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Dresdner Journal : 16.04.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-04-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188204165
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820416
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820416
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1882
- Monat1882-04
- Tag1882-04-16
- Monat1882-04
- Jahr1882
- Titel
- Dresdner Journal : 16.04.1882
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W87. Sonntag, den 16. April. 1882. 4doa»«we»ti»pr«li r l» U»»«» a»»t»ed«o L«ied«: 6Ltlr>lcll: .... 18 Stark. ^Mrliek: 4 Stark KO Pf. Li»r«Io« Auwwsr». 10kk. L»»»«rk»1d >ie» 6eut»ckeo ksi^bss tritt kost- u»6 8UiwpLlru»t.iiI^ luoru. loserateopi-elser kLr äen k»uw einer xenpnltsnen ?stitreils 20 Pf. l^nter „Linx«sv<it" 6is 2eils Sy Pf. Lei UbeUen- unä 2Msrv»atr Sy H ^uf»el»1»x. Ireelieloell: IN^Iicl» mit Xuenndme 6er 8onn- unä psiertL^s ^b«n6, kür 6sn kolxenäen Zres-ntl Äonrnal. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Io»er»1eo»oo»dme »ui^Lrt»: 1.«ix»t^: F>. Lranckstrtter, CoinwiieionLr äee l)ree6oer 6ourn»I»; Lemkvrz B«rU»-V>«o - l.«ip»>U B»,«I Br„I»» 2r»»kei>rr ». H : f/aa»rnlttr,»» F püA/rr, LerUn-Vlev Sewdar^. kreis-l.«iint^ kr»nkkart e. H. -Müntden: /t«6 - Lerlu»: /nlc^irirnrtllnl'. Bremen: F?. LeStott«,- Br»»I»u: /, ÄariAr« e Hurra» <L'»nU L'adat/»),' krenkknrt » « r L. ^aeAe^eeke Uuckünnüluo^i ÜSrUt»: tr. ^/ü/trr - Lennover: <7. §ck>»8»irr, kert» Berit»-krnnirknrs » H StnU^ert: DanLe <1 6o., Semdnr^: ^6. Lte»n«r. Uvr»u,xvderr Löniel. Lrpeüition äes Dresdner Journal», l)ree6eo, 2»rio8eretr»e»e lio. 2V. Ämtlichtr Lhci!. Verordnung, betreffend die Einberufung des Reichstags. Wir Wilhelm, vou Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. re. rc. verordnen auf Grund des Artikels 12 der Berfasfung, im Namen des Reichs, was folgt: Der Reichstag wird berufen, am 27. April dieses Jahres in Berlin zusammenzutrtten, und beauf tragen Wir den Reichskanzler mit den zu drefem Zwecke nö'.higen Vorbereitungen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Un terschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Berlin, den 14. April 1882. (I,. 8.) gez. Wilhelm. ggz, Fürst von BiSmarck. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Stadtbezirksarzte Ör. meä. Ernst Moritz Siegert zu Oschatz vom Monat April 1882 an die Stelle der BezirkSarzteS in der AmtShauptmannschaft Oschatz zu übertragen. Nichtamtlicher Theil. Uedersicht: Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schan. Tage-geschichte. Ernennungen, Lersetzungen rc. im offen«. Dienste. Dresdner Nackrickten. Zur Bilanz de- Welthandels. (II) Statistik und Lolkswirthschaft. Feuilleton. Beilage. Betriebsergebnisse der köuigl. Staatseisendahnen. vom März d. I. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. Vermischtes. Statistik und Lolkswirthschaft. Stand der Sparkassen des Königreichs Sachsen Ende Monat Februar d. I. . Telegraphische Wittrrungsberichte. Börsennachrichten. Telegraphische Nachrichten. Lien, Sonnabend, 15. April, Mittag-. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die den Delegationen heute rugrgangeue Regierungsvorlage beansprucht einen Credit von 2373300V Al. Die Motive besagen, die Jasurrectiov sei durch die militärischen Actio nen im großen Ganzen niedergeworfen und habe den Charakter eine- Brigantaggio angenommen, Zu dessen wirksamer Bekämpfung, zur Behaup tung der erzielten Erfolge und zur Sicherheit der friedlichen Einwohner sei dir Belassung der dor tigen Herrestheile in gegenwärtiger Stärke bis auf Weiteres nothwendig. DaS Erforderniß ist bis Ende Oktober berechnet, unter der Voraus setzung, daß noch vor Anfang des Herbstes we nigsten- eine theilweise Reduktion der Truppen möglich sein werde. Pari-, Kreitag, 14. April, Abend-. (W. T. B.) Der Präsident Gr6vy ist heute Nachmittag hierher zurückgekrhrt. Der interimistische diplomatische Vertreter Deutschland- in Tunis, I)r. Nachtigal, hatte heute eine Unterredung mit dem Ministerpräsi denten de Kreycinet und beabsichtigt, morgen nach Tunis abzureisen. Auch General Lambert kehrt morgen nach Tunis zurück. Die Botschafter Admiral JaurdS und Mar quis de NoailleS verlassen gleichfalls morgen Paris, um sich auf ihre Posten zu begeben. Rom, Kreitag, 14. April, Abend-. (W.T. B.) Der König Humbert hat dem Könige von Würt temberg den Annunciatenorden verliehen. Der Cardinal Kürst Hohenlohe stattete dem Könige von Württemberg heute einen Besuch ad. Kairo, Kreitag, 14. April. (Agenzia Stefani.) E- bestätigt sich, daß der Ministerratb beschlossen hat, betreffs der Assad Bai sich den Entschei dungen der Pforte zu fügen. Dieser neue Be schluß wird al- eine Kolge de- englisch italieni schen Einvernehmens und der festen Haltung der italienischen Regierung angesehen. Einer Meldung der „TimeS" aus Alexandrien vom heutigen Tage zufolge ist die Unzufriedenheit der Bevölkerung und die Insubordination in der Armee im Wachsen begriffen. Die Truppen von Damiette hätten einen Offizier, welcher sich im Arrest befand, wieder frei gemacht. Dresden, 15. April. In Frankreich ist das Gesetz über den obliga torischen Elementarunterricht vor Kurzem zu Stande gekommen. Durch dasselbe wird der Elemen tarunterricht zur ausschließlichen Angelegenheit der Staate» erklärt, jede Betheiligung der Geistlichkeit und der geistlichen Corporallvnen an dem öffentlichen Unter richte untersagt. Um der »logischen Consequenz* willen wurde auch der vielbesprochene JuleS Simon'sche Para graph gestrichen, der die Volksschule dazu verpflichten wollte, ihre Zöglinge mindestens über die „Pflichten gegxn Gott und gegen daS Vaterland* zu belehren. Es fehlt feiten der Katholiken nicht an Widerspruch gegen daS neue Gesetz. Bereits haben die Deputirten der Rechten, sowie die katholischen Journalisten gegen dasselbe protestirt. Neuerdings hat sich noch eine be sondere Gesellschaft, die „Lociet« general« ä'eäueation et ä eoseigneinent", gebildet, deren Mitglieder alS Familienväter die Verpflichtung sühlen, den Glauben der Kindheit gegen die Angriffe des Unglaubens sicher zu stellen. Diese Gesellschaft veröffentlicht energische Protestationen und versucht da- Möglichste, um der Ausführung deS Gesetze» Schwierigkeiten zu bereiten. In den Kreisen der Regierung kehrt man sich nicht hieran, sondern glaubt einen großen Schritt weiter ge- than zu haben zur Befestigung deS republikanischen Einflusses. Auch außerhalb Frankreichs fehlt eS nicht an Stim men, welche in dem Gesetz eines ihrer Ideale verwirk licht sehen. Diesen Lobpreisungen gegenüber verdient jedoch em ruhiges Urthe,l Berücksichtigung, welches die neueste That der französischen Gesetzgebung un „Ham burgischen Correspondenten* erfährt. Das han seatische Organ schreibt: „Die neue französische Ein richtung »ft den im größten Theil Europas herrschen den Vorstellungen von Wesen und Aufgabe der Volks schule so genau angepaßt, daß ihr der Beifall der sogenannten öffentlichen Meinung nicht fehlen wird. Bei unS, wo die Mustergiltigkeit der modernen fran zösischen VolkrbildungSbestrebungen bereits zu wieder holten Malen laut gepriesen worden ist, spitzen wahr scheinlich schon gegenwärtig zahlreiche liberale Pädagogen ihre Federn, um Publicum und Regierung davon zu überzeugen, daß wir Gefahr lieftn, von Frankreich über holt und nn nächsten Kriege durch den französischen Schulmeister geschlagen zu werden. Gerade darum er scheint es als Pflicht, auf die schweren Bedenken hinzu- weisen, welche dem neuen französischen System gegenüber stehen. Turch die AuSmerzung des religiösen Elements Feuilleton. Kedigiri von Otto Banck. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 14. April: „Die Karolinger* Trauerspiel in 4 Acten von E. v. Wilden bruch. (Zum ersten Male.) Den aufrichtigen und opferwilligen Bemühungen unserer Hofbühne gegenüber, Erzeugnisse der modernen dramatischen Production vorzuführen und der Forde rung der Zeit mst großem Fleche gerecht zu werden, befindet sich die Kritik bei Gelegenheit deS vorstehenden Stücke- in einer sehr angenehmen Lage. Ist eS doch heute wie nur selten vergönnt, einen vollen Bühnen erfolg zu constatiren, gewiß das einfachste und zugleich willkommenste Referat, da» der Presse zu Theil wer den kann. DaS v. Wildenbruch'sche Traueispiel, von einer überraschenden technischen Geschicklichkeit zeugend und gehoben durch einen geistvollen rhetorischen Vortrag, der weder nach sprachlichem Glanz ringt, noch denselben unwillkürlich dulbietet, brachte durch seinen dramatischen, im Ganzen vortheilhaft knappen Aufbau, durch seine lebendige Steigerung, durch den Ernst seine» Hinter gründe», durch die Gegensätze seiner straff angespannten Factoren eine sehr überraschende theatralische Wirkung hervor. Sie war eine so entschiedene, daß der an wesende Autor in zwei Acten verschiedene Male ge- rufen wurde, und zwar beschränkte sich diese wohlverdiente Anerkennung keineswegs, wie daS oft der Fall, auf eine Partei von Bekanntenkreisen. Dieser allgemeine Beifall war ein schöner Be ¬ weis dafür, wie bereitwillig dankbar da» Publi cum ist, wenn ihm eine rüstige Arbeit dargeboten wird, die anregend zum Hören und Schauen auffordrrt und ohne Geschmacklosigkeit und unsicheres Hin- und Herlagen zu verrathen, daS Interesse der Anwesenden an einen scemsch wohlgeordneten, in starken Lichtern und Schalten auSgeführten Vorgang fesselt. Auch dieses gute, tüchtige Machen, getragen von einer wackern schriftstellerischen und nobel ehrgeizigen Erwärmung für den Gegenstand hat seine altverbrieften Rechte. Man respectirt sie stets, selbst wenn damit nicht jenes undefinirbare Element der begeisterungentzündenben echten Dichterpoesie verbunden rst, welche hinter dem Genuß deS Werkes den holden oder gewaltig dämoni schen Reiz eine» immer wieder anziehenden NachtlangS in unserer Seele zurückläßt Solche allgemeine Bemerkungen gelten nur in Bezug auf dieses Drama. Der Verfasser kann sie jeden Tag durch ein anderes Werk erweitern und cor- rigiren. Doch auch hiervon abgesehen, hat wohl das Theater noch viel Dankbares von ihm zu hoffen. Zeigt er sich doch in den Karolingern als ein durchaus praktischer Bühnenjchnftsleller. ES kam ihm in erster Linie immcr und immer w eder darauf an, vor Allem ein fesselndes Thealerstück zu schreiben, dessen Sioff zugleich in seinen Grundzügen und Grundsarben histo risch erscheine, wenn es das auch nur bi» zu einem ge wissen Grade ist. Um ganz und gar Dramatiker und in seiner Cvmposition möglichst unbehindert sein zu können griff er sehr selbstherrlich in die Ge schichte hinein. Er that e» gerade an der Stelle, wo nach de» großen Kaiser Karl'» Tod« unter dessen Sohn Ludwig dem Frommen da» ent- au» der Volksschule und durch die Auslieferung der selben an die RegierungSgewalt ist ein neues wichtiges Gebiet in die Hände der wechselnden Einflüsse gelegt worden, welche da» von einem Punkt aus bestimmte französische Staatswesen souverän, aber immer nur auf kurze Zeit beherrschen. Weil in der französischen Elementarschule der Zukunft der eine seste Punkt feh len wird, der den Kern und Stern aller wahren Cl- vilisation bildet, erscheint unausbleiblich, daß fortan jede der Regierungen die'eS Landes ihre Grundsätze und ihre Vortheile zum Range leitender Moralprin- cipien erheben wird. Wehrlos steht der Staatsbürger der unteren Klassen einer Siaaisgewalt gegenüber, die seine Kinder ohne Weiteres in den Dienst ihrer In teressen nimmt und neben ihrem Einfluß keinen an dern duldet. Heute, wo die vorgeschrittene Demokratie daS Heft in Händen hält, erscheint unvermeidlich, daß die Lehre von der Alleinherrschaft und der Alleinbe rechtigung des Staates bereits m der Schule gepre- digt und daß ein systematischer Krieg gegen die kirch lichen und die mit diesen verbündeten conservativen Elemente eröffnet wird. Durch hundertfältige Ersah- rungen darüber belehrt, daß das Morgen vom Heute wesentlich verschieden sein kann, werden die Machthaber deS Augenblicks so radical wie immer möglich vorzu gehen und ihren Nachfolgern den Boden nach Kräften zu entziehen suchen. Schlägt der Wind einmal um, so kann eS leicht geschehen, daß im Namen desselben unfehlbaren und alleinstehenden StaateS entgegengesetzte Principien verbreitet und dadurch alle überkommenen Anschauungen auf den Kops gestellt, alle moralischen Grundlagen vernichtet werden. Ist die StaatSldee doch an und für sich ein inhaltsloses Ding, dem jede Par tei ihr Programm zum Inhalt geben kann. Uebng bleibt dann nur, daß die Staatsomnipotenz als solche allen künftigen Geschlechtern als selbstverständliche Wahr heit eingeprägt und eingeprügelt wird, und daß eS dereinst keinen andern französischen Gott, als den Staat giebt.* Doch ist nicht zu besorgen, daß sich diese von dem Hamburger Blatte gefürchtete Allgotthcit des StaateS verwirklichen wird, am wenigsten in Frankreich, wo bekanntlich nichts von Dauer ist. Auf die Revolution folgt immer die Reactwn, und die Conservativen und Clericalen werden die nächste sicd bietende Gelegenheit wahrnehmen und dazu benutzen, ihren Gegnern wieder die Waffe de» Unterrichtsmonopols zu entwinden. Vorerst hat dieser heftige Kampf, den die radicale Demokratie auf allen Gebieten gegen die Kirche em- leitete, nur dazu gedient, daS religiöse Gefühl neu zu beleben. In der „Straßburger Post* welcher man gewiß keine „clericalen Sympathien* vorwerfen kann, findet sich u. A. folgende beachtenrwerthe Mittheilung aus Paris: „Es ist nicht zu bestreiten, daß in diesem Jahre der Kirchenbesuch mähend der heiligen Woche in Pans von Seiten der Katholiken so außerordentlich stark wa-', wie kaum je zuvor. In einigen Kirchen herrschte eine wahre Ueberfüllung. Unter den Andäch tigen in der Kirche Notre-Tame befanden sich ebenso viele Männer als Frauen — und daS ist für Paris immerhin eine Seltenheit. Vom Jahre 1876 bis zum Jahre 1881 hat sich die Bevölkerung unserer Haupt stadt von 1988 806 auf 2225910 gehoben. Es hat also eine Vermehrung der Einwohnerzahl um 237 10-1 Personen stattgefunden, und zwar besteht die überwiegende Mehrzahl der letzteren aus Katholiken. Indessen ge nügen diese Ausführungen koch nicht zur Erklärung des gesteigerten AndachtsbedürfnisseS der Katholiken, das in diesem Jahre gerade so 'ebhaft hervorgetreten ist. Das neue Unterrichtsgesetz hat in weiten katho lischen Kreisen ein so heftiges Mißvergnügen hervor- gerusen, und die katholischen Blätter haben so oft ver sichert, das Cabinet Freycinet sei ein atheistisches Ca- binet, daß viele katholische Familien, dl« aus Gleich artete Geschlecht der Karolinger in fast endloser Bruderkriegen, in Kämpfen der Söhne gegen den Vater, deS VaterS gegen die egoistischen, freilich auch vom Vater betrogenen Söhne sich und das Reich schän dete und zerfleischte. Diese- Bild der ruch osen Familienschmach und Jntrigue gab der Autor, eS lag unmittelbar in den vorzuführenden Zuständen und Actionen. Im Uebrigen aber trat er nicht mit der sittlich poetilchen Tendenz an die Geschichle heran, ihr wahres Gesichl und die inneren Triebfedern der bösen Thaten dramatisch zu enthüllen. So bleibt unwillkür lich der Schleier über die mönchische, verderdie Er ziehung der Söhne, namentlich Lothar'S, ungelüftet. W:r erfahren nichts Positives von der aus Schwäche ost verbrecherischen Mlßregierung Ludwig'- des From men; der deutsche und welsche Rechte verletzende Sinn der Theilung (Aachener ReichttagSentscheld) findet keine moralische Polemik; das gleißnerische Eingreifen und die furchtbaren Jntriguen d>S Papstes Gregor I V. auf dem Roihfeld und schor vorher, wobei eS sich um den hierarchnchen Triumph durch die Demülhigung des Kalserthums handelte, und um den Plan, Lothar, dies willige Werkzeug des Papsttbum», zum Kaiser zu machen, werden nicht erwähnt; die furchtbare Hand lungsweise Lothar'-, der den gefangenen Kaiser, seinen Vater, mit sich herumführt und ihn m Klostergefäng- nissen wegen der Thronentsagung unmenschlich quälen läßt, ist ignorirt, so auch daS Eingreifen de- deut schen Elemente- zum Besten des sehr undeutsch gewor denen Kaiser» und mancher andere Hauptcharakterzug der Zeit. Statt dessen aber vereinfachte sich der Bersasser den Stoff sehr praktisch, um da- schlußlose GeschichtS giltigkeit, Lauheit, Interesselosigkeit, oder, wie Sie e» sonst nennen wollen, Jahre lang keinen Fuß mehr iu eine Kirche gesetzt hatten, sich jetzt bewogen fühlten, ihre Haltung zu verändern und von Neuem Interesse für ihre Religion zu zeigen, um dadurch gegen da» Ministerium, das Parlament und den Pariser Ge- meinderath zu frondiren. Eine gute Zahl von Pari sern — und zwar nicht Strenggläubigen allein — ha ben eS Hrn. Herold und den Gemelnberäthen niemals verziehen, daß sie die ChristuSbtlder au- den Volk», schulen entfernten. Und andererseits haben die Reden der Intransigenten und der Freidenker auf den Fleischessen am Charsreitag nicht nur die Katholiken, sondern überhaupt alle Leute, die noch an einen Gott glauben, schwer verletzt. Auf dem Banket im Palais- Royal sagte beispielsweise „der Bürger* Caltiaux: „Gott ist dar nichtSwüidigste Wesen, dem man über haupt begegnen kann, und man muß diese» Wesen von der Erde vertreiben I * Und der „ Bürger * Gro» sagte seiner seits: „Gott hat nicht den Menschen geschaffen, sondern der Mensch rief den Gott inS Dasein!* Auf dem Banket der VendangeS - de - Bourgogne verflieg sich gar ein halb betrunkener Redner zu der Aeußerung: „Golt und die Heiligen sind die Clowns deS KatholiciSmuS, aber ich muß gestehen, daß die Clown- im CircuS Fernando viel lustiger sind, al« diese katholischen.* Diese tollen Reden und nicht minder auch die schamlosen Ausschwei fungen, die auf einigen dieser Versammlungen sonder Scheu begangen wurden, haben in den Kreisen unsere» christlichen BürgerthumS heftige Aufregung erzeugt. Auf einigen dieser gastronomischen Bereinigungen der Frei denker sah man halbdetrunkene Frauen und Kinder sich schamlos umhertrelben, auf anderen kamen sonstige Ungehörigkeiten vor. In Samt-DeniS hatte man für den Charsreitag ein Banket zu Stande gebracht, auf dem die Theilnehmer für die bescheidene Summe von 15 SouS (60 Pf.) „Gedärme und zwei Fleischspeisen, von denen man nach Belieben zugrelfen konnte*, vor- gesetzt erhielten. Alte Communarden, ehemalige Sträf linge und ähnliche Helden machten sich auf dieser „Volk-Vereinigung* gewaltig breit und hielten Reden über die Regierung, das „infame Bürgerpack* und die Religion, die man selbst andeutungsweise nicht wieder geben kann. In den größeren Städten der Provinz ging eS übrigens genau so zu, wie in Paris und m Saint-DeniS. Ja, selbst kleinere Ortschaften, die der Ruhm der Hauptstadt nicht ruhig schlafen ließ, hatten ebenfalls ihre „Skandale*. So Clermont l'Hörault, wo der Bürgermeister ein Volksfest und einen Ball iu Scene setzte, „ um gegen die Katholiken zu protestiren *. Der Ball war insofern sehr merkwürdig, al» auf dem selben wohl viele Tänzer, aber keine Tänzerinnen er schienen, was die Lacher nicht gerade auf die Seite de» Bürgermeister- brachte.* Man sieht zugleich au- diesen Auslassungen de» „liberalen* Blatte», daß der Unglaube in der Haupt stadt Frankreichs schamloser, als jemal» sich breit macht, und daß das Thun der Freidenker jenem rohen, der „Göttin der Vernunft* huldigenden SanSculottenthum der Revolution in nicht- nachsteht. Man darf aber auch nicht vergessen, daß dieses Wüthen gegen alles dem Menschen Heilige der ersten Republik die besseren Elemente entftemdete, und das tolle Treiben des Ra- dicaliSmuS verschaffte dem Manne Anhang, der die Religion wieder in ihre Rechte einsetzte. Die Schwäche der aufeinanderfolgenden Regierungen und die tollen Ausschweifungen ihres Anhanges ebneten den Weg für — Bonaparte. Lagesgcschichk. * Berlin, 14. April. Die „New-Korker Staat»- zeitung* berichtet: Hr. Sargent, der neue (nord- amerikanische) Gesandte für Berlin, hat sich als Le- segment, daS eigentlich erst im Vertrag von Verdun einen kläglichen Ruhepunkt findet, dramatisch abzu- runden. Er überspringt alle Einzelheiten und läßt Ludwig nicht natürlich sterben, sondern sogar durch Gist, welches ihm Markgraf Bernhard von Bar celona belbringt. Um eine Jntrigue zu schaffen und zugleich einen Bösewicht, gegen den sich Zorn und Abscheu deS PubiicumS wenden, läßt der Verfasser diesen Bernhard vor unsern Augen ein unschuldige», treue», von ihm verführtes Mädchen, der er daS Ehe- versprechen bricht, erdolchen und ferner ist derselbe Bernhard der ehebrecherische Buhle der Kaiserin Ju dith und wird zur Sühne auf der Scene niederge stochen und auch Judith stirbt. Auch P>pin stirbt im Stacke eine- plötzlichen Todes, gerade wie Bernhard und Judith. Diese sehr unhistorischen Freiheiten würden an Be denklichkeit verlieren, wenn sie statt eines bloS äußer lich scenischen einen wirklich geistigen Abschluß der Geschichtsbewegung zur Folge hätten. Dies mildert sich dadurch nicht, daß wir eS in diesem theatralisch ungemein geschickten Drama vorzugsweise mit typischen Gestalten, die zur Situation Paffendes sprechen, aber fast gar nicht mit individuellen Charakteren zu thun haben, welche die Handlung erschaffen. Der einzige Schöpfer der Action ist BernharS, doch seine Eingriffe sind der Art, wie sie zwar sehr effectvoll wirken, aber sich nur in Theatern und nicht in der wirklichen Welt zu ereignen pflegen. Alle die angedeuteten Abweichungen von der Ge schichte, welche sich nicht nur auf Thatsachen und Zeit- Verhältnisse, sondern auch, wie bei Bernhard von Sep- tlmanien (genannt von Barcelona), auf die Charaktere
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