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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-18
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920818017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892081801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892081801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-18
- Monat1892-08
- Jahr1892
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Wegen Herstellung einer Abzweigung der Wasserleitung in das Grundstück Ulrichsgasse Nr. 20 wird die UlrichSgasse vom 18. d. M. ab, während der Dauer der Arbeit, für de» gesammten Fährverkehr geiperrt. Leipzig, den 17. August 1892. IX. 14724. Der Math der Stadt Leipzig. 1>r. Tröndlin. Slahl. Bekanntmachung. Hierdurch machen wir bekannt, daß wir die nördlich deS Eutritzscher Lhausscehauics hittsilhrende, die Delitzscher Straße mit der äußeren Halleschea Straße verbindende Silage ö, jedoch mit Ausnahme der Fußwege, in da- Eigcnthum und in die Verwaltung der Stadtgemeiude übernommen haben. Leipzig, am S. August 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. Io. 4240. Ür. Tröndlin. vr. Redlich. Bekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebenen Arbeiten zur Errichtung eine? Tchlentzrnräumer - Schuppen» an der HoSPitalscheuue find vergeben. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden daher auS ihren Angeboten entlassen. Leipzig, deu 11. August 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. Io. 4243. ' Vr. Tröndlin. Cichorin». Bekanntmachung, Herstellung einer Gangschlcnsze bctr. In der Eilenburger Chaussee aus deren Ausdehnung von dem letzten Einsteigcjchachte der in der Lollinencr Straße mündenden Gangfchlenße bis an die Parkstraße in einer Länge von etwa 120 m soll eine Gangschleuße mit einer Ueberlausschleuße hergestellt werden Al- Material der Schleuß« ist Stampfbeton in Aussicht genommen während die Eiusteige- und Einlaufschächte tu Zicgelmauerwerk her zustellen sind. Bewerber um diese Arbeiten werden ersucht, die Kostenanschläge im Stadtbauamt zu entnehmen und dieselben gehörig auSgesllvt in verschlossenem, mit entsprechender Aufschrift versehenem Briefumschläge ebendaselbst bis zum 29. August d. I., Mittag» 12 Nhr, wieder einzureichen. Unvollständig auSgefüllle Kostenanschläge bleiben nach Befinden unberücksichtigt; die Auswahl unter den Bewerbern bleibt Vorbehalten. Wurzen, den IS. August 1892. Der Stadtrath. Mühle, Bürgermeister. Concursverfahren. In dem Toncursnersahren über das Vermögen der verw. Schuh- sabrtkant Sack. Louise geb. Feierabend, zu Weißcnsels ist infolge eines von der Gemeinschnldnerin gemachten Vorschlag- zu einem ZwangSvergleichr BergleichStermin aus de» 10. September 1892 Vormittags 10 Uhr vor dem Lönigi. Amtsgericht« hierjelbst, Zimmer Nr. 7, anberaumt. Weißens»!-, den 6. August 1892. Blume, Actuar, als GerichtSschreiber deS Königlichen Amtsgerichts. Sie Besetzung -es italienischen Botschafter postens in Berlin. Am 3. August ist die Ernennung de» GcnerallirutenantS Carlo Lanza, Marckcse di Busca, zum Botschafter Italien» in Berlin vom König Umberto vollzogen worden, und der neue Vertreter Italiens am deutschen Kaiserhofe wird seinen Posten Ende September antreten. Die Wiederbesctzung des durch den^Tod des Grasen Launay erledigten wichtigen> Kostens bat Schwierigkeiten verursacht. Schon unter dem Ministerium Rudini kielt eS schwer, eine geeignete Persön lichkeit als Nachfolger des Grafen Launay zu finden, und als sie im Grafen Tavcrna gefunden war, erhoben die hranzosensreniide ibre Stimme so laut, daß er den Ministerwechsel als Vorwand benutzte, um die Bürde des Amtes in die Hände des Königs zurückzugeben. Nachdem das Ministerium Giolitli ins Amt getreten war, nannte man den Namen Guiccioti'S, dann wurde es wieder still davon, bis endlich vor etwa acht Tagen die Ernennung Lanza's ersolgte. Ein so langes Interregnum regt zum Nachdenken über die Ursachen der auffallenden Erscheinungen an, und die ^rage liegt nahe, ob denn die Zahl der Personen in Italien, welche die Stellung des Botschafters in Berlin über nehmen und ausfüllen können, so außerordentlich beschränkt ist, wie die große Verlegenheit der Aufsuchung des Nachfolgers anzndeuten scheint. Sv liegt die Sacke nicht, aber cs war allerdings sehr schwierig, einen Mann zu siiiden, der in Berlin genehm ist, ohne in Paris Anstoß oder Bctlcmmuiig zu erregen. Italien befindet sich seit längerer Zeit in der Lage, wider strebende Interessen mit einander zu versöhnen und trotz einer Mitgliedschaft am Dreibünde mit Frankreich frcund- chastliche Beziehungen zu unterhalten. Diese Ausgabe ist noch schwerer zu erfüllen, als eö Deutschland möglich ist, trotz des Dreibundes mit Rußland in gutem Einvernehmen zu bleiben. Tie Thatfache steht fest, daß der Dreibund gegründet wurde und erhallen wird, um kriegerische Gelüste Frankreichs »nd Rußlands abznwehren oder liiederzubcilte», und daß in Folge dieser Tendenz Frankreich aus das stammverwandte Ita lien nicht besonders gut zu sprechen ist, liegt in der Natur ler Verhältnisse. Wenn König Umberto ein italienisches Ge schwader nach Toulon schickte, um der französischen Republik die Svmpathien Italiens auSzudrücke», und wenn jetzt ein französisches Geschwader zur CoI»mb»S-Ausstellung nach Genua kommt, so sind das Höflichkeitsbezeigungen ebne tiefere Bedeutung. Ein ausrichtiger freundschaftlicher Vcrkcbr zwischen Italien und Frankreich ist so lange unmöglich, als Italien dem Dreibund angcbört, und weit» Italien dein von Frankreich geübten Druck folgt und an» dem Dreibund auS- scheidet, dann ist die F::untschaft eist recht zu ^ndc, » e'.l Frankreich »ach solchem Erfolge Italien sein Uclergewicbt fühlen lassen und es zur Nolle des abhängigen Untergebenen verurtheilen würde. DaS sind die Gründe, welche die Besetzung des er ledigten Botschafterpoftcns in Berlin so lange verzögert haben, und dieselben Gründe sind auch maßgebend für die inneren Schwierigkeiten, mit weichen Italien zu kämpfen hat Dieselben Leute, welche die Ausgaben für das Heer be schränken wollen, sind auch die Gegner des Dreibundes, weil sie die Täuschung verbreiten, daß Italien weit geringere Ausgaben für Militairzwecke zu leisten babe, wenn es mit Frankreich gehe, als wenn es sich den militairischen An forderungen deS Dreibundes aiibcqueme. Wie sich die Befürworter des Bündnisses mit Frankreich die Lage ver stellen, ist nicht abzuschen. Glauben sie, daß sie mit »»zu länglichen militairischen Kräften von Frankreich begehrte Bundesgenossen sein können'? Ist cs vielmehr nicht mit Händen zu greife», daß Frankreich als Sieger einen minder werthigen Verbündeten die ganze Uebermacht fühlbar machen wirk, die eS dem gleichwerthigen gegenüber nicht zur An wendung bringen könnte? Alles, was die Franzoscnsreunde in Italien für ihre Vorliebe für Frankreich geltend machc» können, beschränkt sich aus die angebliche Erleichterung der Militairlastcn, die durch die Annäherung an Frankreich bedingt werde, und gerade diese Voraussetzung ist falsch. Entweder leistet Italien freiwillig Alles, was in seiner Kraft slebt, um dem Bundesgenossen Frankreich als Freund bcgckrenswcrlh zu erscheinen, oder cs unterwirft sich dem Machtgcbot des stärkeren Stammesgenossen und sinkt dadurch zu dessen Werk zeug herab. Wir haben eS bei allen Wechselfällen gesehen, denen Italien seil dem Sturz Crispi'S unterworfen war, daß Frankreich diese Veränderungen nur vom GcsichtSpnncte der Möglichkeit auS betrachtete, Italien dem Dreibund zu entfremden und diese Macht den französischen Interessen dienstbar zu machen Als Rudini inS Amt tritt, begrüßte Frankreich dessen Worte soweit sie ihm galten, mit dem Wunsche, daß die Thatcn den Worten entspreche» mögen, und derselbe Vorgang wieder holte sich, als Giolitti den Vorsitz im italienischen Ministerium übernahm. Der Unterschied der italienischen Auffassung der ?age von der französischen besteht aber darin, daß Frankreich ich auf die Revanche vorbereitet, wäbrend Italien den Frieden aufrecht erhalten will; auf diesen entgegengesetzten Grund lagen können nicht gleichartige Gebilde ausgerichtet werden, die Erwartungen Frankreichs müssen eine Täuschung erleiden. Und weil dem so ist, sind alle FreundstbaftSversicherungen, die zwischen Italien undFraiikreich auSgetauicht werte», leererSchall, vlange sich die italienische Regierung nickt entschlossen hat, die Unabhängigkeit, welche Italien die Zugehörigkeit zum Dreibund gewährt, mit der Unterwerfung unter Frankreich zu vertauschen. Ter neue Botschafter Italiens in Berlin hat seine diplo matische Laufbahn als Militairattachö^der italienischen Bot- chaft in Paris begonnen und diese Stellung vo» 1873 bis 1878 bekleidet. Ein Jahr später wurde er in gleicher Eigen schaft nach Wien versetzt und verblieb dort bis z»m Iabre 1884. Seitdcn, ist General Lanza wieder in die Armee ein- gctreten und hak in diesem Verhältnis; in Afrika Dienste gethan und als Brigade- und später als DivisionS-Comman- deur in Eomv, Novara und Genna gewaltet. Nach einer solchen Vergangenheit hat General Lanza den berech tigten Anspruch aus eine diplomatische und militairische Erfahrung, wie sic sich selten in einer Person zusammcn- findcn werden. Für seine zukünftige Stellung in Berlin fällt vorzugsweise ins Gewicht, daß er die französischen und österreichischen Verhältnisse in diplomatischer und mili- tairischer Beziehung auS eigener Anschauung kennt, und daß er deshalb in der Lage ist, sich darüber ein selbst ständige» Urtheil zu bilden. General Lanza ist in erster Linie Ofsicier, der militairische Standpunct iit bei ihm der ent scheidende, uiiv vielleicht ist gerade dieser Umstand für seinen zukünftigen Posten von großer Bedeutung. Mit Theorien und sein ansgetlügelten Spcculationen, mit der Aufwendung böchsten diplomatischen Scharfsinns würde er in Berlin gewiß nicht den auf ihn gesetzten Erwartungen in dem Maße entsprechen, als daS geschehen wird, wenn er sich als ein tüchtiger Kenner der militairischen Verhältnisse erweist, die für die Beziehungen Italiens zum Dreibünde in Betracht kommen. Wir brauchen in Berlin einen italienischen Bot schafter, der mit Thatsachen rechnet und nickt mit Ein- lill u igen und unklaren Vorstellungen, wie sie leider in Italien so bänsig angctrossc» werden, auch in solchen Kreisen, wo man nüchterne Erwägung des Sachverhaltes vorauö- setzcn sollte. Unsere Beziehungen zu Italien können nicht nach dem Maße deS LcinperamcntS gcnicssen werden, das Italienern und Deutschen eigenthümlich ist, wen» es darauf aiitäme, müßten wir Deutschen vor den Franzose» unbedingt die Segel streichen. Aber glücklicherweise hat die Regierung in Italien und auch ein großer Thcil der Volks vertretung volles Verständnis; für die Bortbeile, welche Italien die Zugebörigkeit zum Dreibünde gewährt im Ver gleich mit denen, welche ibin Frankreich als Bundesgenosse zu bieten vermöchte. Italien will mit seinen Verbündeten den Frieden, während Frankreich nach dem Augenblick lechzt, da eS seine militairische Kraft mit der Rußlands vereinigen kann, um über den Dreibund herzusallen. Vorläufig bestellt der Dreibund noch, und bosfenllich wird er auch ferner die Oberhand über seine Feinde behalten. * Deutsches Reich. tzß Berlin, 10. August. Nachdem der Plan einer Ber liner Weltausstellung durch kaiserliche Entscheidung beseitigt worden ist, hat vorgestern noch eine Sitzung deS „Conntös", welches sich selbst zur Vorbereitung einer solchen Ausstellung gewählt batte, stattgcfunden. DaS EomitS bat für die Sache, welche es vertreten wollte und sollte, herzlich wenig gclkan, cs bat gar nichts geleistet, ja eS bat nicht einmal verstanden, in weiteren Kreisen für den Gedanken der Berliner Weltausstellung „Stimmung zu machen" Natürlich wäre eS den Herren aber sehr erwünscht gewesen, wenn gleichwohl eine Ausstellung veranstaltet worden wäre. Nun es anders geworden, war, wie berichtet wird, gestern die „Stimmung der Erschienenen eine sehr erregte". Man kan» cs begreifen, daß die Berliner, und besonders die Gastwirthe, Hotelbesitzer, Restaurateure, Grunkstücksspeculanten und gar manche damit zusammenhängende Gewerbetreibende, für eine Berliner Ausstellung schwärmen; wahrscheinlich würden auch die Bewohner von Posen oder Marienwerdcr, oder sonst einer größeren oder kleineren Stadt klug genug sein, die Vortheile zu würdigen, welche eine an ihrem Orte veranstaltete Ausstellung für sie haben könnte. Wir finden es auch ganz erklärlich, daß die zahlreichen Berliner Interessenten un angenehm davon berührt sind, daß die guten GcschäftsauSsichten zu Wasser geworden sind. Doch cs bleibt im höchsten Grade ungerechtfertigt, daß die Berliner deshalb den übrigen deutschen Industriellen und Gewerbetreibenden, daß sie der Reichsregierung und den Regierungen der Einzelstaatcn darum einen Vorwurf machen. ' Wenn die Berliner eine Berliner Ausstellung, auf Kosten der Berliner, ver anstalten wollen, so hat Niemand etwas dagegen einzuwenden, wenn aber die Berliner „auch ihre Ausstellung" haben wollen und dafür das ganze Reich und sämmUiche bedeutenden deutschen Industriellen sich in große Unkosten stürzen sollen, o ist dies ein mehr als unbilliges Verlangen. Und wir stauben, wenn es sich darum handelte, eine deutsche AuS- lelluiig oder eine Weltausstellung an einem andern deutschen Platze als in Berlin zu veranstalten, so würden sich die Berliner schwerlich so dafür begeistern und „ins Zeug legen", wie sie es jetzt thnn. Daß übrigens die Berliner nicht gerade den Berns haben, Ausstellungen zu arrangiren, kann man leider in der am Sonnabend hier eröffncten „Ausstellung für Wohnungseinrichtungen" nur allzusehr bestätigt finde». Daß das Berliner Kunstgcwerbe ' einen hohen Rang einnimmt, daß es sich seit zwölf Jahren in vorzüglicher Weise entwickelt hat, wird ,m In- und Aus lande mit Recht anerkannt, daß unsere jkunsttischlerei, unsere Gebildweberei, unsere Teppichfabrikate, die Leistungen unserer Dekorateure sich getrost den Pariser Erzeugniffen an die Seite stellen können, duldet keinen Zweifel — aber in der Ausstellung in Berlin X>V. gewinnt man diesen Eindruck keineswegs, und wenn eS auch auS entschuldbarem Local- patriolismnS in der Berliner Presse nickt zum Ausdruck kommt, so bleibt eö doch eine traurige Wahrheit: Diese Aus stellung bedeutet ein Fiasco schlimmster Art. Vielleicht wurde diese Ausstellung gerade am Sonnabend eröffnet, wenige Stunden vor Veröffentlichung der kaiserlichen Ent scheidung im „Neichsanzciger", damit der Caprivi'sche Bericht an Se. Majestät durch eines der kräftigsten, „augenscheinlichsten" Argumente gestutzt werde! Und wenn das „Leipziger Tageblatt" behauptet, daß die Berliner Ver anstaltungen in Bezug auf Ausstattung, Verpflegung und die ganzen Acußerlichkeilen sehr viel zu wünschen übrig lassen, so ist dieses Urtheil leider nur zu gerechtfertigt; so sehr i»an es auch bestreiten mag, man ist nicht im Stande eö zu widerlegen. Ist cs doch ganz charakteristisch für unsere Ausstellung und unseren „AnSstelliings - Palast", das; die Berliner die dortige Verpflegung — einem 'Wiener übertragen haben, der für außerordentlich hohe Preise recht mäßiges Essen und recht wenig Bier bietet. Allerdings wird man wenigstens in etwas entschädigt durch die — Wiener Eapclle, welche unter Strauß, dem Walzer könig, ihr Möglichstes thut, um die Besucher der „Aus stellung" — von dieser fern zu halten. 8umnm snmmnrnm: An der Berliner „Ausstellung" ist mehr als zu viel „auS- zustellen", und bewundernSwerth' ist nur die Geduld deS sonst fo „kritischen" Berliners, mit der er diese und andere „be rechtigten" Berliner Eigenlhümlichkeitcn Jahr ans, Jahr ein sich gefallen läßt. 11 Berti», 17. August. Die badische Commission, welche im Austrage ihrer Regierung vor einigen Monaten mehrere in der Provinz Posen geleg ene. Ansiede- lungsgütcr besichtigte, hat ihren Bericht erstattet. Die Eommifsion bat, wie sie unverhohlen und mehrfach ausspricht, einen günstige» Eindruck gewonnen und ist überzeugt, daß den Badensern mit gutem Gewissen empfohlen werden kann, sich aus den Gütern der Ansicdelungscommission niederznlassen. In Ossowo äußerte, wie in dem Berichte bemerkt wird, ein aus dein Westen Nordamerikas zurückgewanderter Westfale, dessen Culliiren einen sebr hübschen Stand zeigten, der Com mission gegenüber, daß die Erwcrbsbedingungcn für Land im nordamcrikanischcn Westen wesentlich ungünstiger seien als in Posen, sowie daß namentlich die nützlichen Absatz- und Arbeitervcrbällnisse dort das Gedeihen der Farmen äußerst erschwere». Besonders erfreulich ist die Wahrnehmung, welche die Commission öfter gemacht hat, daß Tagelöhnern, die über einige Ersparniffe verfügten, durch die Ansiedelungs- FeuiUetsn. Juni 6Ü. Geburtslage Wilhelm Wun-t's. (16. Auaust.) (Schluß.) In seiner Kritik der früher» ethischen Theorien (II. Ab schnitt) tadelt Wundt manche seiner Vorgänger, daß sie bei der Aufstellung ethischer Postulate nicht genügend bedacht baben, daß alle» Sollen doch auch ein Können vorauS- setzt, wäbrend die moderne Ethik nur solche Postulate aus bellt, bei denen da» Sollen nicht» Andere» ist, als die c-gene naturgemäß zu erreichende ideale Dollkommenbeit deS Könnens, d. b. es sollen nur solche sittliche Ziele und Ideale ausgestellt werden, deren Erreichung in der Anlage der menschlichen Natur begründet ist. Hierbei werden Irilische Seitenblicke z. B. auf Len StoiciSmuS der Allen, »der auch auf Kant'» sittlichen NiaoriSmuS geworfen. — In der wichtigen Frage der Willen-freiheit (daS alte glwentar- und Prunkstück aller Ethiker) stellt Wundt sich auf emen mittleren Standpunct zwischen den Deterministen »nd den Indeterministen, er kann weder den Einen noch ü»Andern völlig zustiinmcn. Da« FreibeitSbewußtsein >st auch ihm daS höchste menschliche Gut» eine unantast bar innere Erfahrung; aber die sogenannte meta- kddsische Freiheit, die sich nicht auf die im Bewußtsein Mbenen Thatsachen, sondern auf die jenseits de» Bewußt- >n»S gelegene« letzten Ursachen unsere» Handeln» bezieht, vom psychologischen Standpuncte weder behauptet, noch Antten werden. Der Ändrtermioist erklärt den Willen für >rt vo« Kraft, für die Ursache feiner selbst (oanaa eni), welche keine von ihm verschiedene, weder bewußte, noch un bewußte Ursache voraussetzt. Die Motive, welche für den Willen nichts Zwingendes baben, bilden für ibn die äußern Zwecke, zwischen denen er frei entscheidet. Nun behauptet der Determinist, daß der Wille, für welche» die Motive nicht blo» Zweckvorstellungen, sondern zugleich Gefühle sind, die aus den Willen wie anziehende und abstoßende Kräfte wirken, durch psychologische Ursachen bestimmt wird. Es hänge daher, wie die Deterministen sagen, theilS von der Intensität des Motiv», tbeilS von jener un endlichen Reihe der Bedingungen deS Willens ab, die sich unscrm Bewußtsein gänzlich entzieht, welchem Motive der Wille folgt. Dem gegenüber macht Wundt geltend, daß der psvcholo- cm'cke Etlukcr eS nickt mit einer ins Unbegrenzte gebenden Eausalität zu thun bat, sondern mit bestimmten Tbatsacken r,s Bewußtseins. Er möchte überbaupt die Einmengung deS Begriffs der Naturcausalität in den Proceß deS geistigen GeichehcnS zuriickweisen, wie er überhaupt gegen die Ver knüpfung der rein physikalischen Principicn der Naturcausalität, der Evnslanz der Kraft und der quantitativen Aequivalenz von Ursache und Wirkung mit der Eausalität im allgemeinen metapbysischen Sinne protcstirt. Ueberdie» entspringen jene physikalischen Principicn nicht au- der Eausalität im Allgemeinen, sondern auS jenem Gesetz der quantitativen Ilnveränderlichkeit der Materie, welches in den besonderen Bedingungen der Naturerkenntniß begründet ist. Solche Identisicirungen des Willens, meint Wundt mit einem Scitenbieb auf Schopenhauer, nüt einer Kraft und die Anwendung der von der Kraft geltenden metapbysischen Bestim mungen auf den Willen hätten in der Ethik zu den ab surdesten Anschauungen geführt. — Wenn man nun, sagt Wundt, den Determinismus au» sittlichen Gründen ver worfen hat, da er die sittliche Verantwortlichkeit, die ja an die Willcnssreibeit geknüpft ist. ausbebcn soll, so trete hier jener obige Fall einer Verwechselung der Naturcausalität mit seiner Aequivalenz von Ursache und Wirkung mit der allge meinen metaphysische» Eausalität ein. Ueberdics babe die «»ipirisch pbychologifche Thatfache deS FreibeitSbewußtseinS, von welchem das Gcfübl der sittlichen Verantwortung abbängt, mit der metaphysischen Frcikeit nichts zu Ibun. Und wenn die Elbikcr der Kantiscdcn Observanz die Erbabcnbeit ibreö FrcibeitSbegrisfS betonen, so lei zu bemerken, daß die Höbe und Würde de« FreibeitSbewußtfein» durchaus nichts ein büß c durch seine» Charattcr als empirisch-psychologische Thatfache. Wundt's Ethik hat von Seiten eine« begeisterten An- bängerS von Hermann Lotze, des OberamtSrickterS Hugo Sommer i» Blankenburg a H., eine sebr scharfe Bcurtheilung erfahren. Hieraus entwickelte sich eine recht unangenehme, fast an» Persönliche streifende Polemik, da auch Wundt'» Replik: „Ucber die Moral der literarischen Kritik" (1887) sehr scharf gcbalten war. Schließlich möchte die Frage nabe liegen, welche Sicklung innerhalb der pbilosopbischcn Systeme des Iabrbundrrl« und der Strömungen der Gegenwart Wundt einnimmt. Ist er Idealist, oder Positivist, oder Empirist? Pantheist oder Materialist? Lehnt er sich an irgend eine oder niedrere Weltanschauungen der Vergangenheit mehr oder minder an oder steht er auf eigenen Füßen? Ueber alle diese Fragen werden wir Auskunft erlangen, wenn wir in Wundt'» Schriften selbst die Antwort suchen. Und hier möchte ich auch zunächst ans zwei Vorträge binweiscn, welkste Wundt in den Iabren 1873 und 1875 beim Antritt seiner Professur in Zürich und bei Beginn seiner LebrtbZtigkcit in Leipzig gehalten hat: ,Ueber dir Ausgaö« der Philosophie in der Gegenwart" (1873) und „Ueber den Einfluß der Philosophie auf die Erfahrung» Wissenschaften" (1875). Schließlich machen wir noch ans den ersten seiner im Iabre 1880 erschienenen, auch in anderer Hinsicht, zumal für daS größere gebildete Publicum, höchst bcachtcnSwerthcn EssavS, „Philosophie und Wissenschaft", aufmerksam. Wundt möchte da» Vcrhältniß der Philosophie zu dem ganzen Umkreis der positiven Wissenschaften, wie es sich in unserer Zeit kcrauSgeftaltct bat. einer genauen Feststellung und scharfen Begrenzung unterziehe». Als ein bedeutsames Zeichen der Zeit ist jetzt der in allen wissenschaftlichen Färbern sich regende Trieb nach philosophischer Ver tiefung anznsehen. Ist es doch, als wenn der Ernst der Zeit die Gemüther, welche über ein batbcS Iahrtmnverl der thatsachenfrohcn, aber ideenlosen Empirie in Natur, Kunst und Geschichte leidenschaftlich gehuldigt baden, nun an der Neige deS Jahrhunderts wiederum das Bedürfnis empfinden lägt, wiederum den tiefer» Fragen in Wissemchaft und Leben sich zuzuwcndcn. Wundt sieht diesen Trieb selbst in der Theologie sich regen, wo der Protestantismus und Katbo- licismu» augenblicklich am Werke sind, die bisherigen Be ziehungen ihrer Dogmatik zur Metaphysik zu revidircn, jener in, Anschluß an die ReligionSphilosophie Kain-, Hegel'-und Schleicrmachcr'S, dieser in Anlehnung an die Systeme der großen Scholastiker, unter denen nach einer Erklärung Papst Leo'» XIII. Thomas von Aquino heute noch die höchste Autorität verdient. — Nicht minder bedeutsam erscheinen die Versuche, welche heute auf dem Gebiete der Staats- »nd GcsellschastSlehre gemacht werden, indem im Anschluß an die sociale Bewegung der Gegenwart die bisherigen recht»- und socialphilosophischeu Begriffe nicht blo« mehr auf ihren historischen Ursprung, sondern auf ihre real« Wahrheit hin schärfer geprüft werden: versuch«, welch« mrrlk
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