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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.02.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-02-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187302198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18730219
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18730219
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1873
- Monat1873-02
- Tag1873-02-19
- Monat1873-02
- Jahr1873
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.02.1873
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Grscheiut tSgllch stich 6'/, Uhr. «Mit», m» «rprMto, ZohamliSgafle 3L. DM». Nidacteur Fr. hülOur. Spachstundr d. Redactiou »«»in«,«,,, n—>r ui» »lch»M«^ »„ 4—d Uhr. der für die nächst- Nummer bestimmten tu den Wochentagen ! Uhr Nachmittags. ' MtrstrZistratruaanalimr: «,«»«. UnivrrsitLtSstr. 22, Ml Mbk. bamstr. 21. pari. TilgMilü Anzeiger. Amtsblatt der Kimgl. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. ««»«,«i«r»». Zrdii«ttmri>t»pre1r vierteljährlich 1 Thlr. 1'/, Nar. incl. Bringerlohn 1 Thlr. 10 Ngr Jede einzelne Ätummer 2'/, Ngr Belegexemplar 1 Ngr. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbesbrdcrung 10 Thlr. Mit Postbeiöroerung 14 Thlr. Inserate ägespalteneBourgoiSzeile 1'/,Ngr. Größere Schriften laut unserem PrnSverzeichniß. Lcrlamen unter i>. Ucdaetlonrstrtch die Spaltzeile 2 Ngr. W SO. Mittwoch den 19. Februar. 1873. Bekanntmachung. DaS 5. Stück deS diesjährigen Reichs-Gesetzblattes ist bei uns cinqcgangen und wird biS zur» ß. kstg. Mo«. auf dem RathhauSsaale öffentlich aushängen. Dasselbe enthält: Nr. 908. Verordnung, betreffend das Verbot der Einfuhr von Reben zum Verpflanzen. Vom 11. Februar 1873. Leipzig, den 17. Februar 1873. I«r Aufklärung über die gegenwärtiger» Zerwürfnisse in der Buchdruckerwelt. „Der Krieg ist erklärt, cs lebe die Arbeit!^ so lautet der Schluß einer von Hochmuth, Hohn mid Unwahrheit strotzenden Proklamation, welche da- Comiti desjenigen Theils der Buchdrucker- Tehülsrnfchast in Leipzig, der zur Fahne des „Verbandes" steht, an seine sämmtlichen Collegcn in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz ver breitet, mit der Absicht, sie zur Unterstützung des Etrikes zu stacheln, welcher in Leipzig in Scene «fetzt wurde, um die unerträgliche Vergewaltigung seitens der Principale, die allgemeine „Schafschur- Theorie", ww die Proklamation sagt, zu bekämpfen. Schon längst haben die Zerwürfnisse zwischen den Brrdandtzgehülfen und den Principalcn aus- gehört, eine innere Angelegenheit der streitenden Theile zu fein. Seit geraumer Zeit war cs fast unmöglich, ein Zeitungsblatt zur Hand zu nehmen, ohne aus Einzelheiten hierüber zu stoßen, die jedoch nicht geeignet waren, eine eigentliche Aufklärung dem unbetheiligten Publicum zu geben. Deshalb dürfte es jetzt, wo nach der oben citirten offenen Kriegserklärung diese Zer würfnisse den Charakter einer wirklichen Calamität für das Prcßgewcrbe und daS Publicum anzu nehmen drohen, wohl nicht unangemessen sein, das eigentliche Wesen des Streites etwas näher zu betrachten. Die größere Hälfte der Buchdrucker - Gehülfen Deutschlands (die Gcfammtzahl derselben dürste etwa 12,000 betragen) gehört dem sogenannten „Deutschen Buchdrucker-Verband" an. Derselbe erstreckt sich nicht allein über ganz Deutsch land, sondern erklärt sich solidarisch mit den gleichen Verbänden in Oesterreich und der Schweiz, und ücht in naher Verbindung mit ähnlichen Gehülfcnvereinen dcö Auslandes. Die Leitung liegt in den Händen eines in Leipzig domicmrten Präsidiums und eines Aus schusses von S Mitgliedern. Gau- und Local- verbände vervollständigen in zweckentsprechender Weise die Organisation. Die oberste Instanz bildet der alle drei Jahre stattfindende allgemeine Buchdruckertag. Die Verbandseinnahmcn bestehen in regelmäßigen Wochensteuern; außerdem in Ertrasteucrn, wenn ein Strike vorbereitet oder zur Ausführung gebracht werden soll. Denn der Strike und dessen Schwester, die „Blokadc" der ihm mißliebigen Officinen, sind die beliebten Haus mittel des Verbandes und die Quintessenz der Politik seiner Machthaber. Von großer Wichtigkeit ist es deshalb für den Verband, alle jungen Gehülfen für sich zu ge winnen, die den Strike nur als eine unterhaltende Abwechselung in dem geschäftlichen Einerlei be trachten. Vorgearbeitet wird schon durch die Zulassung der Lehrlinge zu den Verband-Ver sammlungen. von sonstigen Bearbeitungen nicht zu reden, und erleichtert wird da- ohnehin nicht schwierige Werk besonders dadurch, daß der Ver band cS verstanden hat, sich fast überall der BiaticmnS-Casscn zu bemächtigen, wodurch einem dem Verbände nicht angehörenden Gehülfen das Wandern beinahe unmöglich gemacht worden ist. Die älteren, namentlich verheiratheten Gehülfen, welche begreislickcrLLeise dem muthwilligen Strike abhold sind, werden durch die Kranken-, Inva liden-, Wittwcn- und Waisencassen, welche der Verband ebenfalls größtent Heils ganz in seine Ge walt gebracht oder neu gegründet hat, in Ab hängigkeit erhalten. Das Statut des Verbandes gestattet nämlich als Verwaltung-Maßregel den Gauverbändcn, den Ausschluß auS dem Verband zu beschließen wegen gröblichen Vergehens gegen dessen Grundsätze, wozu z B.: Nichtbethciligüng bci einem anaeordneten Strike, Abschluß eines Contracts aus eine längere Zeit als acht oder 14 Tage gerechnet werden und Alles und Jedes «rechnet werden kann. Der Ausschluß aus dem Verband führt an manchen Orten (z. B. Stutt gart) zu dem Ausschluß auS den Casscn, und selbst wo Die- durchzusühren kaum möglich ist (z. v. in Leipzia), werden die Gchülfen durch die Unklarheit und Dehnbarkeit der statutarischen Be stimmungen so an den Verband gefesselt, daß viele Gehülfen, die mit ihren Pnnc,palen in vollem Fried« leb« und in ihren Stellungen wohl zu- frwde» find, schon au« Angst sich oder die Ihrigen ruu jde» RvtWBing gebracht zu sehen, veranlaßt Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Koch. Cerutki. werden, mitzustriken. *) Von den Beeinflussungen, die angcwendet werden, um den Arbeiter bei seiner ,,Ehre" anzufassen und die aus den Streitigkeiten in andern Gewerben schon genügend bekannt find, wollen wir hier nicht reden. Die begriffvcrwir- rende Wirkung solcher Theorien findet letzt ihren Ausdruck darin, daß viele, sonst brave Mitarbeiter ihrcContracte brechen, weil sie ihr Ehren wort gegeben haben, Dies zu thun ü Den Interessen des Verbände- dient als Organ der zweimal wöchentlich in Leipzig erscheinende „Corrcspondcnt", welcher als eine wahre Quelle des Unheils für die Gehülfen bezeichnet werden muß. In diesem Blatte, unter dessen Leitern sich nicht zu unterschätzende Capacitäten befinden, werden die haarsträubendsten Geschichten von der Schlechtigkeit der Principale erzählt und der „Auswurf der Collegenschast", d. h. die dem Ver band nickt angehörendcn Gehülfen, mit Schmäh ungen üoerhäust. Mit großem Flciße sammelt das Blatt jede Nachricht aus aller Herren Ländern, die geeignet ist, den Haß deS Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber zu nähren; daß es während des französischen Krieges mit den unschuldig Unter drückten und während der Herrschaft der Commune mit dieser sympathisirte, ist selbstverständlich. Sccundirt wird der „Corrcspondcnt" von seinen Gesinnungsgenossen, dem „Vorwärts" in Wien und der „Helvetischen Thpographia" in Bern, doch erfordert die Gerechtigkeit zu erwähnen, daß daS letztere Organ sich nur selten hinreißen läßt, die Grenze zu überschreiten, welche die Bildung den Leidenschaften ziehen sollte, während DicS in dem „Vorwärts" sehr oft vorkommt, und in dem „Corrcspondcnt" der Ton gebildeter Männer zu den seltenen Ausnahmen gehört. Die Lage des Arbeiters wird in diesen Blättern als eine ganz unerträgliche geschildert: das Un- recht habe alle Schmam verlören, und was man durch Vernunft und Rechtsgründe nicht vollbringe»: könne, suche man durch das verwerflichste aller Mittel, den Hunger, zu erzwingen. Die hoch- weisen Principal« — ein nothwcndiges Ucbel, denen das Dasein zu gönnen, weil die Zeit sich ihrer zu entledigen noch nicht gekommen ist — anS deren Officinen die Werke der neuen Social- Wissenschast hcrvorgchcn, die trotzdem Ignoranten mit der Bildung eines BarbicrS sind, wollen nicht verstehen, daß die endliche Lösung der socialen Frage nur in der vollständig von Grund au- umgestalteten socialistisckr-organisirten Gesellschaft zu erreichen sei; sie kochen ihren eigenen Hercn- brei zusammen u. s. w. u. s. w. — — In solchen Ausdrücken, wie sie sich zufällig unserer Feder aus dem Gedächtniß darbietcn, von denen aber auf Verlangen Bogen voll geliefert werden könnten, bewegt sich daS Organ des VerbandcS. Alles, was dre Principale thun, ist ihm nicht recht. Bauen sie Helle, lustige und bequeme Arbeitslocalc, so werden diese als Paläste, mit dem Schweiße der Arbeiter bezahlt, bezeichnet; Andere, die dies nicht können, werden fast als indirekte Arbeiter - Mörder behandelt. Befindet sich der Arbeitgeber in einer bevorzugten Lage, so hat er sich mit den» Eigcnthum des Arbeiters gemästet; ist er in kleinen Verhältnissen geblieben, so wird er als Hungerleider behandelt. Sucht ein Arbeiter durch Anstrengung Etwas vor sich zu bringen, so ist er ein elender Sclave und ein Vcrräthcr gegen seine College«, die zwar seinen Lohn, nicht aber seine Arbeit wollen. Der Aus beutung der Coalitionsfrcihcit seitens der Arbeiter inr vollsten Maß, oder etwas über daS Maß hinaus, wird das Wort geredet; wird sie aber als Nothwehr von den Principalcn anqewcndct, welche ihrerseits den Arbeitern das Recht der Coalitionssrciheit niemals bestritten oder ver kümmert zu sehen gewünscht haben, so ist DicS eme unerhörte Vergewaltigung. Ucbcr die Un fähigkeit der Lehrlinge und eigensüchtige Ausbeu tung derselben wird weidlich geschimpft; ist aber ein solcher erst als Ausgclerntcr in den Verband ausgenommen, so ist er ans einmal ein echter Gutenbergs-Jünger, wenn nicht mit dem Marschall. stab, so wenigstens mit dem Diplom als Professor der Staatswissenschast im Ranzen, begeistert für Mcnschcnwohl, namentlich aber für Strike und Beschränkung der Zahl der Lehrlinge. Beschäf- *) Line Narr Linsicht in diese Verhältnisse zu be kommen, ist sehr schwer. Eine Untersuchung darüber, ob die Statute« solcher Lassen nicht gegen die gesetz lich«n Bestimmung« verstoßen, wäre allerorts zu empfehle« Holz-Auction. Freitag de» 21. Februar d. I. sollen von DornrittagS S Uhr an auf den Mittcl- waldschlägen ln Abth. 2l» und 25 des tkorrrrewttzer Reviers circa 172 Stück harte, starke Abrarrrnhaufe» unter den im Termine an Ort und Stelle öffentlich angeschlagenen Bedingungen an den Meist bietenden verkauft werden. Zrrsararnerrkurrft: auf dem Mittclwaldschlage in Abth. 21» an der Connewitzer Linie. Leipzig, den 6. Februar 1' 1873. tigen sich die Principale mit Tarif-Angelegenheiten, so sollen sic sich lieber um die Concurrenz ihrer College« bekümmern, nicht aber um Sachen, die sic Nicht- angehcn; denn die Gehülfen würden schon selbst ihren Werth bestimmen. Steuern sie ru den Unterstützunascassen, so braucht man ihr Armengeld nicht; steuern sie nicht, so sind sie hartherzige Blutsauger, die ihre Arbeiter im Alter darben lasten. Jeder, der daS Organ der Gehülfen kennt, wird es bestätigen können, daß in den obigen Zügen zu besten Charaklerisirung Nichts Übertrieben ist, sonder» daß wohl keine Nummer seit einer Reihe von Jahren erschien, die nicht die gröbsten In- vcctivcn und Reihen von Unwahrheiten enthielt. Das Wirken tes Organs wird nocb durch Flug blätter unterstützt, z B. wenn es sich darum handelt. Eltern zu warnen, ihre Kinder in die Pesthöhle einer Buchdruckcrei zu senden; ferner durch Gau- und Localvcrsammlungcn; schließlich durch Agikationsreisen des Präsidenten, über welche prunkhafte Berichte den „Correspondentcn" füllen, aus denen mancher Berichterstatter Uber die Reisen gekrönter Häupter noch Vieles profitiren könnte. Dies sind die Hülfskräftc, die dem Verbände zur Verfügung stehen in seinen Bestrebungen, sich rum Herrn des Buchdruckergeschäfts iwDcutlch- lan» aufruwcrsen, ohne dessen Wille» ürue Type in die Hand genommen wird, auf dessen Wink jede arbeitende Hand ruht. Geschieht nun in einer Druckerei EtwaS, was dem Verbände nicht gefällt, so wird diese für „blokirt" erklärt, d. h. kein Verbandsuntglico darf dort Condition nehmen. Will der Verband aber einen Strike in Scene setzen, so wird zuerst vor „Zuzug" gewarnt, dann werden die jüngeren Mitglieder unter Gewährung von Reisegeld aus der Stadt entfernt, uni anderswo angebracht zu werden, und nun, wenn die Untcrstüyungscassen, nöthigcnsalls durch Ausschreibcn von Extrasteucrn, gefüllt sind, wird der Strike angcordnct. Selbst verständlich unterstützt der Verband nach Kräften auch jeden anderen Strike, mag dieser in Stock- Holm oder Rom stattfindcn; denn die Arbeiter sind solidarisch verbunden, und die Principale haben immer Unrecht, schon weil sie Principale sind. Bci den Strikes des Verbandes handelt cS sich aber keineswegs nur um eine einfache Erhöhung des Tarifs. Wäre Dies der Fall und beruhte die verlangte Erhöhung auf rationeller Grund lage, so würde und müßte in den meisten Fällen eine Verständigung ohne zu große Schwierigkeiten erfolgen, obwohl die jetzigen Löhne keineswegs niedrig oder den Zeit-und Geschäfts-Verhältnissen unangemessen sind. Der Tarif der Gehülfen ist jedoch weder mäßig noch rationell. Es kommen Bestimmungen darin vor, welche die Preise für manche Druckarbeiten, und ganz besonder- für solche, die gerade einen großen Aufschlag nicht vertragen, um 50, 75 und mehr Proccntc vcr- theuern. Ferner beanspruchen die Berbandssetzer eine nochmalige, selbst oftmalige Zahlung für eine bereu- einmal bezahlte Arbeit, wenn diese wieder benutzt wird (den sogenannten „Speck"), und stellen für die Berechnung der in dem Zei tungssatz vorkommenden Arbeiten so willkürliche Anforderungen, daß die Arbeit einer Stunde oft höher zu stehen käme, als der Lohn eines Werk sctzcrs für die volle Tagcsarbeit, während Dieser nun wieder derselben Vvrthcile wie die ZeitungS- setzcr theilhaftig werden will, so daß der Tarif eine Schraube ohne Ende wird. Und doch ist, wie schon gesagt, die Tariferhöhung nicht einmal der Punkt, welcher zunächst den Widerstand der Principale gegen den Verband heraussordcrt; vor Allem handelt cS sich darum, den täglich sich mehrenden Eingriffen in das Haus- und DiSpositionsrecht der Principale einen Damm zu setzen. Schon versucht man durch die Erklärung, die Arbeit nieder legen zu wollen, die Entfernung miß liebiger Factore zu erzwingen, verweigert die Ar beit zusammen mit Gehülfen, die Nicht dem Ver bände angehören, ja rn Berlin ist man so weit gegangen, die Arbeit nicdcrzulcgcn, weil ein Buch- druckereibesitzcr einige Setzer, die in einer andern Druckerei gestrikt hatten, nicht engagiren wollte Man will den Grundsatz durchführen, daß jeder Arbeiter im festen Lohn e,nen Minimalverdienst nach Schätzung seiner College« haben müsse, ganz abgesehen davon, ob er befähigt ist, diesen nach dem Tarif auch nur annähernd zu verdienen Contracte, die über acht Tage gehen, dürfen nicht DeS Rath- Forst Deputatio«. abgeschlossen werden, unter Strafe de- sofortigen Ausschlusses, und wo sie bestehen, sollen sie un- verweilt aufgekündigt werden. Im Fall des Strike- aber wird Überhaupt oft selbst die kür zeste Kündigungsfrist nicht inncgehalten, sogar die laufenden Tagcsnmumern einer Zeitung läßt man unvollendet liegen. Einer Hausordnung sich zu unterwerfen, gilt als des freien Arbeiter- un würdig; er kennt nur Rechte, keine Pflichten. Die Behandlung der Lehrlingsfragc ist vorläufig in Deutschland etwas bei Seite geschoben, wäh rend man in Oesterreich und in der Schweiz diese schon so ziemlich bewältigt hat, so daß z. B. stellenweise m der Schweiz selbst daS größte Ge schäft nur einen Lehrling halten darf, entweder einen Sctzcrlehrling, oder einen Druckcrlehrling, und will der Sohn eines Typographen lernen, so muß diesem der Vorzug eingcräumt werden. Dazu fragt das Verbands - Örgan ganz naiv: wenn die Principale jetzt schon, wo eS sich um einfache Tarissragcn handelt, sich dem Verband so sehr cntgegenstellen, wie wird cS dann werden, wenn erst die Bethciligungssragc ernsthaft auf die Tagesordnung gesetzt wird? Daß der einzelne Principal einem derartigen geschlossenen Vorgehen des Verbandes nicht ge wachsen war und schnell den Kürzeren ziehen mußte, ist begreiflich. Deshalb bildete sich »m August 1869 ein Verein von Principalcn: der „Den tsche Buchdrucker.Verein", der neben der Erreichung anderer Zwecke im Interesse des Geschäfts sich auch das Ziel steckte, ungerecht fertigten Forderungen der Gehülfen geschlossen entgcgcnzutreten. Anfänglich schwach, von furcht samen oder kurzsichtigen Principalcn mit Miß trauen, vom Verband mit Hohn und Schimpfen der gewöhnlichsten Art begrüßt, zählt er jetzt, nach dreijährigem Bestehen, schon gegen 1000 Mitglieder und vereinigt in sich weit über die ' Hälfte aller Druckkräfte Deutschlands. Die Vcr- einsmitgliedcr gruppircn sich in zwölf große Kreise, die wieder eine Anzahl kleinerer umfassen. Jeder Kreis wird von einem Kreisvorstand ver waltet. An der Spitze des Gesammt-Vercins steht ein Vorstand von neun Mitgliedern, von denen drei, die ihr Domicll am Vororte Leipzig haben müssen, den gcschästsführendcn Ausschuß bilden. Der Verkehr derselben mit dem Vereine wird durch daS Sekretariat des Vereins vermittelt. Als amtliches Organ dienen die in Leipzig wöchentlich erschrincndcn „Annalen der Topo graphie", welche seit Anfang d. I. an alle Mit glieder gratis versendet werden. Seinem Statut und dem Beschlüsse einer Generalversammlung gemäß hatte der Verein in dem vergangenen Sommer die Einladung analle Gehülfen der neun bedeutendsten Druckorte Deutsch lands ergehen lassen, je einen Gehülfen zu wählen, um im Verein mit neun Principalcn, ebenfalls je einem aus den neun Städten, die obwaltenden Differenzen durch gemeinschaftliche- Ausarbeiten eines Normaltarifs beizulegen, der dann, wenn er von der Gesammtheit der Principale und der Gc- hülfcn acccptirt wäre, allgemeine Geltung hatte. Dieser gewiß loyale und dem Frieden dienliche Vorschlag wurde jedoch von dem Verband mit scheinbarer großer Entrüstung abgewiesen. An geblich war er in seiner Ehre tief gekränkt, weil die Principale ihn nicht als alleinigen Ver treter der Gehülfenschaft betrachten wollten, denn die NickKverbandsniitglieber („das Stimmvieh", wie er sie nennt) seien nicht befähigt mit zu be- rathcn. Wenn wir sagen mit scheinbarer Entrüstung, so täuschen wir uns schwerlich, denn der wirkliche Grund dürste wohl unrwciselhast der sein, daß man den Grundsatz des Verbände«: Alles trotz, Nichts mit den Principalcn, durcb- sctzcn will. Der Verband mit seinen jetzigen Ten denzen kann nicht in Frieden gedeihender muß den Streit als LcbenSbedingung haben. Nachdem jedoch die Principale erklärt hatten, die Tarissragc nunmehr für sich zu Ende führen zu wollen; nachdem sic sich durch Vertrag ver pflichtet hatten, keine principiellcn Aenderungcn in dem Tarif ohne Beschluß der zur Ostermcsse stattsindendcn Generalversammlung vorzunchmen; nachdem der Verein die Bestimmung zum Gesetz erhoben hat, eine t heil weise Kündigung seitens des Verbandes mit einer allgemeinen seitens der Principale zu beantworten, schreibt der Ver band seinerseits eine Conferenz der Gehülfen aus zehn Druckorten auS, und ladet die Tarifcom Mission de- Principali-ercinS zu dieser ein. um in
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