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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-11
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920411021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892041102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892041102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-11
- Monat1892-04
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NbsUUkmeRlAHrtlA I,»« Heiptrxpedittoa oda de» im Stadt, tqjri »,d de» Vorort»» erncktetea >»». 2eßcke»«t»»h»lt: vterteijadrlich^t«^ bei Mim-Itarr täglicher Zustellung tn« b-^ ^ s^ll. Durch dir Pos« bezogen sä» riütschla^ uud Oesterreich: vterresitbettch all L—. Dirrrt» tägliche Kreuzdaadlenbiuig «M »nliend: «mmtlich ^ U»sK»r-»»-A»»gab» erscheint täglich'/,? Uhr, Sie »beud-LilSgsb» Kochrntog« L Uhr. Lr-artiou und Lniedittoa: -»»«»»es,«!» 8c. Uilk-ebttio» ist Kocht»lag« nnnnterb röche» »chist«» ftäh tz bi« «be»d« 7 Uhr. Male,: Vtt» >«««'« Parti«. <UssK» Pat«^ Uuw«stt»t«str,tz, z, ea,t» Läsche. Atheriunistr. Ich p«t- »ud KäuigSpletz V. Abend, Ausgabe. aWgtr.Tagtblalt Anzeiger. vWU für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd GeschMvettehr. Jnsertio«SpreiS Die 6 gespaltene Pctttzeile 20 Psg. ^ Ntclamt» »nt« d«mN«d«cttoi»»strich ilgo» spattea- 50^, sor lx» gamisiruaachrichlen (bgespatteu) 40-ch. Größer» tzchriflea tont Misere» Preis- velzetchuth. T-bellarilcher uad Zlssansutz »ach höhere« Lerss. Extra»vrtiaaen (gesalzij. «»r mit der Morgen - Ausgabe, vH», Poslbesörderuna » SO.—. mtt Postbesördermig 70.—. Aauahmeschlnß für Inserate: »b»»d»>»«gab«: vmmtttag» 10 Uhr. Morg» »-Ausgabe: Nach«tttiyp» «Usw. Vo»u- u»d Festtag« früh - Uhr. Pot dt» Filialen u»d Annahmestelle» je »tue Haid« Stand« snch«. S»f«rat» fi»d stet« a» N» «rkwstMa» t» richten. Lrnck «d vrrlag »au S. -al» t» Lettzgig är 188. Montag den 11. April 1892. 86. Jahrgang Politische Tagesschau. * Leipzig, N. April. Schon gestrra Haien wir darauf hingewirsen, daß die Führer der Socialdemokratie sich den Anschein geben, al» hielten sie den Drcan von PoninSki in KoScielec lammt seinen vier umgekommenen Angreifern für Opfer der Polizei oder anderer „Schergen" der bestehenden Gesellschafts ordnung, die sich kein Gewissen daraus machten, verwegene Gesellen zu Raub und Mord anzustiften, um eine Handhabe zur rücksichtslosesten Verfolgung nicht nur der Anarchisten, lontern auch der Socialdemokratie zu gewinnen. Wir kommen heute auf diese Liebknecht'schc „Interpretation" zurück, da sie dir rrnstrste Beachtung verdient. Sir regt zunächst die Frag» an, ob nicht doch vielleicht wenigstens ein Theil der socialdemokratischen Führer wirklich glaubt, was er zu glauben behauptet. Man darf diese Frag« wohl anfwersen. Der Haß ist z» Allrm fähig und hat eine ganz andere Logik al« die gesunde Vernunft; das haben Tausende und Abertausende von Ereignissen bewiesen, die uns die Geschichte überliefert und die jüngste Vergangenheit uns hat erleben lasse». Wer dir bestehende Gesellschaftsordnung für die Wurzel aller Uebel und die „herrschenden" Elasten für durchaus verfault und corrumpirt hält, traut diesen Elasten Alles zu, und zwar um so leichter, je mehr er sich selbst vewußt ist, daß er unter gewissen Ber- dältnissen bei der Wahl seiner Mrttrl jede- Bedenke» bei Seite setzen würde. So undenkbar rS daher jedem Nicht- socialdemokraten sein muß, daß Menschen sich finden würden, die auf Anstifter, und unter dem Schutze einer noch im Besitz der umstrittenen Macht befindlichen ÄesellschaftSclasse den Ursprung einer verbrecherischen Handlung durch Selbstmord und gegenseitigen Mord verwischten und sich dadurch um den für die Handlung auSgesetztrn Preis brächten, so denkbar ist e« gleichwohl, baß die fanatischen Feinde und Hasser der „herrschenden" Elassen für möglich halten, vr< diesen Elasten selbst al» unmöglich erscheint. Glaubt koch ein gewisser, immer weitere Kreise ergreifender Fanatis mus trotz der Wachsamkeit zahlloser Späheraugen an Ritual- morde, durch welche die Mörder sich und ihre Glauben«» genossen a» da« Messer liefern würden; warum soll der socialdemokratische Fanati-mu« nicht an „Spitzelmorde- glauben können? Und ist e« denkbar, daß selbst von de» klugen Führern der Socialdemokratie wenigsten- die fana tischsten an „Svitzelmorde" glauben, so ist es geradezu selbst verständlich, oaß die diesen Führer« folarndru Masse«, be sonder« die Menge der halbwüchsigen Burschen, den „Spitzel mord" als eine unbestreitbare Thatsache hinnimmt und vrr- wcrthet. Man braucht nur gesehen und gehört zu haben, wie diese Masten den hirnverbranntesten Blödsinn ihrer Apostel bejubeln, um mit größter Sichrrhrit Voraussagen zu können, daß demnächst in den socialdemokratische» Versamm lungen, besonder« in denen der „Jungen" nicht« stürmischer begrüßt werden wird, al- die „Beweise" der Redner, dag auch die Blutthat von KoScielec nichts sei, als eine neue Schandthat der Spitzel und ihrer von der socialdemokratischen HeilSlehre sich bedroht fühlenden Auftraggeber. Und wenn eS auch nicht ausdrücklich gesagt wird, daß da« Blut der „Lpse- von KoScielec- wieder Blut fordere, und zwar da« Bl»t der angeblichen Anstifter, so wird doch au« den sanati- sirten Versammlungen keiner der thatendurstiaen „Erben der Zukunft- hinweggeben ohne da« Gelöbniß, Alle- daran zu letzen, um der Herrschaft der corrumpirten und corrumpircn- den Elasten ein Ende zu machen, nöthigensallS ein Ende mit Schrecken. Wenn der Reichstag in der nächsten Session mit der Anarchistenfrage sich zu beschäftigen haben wird, so wird er fein Augenmerk vor Allem auch auf die ungehindrrte Fanatisiruna der Massen lenken müssen, die Nahrunl selbst au« den Gräuelthaten de« Anarchi«mu« zieht. Es ij eine gefährliche und eine grausame Politik, die den fanatischen Führern der Socialdemokratie dir Bethörung ihrer Opfer nicht mit energischen gesetzlichen Mitteln erschwert. Der konservative Abgeordnete v. Helldors-Bedra t keineswegs gewillt, vor der „Kreuzzritung- und ihren Untermännern, die ihn aus der Partei binauSdrängen möchten, die Waffen zu strecken. De» Angriffen, die von dieser Seite gegen ihn gerichtet werden, setzt er nicht minder scharfe entgegen und weist in der „Eonservat. Wochenschrift" den Vcrwurs der „Denunciation-, der ihm von der „Kreuz- zeitung" gemacht worden war, sehr energisch folgendermaßen zurück: „Die „Kreuzzeituna" versucht die Wendung, wir „denuncirten st» an Allerhöchster Stell?'. Dieser Ausdruck ist »»gehörig; der Hin weis aus Dinge, die »ine zerrüttend« Wirkung auSüben, und der Nechwet», daß st» bedenklich sind, ist keine „Denunciation". Politiker, di« über geringe geistige Mittel versügen. neigen allerdings dazu, niit diesem Schlagwort jede ibnen unbequem» Kritik obzuichiittetu, und Sachliches weist die „Kreuzzeitung" ja, wie gewöhnlich, auf unsere Vorhaltungen nicht zu erwidern. Sie übersieht indessen, daß, wenn ihre Bezeichnung am Platz« wäre, sie selbst wahr« Orgien des „Denun- ciantenthum«" aus genau demselben Gebiete — gegen da« internationale Judenihum, gegen natioiialliberale Blätter, in denen sie Beweise republikaniicher Gesinnung aulwlirt u. s. w. — feiern würde; eS bestände alsdenn geradezu ihre Hauptthätig- kett tin „Denunciren". Und wir kennen allerdings nur eine Wahrheit und eine Entrüstung, die nicht von oarleipolttischen Rück sichten regulirt wird, und gleichviel gegen wen sie sich wenden »„ist." Ueber den ihn indirrcl zum Au«tritt aussordernden Be schluß der konservativen Fraktion des Herrenhauses läßt sich Herr von Helldorf folgendermaßen auS: „Der wirklich« Thatdestand ist der, hast an, 6. d. M nach Schluß der Plenarsitzung de- Herrenhauses, welches sich gleichzeitig bi» nach Ostern vertagte, eine während der Berha»dt»ng»n im Ple» nuin eliibcrusene Sitzung der konservativen Fraktion stattsand, von deren Anberaumung Herr v. Helldorf nicht in Senntnist gesetzt wurde, obgleich seine Anwesenheit in Berlin de- kann« war. In dieser Sitzung wurde ein Schreiben an Herrn von Helldors genehmigt, welche» demselben vo» Herr» von Kleist-Retzow zugestellt und dessen Wortlaut zugleich in der „Kreuzzeitung" ver- Sssentllcht wurde. Dt» Zahl der anwesenden Fractlonsmitglieder wird in der Presse verschieden — aus 25 und aus 35 bei einer Ge lammtzahl von 109 FractionSangehörigen — angegeben, und e« wird weiter zutreffend constatirt, dast 2 dissentirtkn. Da« ist rin offener Protest gegen jenen Beschluß und die Art und Weise seiner Herbeiführung. E« fragt sich nun zn- nächst, ob auch andere Mitglieder der conservatigen Herren- hau«sraction diesem Proteste sich anschließen. Dir Kund gebungen zahlreicher conservativer Vereine gegen Herrn von Helldorf deuten aber-nicht darauf bin, daß er zahlreiche AnhängK'drsitzl, der den Muth besitzen, für ,bn einzutrelen, o lange dir Regierung sich «n Schweigen hüllt. Die letztere chciat vorläufig nicht geneigt zu sein, ihren Einfluß nack der einen oder der anderen Seite geltend zu machen. Die „Frankfurter Zeitung" und ihre sächsischen Trabanten, die „Zittauer Morgenzeitung" und der „Wähler", suchen sich an unS in der bekannten geschmackvollen Weise zu reiben, weil wir gesagt hatten, daß mit der Ausschließung der focialdemokratischen Abgeordneten im sächsischen Landtag von de» EommissionS-Berhaiidiungrn und mit der von der Zweiten Kammer erthcilten Genehmigung zur Er hebung von Anklagen wegen grober Beleidigung der Kammer die groß« Mehrheit der sachsilchen Bevölkerung völlig einver standen gewesen sei. Es wird von den genannten Blättern behauptet, da- sei nicht wahr, und zum Beweis dafür wird da« Abstimmungs-Resultat der am 20. Februar 1890 stattgefundenen ReichStagSwahl angeführt, wo angelick 293 000 socialdemokratische und dcutschfreisinnige Stimmen 277 000 Stimmen der Ordnung-parteien gegenüber gestanden haben. Daß dieser „Beweis" sebr binkt, liegt für jeden nur einigermaßen mit den Verhältnissen vertraute» Politiker auf der Hand. Bei Beurthcilung der Thätigkeit de« sächsischen Landtages kommen doch lediglich, wenn derartige Rechen exempel angestellt werden, die Zahlen der Landtagswähler und di« Ergebnisse der Landtag-wablen in Betracht, und da wird wohl Niemand ernstlich ,n Zweifel ziehen wollen, daß Fersilleton. Moderne Junggesellen. ss Roma» vo» P. w. Zell. rnovnia »erd«!». (Fortsetzung.) Und wäre denn nicht unter Umständen eine hübsche kleine itbinesln oder eine heißblütige Indianerin l>ebru«w«rth? spottete Cornelie. Er trat dicht vor sie hi». Fräulein von Rhadrn — nicht diesen Ton, bat er weich. Sogen Sie mir lieber Ihre ehrliche Meinung darüber, ob Sie eS für möglich halten, daß e« eine Ihrer Schwestern mit mir sonderbarem Schwärmer und meiner Theorie versucht? Eornelie gerietk bei seinem heißen Blick, dem dringenden Ton in eine ihr gänzlich ungewohnte Verwirrung. Ich, Herr Rath? Wie sollte ich da« wissen? Eine sehr bochsinnige oder — sehr leichtsinnig« Frau ging« vielleicht daraus ein. Diese Worte, daz« ihre reizend« Verwirrung ließen seine Leitenschast so hoch emporlodern, daß an tin Eindämmen nicht medr zu denken war. Gewöhnt, die Frauen durch Kühn heit zu überrumpeln, ergriff er plötzlich Eornelien« Hände und bedielt sie fest in seinen bebenden. Bleiben wir bei der Hochstnnigen stehen, Fräulein von Rbaden, flüsterte er mit vor Erregung heiserer Stimme, wäbrend sie erschreckt aufgrfahrrn war und ihm nun acgen- uberstond, vergeblich versuchend, ihre Hände zu lösen. Halten Sie mich nicht für wahnsinnig, wenn ich an Sie — an Sie, Eornelie, dir unaeheuerliche Frage richte: Wollen Sie r« mit mir versuchen? Ich liebe Sie, bete Tie an — längst müssen Sie da« wissen, gefühlt haben, und wenn ich auch eine Er widerung meiner Gefühle nicht — jetzt noch nicht I — er warten darf, würde ich doch Ihre Einwilligung al« unfah- dare« Glück, al« unverdiente Gnade de« Himmel« hinnehmen. Earnelt« hatte jetzt ihre Hände defrrit. Bleich uad bebeud stand sie da und zwang ihn mit einem hoheitSvolle» Blicke, zurückzuweichen. Er erkannte, daß sein so plötzlich hervor- brechende« stürmisches Werben sie verletzt batte, und in sinn- loser Angst, durch seine Heftigkeit Unwiderbringliches zerstört zu habe», siel er plötzlich vor ihr nieder und preßte den Saum ihre« Kleide- an seine Lippen. Verzeihung, Eornelie, wenn meine Leidenschaft mich über» mannte! Ich bin alt genug und habe doch noch immer nicht gelernt, meinem Gefühl Schranken aufzuerlcgcn. Stoßen Sie mich deshalb nicht zurück — gerade meine Unbesonnenheit bürgt Ihnen für die Größe meiner Liebe. Ich antworte nur, wenn Sie sofort aufstehen, sagte Eornelie streng und man hörte ihrer Stimme an, wie sie nach Fassung rang. Rungher erhob sich und stand nun in demüthiger Haltung da. Wahrend sie sprach, vermied sie e«, ihn anzuseben. Ihr Gesländniß überrascht mich. Herr Rath — ich glaubte bisher, rS seien ganz andere Beziehungen, die Sie an die« Hans srfseln. Melanie — aber lassen wir La«. Sie sagen, Sie lieben mich und glauben da« wohl auch selber. Haben Sic aber «ine ungefähre Ahnung davon, wir lange diese Liebe anhalten wird — auf wie viele Jahre wir mit andern Worten den Ehecontract festzustcllen hätten? Sie spotten meiner, Eornelie! brach e« grollend von seinen Lippen. Durchaus nicht, Selbst wenn Sie diese Bedingung nickt formell stellen, müßte ich, da ich Ihre Ansichten über diesen Punct nunmehr genau kenne, sie in Erwägung ziehen, um so mehr, da ick manche«, wa« Sir sür Ihre Theorie anfübren. al« berechtigt gelten lasten muh. Welche Dauer also erkennen Sit Ibrrr Leidenschaft zu? Ich würde natürlich, die Er regung de« Augenblicke« in Betracht ziehend, Ihr« Angaben noch beträchtlich verringern. Er wandte sich verletzt zum Gehen, zögerte und trat dann noch einmal auf sic zu. Jede« echt» Gefühl, Fräulein von Rhade», und sei eS nur der Rausch eine« Augenblick«, hat Anspruch darauf, ernst ge nommen zn werten, sagt« er gemessen. Spott verdiene ich nicht. Ich bade alleriing« mit Ihnen gefprocken wie noch nie zu einer Frau — Melanie vielleicht »»«genommen. Ja, die 52 conservativen und nationalliberalen LandlagSabgeord- nete» die große Mehrheit der wahlberechtigten sächsischen Bevölkerung hinter sich baden, klebrigen« ergeben ReichS- tag-waklen rin sehr schwankende« Bild von der Stimmung der Bevölkerung. Man braucht nur drei Jahre, aus die Reichstag-Wahlen vo» 1887, zurllckzugreife», um zu sehen, wie bald das betreffende Bild sich ganz anders gestaltet. Die neuerdings ringetrosfencn spanischen Blätter ent halten über die Madrider Anarchisten-Anschläge Mit- tbeilungen, welche zwar durch den Telegraphen zumeist über holt sink, doch aber über manches Interessante noch Ausschlnß gebe», Es wird unter Anderin eine „Verordnung- sür die Anarchisten abgedruckt, die man in den Taschen Tepochs'S und Ferreira'S gesunden hat. Das curiose Schriftstück enthält nachstehende zehn Artikel: 1) Der anarchistische Genosse hat vor Allem sei» Leben sür nichts zu achten. 2> Er kennt kein anderes Vaterland al« die sociale Revolution und keinen an deren Feind als da« Eapital »nd die besitzende Elaste. 3) Die Anarchisten erkennen keine andere Justiz an, als das aus ihrer Mitte ernannte „Ehrengericht", gegen dessen UrtheilSsprllche eS keine Berufung gicdt. 4) Die Anarchisten sind unter einander unverießlich; Jeder muß jederzeit bereit sei», sein Leben sür die Verlbeidigung seiner Genvssen zu wagen. 5) Die erste Pflicht eine» Anarchisten ist die sociale Revolution, v) Sie haben jede revolutionäre Be wegung, welche nicht gegen da« Eapitat gerichtet ist, von sich zu weise». 7) ES g>ebt keine Entschuldigung für einen Anarchisten, eine ihm durch daS LooS zngefallene Dienst leistung abzulchnen; nurKrankhcit entschuldigt. 8) Ohne Ermäch tigung der „Versammlung" darf kein Anachirst ein öffentliche- Amt bekleiden. 9) Alle Anarchisten müssen sich unter einander kerne», dürfen kein pvlitijches Gede»»»iß unter einander haben, aber alle Geheimnisse anderer Vereinigungen auSkund- schastcn. Der wichtigste Dienst eines Anarchisten sür die gute Sacheist die Angabe von solchen Genvssen, die etwa mit den Behörden Beziehungen pflegen. lO) Die Anarchisten erklären sich sür die Revolution mit all ihren Folgen und haben derselben ihre ganze Intelligenz, Energie und Beharrlichkeit zu widmen. Dem neuen bulgarischen Vertreter in Konstantinopel. Dunitrow, ist bekanntlich vom Sultan ein außerordentlich sreunblicher Empfang bereitet worden und eS ist dadurch die herrschende Spannung zw scheu Sofia und Stambul wesentlich gemitvrrt. Die Sprache des RrgiertUlgSorganS „Swobvda", welche« besonder« die Worte de« Sultans hervor- hebt: „Die Bulgiren möchten wie bisher Vertrauen zu ihrem Suzerai» habe»", unterscheidet sich sehr von derjenigen früherer Nummern, in denen unter Andcrm der Türkei vorgeworsen wurde, daß sie seit der Kroiistädter Kundgebung und feit der Entlassung de« GrcßvezierS Kiamil Pascha der Pedell Ruß lands geworden sei. Kurz nack der Erwählung des Prinzen Ferdinand zum Fürste» von Bulgarien habe Kiamil Pascha dein vr. Vulkowitsch versichert, dag die Psorte, die Wahl be stätigen werde und damals sagte die „Swobvda": „eS ist kein Grund vorhanden, warum unsere Regierung zSgern sollt», die Würde der Nation zu wahren; sie must die Zuiückziehung I»ne« ipüteren Telegramm» der Psorte, welche» die Anwesenheit de« Prinzen in Bulgarien sür illegal erklärte, sie must di« Bestätigung der Wahl de« Fürsten Ferdinand und die Aurweisungder butgaruchen Flüchtlinge vom vtlomanischen Boden verlangen. Wenn die Türkei es abtehiit, unser« Forderungen zu erfüllen, müssen wir ihr «inen Schlag verletzen, welcher sie lähmt und von welchem sie sich au Jahre hinaus nicht wird erholen känven. Die Mittel hierzu besünden sich in unseren Händen und wir müssen die Gelegenheit nicht versäumen." Diese deutliche Drohung mit einem Aufstande in Make donien ist jetzt gegenstandslos geworden; der Sultan bat das versöhnende Wort gesunden und schließlich bat in Sofia, so lange Stambulow regiert, noch immer die ruhige Ueberlraiing die Oberhand behalten. Diese verweist die Bulgaren aus ei» gute« Einvernehmen mit der Pforte. Schließlich habe» beide denselben gemeinsamen Feind: Rußland. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika beschäftigt man sich schon eifrig mit den PräsidcntschcrftS- wahlen und je mehr man sich mit ihnen beschäftigt, um so mehr tritt die Wahrscheinlichleit in den Vordergrund, daß dem Republikaner Harrison ein leichter Sieg zufallen werde. Blaiue scheinl sich in der Thal ganz von der Eanbidatur uriickgezogei, zu haben, er ist ohne Zweisel krank, wenigsten« o krank, daß er nicht im Stande ist, vom 4. März 1893 an edc Woche im Weißen Hause ru Washington den edlen Patrioten vier Jahre lang die Hände zu schütteln, und diese Repräsentation ist doch nun immer die Hauptsache. Während oniit die Republikaner anschcinend über ihren Eandidaten einig sind, tritt die Zerklüftung der Meinungen bei den Demokraten immer mehr hervor. Cleveland, der gefeierte Eleveland, dessen Baby sogar im vorigen Jahre als Symbol der Reinheit seiner demokratischen Ansichten dienen mußte, dürfte ernstlich gar nicht mehr in Frage komme». Ihm macht in erster Linie Senator Hill, der Bevorzugte de« Taniany Hall, die Beute streitig. Er reist jetzt im Süden »iiihcr, ball eine Rede nach der andern und sammelt in Städten und Dörfern Aufträge, die er auSsühren will, wenn er, wie er hofft, einst im Weißen Hause wohnt. In seinen sieden vermeidet er jede bestimmte Angabe über seine Stellung zum Tarif und zur Silberfragc, seine Partei weiß aber, daß er jede Platsorm, welche die demokratische Partei aus ihrer Versammlung im Juni v. I. in Chicago ausstellt, mit verbundenen Augen unterzeichnen wird. Die Fachpolitiker seiner Partei sinken da- Vorgehen de« Herrn Hill bezaubernd. Nach ihrer Ansicht ist der Aufenthalt im Weißen Hause da- kostbarste Beutestück de- Präfldentschafts Feldzuges, und nur der darf e« erhalten, auf den man sich' verlassen kann, von dem eS sicher ist, daß er die ganze übrige Beute unter seine Freunde und Helfershelfer vertbeilen werde. Elcveland selbst thut so aut wie nicht« für seine Eanbidatur, er lebt rubig dahin und läßt sich erst zu politischem Auftreten holen. Seine hohe Meinung vom amerikanischen Volke, wenn inan vo» diesem sprechen darf, daß e« den Eandidaten für die Präsidentschaft frei und unabhängig finden muß, dürfte wohl nicht begründet sein. Seit Lincoln sind die Zeiten anders. Neben Hill und Eleveland treten aber noch eine ganze An zahl andere, freilich vorläufig nicht ernst zu nehuiende demo- tralische Eandidaten auf. Da ist der Gouverneur de« Staates Iowa, Herr Boie«, der in seinem Staate eine höchst ge achtete Stellung «innimmt. Alt Demokrat ist er Ueberläuser, hat aber in den Augen seiner Partei da« Verdienst, Iowa den Republikanern abgerungen zu haben. Ferner tritt ans Generai Palmer von Illinois, ein Mann von 78 Jahren, aber noch sehr rüstig Im Bürgerkriege war er General aus der Seite der Nvrdstaaten, schloß sich später aber politisch den Demokraten an und ist veute einer der bedeutendste» Advocaten Chicagos. Weiter könnte Senator Gorman von Maryland für den Convent in Betracht kommen; er ist zwar kein >Ve8terner, aber er gilt für sehr tüchtig und klug. BoieS steht den Silbcrleuten ziemlich nahe, Palmer ist von-committal, er hat sich bisher gehütet, in der Frage Stellung zu nehmen. Gorman ist als Freund Eleveland's ei» Gegner des Silberschwindrls. Aber schließ lich wird sich jeder der Herren der Platsorm de« EonventS anbequemen, und sollte sie Schasleder dem Golde aleichsiellen wollen: nur von Cleveland ist eine charakterfeste Haltung in dieser Frage zu erwarten. Z» den obigen Namen ist noch der dc-GouvcrneurS von Pennsylvanien, de« Herrn Pattison, hinzuzusügen; man darf ihn nach BoieS, Palmer und Gorman als eine entfernte Möglichkeit, al« ein mögliche- ckark Korso ansehen. Alle« in Allem deutet die gegenwärtige Lage auf einen mühelosen Sieg Harrison'S, dem Herr Blainr den Gefallen »Hut, fortwährend recht leidend zu sein, so daß Niemand mehr daran zweifeln kann, daß seine Absage vollkommen ehrlich gemeint war. selbst da- mögen sie wissen — ich habe ihre Cousine geliebt. Eine Heiralh hielten wir Beide nicht für ersprießlich. Frau von Rathenow braucht einen reichen Mau» und ich — eine andere Frau, als sie mir bei all ihren glänzenden Eigen schaften sein könnte. Klar haben wir La- erkannt und sind längst aute Freunde geworden. Auch manche andere Frau habe ich geliebt — we-halb sollte ich da« leugnen? Sie werden von einem Manne in meinen Jahren nicht die un berührte Seele eine» Jünglings verlangen. Nie bisher aber babe ich eine Frau zur Ehe begehrt — eS ist die- der erste HeirathSantrag. den ich au-spreche, Fräulein von Rhade» DaS genügt zur Beurtheilung meiner Gefühle sür Sir. Ob mich aber diese selbe Liebe bi« zum Lebensende erfülle» wird — ja, bin ich denn rin Gott, um daS wissen zu können? Er schien auf eine Antwort zu warte», Eornelie aber schwieg und schaute unbeweglich vor sich nieder. Da verbeugte er sich tief. Verzeihen Sie. mein gnädige- Fräulein, und vergessen wir diese Stunde. Was an mir liegt, soll geschehen, Sie nicht wieder daran zu erinnern, daß ein Mann Ihretwegen alle seine LebenSprincipien über den Hausen Wersen wollte. E» war auch sebr thöricht und ihm geschieht recht, daß Sic nur Spott und Schweigen für ibn haben. Leben Sie wohl! Noch eine Verneigung, Rungher ging. Draußen sagte er dem Mädchen, daß er die Frau Baronin nicht länger er warten könne. Eornelie war, al« di« Thür hinter ihm zugefallen, wir au« einem Traum aufgefahrrn. Verwirrt schaute sic um sich, trat schnell zum Tisch, dir Lampe zu verlöschen, und hastete dann aus ihr Zimmer, dessen Thür sie hinter sich verriegelte. Und nun sank sie ausatbmend in einen Stuhl und versucht« die wildtreibenden Gedanken zu ordnen. War e« denn Wirklichkeit — neckte sie kein Traum? Rungher, der stattliche, geistvolle Mann, hatte »m sie geworben, ihr von seiner leidenschaftlichen Liebe gesprochen — ja, war denn daS möglich? Sie batte biSber angenommen, er und Melanie gehörten zusammen, wenn auch vor der Welt da« freundschaftliche Verhältniß zur Schau getragen wurde. Rungher batte sie offen über seine Beziebungrn zu ibrer Cousine aufgeklärt, wie sie auch seinem ganzen heutigen Ver halten, selbst in der stürmischen Scene, Männlichkeit und Würde nicht absprechen konnte. Er liebte sie — eiu Schauer durchrieselte sie bei dem Gedanken — und er war ein Man», um dessen Besitz sie Hunderte ihr« Mitschwestern beneiden würde». Aber liebte sie ihn denn? Nein. Wenigsten» empfand sie nicht da« sür ihn, was man sür gewöhnlich Liebe nennt. Aber interessirt hatte sie der Mann vom ersten Augenblick an, als er ihr in Melanie s Salon so dienstbereit wie rin alter Freund cntgegentrat, und seine geistige Bedeutung war ihr auch von Anfang klar geworden. Dazu sein ritterlich liebenswürdige« Wesen, seine heitere und doch pikant gewürzte Unterhaltung — erst jetzt gestand sie sich, daß ihr eigentlich immer etwas gefehlt, wenn sein Platz am Thcctisch leer ge blieben. Sie batte die» alle- bisher nur nicht zugeben, sich nickt soviel mit dem Manne beschäftigen wollen, auf den augenscheinlich Melanie Anrechte besaß. Und uun — etwa» wie ein großes GlückSgesühl überkam sie, dem indeß die Schmerzempsindung auf dem Fuße folgte — hatte sie ihn denn nickt zurückgcwiese», war er nicht im Zorn gegangen? Freilich, seine Ansichten über Liebe und Ehe, seine Marotte — aber »ein, da« war keine Marotte — im Grunde bedeuteten all seine AuSsühruagcn nur eine höhere Rang- stelluiig des Individuums an sich. Er wollte die Freiheit de- Willen« und Handelns auch in der Ehe gewahrt wissen — war da« verwerflich? Gewiß nicht. Und dann — sie hatte ihn ganz zuletzt in ihrer Bestürzung und Erregung vielleicht nicht recht verstanden, ab« wollte er sich nicht bedingungslos allen bestehenden Satzungen unterordnen, wenn sie nur dir Seine wcrdW wolle? Nein, sie irrte nickt, denn er batte ja doch von Zertrümmerung aller bisherigen LebenS- principien gesprochen — wie sebr mußte er sie lieben! Und schjirßlich behielt da» GlückSgesühl die Oberhand in ihr. Er war im Zorn gegangen, ja. Aber seine Liebe, dir so große Opfer zu bringen bereit gewesen, konnte nicht in dem eine» Moment ertötet sein. Ein Wort von ihr würde genügen, ibn zurückzurusen, und sie wollte nicht Neinlich sein und die« Wort sprechen. Ja, mehr. Freiwillig hatte er sich erboten, aus seine Grundsätze, seine rcsormirenden Ideen in Bezug aus das Wesen der Ehe zu verzichten, und sie wollte
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