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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-25
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188810253
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881025
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881025
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-10
- Tag1888-10-25
- Monat1888-10
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1888
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. UrLartiou und LrprdMon JohanneSgasse 8. Sprechstunden der Kedartiou: vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag» k—6 Uhr. gilr di« »N>a«»d« rin,«i-a»ter Manuicttd»« «acht stch »i, nicht »»rduldtich. Annahme de, f»r die »rchfts«l>e»de Nummer hefttmmten Inserate au Wochentagen bis S lltzr Nachmittag«, an Soun- und Kefttageusrüh di»'/,- Udr. In den Enten für Ins.-Annnhmr: Otto Klemm, UaiversiiLrtstraße 1. °' Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. AbonnementtpretS vierteljährlich 4>/, Mk. incl. Brtngerloha b Mk., durch die Post bezogen V Mt. Jede einzelne Nummer 20 Pf Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» (in Tageblatt.Format gesalztj ohne PostdesSrveruug «0 Mt. mit PostbefSrderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 80 Pf. Größere Schriften laut uns. PreiSverzrtchniß. Ladellarifcher u. Zisfernsatz nach höherm Tarif. Krclamen unter dem RedaciionSstrich die «gelpalt. Zeile SO Pf., vor deu Familieunachrichieu die Kgespaliene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an die SyprvMa« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prs>emim«rnmlo oder durch Post, Nachnahme. 299. Donnerstag den 25. October 1888. 82. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Die mit der Feier am 3l. bS. Mo», verbundenen Her» stellungen auf dem Marktplatze macken die Verlegung des Wochenmarktes aus kurze Zeit erforderlich. Demgemäß wird derselbe am 28., 27., 8V. dS. Moo. und am L. November dS. IS. aus dem Fletscherplatze abgehalten. Leipzig, den 22. October 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Herwig. Bekanntmachung. Die nördlich der Straße 6 des nordwestlichen Bebauungs plans, zwischen der Waldstraße und Elsässer Siraße gelegenen Reste der ehemal. Leidenroth'scben Ziegeteilachen sollen auS- gesüllt werden. Zu diesem Zwecke kann daselbst guter ge» wachscner Boden unentgeltlich abgelagert werden; daS Ablagern von Schutt, Asche, überhaupt allen verwehenden, verfaulenden und sonstigen den Boden oder das Grundwaster verunreinigenden Stoffen an jener Stelle ist jedoch bei Strafe blS zu 150 oder entsprechender Haft verboten. Leipzig, am 22. October 1888. Der Ratb der Stadt Leipzig. Id. 4214. 1)r. Georgi. vr. Krippendorff. Bekanntmachung. An Stelle des am l. Juni d. I. verstorbenen Herrn Stavtrath Hugo Schneider ist der Kaufmann Herr Heinrich Rudolph Arieltng als unbesoldeter Sladlralh heute von unS in Pflicht ge nommen worden. Leipzig, den 24. October 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. Henlschel. Ausschreibung. Die Anstreicher-Arbeiten zum Neubau des Feuerwehr- Dcpo'.s an der Schenkendorjstraße sollen an einen Unternehmer in Accord vergeben werden. Tie Unterlagen für diese Arbeiten sind von unserer Hoch» bauverwaltung, RatbbauS, 2. Obergeschoß. Zimmer Nr. 5, zu entnehmen und sind pro Exemplar 75 zu vergüten. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift „Anstreicher-Arbeiten zum Feuerwehr-Depot" versehen ebendaselbst blö 2. November d. I. Nachmittags 5 Uhr abzugeben. Die Ablehnung sämmtlicher Gebote und die Auswahl unter den Angeboten bestallen wir uns vor. Leipzig, den 22. October 1888. Ib 1238 Die NathS-Daudeputation. Nichtamtlicher Theil. Rußland und die Türkei. Gegenwärtig beschäftigt sich die panslawistische russische Presse wieder mit dem Gedanken einer Verständigung zwischen Rußland und der Türkei. Dieser Gedanke wurde schon bald nach Beendigung deS russisch-türkischen Krieges von 1877/78 erörtert und sogar bis zum Vorschlag eines russisch-türkischen Schutz» und TrutzbundnisseS erweitert, bald aber zerfloß diese Seifenblase, weil die öffentliche Meinung Europas den Unsinn eines Bündnisses zwischen Wols und Schaf selbstverständlich zuruckweisen mußte. Heute taucht dieser längst als abgekban gellende Gedanke in der gemäßigten Form einer Verständigung zwischen Rußland und Türkei wieder aus. Die Frage, waS den Inhalt der Verständigung bilden soll, wird von der „Moskauer Zeitung" dahin beantwortet, daß Rußland der Türkei ihren Besitzstand gewäbrleisten soll, währcnv Rußland« Bestreben daraus gerichtet sei. seinen verlorenen Einfluß bei den christlichen Völkern der Balkanbalbinsel wieder zu ge winnen und die Meerengen fremden Kriegsschiffen, die etwa beabsickligen sollten, in da- Schwarze Meer einzuvringen, zu versperren. Daß Rußland seinen Einfluß auf die christlichen Völker der Balkanhalbinsel wieder gewinnen will, ift bekannt und entspricht vollkommen der russischen Politik, aber andererseits ist eS unzweifelhaft, daß dieser Einfluß nur aus Kosten der Türkei auSgelibl werden kann; diesem Grunde steht die Ver bürgung deS türkischen Besitzstandes durch Rußland mit der russischen Balkanpolitik in unlösbarem Widerspruch, und des halb ist auch die Türkei niemals in der Lage, sich mit Ruß« lanv verständigen zu können. Aber einen Zweck muß doch taö Gerede über eine solche Verständigung haben» und ein solcher ist auch Vorbonden. Die Türkei soll ihr eigene« Todcsurtbeil unterschreiben, damit Rußland endlich sein dingst ersehntes Ziel aus der Balkanhatbinsel erreichen kann. Bei der gegenwärtigen Lage der europäischen Verhältnisse ist e- nicht möglich, daß Rußland gegen die Türke, Gewalt übt, a so etwa Bulgarien besetzt gegen den Willen der suzerünen Macht, aber wenn die Türkei sich eine solche Maßregel gc- sallen läßt, dann bofft Rußland auch die Zustimmung der übrigen Unterzeichner deS Berliner FrievensvertrageS vom 13. Juli l878 zu erlangen. DaS ist der einzig mögliche Sinn, welchen man den Besprechungen einer russisch-türkischen Verständigung unterlegen kann. WaS die „Nowojc Wr-mja" von den natürlichen Ver bündeten, Russen und Türken, fädelt, bat etwa die gleiche Bedeutung, als wenn man die Turkmenen der Achal-Tcke »nv Merw-Oase oder die Völker des Kaukasus als die Verbündeten der Rüsten bezeichnen wollte. Ein Bündniß Rußlands mit der Türkei ist nur ein anderes Wort für Unterwerfung der Türkei unter den Willen Rußland«. Es ift klar, daß sich die Türkei niemals freiwillig zu einem solchen Verzicht aus ihre staatliche Existenz verfteben wird, und deshalb ist eS seltsam, daß die panslawistische Presse immer auss Nene von Bündnissen oder Verständigung-Versuchen zwischen Ruß land und der Türkei zurückkommt. Ein Bündniß ist überhaupt nur zwischen Mächten von annähernd gleicher LtiftuiigSsähigkeil oder wenigsten« nur unter der Borau«se»uma denkbar, daß die Verbündeten gemeinsame Feinde zu bekämpfen haben. Keine von beiden Voraussetzungen trifft für Rußland und die Türkei zu, Rußland hat weder Feinde, welche die Türkei abwehren könnte, noch ist die Türkei Angriffen auSgesetzt, gegen welche ihr Rußland Schutz bieten könnte, der einzige Feind, den die Türkei zu fürchten hat, ist Rußland, und dieser Feind ist für sie um so furchtbarer, weil ein Sieg Rußland« über die Türkei zugleich den Wunsch nach Landerwerb aus ihre Kosten bei anderen Mächten anregt, wie da- Beispiel de« letzten russisch- türkischen Krieges gelehrt hat. Bon der gegenwärtigen Leistungsfähigkeit der Türkei sich eine richtige Vorstellung zu machen/ ist sehr schwer, weil über den wabren Sachverhalt wenig oder nichts in die Oeffentlich- keil dringt. Bekanntlich ist der Sultan seit einer Reibe von Jahren bemüht, seine Armee und seine Verwaltung, besonders die Finanzverwaltnng, nach preußisch,-,» Muster umzugestalten, er bat zu dem Zweck preußische Beamte und Osficiere nach Konstantinopel kommen lasten und sie trotz wiederholter Verab schiedungsgesuche bisher an sich zu fesseln gewußt. Die Ver hältnisse liegen aber in der Türkei für die geplanten Reformen so schwierig, daß sicher nur ein kleiner Theil der Thäligkcit der preußischen Beamten und Osficiere gute Frückte für daS Ganze getragen hat, und die Unmöglichkeit, die anfgewenketcn Bemühungen so fruchtbringend zu gestalten, wie es die be treffenden Personen, welche sie aufwcnden, wünschen müssen, war wohl auch der Hauptgrund, welcher die wiederholten Abschiedsgesuche derselben veranlaßt bat. Die meiste Wirkung dürste aber in militairischer Beziehung zu spüren sein, wenigsten- ist da- auS der Dauer zu entnehmen, während welcher Golz Pascha sich schon in der Türkei aushält. Die Politik der Türkei ist seit Beendigung de- letzten russisch-türkischen Krieges aus Erhaltung ihres Besitzstandes gerichtet gewesen, und dieses Streben ist auch nicht ohne Er folg geblieben, wenn auch die Engländer Egypten beseht und und die Franzosen Tunis mit ibrer Dchutzberrschasl beglückt, endlich die Italiener Maffauab ihrem Machtbereich einverleibt hoben. Endgiltige Zustände sind in keinem der drei Gebiete geschaffen worden, und auf der Balkanbalbinsel ist trotz mannigfaltiger Formveränverungen doch im Ganzen und Großen Alles beim Alten geblieben, denn DaS, worauf eS aiikommt, Rußland von der Halbinsel fern zu halten, ist gelungen. Daß die Lage der Türkei dessen ungeachtet sehr bedenklich ist, und daß sie einem erneuten Angriff Rußland- kaum Stand halten dürste, ist eine Thatsache, die davon unabhängig ist. aber darin beruht eben der Vortheil der Gegenwart für die Türkei, daß Rußland eS nicht in seinem Interesse erachtet, den Frieden Europa» unter den bestehenden Bündnißverhältnisten zu stören. Es ist ein Zeichen der relativ günstigen Lage der Türkei, daß die russische panslawistische Presse jetzt den Zeitpunkt für gekommen erachtet, daS Märchen von rufsisch-türkischen Ver- ftändigungSversuchen wieder auszuwärmen, man erkennt daraus, daß Rußland vorläufig den Plan ausgegeben bot, seinen ver lorenen Einfluß aus der Balkanhalbinjel gewaltsam wieder zu gewinnen. Bulgarien bat unzweiselhasl UnabhängigkeitSgelüste, aber eS würde sehr thvricht bandeln, wenn eS den formellen Schutz, welchen es durch daS Vasallenverbältniß zur Türkei in Europa genießt, gegen ein leere« Wort vertauschen wollte. Bul garien ist als Vasall der Türkei weit unabhängiger, als ohne diesen sehr losen Zusammenhang mit der suzeränen Macht, die Zerreißung diese« Verhältnisse- würde die Bürgen deS Berliner Frieden-Vertrages zum Einschreiten veranlassen, wie eS die Erklärung der Bereinigung von Nord- und Süd bulgarien bewirkt hat. In diesem Falle Kat die Türkei ibre Zustimmung zu der Veränderung der staatsrechtlichen Stellung OstrumelienS zur Türkei gegeben, während Rußland dagegen Widerspruch erhoben hat, dagegen würde die UnabhängigkeilS- erllärung Bulgarien- die gesummten Unterzeichner des Berliner Friedensvertrages aus die Seite der Türkei rufen. Oesterreich- Ungarn vertritt die Unabhängigkeit der Balkanstaaten aber nur unter Aufrechterhaltung der Bedingungen deS Berliner Friedens. Denselben Stanöpunct nimmt die Türkei ein, und deshalb kann von einer Verständigung der Türkei mit Ruß land, unabhängig vom übrigen Europa, nicht die Rede sein. * * Leipzig, 25. October. * Zu der Frage einer ReickScivilliste des Kaisers wird dem „Hamburger Correspondenten" geschrieben: „Die Auseinandersetzungen über VaS in dieser Richtung bestehende Bedürfnis, die jetzt wieder austauchcn, weisen deutlich aus diese Angelegenheit hin. die, wie e« scheint, im Wege eine« Initiativantrags auS dem Scbooße des Reichstags bcrau» zur Erledigung gebracht werden soll Aus alle Fälle werden An träge dieses Inhalts im Reichstage nickt gestellt werde» können, ehe feststekt, daß die Bundesregierungen der Ein stellung eine- bezüglichen AuSgabetitelS in den Etat ge neigt sind." * Dem „Hamburger Correspondent" wird von einem Berliner Gewährsmann, den da« Blatt ausdrücklich als be sonder« zuverlässig bezeichnet, geschricben: „WaS den Besuch deS Kaisers im Vatikan angebt, so darf angenommen werden, wenn schon Authentisches darüber nicht in die Oeffentlichkeit gedrungen ist. und wobl auch nicht dringen wird, baß sich der deutsche Kaiser gegenüber der vom Papste ausgesprochenen Hoffnung, Deutschland werde zu Gunsten der weltlichen Macht de- Papste« gegenüber dem Könige von Italien Stellung nehmen, vollständig ablebnend verhalten bat." — ES bängt vielleicht mit dem Verlaus deS Besuches im Vatikan zusammen, daß der vatikanische „Moniteur de Rome" gerade jetzt einen enthusiastischen Artikel über daS Centrum und Herrn Windthorst bringt. WaS dabei über die preußische Sckulgesetzqebung und Len bezüglichen Antrag Windthorst gesagt wird, ist in bohem Grade consuS; man kann ja auch kaum verlangen, daß die Rebaction des „Moniteur oe Rome" dieselbe kennt. Woraus eS bei dem Artikel ankam. daS war offenbar die Belobigung deS CenlrumS für die jüngsten Reden zu Gunsten der welt lichen Papstherrschast. * Eine wesentliche Bestimmung deS Entwurf« über die Atter-- und Jnvalidenversorgung. und zwar eine solche Bestimmung, betreff- deren man eine völlige Einigkeit unter den Parteien annabm, ist kürzlich von einem svcialvemokratischen Redner, neuerdings auch von einem deulschsreisinnigen Reich-tagSnntalieve bekämpft worden. ES ist die- die Bestimmung, daß die Beiträge zu je einem Drittel vom Reich, den Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus zubringen seien. Der frühere Äbgeordnete v. Bollmar wider- sprach bekanntlich » «wer Versammlung z» München diesem Grundsätze; eS sei die Ausbringung der Beiträge Sacke deS I Reich- und der Arbeitgeber. Der freisinnige Reichstags-1 äbgeordnete N. Schmidt (Lennepp-Mettmann, früher Elber- selo-Barmen) bat in einer Rede zu Remscheid, anläßlich seiner dort erfolgten Ausstellung als LandtagScandidat, genau das selbe gesagt und hinzugefügt, daß die deutsche Industrie auch recht wohl im Stande sei. die erforderlichen Opfer ohne Be lastung der Arbeiter zu tragen. DaS sind inveß bis jetzt die einzigen Stimmen, vie sich gegen die Bertbeilung der Beiträge erhoben haben. Die Arbeiter denken im Ganzen nicht daran, daS zu verlangen, was Herr Schmidt ihnen geben will. Man könnte vielleicht sagen, daß eS vom socialistischen Standpunkte consequent wäre, alle Ausgaben für die Versicherung dem Reiche auszubürden und daß damit -.ns die weitergehenden soc>alistischcn Forderungen noch >» keiner Weise verzichtet wäre. Es bat aber doch wobl" seine Gründe, wenn die Arbeitervertrcter daS nicht verlangen und in diesem Puncte der Vorlage nicht opponiren, welche sie au« andere» Gründen für unannehmbar erklären. Im Reichstage wird eS wohl zu einer eingehenden DiScussion auch dieses Punctes in der AllerS- und Invalidenversicherung kommen. * Im Wahlkreise AnSbach-Schwaback hat am Mon tag eine Wahl zum Reichstag an Stelle de« verstorbenen Hospitanten der nationalliberale» Partei, Sevbold. staltge- sunden. DaS Resultat ist eine Stichwahl zwischen dem Can- dibatcn der Conservativen und Nationalliberalen, dem sreiconservativen Herrn von Lerchenseld und dem dolkSparteilichen Candidete» Kröder, der bereits früher den Wahlkreis vertreten hat. Tie genauen Zahlen der Ab stimmung liegen noch nicht vor; jedenfalls war die Wahl betheiligung eine sehr geringe. Der Wahlkreis war 187l bis 1874, 1878—81 und seit 1887 nationalliberal, sonst immer fortschrittlich oder volksparleilich vertreten. Bei der Stich wahl wird natürlich die ganze Gesellschaft, Dentschfreisinnige, Ultramonlane, Demokraten und Soclaidemokraien Zusammen gehen und die Hoffnungen, die Wabl deS Herrn von Lerchen- felv durchzusetzen, sind sonach nicht allzu groß. Viel Staat wird mit dieser demokratisch-ultramontan-socialistischen Wahl freilich nicht zu macke» sein. * Die „Germania" hat in diesen Tagen zwei Artikel über den angeblich in Aussicht stehenden CoodjutordcS Bischof« von Limburg gebracht. Im ersten wurde die angebliche Thatsache berichtet, im zweiten wurden die ausgesuchtesten Liebenswürdigkeiten gegen den jetzigen Bischof von Limburg daran geknüpft. Nun weiß man weder m Rom. noch in -lerlm etwa», von Vieser „Frage"; an beiden Stellen hatte man nickt delt leisesten Gedanken daran — und au» sich beraub kann sich doch der Bischof keinen Coadjutor beilegen. WaS ist also die Veranlassung, weshalb die „Germania" über den armen Bischof von Limburg so viel BoSbeit auSschüttct? Derselbe batte bei de» SeplennntSwahlen daS Unglück gebabt, anderer Ansicht zu sein al« Herr Windthorst und in Befolgung der päpstlichen Weisung da« Verbrechen begangen, seine An sicht sei»em Klcru« mitzuthcilen. Damit er solches jetzt nicht wieder versuche, mußte er kaltgestcllt werden. ES wurde dem nach schnell jene Lüge auSgeheckt und dann wurde Herr I)r. Hilpisck — der angeblich vorgesehene Coadjutor — hinterber von der „Germania" benutzt, um reiche Galle über den Bischof auSzugießen. Beide Artikel waren demnach bestellt zu obigem Zwecke; daS nennt sich ultramontane Ehrlichkeit „für Recht und Wahrheit" und Achtung vor der kirchliche,, Obrigkeit. Fast scheint es, alö ob nur noch diejenigen Bischöfe vor dem Schmutz der CentrumSpresse sicher sind, denen Herr Windthorst das Concept dictirt; die anderen sind vogelfrei. * Von Herrn Ober-NeichSanwalt vr. Tessendorff geht dem „Berliner Tageblatt" folgende Erklärung zu: „Die Nachricht von einer in der UnterftichungSsacbe gegen den Vr. Gesscken stattgebabten Vernehmung deS Oberhos- und HauSmarschallS von Liebenan entbehrt jeder Begründung. Der Ober-ReichSanwalt. Gcz.: Tessendorff." * Der RitlergulSbesitzer Somba rt-ErmSleben läßt seinen beiden ersten Artikeln in der „Magdeburgischen Zeitung" jetzt einen drillen folgen, worin zunächst die Boden-Analyse der chemischen Versuchsanstalt zu Bremen, die sünszigjährigen Durchschnittszahlen der Beobachtungen über die klimatischen Verhältnisse, die statistischen Aufnahmen über die Boden- vertheilung und die Viehhaltung mitgetheilt werden. Der Verfasser empfiehlt schließlich neben den früher vorgeschlagenen Mitteln zur Hebung der Wirlhschasten und zur raschen Verdeutschung Lothringens auch den Ankauf von Gütern durch den Staat, weil Private diesem Beispiel schneller zu folgen pflegen, namentlich aber für intelligente deutsche Pächter ein Feld der Tbätigkcit eröffnet würde.' Die Finanzen der ReickStande besinbcn sich in einer so günstigen Lage, daß mit Leichtigkeit jährlich einige Millionen Mark z»m Ankauf von Domänen verwendet werden könnten. Ab- gesehen von den JabreSüberschüffen, welche anderthalb Millionen übersteigen, könnte noch eine ebenso hohe Summe auS dem Schulven-TilgungssondS entnommen und zu jenem Zwecke verwendet werden, indem die contrahirten Reich»- schulden zu einem viel höheren Satze amortistrt worden, al« gesetzlich vorgeschrieben ist. Angesicht« solcher Umstände hält Herr Sombart eS für geboten, daß seiten« der maßgebenden Faktoren die Frage deS Ankaufs von größeren Gütern in Lothringen durch den Staat einer ernften Erwägung unterzogen, und daS Eisen geschmievit würde, jetzt, wo eS warm sei! * Dem „Neuen Wiener Tageblatt" wird o»S de» Reichs landen gemeldet, daß kort Feuerzeuge verbreitet werden, welche daSBilknißdes Prinzen Alexander von Batten berg mit der Bezeichnung bald als General, nlS Oberst der Eavallerie, als König der Reichslande, al« Großherzog von Elsaß-Lothringen, ober kurz al» Alexander I. von Elsaß- Lothringen tragen. „Wir haben", bemerkt die „Post" dazu, „keine» Grund, an der Richtigkeit der Meldung de- Diener Blattes zu zweifeln, denn eS mag noch heute in Battenbera'- scken Kreisen unvergessen sein, daß die Frage, ob dem Er- Fnrsten von Bulgarien die Reickslande anzuvertrauen seien, unter der Regierung Kaiser Friebrick's in der Tbat ventilirl worden ist. Tie Freunde des Prinzen Alexander, die jetzt in so kindischer Weise Propaganda für ibn zu machen versuchen, wissen wahrscheinlich nicht, daß die ganze Sache von Anfang an aussichtslos war, da eben nicht die geringsten Garantien dafür Vorlagen, baß Prinz Alexander dem vrutschen Kaiser treuer gewesen sein würde, al- er e» dem Kaiser von Ruß land gewesen ist." * In den letzten Tagen war wieder viel di« Rede von russische» Truppenvrrfchiebungen nach dem Westen, sogar da- Wiener „Fremdenblatt" glaubte diesen Vorgang aus» Neue beachten zu müssen. Die „Post" macht jedoch auf merksam, daß diese Verschiebungen bereits im Frühjahr von Petersburg auS angekündicjt waren. Daß die russische Politik in diesem Augenblick sich mit den unmittelbaren Vorbereitungen einer kriegerischen Action nach den, Westen beschästigen sollte, erscheint durch die europäische Gesammtlage völlig ausge schlossen. Seil dem Besuch de» deutschen Kaiser- in Peters burg sind die Beziehungen mit dem russischen Hofe und mit der russischen Regierung fortdauernd gute und freundschaft liche geblieben. Man wird daher auch im größeren Publicum gut thun, sich zur Zeit aller Besorgnisse zu erwehren, bei denen man nicht weiß, von wem und zu wessen Bortbeil sie aiiSgrstreut werden. * Die Bukarester „Vointa Nationale", daS Organ Bratiano'S, meldet, daß der russische Gesandte am königlich belgischen Hofe Fürst Urufoff kürzlich in Ruginoasa, dem Wohnsitze des Fürsten Cuza, bei Jassy, gewesen und dort mit dem rumänischen Premier-Minister Rosetti, einem Onkel dcö Fürsten Cuza. zusammengetroffen ist. Diese Mel dung, welche bisher einen Widerspruch nicht erfahren hat, gewinnt ein besondere- Interesse dnrch den Umstand, daß Fürst Urusoff für den Verfasser deS im letzten Jahre ver öffentlichten gefälschten Briese- gilt, welcher angeblich von den, Prinzen Ferdinand von Coburg herrührte und zu dem bekannten Mißverständnisse zwischen dem russischen Kaiser und dem Fürsten BiSmarck führte. Wenn auch VaS Zusammen treffen in Ruginoasa ein zufällige« sein mag, so erscheint eS immerhin der Beachtung wertb, daß Persönlichkeiten wie Rosetti und Fürst Urusoss sich in dem Hause de« rumänischen Thron-Prätendenten znsammenfinden. * Als die Nachricht von der Beschimpfung de« deutschen Wappens in Havre nach Paris gelangte, halte die „France" die Unverschämtheit, zu behaupten, baß „zweifellos" die Thäter Deutsche gewesen seien; c« sei da« auch um de-balb wahrscheinlich, weil die angestellten Unter suchungen über daS Umrsißen der Grenzpsähle an der deuisch- französischen Grenze stet« die Thäterschast deutscher Staats angehöriger ergeben hätten. Die „France" fugte dann frecher Weist hinzu, satt- ausnahmsweise die Schuldigen Franzosen sein sollten, so hoffe sie. daß dieselben die gebührende Strafe für eine ebenso unvernünftige al- gefährliche Handlung er halten würben. Die „Schuldigen", deren Bestrafung da» saubere Blatt verlangt, sind aber ohne allen Zweifel durch die täglichen Hetz- und Schmäbartikrl der „France" und der anderen Sckandblätter dazu ausgereizt worden, da« deutsche Wappenschild abzurrißen und dadurch ihren Haß zu bekunden. * Der Pntschmonat September ist in Spanien dorüber- gegangen, ohne daß Sagasta Gelegenheit gebabt hätte, gegen Vie republikanischen Ruhestörer die nationale Fahne zu entkalken, bei deren Anblick sonst alle monarchistischen Poli tiker der Rechten wie der Linken, von CanovaS und Pidal bi« zu Castelar. ibre Partei-Interessen zu vergessen und sich um Sagasta als den Führer gegen den gemeinsamen Feind zu schaaren pflegten. Dieses Band, da« sich erst wieder lockerte, wenn die Gefahr vorüber war und das Cabinet seinen Be stand neu gefestigt batte, sehlt heute, und Sagasta steht sich gezwungen, nach reckt« oder nach link? Front zu macken und die Zähne zu zeigen. Nachdem man eingesehen hatte, daß die Berschleppungspolitit nickt länger fortgesetzt werden konnte, sollte am Sonntag im Ministerralh ein envgiltiger Entschluß über die Stellungnahme zu der dringendsten Frage, der HeereSresorm und der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, gefaßt werden. Wie verlautet, ist da« Cabinel dabin uber- eingekominen, die Absicht, die hauptsächlichsten Bestimmungen deS Entwurfs durch königlichen Erlaß m Kraft zu setzen, fallen zu lasten und vor den im November zu berufenden CorteS vie allgemeine Wehrpflicht zu vertreten und von ihrer Genehmigung den Bestand VeS CabinetS abhängig zu machen. Dieser Beschluß bedeutet, in die Sprache deS vie spanische Politik maßgebend beeinflussenden „PersonaliSmo" übersetzt, den Sieg Cassola'S Über Martinez CampoS, der zweifellos darin seine Erklärung findet, daß ein dritter ausschlaggebender Factor in dieser auS Eigennamen bestehenden Richtung der Demokralensührcr Lopez Dominguez aus die Seite Cassola'S getreten ist. Vorläufig triumphirt also die Milikairpartci, aber sie dürste die Erfahrung machen, daß die so kräftig an gelegte Vorlage Cassola'S au» den Beratbungen der (Portes ebenso verdünnt und verwässert bervorgeht, wie etwa da« Gesetz über die Civilehe. * Generalmajor Prshewalskij, dec bekannte russische Astensorscher, hat, wie die „Türkest. Wedom." melden, am 20. September mit seinen beiden Begleitern Roborowskij und KoSlowskij Taschkent Passirt. um sich weiter nach Wernyj und Karaknl zu begeben, wo die Expedition ihre Aus rüstung beendet. Zur Coinpletirung des Etats an Mann schaften für die Expedition bat General Prshewalskij au« den Turkestanischen Truppen 10 Mann anSgewäblt, die sich durch moralische und tadellose Führung auSzcicbnen und außerdem »n Besitze einer gesunden Körperconstitution sind. Die Mann schaften wurden den Schützen, Sappeuren und Linientruppen entnommen. Die Zahl Derer, die den Wunsch halten taut werden lassen, General Prshewalskij auf seiner ebenso weiten, als beschwerlichen und gefährlichen Expedition zu begleiten, war so groß, daß er die vollkommenste Möglichkeit besaß, eine möglichst sorgfältige Auswahl treffen zu können. * Einem Privatbriese eine» OssicierS de» königk. Susser- NegimentS über die Expedition nach den Schwarzen Bergen im Norkwesten von Indien sind die folgenden Sätze entlehnt: „Die Schwarzen Berge sind 12 000 Fuß bock. Wir baden deshalb die Ebre, säst in der höchsten Hvh- zu kämpfen, in der Truppen jemals gejochten haben Nur vie Sikkim-Erpedition muß Krieg führen in einer noch größeren Höhe, 13 000 Fuß über dem Meeresspiegel. Im Haupt quartier hofft man. daß unser Feldzug »> sechs Woche», vom Beginn desselben an gerechnet, zu Ende ist. Ich bin jedoch nickt ganz so sanguinisch. Sollte die Erpedition vor Anbruch deS Winter» nickt zu Ende geführt werden, so müssen wir im Frühjahr nochmals in VaS Gebirge, wo wir dann sechs Monate für den Feldzug vor uns hätten. * In der kanadischen Provinz Manitoba ist der längst befürchtete Eisenbabnkrieg au-gebrochen. Einem Telegramm der „Vosstschen Zeitung" zufolge ist vie kana. dische Pacificbahn entschlossen, den Zügen der Red River- Eisenbahn daS Befahren ihre- Gleise« nvthigensallS gewalt sam zu verwebren. Die Miliz wurde ausgebotem Ein Zusammenstoß scheint unvermeidlich zu sein. Dir Aufregung ist groß.
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