Delete Search...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.05.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-18
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010518014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901051801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901051801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-18
- Monat1901-05
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
BezugS »Preis in der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.K0, bet zweimaliger täglicher Zupelluno i^S Hau» K.50. Durch di« Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. S. Man abonnirt seiner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland. Luxem- dura, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese» Blatte« möglich. Die Morgen-Au-aabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-AuSgabe Wochentag» um S Uhr, Nedaclion uv- Expedition: JohanniSgaffe 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'« Gorti«. UmversitätSstraße 8 (Paulinum), LoutS Lösche, Katharinenstr. 14, purt. und KänigSplatz 7. 25«. Morgen-Ausgabe Sonnabend den 18. Mai 1901. npMr.TaMaü Anzeiger. Ämtsvlatt -es Äöttigsichen Land- nnd ÄinLsgerichles Leipzig, -es NaLhes un- Nolizei-Ämtes -er Stadt Leipzig. Anzeigen-Prei- die 6gespaltene Petitzeile 25 ,2. Rrclamen unter d«m Redacttvn»ftrich (»gespalten) 75 H, vor den Familieunach» richten (6 gespalten) 50 L,. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme L5 H (excl. Porto). Srtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung V0.—, mit Postbesörderung 70.—, Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde fviiher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrocheu geöffnet von früh 8 bis Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol« tu Leipzig. 95. Jahrgang. Die -Flotte Frankreichs. —p. Wesen und Eigenart der französischen Marine sink, in Deutschland weniger bekannt, als es im nationalen Interesse nöthig wäre, und nur in Fachkreisen hat größere Beachtung ge funden, wa» der Allgemeinheit fern lag. Diese Unkenntniß ist um so mehr zu bedauern, als die Seemacht unseres westlichen, noch keineswegs ausgesöhnten Gegners, neben der Englands un bestritten den ersten Rang rinnimmt und heute noch ihrer ruhm vollen Traditionen würdig ist. Eine eingehendere Beschäftigung mit diesem starken Vertheidigungs- und Angriffsmittrl kann nur lehrreich und nützlich für uns sein, denn zu keiner Zeit haben wir zahlreichere und größere nationale Int«reffen auf dem Meere zu vertreten und schützen gehabt, wie gerade jetzt. Seit dem Kriegt 1870/71 hat die französische Flotte wieder holt Gelegmheit gehabt, sich hervorzuthun. Ihre Unterneh mungen gegen die deutschen Küsten blieben damals wegen mangel hafter Vorbereitung und in Folge des für Frankreich so kata strophalen Verlaufes des Landkrieges erfolglos; unvergessen aber ist der rühmliche Antheil, den unter Führung ihrer Admirale die Marinetruppen und Matrosen am Loire-Feldzug und an der Vertheidigung von Paris nahmen. Die Ausbreitung des französischem Colonialreichrs gab der Marine vielfach Gelegenheit zur Thatigkeit und Auszeichnung. Nur kurz sei erwähnt die Beschießung und Einnahme von Sfax und Gades (Tunis) und die Besetzung der Insel Djerbah (eben falls Tunis) durch Viceadmiral "Garnault, der in Anerkennung seiner Leistungen endgiltig in der ersten Sektion der Flaggoffi- ciere weitergefiihrt wird. Die Eroberung Jwdochinas brachte Verwickelungen mit dem chinesischen Reiche 1882/85. Hatte schon bei der Eroberung Tontins 1882/84 die Fluhkanonenbootr-Flotille zu Wasser, wie zu Lande mitzuwirken, so war es der Flotte unter Führung des Viceadmürals Courbet vergönnt, die Eroberung Anams in die Wege zu leiten und durch die Vernichtung der chinesischen Flotte bei Futschou, Zerstörung des Arsenals und der Küstenwerke im Mingan- und Kimpui-Pafse, durch die Besetzung von Kelung und Formosa und den PescadoreS-Jrvse-ln- neue Dlüthen in ihren Ruhmeskranz einzuflechten. Bei diesen Unternehmungen ge lang es auch, mehrer« chinesische Kriegsschiffe durch Spierentor- pcdos zum Sinken zu bringen. * Bei der Eroberung von Madagaskar (1883/85) wirkte eben falls die Marine mit durch Beschießung und Besetzung der Küstenpunct-e und 1894/95 dadurch, daß sie die Operationsbasis des Expeditionskorps bildete. Die Forcirung der Einfahrt des Mencnn im Jahre 1893 brach den Widerstand Siams gegenüber den französischen Gebietsansprüchen. Auch in den jetzigen Verwickelungen mit China hat das Kanonenboot „Linois" höchst wirksam an der Beschießung der Takuforts sich detheiligt, während die Landungsabtheilungen und die Marine-Infanterie hervorragenden Antheil an den Operatio nen an Land haben. Seit dem Faschodafall ist die allgemeine Aufmerksamkeit in Frankreich wieder lebhaft und andauernd auf die Marin« und die See gerichtet, ein Flottenverein „lügue maritima" hat sich gebildet. Diesen neu-e-rwachten Seemachtbestrebungen gab der Marine minister Laneffan voriges Jahr gegenüber der Handelskammer von Bordeaux in höchst beachtenswerther Weise Ausdruck, indem er unter Anderem sagte: Man beginnt in unserem Vaterlande die Lehren der Geschichte zu verstehen, man begreift, welchen Fehler Frankreich jedesmal gemacht hat, wenn es seine Marine hat verfallen lasten, um Festlandsbestrebungen und -Eifersüchte leien den Vorrang zu geben. . . . Indem Frankreich seine Kriegs- und Handelsflotte entwickelt, die unzertrennbar von einander sind, und eine Pokitik des Friedens auf dem Continent, der Ent wickelung in den Colonien befolgt, seine Verkehrsmittel vervrel- fältigt, ist es im Stande, unter den Völkern, die aus dem Handel ihren Reichtbum schöpfen, eine der ersten, wenn nicht die erste Stelle einzunehmen. Der mit dem 1900 angenommenen Flottengesetz angebahnte Ausbau ist der erste Schritt zur Verwirklichung der hier ange deuteten Politik, nur daß über der Politik des „Friedens" die der Revanche nicht vergessen und der nationale Kraftaufwand ver doppelt wird, um, wenn der Tag der Wiedervergeltung gekommen ist, wicht mit dem Stab des Merkur, sondern mit dem scharf geschliffenen Schwert des Mars bereitzuste'hen. Man thut das Eine, was man bisher vernachlässigt, ohne das Andere, dem man bisher ausschließlich seine Aufmerfsamkeit zugewcndet, zu lasten. Einen sehr großen Vortheil hat die französische Marine m der langen Dienstzeit ihrer Mannschaften vor der unfrigen voraus. Die weitgehende Sonderausbildung nimmt zwar eine große Menge des Personals dauernd in Anspruch, bietet aber dagegen den großen Vortheil, daß die Besatzung vollständig aus gebildet auf die Schiffe kommt und nur zum Zusammenarbeiten erzogen werden muß. Mit Gediegenheit und Präcifswn manövriren französische E»cadr«s, wohlthuend wirken auf den Beobachter die Ruhe des Betriebes, die unverkennbaren Zeichen von Mannszucht und würdiger Haltung im inneren und äußeren Vorkehr, die Pünktlichkeit deS Ceremoniells, die Exaktheit der Be wegungen und Arbeiten mit Masten, Raa«n und Segeln, die Manöver in den Booten und was sonst noch zum Dienst gehört. Da nicht nur di« bei der Flagge befindlich«» Üi«r Jahrgänge und die gewöhnlich auf Dispositionsurlaub entlassenen Mann schaften des fünften Jahrganges, sondern auch im Frieden alle Seedienstpflichtigen noch zwei Jahre über di« activ« Dienstzeit hinaus dem Marineminister zur Verfügung stehen, so ist die Möglichkeit geboten, auch »hn« Ausspruch der Mobilmachung einen großen Theil der Flotte der ersten Linie jederzeit schlag fertig zu machen. Das wird durch die Erhaltung aller verfüg baren Schiffe in den verschiedensten Reserveclassen sehr erleichtert. An seemännischem Personal scheint kein Mangel zu sein, auch bringen die Seedienstpflichtigcn im Allgemeinen gute see männische Anlagen mit. Das OfficierscorpS ist seiner Aufgabe gewachsen, wenin auch der lebhafte Streit der alten und jungen Schule, die öffentliche Behandlung aller innerdienstlichen Fragen in Parlament und Press«, die hier an den höchstgestellten Se«- officioren geübte Kritik nicht ganz ohne Einfluß auf de« Geist und die Diskiplin eines CorpS geblieben- sind, dessen hohe In telligenz sich von jeher an der Lösung strategischer, taktischer und organisatorischer Fragen versuchte. Die französische Schiffsbaukunst hat ihren alten Ruf be währt, di« Bauzöiten sind kürzer geworden, die Initiativ« bei technischen Fortschritten gebührt vielfach den französischen Marinebau-Jngenicuren. Allem Anschein nach ist die französische Marine an einem Wendepunkte angelangt, der lange, erbitterte Kampf der beiden Schulen, der den Stillstand des Linienschiffsbaues seit dem Jahre 1896 verschuldet hat, hat die Ansichten über Zweck und Ziel der Flotte geklärt, die Frage ist durch das Flottengesetz von 1900 zu Gunsten der alten Schule, das heißt zu Gunsten der Linienschiffe entschieden. In wenigen Jahren wird di« französische Marin« zwei starke Flotten moderner, schneller und gleichartiger Linienschiffe mit dem erforderlichen Zubehör an schnellen Panzerkreuzern und Tor pedobooten besitzen. Liegt auch ein großer Mangel für die innere Ausgestaltung der Flotte und die einheitliche Entwickelung ihrer Taktik, in dem Fehlen eines ständigen leitenden Willens, eines amirsli88ime, welches den einzelnen Befehlshabern zu viel -Selbstständigkeit läßt, ein oft gerügter Uebelstand, leidet auch die Verwaltung an einer gewissen Schwerfälligkeit, wird auch die Initiative des Einzelnen durch beengende Vorschriften gelähmt, das Verant- wortlichkeitsgefühl durch die vielen Commissionen geschwächt und sind auch sonst noch mancherlei Mißstände vorhanden, so wird doch an ihrer Beseitigung fortgesetzt gearbeitet, und die dauernde Schulung der Seeofficiere, die eingehende Beschäftigung mit ser- strategischen- und taktischen Fragen, die gründliche Ausbildung der Mannschaften, die gute Pflege von Schiff und Maschine, die auf stete Kriegsbereitschaft gerichtet« Instandhaltung der Flotte machen diese zu einer erfolgversprechenden, achtunggebietenden Seestreitmacht. Wir konnten hier nur in den allgemeinsten Umrissen zeichnen. Bis in Einzelnste orrentirt, auch dem Laien durchaus ver ständlich, die vortreffliche, im Verlag Von Alfred Schall-Berlin kürzlich erschienene Monographie über die Flotte Frankreichs von C. F. Bätsch s«, Viceadmiral L la suito d«s Seeofficiercorps, und Capitän zur See z. D. Meuß, Oberbibliothekar des Reichsmarineamtes, der wir hier gefolgt sind. Sie ist, reich illu- strirt, enthalten in dem compendiösen Werke „Di« Flotten der Gegenwart" von Generalmajor a. D. C. von Zeppelin-, das auch in Fachkreisen sehr geschätzt wird. Der grundlegewde erste Theil über die geschichtlich« Entwickelung der französischen Flotte, ein« hervorragende Arbeit, ist von Bätsch, d«r leider zu früh für das Vaterland und di« Wissenschaft gestorben, ist. In der Schilde rung der heutigen Seemacht der Republik durch Meuß kommt «ine sachkundige, geschätzte Feder zum Wort. Von besonderem Inter esse ist die eingehende Feststellung der Uniformiruu-g und Aus rüstung, unseres Wissens Vie erste in der Fachliteratur. Der Krieg in Südafrika. Ein im Boerenheere dienender deutscher Freiwilliger schildert in der „Köln. Ztg." im Anschluß an eine Darstellung des Ueber- falles von Nooitgedacht bei den Magaliesbergen den Eindruck, den die Nachricht von dem Richtempfang Krüger« Durch Pen deutschen Kaiser im Boerenheer gemacht hat. Er schreibt: „Hier kam vor wenigen Tagen (Ende -Deccmber) die Nachricht von dem Richt empfänge Krüger's durch den Kaiser an, womit die letzte Aus sicht auf Hilfe von außen geschwunden ist. Ich kann aber nicht sagen, daß die Nachricht auf unsere Boercn irgendwie tiefen Eindruck gemacht hat. Sie haben offenbar niemals ernst- lich an fremde Unterstützung getglaubt, und es ist um so besser, daß hierüber nunmehr vollkommene Klarheit herrscht. Mir scheint, als sei noch ein st a r r e r e r u n d m a n n- hafterer Geist über unsere Leute gekommen, sie sind auf Alsts gefaßt und, glaubt es mir, rs ist kein« Phrase, von diesen Leuten wird Jeder kämpfen, bis er gefangen oder todt ist. Und das will auch ich! Was wir dabei erreichen können, Ivelche Aussichten wir haben, das natürlich ist schwer abzusehrn, eines aber ist sicher: Diesen Kampf, der uns, die wir jetzt ganz davon leben, was wir den Engländern abnehmen, nichts mehr kostet, können wir so lang« und länger aushalten als dr« Engländer, die wir persönlich nicht fürchten. Dazu kommt aber noch, daß für keinen unserer Leute irgend ein per sönliches Motiv da ist, nachzugeben. Keiner kann sein LooS da bei verbessern, sondern nur verschlechtern. Unser« Farmen sind verwüstet, unser Hab und Gut vernichtet, unsere Familien ge fangen! Ergeben wir uns, so werden wir nach Ceylon oder Sankt Helena geschickt. Nein, da ist doch der Tod auf dem Ichlacht-felde vorzuziehen, wenn schon einmal gestorben werden muß. Aber in unseren Reihen lebt noch immer -das Gefühl, daß wir leben müssen, leben, um am Ende doch noch zu siegen, wenn auch erst nach jahrelangen Kämpfen und Entbehrungen der schrecklichsten Art, denn da» Schlimm st e liegt noch vor uns, dessen 'sind wir uns All« bewußt." * Pretoria, 16. Mai. Nach einer heute veröffentlichten Pro klamation wird »ine vorläufige städtische Gemeindeverwal- tung in Johannesburg in Gestalt eine» durch den Gouverneur ernannten Stadtrathe» eingerichtet. Dieser Stadtrath wird seine Thätigkeit sofort beginnen. Die Wirren in China. Der »tnesisch« H-f «n» Pie «iipelsssstzrer Tungfuhsiang u«P Tnan. Aus Peking, 24. März, schreibt man unS: Es ist immer noch schwierig, sich über die Lage der Verhältnisse am Hof lager der Kaisers von China in H s i a n f u rin klares Bild zu machen. Neurrding« werden hier Aeußrrungen deS Prinzen Tsching bekannt, wonach er erklärt hat, er habe gehört, daß «der Kaiser und die Regentin sich des bestem Wohlseins er freuten. Freilich herrsche in -der Provinz Schrnsi in Folge des andauernden Regenmangels groß« Trockenheit und damit ver bunden ein starker Notstand unter der Bevölkerung, allein der Höf -werde hierdurch nicht in Mitleidenschaft gezogen. Die Wahrheit des Gerüchte-, Tungfuhsiang hätte mit seinen Truppen Hsianfu umzingelt und Yuamschikat, der Gouver neur von Schantunq, Hali« sich bereit, den Hof zu befreien, stellen di« hiesigen chinesischen Würdenträger entschieden in Abrede. Tungfuhsiang fei schon feit längerer Zeit nicht mehr in Hsianfu, sondern in seine Heimathsprovinz Kansu zurückaekchrt. Des Commander über die dortigen Truppen sei er enthoben, besäße unter ihnen aber freilich noch zahlreiche, ihm blindlings ergebene Anhänger, und man müsse daher ihm gegenüber immer noch Vor sicht beobachten. Daß Tungfuhsiang sich nach Kansu, und zwar nach der Stadt Ning-hsia-su begeben hat und dort Truppen anzuwerben sucht, ist auch von belgischen Missionaren berichtet worden. Nach der selben Quelle hat sich PrinzTuan ebenfalls in die Nähe von N i n g - h s i a - f u zu seinem -Schwager, dem dort residirenven mongolischen Prinzen und Häuptling der Alaschanstämmr, ge flüchtet. Dieser Prinz von Alaschan ist eine in Peking wohl bekannte Persönlichkeit. Er pflegte bisher jeden Winter längcre Zeit in der Hauptstadt zu verbringen und machte dann jedes Mal große Einkäufe in den hiesigen europäischen Läden. Sein Haus soll ganz in europäischem Stile eingerichtet sein, und Prinz Tuan wird bei seinem Schwager einstweilen ein ganz angenehmes Leben führen können. Tuan soll übrigens ebenfalls oen Versuch machen, Soldaten auszuheben, und mit Tungfuhsiang häufige Zu sammenkünfte haben. Sie werden aber höchstens undisciplinirte und schlecht ausgebildete und bewaffnete Horden zusammen bringen können. Auch scheint der kaiserliche Hof, wahrscheinlich auf den Rath von Aunglu. auf Gegenm-aßreg-ln bedacht zu sein. Aus Südchina sind die Truppen des Generals Feng-tzu-tsai herangezogen, und aus Schantung soll Auanschikai den General Mei mit sechs Bataillonen dem Hofe entgegengesandt haben, um ihn nach Peking zu geleiten. Anscheinend will sich der Kaiser aber zunächst nach Kaifenqfu, der Hauptstadt der Provinz Honan, begeben und dort die weitere Entwickelung der Dinge abwarten. * Peking, 16 Mai. („Reuter s Bureau".) Die britischen Militärbehörden verlängern die Bahnlinie bis Tungtschou. Diese neue Zweiglinie wird sich bei der Zurückziehung der Truppen al» äußerst werthvoll erweisen, da sie eine zweite gute Verbindungs linie mit dem Meere, sich an den Peiho anschließend, bildet. Noch mehr dürfte sie sich aber höchst wahrscheinlich für den Handel von großem Bortheile erweisen, wenn erst die Wirren im Norden des Reichs beigelegt sein werden. * Petersburg, 17. Mai. (Telegramm.) General Grodekow meldet unten» 10. Mai an den Kriegsminister, daß der Kriegs- zustand in den Bezirken Akschi, Tschita und Nertschinsk im Trans baikalgebiete mit Ausnahme einiger unmittelbar an der chinesischen Grenze befindlichen Stanitzen aufgehoben wurde. Deutsches Reich. -i- Berlin, 17. Mai. (Eine Gracchen-Klage.) Die klerikale „Köln. VolkSztg." wird nicht müde, die ruhige und sachliche Art zu rühmen, in der die sogenannte Toleranz commission deS Reichstages den bekannten „Toleran; antra g" der Centrumspartei berathen habe. Im Anschluß an ein hier für neuerdings gespendetes Lob schreibt daS genannte CcntruiuS- organ: „Hoffentlich vollzieht sich die weitere journalistische Erörterung in ebenso ruhiger und sachlicher Weise, damit mau nicht, wie schon so manchmal, die Wahrnehmung zu machen hat, daß der Reichstag der Presse, namentlich in den daS kirchenpolitische Gebiet betreffenden Fragen, weit voraus ist." — DaS Vorstehende macht in den Spalten eines Centrumsblattes einen sehr merkwürdigen Eindruck. Ist eS denn elwa die CentrumSpresse, welche die Gewohn heit hat, auf kirchenpolitischem Gebiet Ruhe und Sachlichkeit zu beobachten? Wenn man sich erinnert, wie beispielsweise die „Köln. Bolksztg." den vielgenannten „Wechselburger Toleranzskandal" in der tendenziösesten, entstellendsten und aufreizendsten Form behandelt hat, oder wenn mau sich vor Augen hält, mit welchen Mitteln die klerikale „Germania" die Freimaurerei und die Los-von- Rom-Bewegung bekämpft, dann erkennt man, daß die obige Mahnung zu einer sachlichen journalistischen Erörterung vor allen Dingen an die CenlrnmSpressc selbst gerichtet werden sollte. Da ferner di« journalistische Erörterung häufig ein Spiegelbild der Erörterung in öffentlichen Versammlungen ist, so muß zur richtigen Würdigung deS MahnworteS der „Köln. Volkszeitung" vaS Verhalten in Betracht gezogen werden, welches das rheinische CentrumSorgan gegenüber den im Schwange befindlichen hetzerischenProtestversammlungen von Katholiken wider angebliche Angriffe auf die Kirche einnimmt. Von der ersten dieser Hetzverfammlungen, die am Oster montage zu Köln stattfand, bat die „Köln. VolkSztg." den Wunsch geäußert, sie möge vorbildlich sein. Nun, der Wunsch ist in Erfüllung gegangen: wie Herr Nikola Racke in Köln jedem katholischen Rheinländer, der Protestant werden wolle, den Besitz der gesunden fünf Sinne absprach, so hat in Paderborn unter deni Vorsitz eines katholischen Reichsgrafen der Protestantismus auf eine Stufe mit Sodomiterei gestellt werden dürfen, ohne daß die „Köln. VolkSztg." das leiseste Wort des Tadels für solche Excesse gehabt hätte. Eine derartige Schweigsamkeit auf der einen Seite, die ausdrückliche Billigung gröbster Herausforderungen auf der anderen Seite sind wahrlich nicht danach angethan, die journalistische Erörterung nichtklerikaler Kreise im Fahrwasser der Ruhe und der Sachlichkeit zu erhalten. Die „Köln. VolkSztg." würde daher der journalistischen Erörterung einen viel besseren Dienst leisten, wenn sie auf großspurige Ermahnungen verzichtete und ihrerseits praktisch Alle» vermied«, was ihre kirchenpolitischen Gegner verletzt, beleidigt und herausfordert. Berlin, 17. Mai. (Arbeitsnachweis, Eisen bahnverwaltung, V a g ab o n d a g e.) Versuchsweise und widerruflich wurde seit einiger Zeit öffentlichen Ar beitsnachweis ft eilen von Stadtgemeinden, gemein nützigen Vereinen und Anstalten in Schlesien das Fahrgeld für die nach auswärts zu befördernden Arbeitnehmer ge - stundet und die Fahrkarten gegen Gutscheine ver Arbeits- nachweksefiellen verabfolgt. Zur weikren Förderung solcher ge meinnützigen Einrichtungen hat, wie wir der „Socialen Praxis" entnehmen, der preußffche Minister der öffentlichen Arbeiten a l l- gemein di« königlichen Eisenbahndirectionen versuchsweise er mächtigt, öffentlichen ArbeitSnachweisestellen der b«z«ichneten Art, di« darum nachsuchen und di« nöthige Bürgschaft bieten, nach pflichtmäßiger Prüfung der Bedürfnißfrag« die gleiche Ver günstigung zu «währen. Hierbei kann auch bei der Beförderung von Arbeitslohn in di« nächstbelegenen Arbeitercolonien oder NothstandScolonien das Fahrgeld gestundet werden. Unberück sichtigt bl«iben gewerbsmäßige Stellenvermittlerund solcheArbeits- nachweisrstellen, von denen nach ihrer Organisation und Tendenz anzunehmen ist, saß sie parteipolitischen Zwecken oi«n«n. — In süddeutschen Staaten (namentlich Württemberg) ist man noch einen Schritt weitergegangen und gewährt gemeindlichen Ar beitsnachweisen Fahrpreisermäßigungen für -Stellensuchenoe in einem gewissen Umkreise. Immerhin ist das Vorgehen des preu ßischen Eisenöahnministers im Interesse des Ausbaues der Arbeitsnachweise und der Erweiterung ihrer Wirksamkeit sehr zu begrüßen. Wie segensreich letztere ist, zeigt u. A. der ge schäftsführende Beamte des städtischen Arbeitsamtes 'Würzburg, I. Thllrmer, in seinem neuesten Geschäftsbericht durch die Auf deckung des Zusammenhanges, der zwischen Arbeitsnachlveis und Abnahme der Bestrafungen wegen Bettel und Land streicherei besteht Die Criminalstatistik für 1896 weist 1236 solcher Verurtheilungen -durch das Amtsgericht Würzburg (Stadtbezirk) aus, im Jahre 1897 — dem Jahre der Errichtung lxs städtischen Arbeitsamtes — 453, 1898 nur 372, 1899 282 und endlich 1900 nur 166. Das beste Almosen ist eben Arbeit. Ein ähnlicher Rückgang der Bestrafungen wegen dieser Vergehen seit Errichtung des gemeinnützigen Arbeitsnachweises wurde in Kitzingen und Schweinfurt beobachtet, im Gegensatz zu Aschaffen burg, wo ein Arbeitsamt noch nicht besteht. * Berlin, 16. Mai. (L o h n z a h l u n g s b ü ch e r.) Zur Frage der Lohnzahlungsbücher für Minderjährig« hat der Reichskanzler dem Vorstand des Deutschen Tabakvrreins auf eine Eingabe antworten lassen, daß es bis auf Weiteres ge nüge, wenn die Nettolohnbeträge eingetragen würden; es ist also nicht erforderlich, den verdienten Lohn, di« Abzüge für Versicherung und etwa ertheilte Strafen und dann erst den sich daraus ergebenden Nettobetrag einzutragrn, letzter« Eintragung allein reicht also aus. Ein« Aenderung der Gewerbeordnung, welche die Unterzeichnung durch irgend einen Bevollmächtigten des Betriebes, an Stelle des jetzt verpflichteten Arbeitgebers oder bevollmächtigten Betriebsleiters, gestatten würde, kann nach dem weiteren Inhalt des Schreibens des Reichskcmzkrs einstweilen nicht in Aussicht gestellt werden. Nach einem Schreiben, welches die Handelskammer Offenbach a. M. vom großherzoglichen Ministerium des Innern in Darmstadt erhalten hat, ist diese Aenderung der Gewerbeordnung auf die Zeit der Einbringung einer etwa erforderlich werdenden weiteren Novell« zur Gewerbe ordnung verschoben worden. Jedenfalls steht fest, daß die Nicht führung der Lokmzablungsbücher nicht unter Strafe gestellt ist, daß aber Eintragungen, welche geeignet sind, den Inhaber des Buches zu charakterisiren, mit Geldstrafe -bis zu 3000 be straft werden können. (7) Berlin, 17. Mai. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht die Ernennung des bisherigen Direktors im NeichS-Schatzaiute v. Fischer zum Unterstaatssekretär und die Ernennung des bisherigen Vortragenden RatbeS Geh. Ober-RegierungSratb Twele zum Director im Reichs- Sch a tz a m t c. V Berlin, 17. Mai. (Telegramm.) Der BundeS- rath überwies in seiner heutigen Sitzung die Beschlußnahme über die Resolution des Reichstages zu dem Entwurf eines Gesetzes über die privaten Versicherungsunter nehmungen dem Reichskanzler, nahm daS Weingesetz in der Fassung der Beschlüsse des Reichstages au und ertheilte dem Entwurf« von AuSführungSbestimmunzen zu dem am 30. Decembcr 1899 zwischen dem Reiche und Oesterreich- Ungarn abgeschlossenen Uebereinkommen zum Schutze der Urheberrechte an Werken der Literatur, Kunst und Photographie die Zustimmung. (-) Berlin, 17. Mai. (Telegramm.) Wie die „Berliner Correspondenz" mittheilt, hat der Minister der öffentlichen Arbeiten v. Thielen das Interesse der staatlichen Baubeamten auf die gemeinnützigen Bestrebungen zur Verbesserung der W o hu un gS Verhältnisse hingelenkt. Die Be amten wurden veranlaßt, jenen Bestrebungen nach Thunlichkcit durch Gewährung von Rath und Aus kunft , insbesondere bei der Aufstellung von Bau entwürfen, Kosten und Rentabilitätsrechnungen, förderlich zu sein und ferner in geeigneten Fällen Vie gemeinnützigen Baugesell schaften und Baugenossenschaften darauf aufmerksam zu machen, daß sie sich, sofern ihnen ein bautechnischer Beirath nicht zur Verfügung steht, an besonders namhaft zu machende staat liche Banbeamte, die sich zur Unterstützung gemeinnütziger Bestrebungen bereit erklärt haben, wenden können. V Kiel, 17. Mai. (Telegramm.) Durch Verfügung des -Staatssekretärs des Reichsmarineamtes ist der Stapcl- lauf des Linienschiffes L auf der Germania-werft bei Kiel für den 12. Juni festgesetzt, während der Stapellauf des Großen Kreuzers U auf der hiesigen kaiserlichen Werft in der Kiel-er Woche am 22. Juni, voraussichtlich in Gegenwart des Kaisers, erfolgt. (D Hamburg, >7. Mai. (Telegramm.) Der Lloyd- dampfer „Stuttgart" mit den Lelchen deS Obersten Graf -)ork von Wartenburg und deS Hauptmann« Freiherrn v. Rhein baben ist heute Nackt hier ringetroffen. Vor mittags fand, wie schon kurz gemeldet, auf Anordnung deS Kaisers eine große militärische Leichenparade statt, bei welcher als Vertreter des Senats anwesend waren die Senatoren Burckard und Sckemann, ferner der commandirende General deS IX. Armeekorps v. Massow mit allen abkömmlichen Ofsicieren von Hamburg, Altona und WandSbeck, sowie eine Deputation der Ossiciere de» in Saarburg stationirten >5. Ulanen-RegimentS, dessen Commandeur Graf Hork von Wartenburg war. Zum Salutiren waren daS 2. Bataillon de« 31. Infanterie-Regiments und «ine Batterie deS in Bahren feld stationirten Artillerie-Regiments erschienen. Militär- oberpfarrer Zierach hielt an Bord die Trauerrede. Hierauf trugen Unterofsiciere die Särge in zwei Eisenbahuwaggon». Während die Soldaten präsentirten, die Batterie je drei Schüsse und die Infanterie drei Salven abgaben, setzte sich der Zug langsam in Bewegung. Ein Parademarsch der Infanterie vor dem General v. Massow bildete den Schluß der Feier. * Pose», 1k. Mai. In dem schon erwähnten, anscheinend osficiöscn Artikel des „Pos. Tagebl.", demzufolge eine Auf hebung dr« fakultativen polnischen Sprachunter richts in den Gymnasien der Provinz Posen von der Unterrichtsverwaltung nicht verfügt worden sein soll, heißt eS noch: Daß der fakultative polnische Sprachunterricht in dem untersten Curfus seit Ostern d. I. nicht mehr an Schüler ertheilt wird, die
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview
First Page
Back 10 Pages
Previous Page