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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.08.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-20
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920820023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892082002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892082002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-20
- Monat1892-08
- Jahr1892
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Abonnementspreis lober HanptexpeLition oder den im Stadt bezirk und den Vororlen errichteten Aus- ,«besteven ab ge holt: vierteljährlich.^4.50, hei zweimaliger täglicher Zustellung ms Hau» -S» S.üu. Durch die Post bezogen sur Teuljchlaud und Leger reich: vieriel,üdrlich ^ k.—. Directe tägliche Kreuzbandlenduug tnS Au-laad: monatlich 8.— TieMorgen-AuSgabe erscheint täglich '/,7Uhr, die Abend-Auegabe Wochentags b Uhr. Redarlion unv Erpedition: Aohanlicsgaffc 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geofiuet von früh v bis Ab-udS 7 Uhr. Filialen: ktt« klemm'» C-rtim. «Alfred Hahn), Universitätsstraße 1, LouiS Lösche. »lliharinenstr. 14, pari, und König-Platz 7. Abend.Ausgabe. tMM Anzeiger. Dkgan für Politik, Localgcschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. ^126. Sonnabend den 20. August 1892. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Erpedition ist morgen Sonntag, den 21. Anglist, Vormittags nnr bis Uhr geöffnet. kxp6«Ntion «1L8 I,6ip/»llt6V 'l'urrotrllMeN. Politische Tagesschau. * Lcipzig, 20. August. Nach drm Vernehmen der „National-Ztg." hat sich der Kaiser, wie bereits gemeldet, bei der Parade am Mittwoch entschieden gegen die zweijährige Dienstzeit erklärt. Der Monarch wolle lieber ein kleines Heer mit längerer Dienst' zeit, als ein große- mit kürzerer. Sollte sich diese Mit lhcilung, die sich niit einer älteren Information der Münchner „Allg. Ztg." vollkommen deckt, bewahrheiten, so würde das wohl eine unerwartete Klärung der parlamentarischen Lage im kommenden Winter zu bedeuten haben. Man müßte nämlich annehmen, daß überhaupt keine Hcercsvorlage zum Vorschein kommen wird. Tenn »ach Berichten, die man für zuverlässig ballen darf, bildete bei allen bisher erwogenen Plänen die zweijährige Dienstzeit einen iutegrirentcn Theil, und neue auSzuarbeiten, welche ein Mehr an Menschen und Geld fordern, ohne Erleichterungen zu gewähren, wird man in Regierungskreisen wahrscheinlich alS vergebliche Mühe betrachten. Graf Caprivi wenigstens, daS hat auch die „Kreuzztg." angedeutet, giebt sich keinem Zweifel darüber bin, daß von diesem Reichstage eine HecreSverstärkung ohne Abkürzung der Dienstzeit nicht zu haben ist. Und zu einer Auslösung, deren Erfolg allerdings auch sehr problematisch wäre, dürfte er kaum genug Selbstvertrauen verspüren. Wie dem aber auch sein mag, authentische Mitteilungen über die Absichten der Regierung sink nunmehr, da, mit Grund öder Unarund, ein kaiserliches Wort cvlportirl wird, dringend zu wünschen. Der „Kreuzztg.*, welcher in solchen Dingen die besten Quellen zugänglich sind, wird zwar die Richtigkeit der Meldung der „Nalionalztg." bestätigt. Gleich wohl darf man nickt vergessen, daß über Aeußcrungeit, welche im Kreise hoher MilätairS fallen, stets TiScretion bewahrt wird. Die Socialdemokraten sind die besten FaiseurS. Sie sind unermüdlich in Veranstaltungen und neuen Lockmitteln, um für ihre Zwecke zu werben. Freilich ist ihnen die Sommerszeit dazu nicht günstig und ihre Versammlungen sind daher nicht gut besucht. Aber die socialdemokratischc Theatcrmaschincrie muß immer Neues bringen und damit sic nicht einrvstet, muß neues Ocl aufgegvssen werden. Da ist denn die Parteileitung auf ihren alten Tric verfallen und sucht sich wieder einmal ein Arbeitsfeld aus, auf dem sie bisher Lorbeeren nicht pflücken konnte. Sie wirst sich mit aller Kraft auf die Agitation unter den Handlungs gehilfen und hofft, trotzdem sie schon einmal von dieser Seite gehörig heimaeleuchtet wurde, neue Gimpel in ihrem Garne zu fangen. Sie bat aber dabei kein Glück. Nachdem Herr Auerbach, der frühere Apostel für die Kaufleute, von der Partei abgesägt worben ist, hat sich jetzt Herr Türk auf die Reise begeben und sucht unter den jungen Kanslcutcn für eine sociat- deinvkratische Vereinigung unter diesen Propaganda zu machen. Es soll ein kaufmännischer Eongreß wie im Jahre 1832 in Berlin stattsinben, doch soll dieser Eongreß erweitert werden und nicht nur die Gehilfen, sondern auch die Markt- Helfer, Packer, und zur ganz besonderen Anziehung die „Ladcn- damcn" sollen an chm theilnehmen. Die Einreihung der letzteren Bcrussclassen, welchen wir in ihrer beruflichen Ebre durchaus nicht zu nahe treten wollen, beweist, daß man ich einen Erfolg bei den Gehilfen nicht verspricht und daß man, um nur überhaupt Leute zu der Vereinigung zu haben, die letztere auf die Marktkelfer und Ladenmädchen ausdebnen mußte. Die große Mehrzahl der deutschen Handlungsgehilfen will von der Socialdcinokraiie nichts wissen und wenn sic ihre Stellung, die nicht iniiner die glücklichste ist, besser» will, so chließt sie sich ihren BernsSvereinen an, die in Rücksicht aus ihre sociale Stellung gegründet worden sind. Ter deutsche LiandlungSgehilse bat andere berufliche Inlercsscn als die Marklbelser und Eoiifeclioncuscil und bleibt für sich. TieS Bewußtsein ist bereits in ganz Deutschland in diesen Kreisen dnrchzedrungcn und die Geschäfte, welche in letzter Zeit die socialdemokralischen Wanterapostel bei den Ka»slc»tcn gemacht haben, sind gleich Null Auch i» diesem Jahre haben die socialdemokratischen Agitatoren bis jetzt nnr Mißerfolge z» verzeichnen und wir können dabei mit Genugtkuliug bervvrheben, daß der Verband Deutscher Handlungsgehülscn als das feste Bollwerk, welches die Commis vor der llingarnuiig durch die Socialteinokratie schützt, sich ezeigt hat. In Dresden, in Magdeburg, in Hannover sind die Agitatoren abgeblitzt, und in alle» drei großen Versamm lungen sind Mitglieder des VcrbandcS Dculjcher HandlungS- gebülfcn in daS Bureau gewählt worden und haben bei den Abstimmungen mit sehr großer Mehrheit Uber die anderen Anwesenden, die Packer, Hausdiener u. s. w., de» Sieg davon- getragen. Der Verlauf dieser Versammlungc» bat wieder bewiesen, daß die deutschen HaiitlungSgchüffeii cS ablebnen, sich als Stinunmatcrial für die Socialdemokralic benutzen zu lassen und daß sie zur Vertheitigung ihrer Interessen selbst stark genug sind. Am allerwenigsten können sic aber in der genannten Partei, die den Handel »ach jeder Richtung be kämpft, eine Vertretung ihrer Wünsche erkennen. Ungerechtfertigte Beachtung findet in einem Theile der Presse die Mittbeilung eines schlesischen Blatte-, wonach Herr Herrfurth hauptsächlich deshalb zurückgetreten wäre, weil er vergeblich den sofortigen Erlaß eines Wahlgesetzes und die Reform dcS DrciclasscnwahlstistemS gcsordert habe und mit Eingriffen in die Selbstverwaltung der Gemeinden, wie die geplante Steuerreform sic angeblich mit sich dringen soll, nicht einverstanden gewesen wäre. Diese Mittbeilung ent behrt jeder Beglaubigung und ist aller Wahrscheinlich keit nach auf den Umstand zurückzusühren, daß Herr Herrfurth in privaten Unterredungen lantgcwordcncn Wünschen »ach Erlaß eines provisorischen Wahlgesetzes seine Sympathien nicht versagt hat. Entspräche die Erzählung aber den Thatsachen, so würde sic doch keinerlei politische Bedeutung beanspruchen dürfe». Herrsurtb, das siebt außer allem Zweifel, mußte gehe», weil Graf Eulenbnrg komme» wollte, aus keinem anderen Grunde. Trotz des geringen Maßes von persönlichem Wohlwollen, das ihm in hohen Kreisen cntgcgengebracht wurde und trotz der Scheel sucht, mit der ihn die Eoiiservaliven auf seinem Platze sabe», wäre an einen Wechsel ii» Ministerium dcS Innern nicht zu denke» gewesen, wenn nicht Gras Eulenburg Minister präsident geworden und als solcher eines wichligen Portefeuilles bedürftig gewesen wäre. Lb nun Herr Herrsurlh, wie wir noch immer glauben, durch ein tbeilwcises Fcstbaltcii an der illiberalen lex Uuvno einen politisch gefärbten „Conflict" und damit einen schönen Abgang erzielt, oder ob er den gleichen Zweck durch Betonung liberaler Forderungen in Bezug aus das Wahlgesetz erreicht bat — ist völlig gleicbziltig. Die Wichtigkeit der Wahlrechtsfragc selbst wird durch diese Er wägung selbstverständlich nicht geändert. Die Benacktbeili- gung, welche der große» Masse der Wähler der dritten Elaste durch daS reformirtc Einkonimensteuergesetz und in noch höherem Grade in Folge der geplante» weiteren Stener- resorm zugcfügt wird, ist eine crasse und schreit nach Abhilfe. ES kann sich nur fragen, ob die nächste Taauiig Wandel zu schaffen hat oder eine spätere. In der verflossenen Session bat sich bei Gelegenheit der Berathung eines Initiativantrags der Abg. Hob recht mit Entschiedenheit für den Erlaß eines provisorische» Gesetzes ausgesprochen, d. h. eines Ge setzes, welches für die im Herbst >83,3 fälligen Landtags wahlen die schlimmsten, aus der durch Verschiebung des Wahlrechts sich ergebenden Unzukömmlichkeiten vorläufig zu beseitigen strebt. Von dieser Forderung abzugekrn, scheint lein Grund vorhanden. Zwar bat eine jolche Gesetz gebung, die der statistischen Unterlagen für die aus dem Verzicht auf die Realslcucrn resultireuden Veränderungen naturgemäß ermangeln muß, ihre Bedenke». Noch bedenklicher aber wäre eS, die Volksvertretung auf fünf Jahre aus der Grundlage des bestehende», durch die Steuerresorm zu einem himmelschreienden Unrecht gewordenen Wahlrechts bilden zu lasse». Ueberall das Rechte zu treffen, ist i» dem Stadium, das die Angelegenheit in der nächsten Session dnrchziimachen hat, allerdings unmöglich, aber die größten Mängel kaffe» sich a» der Hand von Schätzungen auömerzen und die mit den provisorischen Bestimmungen gemachten Erfahrungen werten dein definitive» Wahlgesetze zu Gute kommen. DaS letztere, wie die Deulschsre>sinnige» wollen, zugleich mit den Sieucrgesetzcii zu erlasse», scheint nicht cnipfehlcnSwerth. Die »live» »leidlichen Fehler würden aus diese Weise verewigt werden. In keinem Lande der Welt hat der Kampf zwischen Capital und Arbeit eine solche Ausdehnung und Schärfe gewonnen, wie in Nordamerika, unk alle bisherigen Er fahrungen scheinen jetzt noch überirosfcn werde» zu solle». Die über alle Blaßen schnelle wirthschaftliche Entwickelung dcS Landes liest Vermögen i» der Hand einzelner Per sonen und Familien sich ansainmcl», die jeder Vorstellung spotte», während im schroffsten Gegensatz dazu auch daS Elend des luaffeubafl anschwclleiite» Proletariats schreck lich zunahin. Alljährlich durchziehe» nun Tansciide von „Tramps" von Lsic» nach Westen, von Süd nach Nord die Vereinigten Staaten und bilden eine vollständige Landplage. Es ist eine Bewegung der Bevölkerung, wie sie nur in dem von Hermann Roskoschny so eindrucksvoll geschilderten „wandernden Rußland" ihr Gegenstück bad. Trotz aller Gesetze stiebt daö Großkapital durch Bildung von Trusts ganze Zweige rer Production und dcS Verkehrs zu mono- polisircil, und die Arbeiter wiederum haben in Gc- wcrksckastcn und Vereinigungen aller Art sich in einer Weise zusainiiieiigrschlosseli wie nirgends sonst Im Gcsübl dieser Kraft wcnden sic deshalb auch »nr zu oft daS zwei schneidige Schwert des AiiSstantes an, ni» berechtigte oder unberechtigte Forderungen dnrchznsetzeii. Po» l88l biö 1886 wurden in Nordamerika 3302 Ausstände gezählt, die 22 304 Betriebe und l 323 203 Arbeiter in Mitleidenschaft zogen. 2214 Fabriken wurden von den Besitzern geschloffen zum Schaden von 160 823 Arbeitern. Die AuSstände bereiteten den Arbeitgebern eine» Schaden von I53> r Millionen Francs, de» Arbeitnehmer» kosteten sic 283 Millionen. Diese Zahle» lassen die riesenhaften Verhällnifle des Kampfes klar erkenne», und die jetzigen Vorgänge entsprechen ihnen durchaus. Es sind vict weniger wirkliche Nolh und Bcdiirfiiiß, die zur Einstellung der "Arbeit und den Ausschreitungen in Homcstead, Idaho, Buffalo u. s. w. führten, alö vielmehr Machtfragcn. Die Gcwerkvcreine wollen die Arbeit und ihre Regelung für sich ino-ivpvlisircn, wie cs daS Grvßcaxitai bei der Production versucht, nnd sie schrecken vvr keinem Mittel zurück, um ihren Willen durch zusetzen. Pulver und Dynamit haben schon eine traurige Nolle gespielt, nnd das BundcShecr wie die Milizen der ein zelnen Staaten nnißlen einschreilen zum Schutze der Betriebe und der nicht den Gewerkschaften angckörigcn Arbeiter, die etwa an die Stelle der Ausständigen traten. Gerade gegen die „Blacklcgs" richtet sich ja der wüthendste Haß der U»io- nisten, wie auch in der Bewegung gegen die Ehinestn und die Verwendung von Sträflingen für Privatzwecke die Absicht zu Tage tritt, nur den gewerkschaftlich geeinigte» Arbeitern Beschaff Fenilletsn. Schloß Fenetrange. Ein Nom>»n aus den Vogesen. 17) Loa O. Elster. Nachdruck verkenn. Fortsetzung.) „Herr Lieutenant", r"ccf Karl Schröder, der neben dem Bewußtlosen nicdergckniet war, „der Berger muß schwer krank sein! Sehen Sie nur, wie cr auSsieht! Mein Gott, er stirbt unS unter den Händen! Und bicr der Verband! Ab, cr ist verwundet worben, nun kann ich mir Alles erklären!" „Eine Schußwunde!" c»nstatirte Lieutenant von Usedom, als er jetzt den Wiedergefundencn untersuchte. „Er hat Streit mit den Lchmligglern gehabt, die auf ihn geschossen und ihn dann kierber geschleppt haben." „Wo ihn die Zigeunerin gepflegt hat!" „Ja, ja, so wirdS scin! Aber jetzt angefaßt, daß wir den armen Kerl auö diesem Lock hinausbringen!" Tie Jäger hoben den Körper des noch immer Bewußt losen empor und trugen ihn hinaus. „Sofort mit ihm hinunter ins Torf!" befahl Lieutenant von Usedom, indem er seinen e igenen Mantel über den Kranken breitete. „Und dann läuft Einer von Euch zum Toctor, der arme Kerl scheint dem Tode nahe zu sein." „Sehen der Herr Lieutenant, was ich bier gefunden habe!" Mit diesen Worten trat Kaöl Schröder an den Lsficier Mieder beran und reichte ihm mir ziemlich dickes Buck, daS ria kaufmännisches Geschästsbuck, zu sein schien. Eine Menge Darren war darin ausgesübrt, der Preis stand dahinter, sur tni sie verkauft waren, sonst waren indessen die übrigen Be merkungen in einer Geheimschrift: abgesaßt. „DaS scheint daö Hauptbuch der Schiuugglerbande gewesen pa sein. Hier liegt »och eine Menge Waaren, Tuchballen, vpcrituS, Wein, ad, daS Geschäft scheint allerdings stotl ge trogen zu sein. Da« Buch ist rin wichtiger Fund. Dir Geheimschrift wird schon entziffert werden können, dann wird sich ja finde», wer an diesem verbrecherischen Treiben theil- genoininen hat." „Und wollen Herr Lieutenant noch nicht gegen Herrn de Fönötrange Vorgehen ? ES ist jetzt sieben »nb ein halb Uhr, wenn wir eiten, verhindern wir noch die Abreise deS Herrn." „Etwas muß geschehen—allerdings! — Aber verkästen? — Ich weiß nicht, ob ich daS verantworten kann.... Dock kalt! Ich weiß einen Ausweg! Kommen Sic, Schröder, begleiten Sic mich mit noch zwei Mann. Ich selbst will mit Herrn de Fönölrange sprechen." „Ah, endlich! Sic werden sehen, Herr Lieutenant, jetzt kommt Licht in die Angelegenheit." Mit raschen Schritten eilte Lieutenant von Usedom dem Schloß FenStrange zu. Iin Schloß Fönötrange war man den ganzen Tag hin durch eifrig beschäftigt gewesen, die Vorbereitungen zur Ab reise der beiden Herren zu beenden. Es mußte mit um so größerem Eifer gearbeitet werden, als der Entschluß zur Reise sehr plötzlich erfolgt war. Nock gestern früh hatte die Diener schaft nicht- von einer beabsichtigten Reise gewußt, und heute Abend schon wollten die beiden Herren fort. Niemand wußte den Grund dieser plötzlichen Abreise. In der Tämnierung — eutrv einen et lonp, wie der alte Maitre Anatole Perrin sagte — war man mit den Vor bereitungen fertig. Henri de FSnetrange sah vom Fenster seines Zimmers nach der Villa Markwardt hinüber, deren erleuchtete Fenster durch die Dämmerung zu ibm bcrübcr- blitzten. Von ibm war der Entschluß zu dieser schnellen Ab reise anSgkgangen. Er batte seinem Vater die Begegnung mit Lieutenant von Usedom erzählt und die Neberzeügung ausgesprochen, daß der Lsficier nach der Villa Markwardt gegangen sei, um sich mit Gisela zu verloben. „Ich könnte es aber nicht ertragen, sie an der Seite eine« anderen ManncS zu sehen. Ich bade Alle- verloren auf der Welt, was man verlieren kan». Vaterland, Heimath, Ruhm und jetzt auch meines Herzen« Liebe" . . . „Nur die Ehre nicht, mein Sohn", erwiderte ernst der J«sertkonSpreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pslf. Keklanien unter dein Redactioiisslrich (4ge» spalten) üO-H, vor den Fainilieauachrtchle« z6 gemalten) 40/H. Größere Schrillen laut unjcrein Prelj» verzecchniß. Tabellarilchcr und Zifferujatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen lgffaW, nur mkt bH Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännalimeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morge «»Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn» und Festtags früh '/,S Uhr. Lei den Filialen und Annahmtstellea i» ela« halbe Stund« srüher. Inserat» sind stels an die Erpetitioa zu richten. Druck nab Verlag von E. P olz in Leipzig. 86. Jahrgang tigung zu sickern. Dadurch wird zudem auchdaSGesühtderSoli- daritat zwischen den verschiedenen Bcrussclassen aufrecht erhalten und gefördert, das sich dann in den Sympathie- AuSstände» auSdrückt. Sowohl in Homcstead wie jetzt in Buffalo ist dies eingetreten, aber während in de», einen Falle nur die Interessen der Earnegie'schcn Gesellschaften bedroht waren, leidet jetzt die Allgemeinheit unter dem Still stände der Güterbeförderung auf den wichtigsten Linien de« Staates New-Bork. Dadurch haben die Ausständigen die öffentliche Meinung schon gegen sich aufgebracht, und die Miliz, die sich aus dem Mittlern Bürgerstande zn- sainmensctzt, wird nicht geneigt sein, etwaigen Ausschreitungen ruhig zuzusehen. Der Amtsantritt deS Ministeriums Gladstone bat am 18. d. in der üblichen Weise staltgefunden. Mil der Eröffnung der politischen Action wird eö minder rasch geben, da die Uebertragung dcS legislatorischen Programms Mr. Gladstone'S in die Gestalt parlamentarischer Vorlagen viel Zeit und Mühe beansprucht. Inzwischen gilt es, die öffent liche Meinung bei guter Laune zu erhalte», sie über das politische Stillleben dcS kommenden Winkers binwegzutäuschc»; datier entwickeln denn jetzt die hervorragenderen Autoritäten deö neuen Regiment« eine erstaunliche Beredtsamkeit, und er gehen sich jetzt deS Langen »nd Breiten in Schilderung dessen, was daS liberale Cabinel »lies für ras Land zu thnn beabsichtigt. Hvmcrule steht natürlich im Miltelpunct LeS Programms. Bemerkenswerth erscheint, daß in der Erörterung dieses Pro- arainnipunctcS die Frage »ach den Bürgschaften gegen irische Uebergrisfc eine immer größere Rolle spielt und jetzt beinahe ebenso ausführlich erörtert wird, als das Iliemu probanckum selbst,jeden falls ei» Beweis, daß man auch iin liberalen Lager die Zulassung von Homcrule für Irland keineswegs für unbedenklich kalt. Un klar bleibt noch immer die Stellung Lord Roscberv'S im Ministerium Gladstone. Daß der Lord nach langem Zögern die Leitung de« auswärtige» Ressorts übernommen bat, schließt nichc auö, daß Niemand so recht an leinen dauernden Verbleib auf diesem Posten glauben will. Ueberhaupt steht die neue Regierung dem Lande fremder gegenüber, als man nach dem von so langer Hand vorbereiteten und inscenirten Wahlkampfe hätte meinen solle». Wie vor einiger Zeit die französische Ausstellung in Moskau gründliches FiaSco erlitten bat, so daß die daran von den Panslawisten in Rußland und den Ebauvinisten in Frankreich geknüpften Hoffnungen vereitelt wurden, so ist cS nunmehr auch dem in Paris veranstalteten Feste ergangen, daß zu Gunsten der russischen Nothleid enden und der Eholerakranken stattsinben sollte. Unter dem letzteren Vorwände wurde nämlich im Tuilcriengarten hauptsächlich ein Hazardspicl im großen Stile ctablirt, so daß Paul de Caffagnac die ganzc Veranstaltung mit Recht als „ekelhaften Schwindel" bezeichnen konnte. Es stellte sich heraus, daß der Urheber der Eomötie, durch welche an geblich die Beziehungen zwischen Frankreich und Rußland be festigt werden sollte», einfach auf die Leichtgläubigkeit nnd die Leichtfertigkeit deS französischen PublicnmS speculirt halte. Die Pariser Polizei glaubte denn auch einschreitcu zu müssen, als sic im Tuileriengarteu alle Vorrichtungen sanv, die dem Hazardspiel in verschiedenen Formen dienen sollten. Nach einem bereits im Morgenblatt veröffentlichten Telegramm wurde die sogenannte WodltbätigkeitS Ausstellung polizei lich geschlossen nnd dem Schwindet dadurch ein wohl verdientes jähcS Ende bereitet. alte General. „Doch Du hast Recht, unseres Bleibens ist hier nicht mehr; reisen wir fort, ich begleite Dich." „Wie, Du wolltest mit?" „Ja, denn ich wünsche, die letzten Jahre meines Leben- init Dir gemeinsam zu verbringen. Außerdem wollte ich in Paris einige Geschäfte abwickcln." „Wirst Du Dich in Paris wobl süblen?" „Besser alö hier, wo mich Alles an DaS erinnert, waS wir verloren haben." In wenigen Stunden sollte die Abreise erfolge». Vorher hatte der alle General noch an seinen Sachwalter geschrieben, daß dieser die einleitenden Schritte zum Verkauf deS Schlosses Fönötrange treffen sollte. Dunkler ward der Abend. Ein finsterer Eckleicr bedeckte die Welt. Nur die Hellen Fenster der gegenüberliegenden Villa leuchteten gleich freundlichen Sternen glückverheißend durch da« Dunkel der Nacht. Ans- seuszcnd wendete sich Henri ab. „Aus Nimmerwiedersebcn!" flüsterte er. „Möchtest Du glücklich werden." Er kämpfte mit sich, ob cr Gisela Markwardt einige Abschiedsworte schreiben sollte. Mehrere Male setzte er sich nieder und ergriff die Feder, aber stets ließ er sic verzweifelnd wieder medersinkcn. WaS sollte er ibr schreiben? Von seiner Liebe? Er batte kein Reckt dazu. Sollte er ibr Glück wünschen zu ihrer Liebe? Er brachte es nicht über das Herz, das ihm bei dem Ge danken, Gisela liebe einen anderen Mann, zu zerspringen drehte vor krampfhaftem Schmerz. Da fiel sein Blick aus den kleinen Ring an seiner Ubrkette, den cr von dem sterben den Bruder Gisela « erhalten batte. Rasch entschlossen nestelte er den Ring loS; dann setzte er sich nieder, um einige Worte auf eine Karte zu schreiben. Beides, Ring und Karte, ver schloß er in ein Couvert und trug dem alten Anatole auf, den Brief noch an demselben Abend zur Post zu besorgen. Eine Stunde mochte vergangen sein, al« Henri durch lebhaftes Stimmcngeräusch, welche- vom Schloßhof zu ihm hcrausdrang, aus seinen Träumereien gerissen wurde. Henri erhob sich. „Es wird Zeit zur Absabrt sein", sagte er und begab sich i» das gemeinsame Wohnzimmer, in dem sein Later sick befand. Einem Konstantincpeler Berichte der „Pol. Corr." sin einige seltsame Einzelheiten über das Verhalten de türkischen Behörden bei der Anwesenheit Stambu low'S in der türkischen Hanvtstadt zu cntnebnicn. D dortigen Blätter erhielten die Weisung, über den Äufentba des bulgarischen Minister-Präsidenten in Slambul äußer Der alte Herr schien in großer Aufregung zu sein. „Weißt Du, Henri, was das da draußen zu bedeuten hat?" fragte cr den cintrctendc» Sohn. „Ich denke, Jean spannt die Pferde vor den Wagen; eS wird Zeit, daß wir zur Station fahren." Ter General lachte kurz auf. „So weißt Tu noch nicht. waS sich zugetragc» hat? Soeben meldet man mir, daß Lieutenant von Usedom mit einer Patrouille in den Sckloßdos einzerückt ist und dringend wünscht, mich oder Dich zu sprechen." „Lieutenant von Usedom?!" „Ja, derselbe! Der Bräutigam Gisela Markwardt'S. Es scheint auf eine Verbaslnug abgesehen zu sein." „Vater, Du scherzest?" „Du wirst cS sofort selbst erfahren könne», ich habe den Officier bitte» lasse», hierher zu kommen." In diesem Augenblick ward die Thür geöffnet und Anatole ließ den preußischen Lsficier cintrcten. Ein gewisser verlegener Zug machte sich auf dem offenen Antlitz deS Lsficier- geltend. Höflich verbeugte er sich und sagte in seinem etwa« gebrochene» Französisch: „Ich bitte um Entschuldigung, daß ick so spät noch störe, aber dienstliche Pflichten kennen keine Rücksichten und dienst liche Pflichten führen mich hierher." „Ich bitte, sich kurz zu erklären. WaS Sic wünschen, mein Herr " „Darf ich einige Fragen an Ihren Herrn Sohn richten, Herr General?" „Ich bitte." „Tie wissen, Herr de FSnStrange, baß ich hierher gesandt bin, um eine Uebcrwachung der Grenze einzurickten, damit man den Schmugglern und dem sonstigen vccbrcchcrischen Treiben, daS bier seit einiger Zeit herrscht, endlich aus die Spur kommen kann." Henri verbeugte sich leicht. „Einer meiner Untergebenen glaubt nun die Spur der Schmuggler gefunden zu haben." „Ich gratulire" „Diese Spur führt indessen nach Schloß FLnStraugc hin."
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