesentlich verschiedene Gesichtspunkte entscheidend gewesen. (Dgl. unter „Tagesgeschichte".) Wien, Sonnabend, 26. October. (W.T.B.) Die hentige amtliche „Wiener Zeitung" enthält rin kaiserliche» Patent, welche» sämmtliche Land tage zum 5. November einberuft. Prag, Sovuabend, 26. October, Bormittag». (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der böhmische Landtag ist auf deu 5. November eiuberufeu wordeu. Die tschechische« Abgeordneten werden demselben fern bleiben. Der ehemalige Statthalter von Böhmen, Graf Lohu»law Lhorek kommt al» Gesandter von Ma drid nach Brüssel. Lemberg, Freitag, 25. October. (Corr.-Bur.) Die Cholera ist hier und in Ostgalizte« im Ab- nehmen begriffen. In Lemberg kamen in deu letz ten Lagen blo» vereinzelte Fälle vor. Pesth, Freitag, 25. October, Abend». (W. T. B.) Die ungarische Delegation hat die Schluß rechnungen in dritter Lesung genehmigt. Dem „Pefther Lloyd" zufolge hat gestern eine Confereuz der Lertreter beider Nraierungen in der Bannrage stattgefuvden. Da» Protokoll der Couferrnz ist heute unterzeichnet wordeu. Bukarest, Freitag, 25. Oktober. (Corr.-Bur.) Einer Mittheilung de» AmtSblatte» zufolge ist die Neorgauifirung der Administration und de» Betriebe» der Eisenbahnlinie« Suczawa Noaa« uad Jaffy-Bottuschau eivgeleitet worden. Mehrere von dem HandelSminister auf dieseu Linie« wahr- genommene Mängel find dem hiesigen Verwaltung»- co«it6 behuf» Abhilfe votifikirt worden. Kragnjewacz, Freitag, 25. Vctbr. (Corr. Bur.) Die Dankadresse der Skuptschina an die Regent schaft hebt die hohen Lerdieuste derselben nm den Staat und die Dynastie de» Fürsten hervor. Athen, Freitag. 25. Oktober. (Corr.-Bur.) Der langjährige Näuberbavdeuführer Spano», welcher die Greuzprovinzen unsicher machte, wnrde sammt seinen Helfershelfern von griechischen Sol daten grtödtet. New-Nock, Freitag, 25.Oktober. (W.T.B., Kabeltelegramm.) Au» Cauada ist die Pferdeseuche nach Syraense, Boston, Brooklyn und hier ein- geschleppt. Dresden, 26. Oktober. Wir haben bereits telegraphisch gemeldet, daß in der San-Juanfrage die Entscheidung Sr. Majestät deS zum Schiedsrichter erwählten Deutschen Kaisers nunmehr erfolgt und zu Gunsten der Vereinigten Staaten ausgefallen ist. Die heutige „Norddeutsche Allgemeine Zeitung* bestätigt diese Meldung und bemerkt dann weiter in dieser Angelegenheit: Die San- Juanfrage gehört zu jenen streitigen Punkten zwischen England und Amerika, deren Regelung durch die Con- frrenzen angestrebt wurde, die im Mai 1871 zum Washingtoner Vertrage führten. Die Conferenzmitglie- der vermochten zu einer Entscheidung nicht zu gelangen und einigten sich dahin, gleichwie für die Alabama angelegenheit, so auch für die San-Juanfrage einen schiedsrichterlichen Spruch anzuuehmen. Es ward an die Weisheit und den hohen Gerechtigkeitssinn Sr. Majestät unseres Kaisers appellirt. Nachdem der Washingtoner Vertrag die Genehmigung der beiden Regierungen von England und Amerika erhalten, er klärten Se. Majestät Sich bereit, der an Sie ergange nen Berufung Folge zu leisten. Der kaiserlichen Ent scheidung liegen die auf gründlichstem Studium be ruhenden Gutachten namhafterRechtsgelehrten zu Grunde. Zur Klarstellung des Sachverhalts mögen folgende geo graphisch-historische Notizen dienen. Zwischen der Nord westküste des amerikanischen Festlandes und der Insel Vancouver, welche den Briten gehört, liegt unter dem 48 Grad nördl. Breite (von Greenwich aus gemessen) der San-Juan- oder Haroarchipel. Er besteht aus einer Reihe von Inseln, unter denen die größte San- Juan heißt, 54 englische Quadratmeilen enthält und einen großen Reichthum an fetten Wiesengründen, fruchtbarem Ackerland und schönen Wäldern besitzt. Das Besprecht mußte deshalb als einigermaßen streitig gelten, weil der Grenzvertrag vom Jahre 1846 be stimmt, die Grenze zwischen den englischen und ameri kanischen Besitzungen läuft westlich von 49 Grad nördlicher Breite bis Mitte des Canals, welcher Vancouver vom Festlande trennt. Der betreffende Artikel des Vertrags von 1846 lautet: „Von demjenigen Punkte des 49. Grades nördlicher Breite aus, in welchem die in den zwischen beiden Ländern bestehenden Verträgen und Con ventionen festgesetzte Grenze endet, soll die Grenzlinie zwischen den Gebieten Ihrer großbritannischen Majestät und denen der Vereinigten Staaten nach Weste« ver längert werden, längs des genannten 49. Grades nörd licher Breite bis zur Mitte des Canals, welcher das Festland von der Insel Vancouver trennt, von dort nach Süden laufend längs der Mitte des genannten Canals und der Meerenge von Fuca bis zum Pacific- ocean. Es ist damit selbstverständlich ausgesprochen, daß die gesammte Schifffahrt in dem genannten Canal und der Meerenge südlich vom 49. Breitengrad beiden Theilen frei und offen bleibt." Nun liegen hier aber zwei Canäle, östlich zwischen Archipel und Festland die Rosariostraße, westlich zwischen Archipel und Vancouver der Harocanal, und es beanspruchten die Briten die östliche, die Amerikaner die westliche Meerenge als Grenze, weil zwischen beiden eben der bestrittene Ar chipel liegt. Die Amerikaner machten für ihr höheres Recht besonders die völkerrechtlichen Sätze geltend; 1) daß überall das tiefste Wasser die Grenze bildet, und der Harocanal ist an seinen seichtesten Stellen tiefer als der von Rosario an seinen tiefsten; 2) daß Inseln eher zum Festland gerechnet werden, als zu einer an dern Insel. Endlich sei der Archipel für Amerika weit wichtiger als für England, denn hier werde die nörd liche Pacificbahn enden, hier also der Hauptstapclplatz des amerikanischen Handels werden, der unmöglich den Mündungen der englischen Kanonen offen bleiben könne. Der Streit begann im December 1853 damit, daß die englische Hudsonsbaigesellschaft 1200 Schafe auf San- Juan landete; diese wurden vom amerikanischen Zoll- insprctor mit Beschlag belegt, da englische Schafe auf amerikanischem Boden nichts zu thun hätten. Die Le gislative des Territoriums Washington machte aus dem Archipel eine amerikanische Grafschaft und schrieb Steuern aus, welche von den englischen Ansiedlern nicht bezahlt wurden. Im Juli 1859 erschien eine Com pagnie vom 9. amerikanischen Infanterieregiment zum Schutz ihrer Landsleute auf dem Archipel zunächst ge gen indianische Feindseligkeiten; nun kamen 5 englische Kriegsschiffe mit 167 Kanonen und 1940 Mann Be satzung, und es wäre zum Krieg gekommen, wenn nicht schließlich der englische Vorschlag von der amerikanischen Regierung angenommen worden wäre: die Insel so lange gemeinsam zu besetzen, bis eine Entscheidung getroffen sei. So nahmen die Briten den Osten ein, die Amerikaner den Westen. Die nunmehr getroffene endgiltige Ent scheidung wird diesem abnormen Verhältnisse ein Ziel setzen. — Die„Spenersche Zeitung" bemerkt: „Die Entscheidung des KaiserschiedsrichterS hat die Hoffnun gen Amerika- erfüllt und England die ganze Vancouver- insel, aber auch nur diese zugesprochen. Hoffentlich wird dieser auch wohl in England nicht unvorherge sehene Ausfall des Schiedsrichterspruches das Seinige dazu beitragen, das Mißtrauen Amerikas in die englische Politik zu beseitigen und die Aussöhnung der beiden jün geren Zweige der großen germanischen Völkerfamllie durch Vermittelung des Kaisers von Deutschland jvollständig zu machen." — Die „Kölnische Zeitung" schreibt: „Welche Thatsachen den hohen Schiedsrichter und seine Berather bestimmt haben, der amerikanischen Deutung den Vorzug zu geben, ob historische oder geographische, oder beide zusammen, wollen wir hier nicht zu errathen suchen. Der Werth, welchen der Besitz von San Juan für die eine oder andere Macht hat, war ein Umstand, welcher von dem kaiserlichen Richter selbstverständlich nicht in Betracht gezogen werden konnte. Wir sind überzeugt, daß Kaiser Wilhelm Keinem zu Liebe und Keinem zu Leide geurtheilt hat, daß sein Schiedsspruch nur der Ausfluß seiner sorgfältigst und mit der ihm eigenen Gewissenhaftigkeit abgewogenen Ueberzeugung ist. Auch haben wir keinen Grund, zu glauben, daß England, obwohl es den Proceß verloren, die Unpartei lichkeit des Urtheils auch nur stillschweigend anzweifeln wird. Tüchtige Geographen und tüchtige Rechtsgelehrte bot Deutschland genug, die dem Richter berathend zur Seite standen, und was die unentbehrlichste Ergänzung zu der Kenntniß der Sache war: der gerade und ge rechte Sinn Kaiser Wilhclm's ist auch über die Grenzen unseres deutschen Vaterlandes hinaus überall erkannt und geehrt." Lagesgeschichte. Dresden, 26. October. Ihre königlichen Ma jestäten werden am 30. d. M. Schloß Weesenstein verlassen und das k. Residenzschloß hier beziehen. Dresden, 26. Octobcr. Vom Gesetz- und Ver ordnungsblatt für das Königreich Sachsen ist das 20. Stück vom Jahre 1872 in der Ausgabe begriffen. Dasselbe enthält Nr. 155) Verordnung vom 30. September d. I., die technischen Vorarbeiten für den Bau von Privateisenbahnen betreffend; Nr. 156) Verordnung vom 2. October d. I., das Ausschreiben der katholischen Kirchenanlage betreffend (abgedruckt in Nr. 237 des „Dresdn. Journ."); Nr. 157) Verordnung vom 8. October d. I., die Expropriation von Grund eigenthum für Erweiterung des Bahnhofs Lugau an der Chemnitz-Würschnitzer Kohlenbahn betreffend; Nr. 158) Bekanntmachung vom 14. October d. I., die Wiedereinberufung der vertagten Ständeversammlung betreffend (abgedruckt in Nr. 240 des „Dresdn. Journ."); Nr. 159) Bekanntmachung vom 14. October d. I., die Bewilligung einer von dem Vorschußvereine zu Schloß- chemnitz, eingetragener Genossenschaft, erbetenen Aus nahme von bestehenden Gesetzen betreffend; Nr. 160) Verordnung vom 15. October d. I., die Einführung einer neuen Arzneitaxe betreffend; Nr. 161) Verord nung vom gleichem Datum, die Einführung einer neuen thierärztlichen Arzneitaxe betreffend; Nr. 162) Bekannt machung vom 15. October d. I., die Richtungslinie der Staatseisenbahn von Pirna nach Radeberg betreffend. * Berlin, 25. October. Der officielle „St.-A." kommt heute auf das Leiche nbegängn iß des Prin zen Albrecht zurück und legt in einem längern Ar tikel dar, das bei Feststellung des Reglements von Seiten Sr. Majestät des Kaisers den Anordnungen Rechnung getragen worden ist, welche der verewigte Prinz in einem Codicill aus dem Jahre 1868 hinsicht lich seiner Beerdigung niedergelegt hat und welche insonderheit den Wunsch aussprechen, daß eine „öffent liche Ausstellung fortfalle", daß die Beerdigung „ohne weiteres Gepränge" erfolge und daß „keine lange Leichenrede" gehalten werde. — Wie die „N. Pr. Z." hört, wird die Frau Kronprinzessin sich am 2. No vember nach Bex im oberen Rhonethal (Canton Waadt) begeben. Der Kronprinz gedenkt nach den Dresd ner Festlichkeiten gleichfalls dorthin zu reisen und mit seiner Familie längere Zeit dort zu verweilen. — Der Ausschuß des BundesrathS für Zoll- und Steuerwesen, sowie die vereinigten Ausschüsse desselben für das Landheer und die Festungen und für Seewesen hielten heute Sitzungen ab. — Ueber den Entscheid des Kaisers inderSan-Juanfragezu Gunsten Amerikas berichtet man der „KZ." folgendes Nähere: Der Ent scheid bezieht sich zuerst auf die bekannte, von beiden Theilen gestellte Frage, für welche der Schiedsrichter spruch des Deutschen Kaisers angerufen wurde, und erklärt sodann auf Grund der von Gesetzes- und Sach kundigen erstatteten Gutachten, daß die richtige Aus legung des Washingtoner Vertrages vom 15. Juni 1846 mit den Ansprüchen Amerikas am meisten in Einklang stehe und daß die Grenzlinie zwischen den beiden Ge bieten durch den Canal von Haro laufe. Die in dem Entscheid angerufenen, aber nicht genannten Gesetzes- und Sachkundigen waren, nach äußerem Vernehmen, der Vicepräsident beim Obertribunal, Grimm, ferner das Mitglied des Leipziger Oberhandelsgerichts, Gold schmidt, endlich Professor K'epert von der Berliner Universität. Die Gutachten waren schon vor etwa vier Wochen erstattet. Gestern früh, nachdem der Entscheid des Kaisers bekannt war, besuchte Lord Odo Ruffell Herrn Bancroft. Die beiden Diplomaten tauschten herzliche Worte aus und beglückwünschten sich, daß durch den Entscheid des Deutschen Kaisers die letzte Schwierig keit zwischen England und Amerika beigelegt sei und beide Nationen fortan in Frieden und Freundschaft mit einan- Feuilleton. (Redigirt von Otto Banck.) K. Hoftheater, 25. October. „Jedem das Seine". Lustspiel in einem Act, von Gustav v. Moser. „Die Maler". Lustspiel in drei Acten, von Adolph Wil- brandt. (Beide zum ersten Male.) Ein reich besetztes Haus und in der That ein recht angenehmer, interessanter Theaterabend, angenehmer noch künftig, wenn man hofft, daß ihn nicht zum zwei ten Male Moser's mäßige Muse ermüdend und matt herzig mitmachen möchte. Die Sprünge ihrer Phan tasie sind überaus unbeweglich, unerträglich alltäglich, viel weniger heiter als grämlich und dämlich, — un säglich kläglich nämlich I Doch das ist eine thörichte Figur, sie fahre bin, wie Polonius sagt, und ich bitte sprciell um Entschuldigung, — die Saison wird un ruhig, eS drängt sich Production auf Production, man spielt in drei, bald nun in vier Theatern und man singt zu gleicher Zeit in verschiedenen Sälen dieselben Melodien, die vielen öffentlichen Herren Vorleser wetzen von allen Seiten die Schnäbel und ich habe die Nacht einen schönen, aber angreifenden Traum gehabt, mir träumte, auch der Ntbelunge Wilhelm Jordan käme an seinem Versstab oder StabverS dahergrwandert, — habe doch sonst diese- singende Sprechen und sprechende Sin gen so gern gehört, aber da- Andrängen der Saison umnebelt oft den Sinn für da- Erhabenste. Herr v. Moser hat mich zerstreut, Herr Wilbrandt nicht wieder gesammelt und der Stabreimtraum hat mich beängstigt, vielleicht weil ich mit Vergnügen so viel Unaerelmte» habe hören müssen, — et allitertrt nun in allen mei ne« Nerve«. „Doch welche Abschweifungen! Kurz und bündig! Sie wolle» sagen, daß Moser die-mal unendlich trivial, verbraucht und flach war, daß er es oft ist, daß er uns ungrnirt darben läßt auf Kosten der heiteren Mahl zeiten, die einst seine gewandte Bühnenkochkunst vorge setzt und daß er nach seiner Devise, „Jedem das Seine", das Eigenthum seiner Langweile für sich behalten möchte. Aber diese Wahrheit wissen wir längst, hat sie doch un ser reich durchmosertes Repertoire jedem Theaterbesucher auswendig lernen lassen. Zur Hauptsache! Springen Sie gefälligst auf Wilbrandt's „Maler" über." Ja springen Sie gefälligst! Es springt sich so. Schon seit einer Stunde setze ich an, den Inhalt des Stückes zu erzählen, doch vergeblich, der Ariadnefaden liegt auf dem Boden der Bieter, die diesmal das La byrinth bedeuten, und es ist so viel auf diesem Faden hin- und hergelaufen, daß er wieder eine Art Knäuel geworden ist, welches man entweder al- todeSmatter Minotauros auf dir Hörner nehmen oder mit einer — Scheere entwirren muß. „Um was aber handelt es sich denn in diesem Lust spiel? welche au- den Personen frei hervorgehrnde Thaten werden darin au-geführt? welche Charaktere entwickelt? welche poetische Ideen enthüllt? welcher dra matische Aufbau überrascht uns durch sein psychologische- JneinLndergretfen, durch seine leben-treuen Steigerun gen, auf daß man rin Recht habe, von einem angeneh men, interessanten Theaterabend zu sprechen?" Um Handlung handelt e- sich in dieser Comödte jedenfalls nicht, sondern um eine Reihenfolge von klei nen Ereignisse»; Thaten führt man nicht au-, dagegen pasfirt Biele- und Vielerlei; Charaktere entwickeln sich nicht, sie sind nur anekdotenhaft gestreift; poetische Ideen sind zwar vorhanden, müssen aber zwischen den Zeilen gelesen werden; von einem dramatischen Bau kann bet einem breiten Nebeneinander ebensowenig die Red« sein, al- wollte man bet einem bunten Parguet- fußboden dessen unebenen Buckel lobend erwähnen, und eine Steigerung pflegt da auszubleiben, wo die beiden letzten Acte nur den vorhergehenden ersten zu einer tri vial frivolen Lösung aussptrlen. „Läßt sich über ein Theaterstück etwas Abfälligeres sagen? Kann das ein imposanter Reiter sein, der, ohne ein Pferd unter sich zu haben, mit vier Hufeisen in der Hand lustig hin- und herspringt?" Und dennoch ist diese- ganze Manöver durchaus amüsant und höchst dankenswerth obendrein. „Die Maler", dieses sogenannte Lustspiel, ist eine der hübschesten Novellen, die Wilbrandt geschrieben. Wenn ich mir denke, daß etwa Bellmaus oder Bolz den Vorgang des Stücke- durch einige Zwischenteilen erweiterten: „Else hatte Zeit genug, in einsamen Stun den über ihre Stellung nachzudenken", „während dem war der Exccutor bereit- ringetreten", „Leonore schlich um Mitternacht in Oswald'- Wohnung" rc., so würde die Novelle fertig sein. Nicht so leicht macht man durch Weglassung dieser Lückenbüßer und durch figürliche Dar stellung deS Erzählten ein Drama. Die Bühne will eine geschloffen« Action, die au- den Charakteren tief inner lich und unabwei-lich hervorgeht, und nicht ein lose- Aneinanderrrihen zufälliger Vorkommnisse. Vor Allem aber keine skizzirten Ba-relieffiguren, sondern volle, frei sich bewegende Gestalten, deren Dialog statt um zu plänkeln dtrect auf die Frage ihrer Leidenschaften rin- geht. Ferner fordert ein Drama, wenn e» ein Lust- spiel ist, zunächst auch einige lustige, wahrhaft launige Charaktere und nicht nur solche, welche mit der Ironie eine- gewissen Galgenhumor- gute Miene zum bösen Spiel mach«» und sich herbeilaffen, durch ost sehr hübsche Einfälle und scharfe Witze über alle Welt und ihre eigene Lage und Person sich ihre Verlegenheiten schmack haft zuzustutzev. So diese vier Maler. Sie wohnen als Freunde in einem Hause, der stattlichste, Oswald (für den Herr Dettmer ganz und gar der paffende, geistvoll accen- tuirende Repräsentant ist), verliebt sich in eine schöne Lustspielwittwe üblichen Schlages. Sie will aus trif tigen Gründen einen Millionär heirathen, träumt aber in Mußestunden von jenem bekannten „dämonisch stür mischen, gewitterschwülen und heftig einschlagenden Mann und Liebhaber", von dem uns Hebbel, Paul Heyse, Wilbrandt und Andere schon früher so viel Vorgesprä chen haben, daß eigentlich die Mauern aller Nonnen klöster und Jungfraueninstitute verstärkt werden müßten. Leonore — das mit reizvoller Coquetterie spielende Frl. Lan g enhaun — muthmaßt in Oswald solchen Muster mann. Da er sie auf einem Maskenball ihrem Wunsche gemäß nicht aufsucht, kommt sie um Mitternacht in sein Atelier. Ihr Verlobter, dem sie den Abschied gegeben, tritt indrß auch ein und OSwald muß die romantische Dame für seine Braut erklären, um ihre Ehre minde stens ein wenig zu retten. Aber O-wald hat sich in zwischen in Else verliebt, seine Jugendfreundin, eine Schwester vom Maler Werner, die bis dahin halb kna benhaft, halb mädchenhaft in voller Harmlosigkeit der gute Cumpan aller vier Malerfreunde gewesen ist und sich nun plötzlich von einer häßlichen grauen Zwitter- motte durch Anlegen echt weiblicher Kleider und Ab- legen ihre- talentlosen KünstlerstrebenS und einer Brille in eine begehren-werth« schöne Jungfrau verwandelt hat. Leonore bemerkt Oswald'- neue Liebe, löst ihre Verlobung zu deren Bestem unter einigen graziös fri volen Scherzen auf und springt auf den Nacken eine- längst bereit gehaltenen Elephanten, deS wohlhabenden Kunstfreundes Hrn. Blume über und wird dieseu, wenn ihr nicht- Angenehmeres dazwischen kommt, wahrscheia- lich heirathen. Di« Nebenhandlung, daß Oswald wegen
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