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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.10.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-10-26
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071026020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907102602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907102602
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-10
- Tag1907-10-26
- Monat1907-10
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Abend-Ausgabe 8. Bezugs-Preis Kr Leipzig und Bororte durch unser« »rtger und Spediteure tu« Hau» gebracht: «u»aabe L (nur morgen»! vierteljLhrllch 3 M monalliL I M., Au»gab« li tmoraent und abend») viertel jährlich 4.S0 M. monatlich 1.S0 W. Durch di« »oft bezoaeu (2 mal täglich) innerhalb Deutschland» und der deutschen Kolonien vierteljährlich b,25 M., monatlich 1,75 M. autschl. Post, destellgcld Mr Oesterreich S L SÜ d. Ungarn S L vierteljährlich Abonnement-Annahme. Auguftusvlatz 8H bei unseren Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer kostet 1v Dfg. Siedaktton und Expedition r Johannitgaste 8. Trlevhon Nr. 14682. Nr. 14683, Nr. 14694. lverltuer stiedaktivn« Bureau: Berlin bi^. 7 Prinz Loui« Ferdinand- Straße 1. Telephon I, Nr. 8275. MpMerTaMM Handelszeitung. Amtsölatt -es Rates und -es Rolizeiamtes der Ltadl Leipzig. Anzeige«.Preis für Inserate au» Leipzig und Umgebung die Sgespaltene Petit,eile 25 Pf., finanzielle Anzeigen 30 Pf., Reklamen 1 M.; von aulwärt» 30 Pf., «-Namen 1.20 M. vomAu»land5OPs., finanz. Anzeigen7bPf. Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behörden im amtlichen Test 40 Ps. Beilagegebübr 5 M. p. Tausend cxkl. Post gebühr. Geschästsanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Festerteilte Aufträge können nicht zurück- gezogen werden. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: AuguftuSplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen expeditionen de» In- und Auslandes. Haupt Filiale verlln. llarl Dunck! , Herzog!. Bayr. Hofbuch handlung, Lützowstrabc 10. <Telephon VI. Nr. 4603). Nr. 297. Sonnabend 26. Oktober 1907. 1V1. Jahrgang. Das wichtigste vorn Tage. * Im Prozeß Moltke-Harden haben heute morgen die Plädoyers begönnen. lS. Bericht.) * In der französischen Kammer wurde der Zustand der Landesverteidigung erörtert. * Mr. Taft wird eine Audienz beim Deutschen Kaiser nach- suchen. * Cosima Wagner ist schwer erkrankt. Professor Schweninger ist an ihr Krankenlager gerufen worben. Es erscheint als gänzlich ausgeschlossen, daß Iran Wagner jemals wieder für die Bay reuther Festspiele tätig sein kann. Tagesschau. Die Branntweinmonopol-Vorlage. Nach den von uns cingezogenen Informationen, schreibt die „Neue politische Correspondenz", unterliegt es keinem Zweifel, daß die ent sprechenden Vorarbeiten für eine Branntweinmonopol-Vorlage im Reichsschabamt ausgearbeitet worden sind. Die Veranlassung hierzu hat sich ganz logisch entwickelt. Die bisherige Branntweinsteuer-Gesetzgebung mit ihrer Verbrauchsabgabe, der Maischbottichsteuer und der Brenn- steuer, nebst den verschiedenen Abstufungen wieder noch innerhalb dieser Gesetze, ist mit der Zeit derartig kompliziert geworden, daß sich selbst Kenner kaum noch durchfinden konnten. Es ist daher im Reichstage wiederholt von allen Seiten eine Reform dieser buntscheckigen Gesetz gebung gefordert worden. Schreitet man aber zu einer solchen, so ist es naheliegend, daß man auch ein Branntweinmonopol in Erwägung zieht, und zwar dies um so mehr, als ein solches ja durch die Spiritus zentrale als privates Branntweinmonopol gewissermaßen bereits be steht, und selbst auf der Linken des Reichstages stets die Ansicht ver treten worden ist, daß ein Staatsmonopol diesem Privatmonopol vorzu ziehen sei. Man braucht ja bei einem staatlichen Branntweinmonopol nicht gleich an ein Monopol im russischen Sinne, h. unter gleichzeitiger Uebernahme des Kleinverkaufs, zu denken, sondern die Anzahl der Be amten würde dabei immer auf ein Minimum beschränkt und die vrivate Tätigkeit möglichst gcschon werden. Steht es somit fest und ist es nach Sachlage erklärlich, daß Vorarbeiten für ein Branntweinmonopol im Reichsschatzamt veranlaßt worden sind, um zu erwägen, wie ein solches etwa zweckmäßig und den Wünschen des Reichstages entsprechend durch geführt werden könnte, so bleibt es dagegen durchaus zweifelhaft, ob die Vorlage des Gesetzentwurfes überhaupt erfolgen wird, und wenn dies geschehen sollte, ob der Entwurf noch in diesem Jahre oder später zur Vorlage kommen dürfte. Daß in dem gegenwärtigen Stadium noch keine Verhandlungen mit der Spirituszentrale stattgesunden haben können, liegt auf der Hand, wie denn überhaupt der Entwurf, der in die Hand des „Berliner Tageblattes" gekommen ist, nach dem, was dar über veröffentlicht worden ist, veraltet sein dürfte und bereits durch neuere Bearbeitung überholt wurde. Herr Erzbcrger und das Zentrum. In der ersten Ausgabe ihrer Nummer vom 22. Oktober hatte die „Germania" bezüglich der Zeugnisverweigerung des Abgeordneten Erz- berger in der Diebstahlsgeschichte des Jlottenvereins erklärt: „Die Zeugnisvcrweigernng erfolgte, weil der Abg. Erzbcrger Grund zu der Besorgnis hatte, das Verhör könne ihn vielleicht nach einer anderen Richtung in Konflikt mit dem Staatsanwalt bringen." Als dann die Presse mit Recht über diese Erklärung witzelte und an beutete, das Blatt hätte nunmehr selbst üurchblicken lassen, daß ihr Schützling ein böses Gewissen habe, suchte sie diesen Eindruck mit folgen- den Worten hinweg zu eskamotieren: „Wir sagten auch schon, daß Abg. Erzberger seine Aussage keines wegs verweigert habe, weil er in der Diebstahlssache ei« böses Gewissen hatte, sondern weil er es vermeiden wollte, durch ein Verhör auf irgend welche unvermutete Fußangeln geführt zu werden." Das steht in Widerspruch mit der Tatsache. Denn Erzberger hatte sich, wie wir genau wissen, nach der Verlesung des Tasbachschen Briefes, dessen Inhalt er bestätigte, sofort ausdrücklich auf den 8 384 Ziffer 2 der Zivilprozeßordnung berufen, der wie folgt lautet: „Das Zeugnis kann verweigert werden über Fragen, deren Beant wortung dem Zeugen zur Unehre oder die Gefahr strafrechtlicher Ver folgung znziehen würde." Eine Bestimmung über „unvermutete Fußangeln", die einen Zeugen durch seine Aussage treffen können, gibt cs in der Zivilprozeßordnung nicht. Der Richter, der Erzbcrger vernahm, würde auch nicht so natv gewesen sein, dem Zeugen Gelegenheit zu bieten, sich der „Fußangeln" wegen um die Aussage zu drücken; er würde vielmehr durch den Zeugnis zwang — und dazu wäre er in einem solchen Falle verpflichtet — auf Erzberger eingewirkt haben. Mithin hat die Zentrumspresse ihren braven Lesern wieder einmal etwas — vorgefabclt. Dann muß auch einmal der Unsinn der Zentrumspresse festgenagelt werden, den sie fortgesetzt in der Behauptung betreibt: „in der Publi kation der Keimbriefe läge überhaupt kein Diebstahl vor". Der einzige Mensch, der berechtigt gewesen wäre, diese „vertraulichen" Briefe auf „legale Weise" dem „Bayrischen Kurier" zuzustellen, könnte doch nur General Keim gewesen sein. Das hat der General aber nicht getan, in- folgedcsscn liegt schwerer Vertrauensbruch vor und nach gen sestgestelltcn Umständen Diebstahl. Auch die Staatsanwaltschaft hat die Verfolgung wegen Diebstahls ausgenommen, demnach gibt cs in diesem Punkte überhaupt nichts mehr zu drehen und zu deuteln. Schließlich hatte die Zcntrnmspressc, als sic infolge des Geständnisses des verstorbenen Abgeordneten Dasbach für den ersten Augenblick in ihrer Polemik die nötige Vorsicht verlor und Herrn Erzbcrger „bedingungs weise" fallen ließ, angegeben: „Wenn Erzberger wirklich mit den Publi kationen im „Bayerischen Kurier" im Zusammenhänge stehen würde, so könnte er hier nur „auf eigene Faust" gearbeitet haben; die Zentrums partei habe weder Mitwisser an der Diebstahlsgeschichte, sie habe über haupt mit derselben gar nichts zu tun." Auch das sind Unwahrheiten. Wie schon aus dem Briese Dasöachs an den Untersuchungsrichter her vorgeht, wußte dieser — also ein leibhaftiger Zentrumsabgeordneter — von der Sache. Aber wer war es denn, als der nationallibcrale Abgeord nete Bassermann im Reichstage die Verwertung gestohlener Briefe mit scharfen Worten verurteilte, der sich trotzdem nicht davon abhalten ließ, ausgiebigen Gebrauch von dem gestohlenen Gute zu machen. Doch wieder der leibhaftige Zentrumsabgeordnete Schädler. Wir glauben, das besagt genug, denn der berühmte Zentrumsführer hat doch damals „nicht auf eigene Faust", sondern für das ganze Zentrum gesprochen, und dadurch, daß er einen der gestodleNen Briefe öffentlich vorlas, hat er auch die Partei mit der Dicbstahlsgeschichte identifiziert! Montenegro auf dem Kriegspfade? (Von unserem Londoner Korrespondenten.) England hat immer ein besonderes Wohlgefallen und Interesse an Montenegro gehabt. Es hat sogar eine Zeit gegeben, das war unter Disraeli nach dem türkisch-russischen Kriege, in der England einen eigenen Agenten in Cettinje unterhielt. Montenegro war auch in den ersten Re- gierungssahren König Peters von Serbien ein beliebter Ansatzpunkt für die englische Diplomatie. Von Cettinje aus wurden die Bemühungen betrieben, einem Connaught auf den Thron zu helfen, als im vorigen Winter der Kopf des Serbenkönigs so bedenklich wackelte. In der Haupt sache ist Montenegro aber immer noch als ein empfindlicher Punkt benutzt worden, an dem England kleine Nadelstiche gegen die Türkei ansetzen lanu, wenn man bei der Hohen Pforte die Bereitwilligkeit für irgend welche britischen Wünsche erhöhen will. An der kürkisch-montenegrinifchen Grenze gibt es überdies fortwährend Zwischenfälle, die einem „Hüter der Zivilsiation"; als welchen sich England seit Gladstones türkenfresserischen Tagen aufgcspielt hat, Gelegenheit zur Verwendung bieten. Eine solche Gelegenheit scheint jetzt wieder heranzunahcn. In der Grenzgegcnd von Andrevitza herrschen chronische Fehden. In diesem Frühjahr kam es dort zu heftigen Zuiammenstößcn. Die Bewohner der nächsten türkischen Städte Plava und Gusinie gehören zu den wildesten und blutdürstigsten Albanesen. Ter Berliner Vertrag hatte diese Stämme dem erweiterten Montenegro zugewiesen. Mit Feuer und Schwert aber wußten diese sich so erfolgreich zu wehren, daß sie wieder der Türkei einverleibt werden mußten 11881) und man Montenegro anderwärts entschädigte. Nun ver läuft die neue türkisch-montenegrinische Grenze zipfelförmig, und einzelne montenegrinische Distrikte sind nicht gut anders als durch Ueberschreitung türkischen Gebiets zu erreichen. Das ist natürlich wieder eine fort dauernde Herausforderung für die Albanesen. Tie beiden Staaten haben daher eine gemischte Kommission eingesetzt, um alle Grenzkonslikte für die Zukunft beizulegen. Die Türkei war in dieser Kommission durch Hassan RM Pascha und durch den eigens von Konstantinopel entsandten General Scheinst Pascha vertreten. Montenegro übertrug seine Voll machten dem Woiwoden Sakitsch, einem in dem Andrevitzabezirk sehr ein flußreichen Manne. Die Montenegriner verlangten die Schleifung eines von den Albaniern auf montenegrinischem Boden errichteten Turmes, der die beiden Städte Plava und Gusnie in ihrer Verbindung beherrscht. Die Türken stimmten auch zu. Sie überlegten sich die "Zu stimmung aber wieder, denn die stolzen Albanesen wollten von der Be seitigung ihres schönen Turmes nichts wissen. Es kam zu endlosen Unterhandlungen, bis schließlich jetzt Fürst Nikolas ein Ultimatum an die Hohe Pforte richte, worin die Erfüllung der türkischen Zusagen ge fordert wird, während andernfalls Montenegro auf seine Weise Genug tuung nehmen werde, das heißt, indem möglichst viele Albanesen abge- fchlachtet werden. Die Türkei ist in keiner kleinen Verlegenheit. Der Sultan hat den größten Respekt vor seiner albanesischen Leibwache! Aber anderseits droht Montenegro mit einem Appell an die Mächte, in- dem es durchblicken läßt, daß es sich in erster Linie an England wenden werde, wo ja der montenegrinische Thronfolger bei feiner jüngsten An wesenheit allerlei wertvolle Beziehungen angeknüpft hat. Und mit Eng land sucht der Großtürke gerade gegenwärtig auf einen besseren Fuß zu kommen. Wie wird er sich aus der Klemme helfen? Deutsches Reich. Leipzig, 26. Oktober. * Tcrnburg und Lindcquist. Zwischen dem Staatssekretär des KolonialamteS und dem Unterstaatssekretär von Lmdequist sollten Differenzen entstanden sein wegen der von Lindequist erlassenen Ver ordnungen über die Behandlung der Eingeborenen des Schutzgebietes. So meldeten mehrere Blätter. Dem gegenüber wird offiziös versichert, daß die Lindequistschen Veordnungen nicht ohne Genehmigung Dernburgs erlassen worden sind. * Fürst Bülow und die englische Katserreise. Ueber die Gründe, die den Kanzler veranlass n, den Kaiser auf Ker Reise nach England nicht zu begleiten, schreibt die offiziöse „Süddeutsche Reichskorresp.": Der Kanzler glaubt nicht, vor dem Beginn der ReichStagSverhand- lnngen eine Reise antreten zu können, die ihn vom 9. bis znm 22. November von Deutschland fern halten würde. Auch kann nicht übersehen werden, daß die Begleitung des Kaisers durch seinen ersten Beamten sicherlich dazu benützt werden würde, der Kaiserfahrt einen ausgesprochen politisch, geschäftlichen Charakter beizulegen, den sie nach der übereinstimmenden Auffassung der maßgebenden Persönlichkeiten in Deuttchlanv wie in England nicht haben soll. Unserer Diplomatie liegt es fern, mit dem Empfang deS Kaiserpaares in England einen politischen Trumpf auszutpielen. Die wirkliche Bedeutung der deuttch-cnglischen Kundgebungen, zu denen der Kaiserbesuch Anlaß bietet, wird dadurch nicht vermindert. Die freundliche Annahme der liebenswürdigen Ein ladung des englischen Hofes hält sich im Sinne der Förderung eines besseren Verständnisses zwischen zwei großen Völkern, wofür diesseits wie jenseits des Kanals mehr und mehr Stimmen von Staatsmännern, Parlamentaiiern, Kaufleuten, Gelehrten und nicht zuletzt Publizisten laut geworden sind. * Wtssmann-Tcukmal in Daressalam^ Die bisher für das Wissmanu- Denkmal in Daressalam eingegangencn Spenden in Höhe von >700 reichen für das Denkmal, wie es beschlossen ist, noch nicht aus. Es ergeht deshalb hierdurch nochmals an alle Kolonialfreund: die Bitte, Feuilleton. Die meisten unserer Schauspieler sind überall Schau spieler, ausgenommen auf der Bühne. Jyh Mohr. O Mit Dernbnrg nach Deutsch-Oftafrika. LII. Daressalam, 21. September 1907. Nachdem ich in meinem letzten Brief von Englisch-Ostafrika ge sprochen habe, komme ich heute zu Deutsch-Ostafrika. Während der Ausreise an Bord des „Feldmarschall" hatte Dernburg uns daraus aunnerlsam gemacht, von welcher enormen Wichtigkeit es für die Kolonie sein müsse, wenn es glücke, die Kindersterblichkeit bei den Eingeborenen zu vermindern. In Kissumu, an Bord des Viktoriasec-Dampfers, hatte ich ferner ein Gespräch mit ihm über ein ähnliches Thema. Ich hatte erwähnt, daß gewissen Leuten in Dar- essalam fortgesetzt Briefe aus Deutschland zugingen, in denen sie von Sozialdemokraten um Material gegen die Regierungspolitik gebeten würden.. „Was da, Material!" rief der Staatssekretär aus. „Hier handelt es sich um Dinge von allergrößter Wichtigkeit. Ob ein Beamter hier oder da Dummheiten gemacht hat, kommt gegenüber den großen Fragen, die gelöst werden müssen, doch gar nicht in Betracht! Das Problem von Ostasrika liegt ganz anders, als man daheim meint. Nicht die Zufuhr von Kapital ist das Wesentliche. Wenn man dem Lande das Geld vorstreckt, das cs für die nötigen Bahnen braucht, so erhält es sich ganz von selbst. Auch sind Investitionen größerer Kapitalien so lange nicht erwünscht, als deren schnelle Verzinsung nicht positiv sicher ist. '>nn wenn die Verzinsung zwei oder drei Jahre ausbleibt, kommt ein Rückschlag, — gibt es ein Geschrei, das der Sache schadet. Für dle Landwirtschaft läßt sich nicht viel tun. Sic ist in ihren Er folgen von sich selbst abhängig. Ter .Handel verlangt nur, daß man ihn auch nach Möglichkeit unbehelligt läßt. Nein! Dos Problem deS Landes ist nach jeder Richtung hin der Eingeborene. Gelingt es, ihn so weit zu heben, daß er ordentlich produziert und kauft, so ist die Kolonie gesichert. Wie dies Ziel am besten erreicht werden kann, darüber heißt es nachdenken!" Und Gouverneur von Rechenberg sagte: „Immer wird wieder- holt, der Eingeborene baue nicht mehr, als er für feinen persönlichen Unterhalt gebrauche. Das mag schon stimmen, aber andere würden an seiner Stelle genau dasselbe tun. Man kann nicht sagen, daß daS pure Faulheit ist. Solange keine bequemen Transportgelegenheiten vor- Händen sinh, würde der Mann ja Geld dabei zusetzen, jedenfalls aber nichts verdienen, wenn er Landwirtschaftsprodukte auf den Markt, d. h. an die Küste bringen wollte. Ganz abgesehen davon, daß viele dieser Produkte einen längeren Transport überhaupt nicht vertragen. Usambara ist in Ausnahme gekommen. Alle zwei Stunden weit sitzt ein europäischer Pflanzer. Jeder braucht schwarze Arbeitskräfte. Daß Usambara diesem für ostafrikanischc Verhältnisse ganz anormalen Bedarf nicht ohne weiteres gerecht werden kann, liegt auf der Hand. Das Manko gleicht sich durch Zuwanderung ganz von selbst nach einiger Zeit aus. Ucbrigens gibt cs dort auch schon jetzt Farmen, die ganz und gar nicht über Arbeitermangel zu klagen haben." Man wird sich mit den vorstchenoen Ausführungen, soweit sie sich auf die Eiugcborenenfrage beziehen, mir einigen Einschränkungen ein verstanden erklären können. Ich glaube nicht, daß man über die Ar beiternot in Usambara, wenn sie auch nicht so peinliche Formen wie die in Englisch-Ostafrika zeigen mag, wie über etwas Unabänderliches mit einem Achselzucken hinweggehen kann. Dazu sind die Hoffnungen, die an dem Lande hängen, und di« Gelder, die in ihm angelegt sind, zu groß. Im übrigen werden wir ja die dortigen Verhältnisse demnächst aus eigener Anschauung kennen lernen. Und die „Hebung" der Ein geborenen? In der Theorie gewiß ein Ziel, aufs innigste zu wünschen. Was aber stellt man sich in der Praxis darunter vor? Künstliche Steigerung der Löhne? Sie würde nach dem Urteil aller, auch der un- interessiertesten Praktiker hierzulande nicht zu einer Aenderung der Lebenshaltung, sondern lediglich dazu führen, daß der Scheust ruhig bei seinen übernommenen Gepflogenheiten bliebe und nur weniger arbeitete als bisher. Tenn von den Angehörigen weniger Vieh züchtender und auf den Verkauf von Vieh hin sparender Stämme abgesehen, arbeitet der freie Farbige grundsätzlich nur so viel, als dies bei großer An- spruchslosigkeit zur Fristuug seines Lebens und zum Ankauf einer ooer mehrerer Frauen unbedingt erforderlich ist. Schulbildung? Aufgezwungenes Schulwissen führt eriahrungs- mäßig den Scheust zn einer kindischen Ueberschähung seiner persönlichen Bedeutung Sie verdirbt ibn für jede ernste Arbeit und verführt ihn zu allerlei Schlechtigkeiten, z. B. zum Betrug von Analphabeten durch be schriebene Zettel. An die Ausrottung des Analphabetentums aber durch Einführung der allgemeinen Schulpflicht wird wohl auch der phan tastischste Menschenfreund nicht denken — vorausgesetzt, daß er auch nur ein einziges Mal durch ein Schensidorf gegangen ist. Im übrigen rührt diese Frage an den Kern alles Kolonisierens. Man muß sich klar darüber sein, was man will. Kolonisieren wir, um unsert» oder um der Neger willen? Sie sind nicht unsere Volksgenossen und füblen sich, so wie sie leben, leidlich wohl. Sie haben ihre Lebenslage vor Ankunft der Weißen auf der Basis, auf der sie sich — die verpönte Sklaverei ein begriffen — geschichtlich entwickelt hatte, netter gefunden, als die von heute; auch bsben sie die Erinnerung daran noch nicht verloren. Immer hin entspricht die Situation, in der sie sich gegenwärtig befinden, im all gemeinen noch dem, woran sie gewöhnt sind. Humanitäre Experimente würden unglückliche, heimatlose Men schen aus ihnen machen. Daß sie das werden, liegt weder in ihrem, noch in unserem Interesse. Einzelne Individuen, besonders an der Küste haben den Wunsch, lesen und ichreibcn zu lernen. Uni ein Mißverständnis zu vermeiden, fei, wenn cs auch nicht allzu wichtig ist, erwähnt, daß sich dieser Wunsch naturgemäß aus die Landessprache, das Kisuaheli, bezieht. Man gebe ihnen Gelegenheit! Andere haben Be gabung für ein Handwerk. Bildet sie aus! Das Anlernen schwarzer Handwerker, insbesondere brauchbarer Holzarbeiter aller Art, ist ein wirkliches Verdienst, das sich die katholischen Missionen erwerben. Mau lasse den Scheust Deutsch sprechen, soweit er die Sprache im Verkehr mit den Deutschen aufgeschnappt hat. Was darüber ist, ist vom lieben Der Neger braucht seinen .Herrn, mit dessen Glanz und Macht er renommieren kann; seinen Herrn, der ihn einerseits schützt, anderseits sein Führer ist; der ihm sagt, was er zu tun und zu lassen hat, und ihn zur Ordnung und Arbeit anhält. Ob dieser Herr ein eingeborener Sultan, ein Araber oder ein Europäer ist, gilt ihm gleich. Nur wer- den seine Entwicklungsrichtung und seine Fortschritte in jedem der drei Fälle verschieden sein. Er bedarf einer gerechten Behandlung, wenn er gedeihen soll; er bedarf seiner Zeit zum Spielen, aber er bedarf auch der Rute, genau wie ein Kind. Der Rute, d. h. solcher Strafen, die ihm körperliches Mißbehagen verursachen, wie Hunger, den er vielleicht am meisten fürchtet, Schläge oder auch die Kette, in Verbindung mit regel mäßiger, schwerer Arbeit. Reine Freiheitsstrafen imponieren ihm un gefähr in demselben Umfang, in dem zu Hause einem ländlichen Tekin- quenten Strafversetzung in die Stadt, oder einem solchen ans der Stadt Verbannung aufs Land furchtbar erscheinen würde. Wird er eingesperrt, so legt er sich statt in dem Loch, das seine Hütte heißt, in seiner Zelle auf die Matte. Mitgefangene zum Schwatzen und Lachen würde er vorsinden und im übrigen bei guter Fütterung, die ihm die Hauptsache ist, stumpfsinnig abwarte», bis seine Strafzeit vorüber ist. Daß es ohne Schläge nicht abgeht, ist kein schöner Gedanke, aber es ist nun einmal nicht anders. Natürlich dürfen sic nur mit Maß und vor allen Dingen nur gerecht angewandt werden. Man kann den Schwär- zen, wieder genau wie ein Kind, auch verprügeln und hartschlägig machen. Diese Gefahr liegt erfahrungsgemäß namentlich beim Verkehr ungebildeter Leute mit ihm vor. Sie darf seitens des Gouvernements nicht aus dem Auge gelassen werden. Alles in allem kann man sagen, daß' unsere Eingeboren^politik in den zwanzig Jahren seit unserer Besitz ergreifung gut warf die sentimentalen Strömungen, die sich neuerdings unter dem versteckten Einfluß der Missionen zeigen, werden hoffentlich nicht auf einem Gebiet Schaden anrichten, auf dem bisher zu berechtig ten Beschwerden keine Veranlassung vorlag. Es wäre lehr bedauerlich, wenn man etwa in Daressalam auf den Gedanken verfallen sollte, die im englischen Protektorate übliche Eingeborenenpolitik zu kopieren. Welche Mittel gibt es nun zur Lösung des Dernburgschcn Pro- blems, zur „Hebung^' des Eingeborenen, d. n. zur Erhöhung ihrer Ar beitsleistung und ihrer Produktionslust? Ich sehe nur einS; und das
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