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Dresdner Nachrichten : 31.10.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-10-31
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187010312
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18701031
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18701031
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1870
- Monat1870-10
- Tag1870-10-31
- Monat1870-10
- Jahr1870
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 31.10.1870
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llnttz. nach >re*de„. ^ - «d Mo, D. O. -'s! ich )tn. shlcn mt ivvr«« m Prellen tät. llVll, ndelv »aev, zezählr. » r. «. rllvv. lellen. dtvlv Einzelnen Tageblatt für Uutcrhaltung und Geschäftsverkehr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Litpsch L Nkichardt. — Verantwortlicher Nedactcur: Julius Rtlchardt. ^ ^rlin, Gonutaa. 30. Oktober. «Osstc-ell.» Der König an die Königin Augusta in Homburg. ^^^!./t?l^--?"ober. Das große Ereignis, daß nun die beiden feindlichen Armeen, welche im Juli unv gegenlibertrate». in (Yesangeiischast sich befinden, veranlaßt Mich. die beiden Eoinmandir.N- den unserer Armeen. Fritz und Friedrich Karl, z» Feldmarschälien zu ernennen, der erste Fall der Art in unserem Haust. Wilhelm. Berlin. Sonntag. :<». Oktober. «W. T. B.l> Aus VersailIes boin 28. Oktober wird gemel det: Thiers ist seit drei Tagen im Besitz freien Ge leites nach Versailles und der Erlaubnis!, nach Pa ris zu gehen und zurückzukchren, Er besteht aber darauf, nickst auf dem Wege von Versailles, sondern ! aus dem von Orleans nach Paris bincinzukommen. ^ Brüssel. Sonntag. 3». Oktober. < W. T. B.> , Das „Echo" schreibt aus Amicnv: Die Nachricht > Von der Eapitulation von Metz hat tiefe Bestürzung bervorgermen; man fordert Frieden um jeden Pretik > Ptchrcrc Städte Belgiens baden Transporte mtt Lebensmitteln nach Metz gesandt. Nr. 304. Fünfzehnter Jahrgang; Mitredacteur: Theodor Urobisch. Montag, 31. Oktober 1870. Dresden. 3l. Oktober. ernisirung Treppen» »en onntag Dresden, 30. Oktober. Während die französische Regie rung den Fall von Metz bis jetzt ihren» Lande verheimlicht und Frankreich noch nicht weiß, daß sein stärkstes Bollwerk in unsere Hand gefallen ist. dringen zu uns schon allerhand Gerüchte und Meldungen absonderlicher Natur über die Vorgänge vor und nach der Capitulation. Bereits mehrere Tage vor derselben erhielt eine pommersche Division Marschordre und rückte Abends in aller Stille in strömendem Regen ab von Metz nach Paris zu; Bazaine aber stellte sein gesammtes Heer noch einmal in Schlachtordnung, um einen Durchbruch zu unternehmen, wider rief jedoch in der letzten Minute noch seinen Befehl. Sein jetzt capitulirtes Heer wird seltsamerweise auch nicht vollständig nach Deutschland abgeftlhrt, sondern zum Theil vor Rietz in Baracken untergebracht. Wir sind natürlich die Letzten, die darüber un zufrieden wären, im Gcgcntheil ist es uns ganz lieb, wenn die ausgehungerten Ecntren von Krankhcitsstoffen in Frankreich sich heranfüttern und auskuriren; aber eS ist nicht zu verwundern, »venn der Argwohn der Franzosen, daß Bazaine zu einer Auf- gäbe besonderer Art aufgespart sei, aus dieser Begünstigung rreue Nahrung zieht. Sollten Theile der Bazaineschen Truppen gar dazu bestimmt sein, indirekt zur Herstellung des "Friedens mitzuwirken, so wäre Bazaine ja geradezu unser Wohlthäter! Dabei wird man vorauszusetzen haben, daß wir unserer Sache ziemlich gewiß sind und daß es ganz unbedenklich ist, größere Massen Kriegsgefangener unbewaffnet auf feindlichem Boden zu bewachen, anstatt sie in entfernte deutsche Festungen unterzu- bringen. Wie den» auch sei, die gesannnte Kriegsmacht, mit welcher die Franzosen ursprünglich den Krieg begonnen, ist mit Ausnahme weniger versprengter Bataillone, Schwadronen und Batterien in unserer Macht — das ist wieder ein neuer Ge sichtspunkt. der noch niemals in der Kriegsgeschichte da war. Alle Truppen, welche die Franzosen (abgesehen von den Festungs besatzungen) jetzt gegen uns in's Feld führen, sind frisch aus- gehobene Streitkräfte. Wir vermögen nicht zu ermessen, ob Las Bekanntwerdcn aller dieser Thatsachen wirklich die lähmende Wirkung auf das französische Volk hat, die man erwarten darf, vor der Hand müssen wir der Times zustimmen, wenn sie sagt: Alle Welt wünscht den Waffenstillstand, "Niemand hält ihn aber für möglich; denit ein Waffenstillstand, in welchem eine neue Verproviantirung von Paris gestattet wäre, würde Frankreich so gewaltige Bortheile geben, daß sich vielleicht das ganze Kneg'V glück wenden könnte; andrerseits würde rin, die Berprovian lirung von Paris ausschlicßendcr Waffenstillstand Deutschland- rechte Hand freilassen, Frankreichs Hände jedoch binden. Das sind die ungünstigen Chancen nur des Waffenstillstands; noch viel übler ist es um den Frieden selbst bestellt. Thiers ist von Tours aus angewiesen, jede Gebietsabtretung zurück zuweisen, selbst die indirecle Vorbereitung dazu, nämlich, daß in Elsaß und Lothringen keine Wahlen vorgenommen werden. Die Regierung in Tours unterhandelt blos zum Schein, um die auswärtigen Mächte, welche auf Unterhandlungen dringen, nicht zu reizen. Als das schlimmste Symptom für die Frie densaussichten sieht man auch das an, daß die Deutschen sich vollständig auf einen Winterfeldzug vorbereiten und einrichlen. Der Haß der Franzosen gegen die Deutschen wird im.nermehr zur Manie und andrerseits wird die Verachtung der Deutschen gegen die Franzosen zu einem stehenden Grundsatz. Somit »rängt Alles jetzt auf die Alternative: entweder muß Frankreich ganz erliegen, oder Deutschland seine Forderungen zurückziehen. Da das letztere unmöglich ist, so wird der verrückt gewordenen nationalen Verbissenheit es gelingen, das ersterc zu erreichen. Auch unsrerseits wird es Opfer genug noch losten, vor allem wird es noch viele Zeit erfordern, che wir im Besitze von Paris der Entwicklung der Dinge in Frankreich, dem Durch brechen der Vernunft durch die Nebel des Fanatismus ruhiger -usehen können. Mit Belagerungen geht es eben nicht so fix wie mit Schlachten, Belagerungsgeschütze sind nicht so mobil als 6 Pfünder, Schanzen und Laufgräben bauen hält länger auf als Abkochen, Laden und Munition verschießen. Auch ist auf die Nachrichten vom Mangel von Lebensmitteln in Paris nach den Erfahrungen, die mir in Metz gemacht haben, nicht viel zu geben, ebensowenig auf den Kanonendonner den man aus Paris gehört haben will und der wahrscheinlich von den Schießproben mit neugegosscncn Geschützen hcrrührt. Die Pariser sind auch von den militärischen Vorbereitungen bei dm Belagerern wohl unterrichtet. Bei dem letzten Ausfälle beschüttete 3 Stunden lang der Mont Valerien eine von dort aus nicht sichtbare Telegraphenstation in Bougival und zwar mit solcher Sicherheit, daß keine Granate weiter als 30 Scheut von der Station einschlug. Eine Granate crepirte sogar in der Station selbst, ohne jedoch wunderbarer' Weise den Beamten oder den Apparat zu schädigen. Infolge dessen verlegte man die Station in ein sicheres Haus. Gleichzeitig wurde die Telcgraphenstation in Argenteuil beschossen, so daß sie nach Sannois zurückvcrlegt werden mußte. — Was die übrigen Kriegsschauplätze anlangt, so wird auf denselben durch das Verfügbariverden der Belagerungstruppen von Metz sehr bald eine Veränderung vor sich gehen. Die neuesten Nachrichten sprechen davon, daß sich General v. Werder nordwestlich von Vesoul, welches er aufgcgcben hat, gewendet habe. Es läßt sich nicht sagen, ob die Organisation der Garibaldi'schen Truppen, welche ziemlich rasch vor sich gehen soll, die Ursache dieses Zu rückiveichens ist oder ob dem kühnen General Werder selbst seine Stellung als zu weit vorgeschoben erschienen ist oder ob er seinen Zweck vor der Hand vollständig im Süden erreicht hat und nun eine andere Expedition vor hat. Von Garibaldi behauptet man, daß er den Plan habe, in Deutschland ein zufallen. Selbst wenn er dies wollte, so wird cs ihm nach dem Fall von Metz unmöglich sein. General v. d. Tann hat seine auf das linke Loireuser vorgeschobenen Truppen wieder zurückgezogen und scheint sich nach Norden zu wenden. Die Regierung in Tours treibt einen wahren Kultus mit den Ueber fällen kleinerer Detachements durch Franktireurs. Besonders in den Ardennen scheint dies Geschäft zu blühen. Bei dem Herannahen größerer Truppentheile stehen die Freischärler waffenlos und mit den Händen in den Hosentaschen da; kleinere Abtheilungen überfallen und morden sie. Auch diesem Unwesen kann man nach dem Falle von Rietz erfolgreich steuern. Gambetta hat im Rionitcur eine Art Galgen errichtet, an welchem er die Namen aller der Städte anjchlägt, die sich ohne Widerstand ergeben. Doch dürfte deren Zahl bald so groß sein, daß ein Galgen nicht hinreicht. Vom Obcrrhein ist noch zu berichten, daß die Belagerung von Breisach bald bcvorstehen dürste; end lich ist noch der Absicht der Franzosen zu gedenken, 4 neue Armeen aus der Erde zu stampfen, die zusammen eine Million Streiter zählen sollen. Das Nahen der französischen Flotte mit Landungstruppen deutet auf eine ernstlichere Operation auf die deutschen Küstenländer hin. Endlich sei noch des Gerüchts gedacht, daß Napoleon verlangt, aus dem rauhen Klima von Wilhelmshöhe nach Elba transportirt zu werden. Wir unter stützen diese Bitte angelegentlichst, es ist für deutsche Erde keine besondere Ehre, Napoleon zu beherbergen. — Von Loltcitcnglnck nnd Leben erzählen und die Feldpost briefe viel und nach einem uns vorliegenden Schreiben aus Elcrmont scheint die Situation unsrer Sachsen jetzt gerade keine üdlc zu sein. Sie scheinen sic!' für den Winter wobnlich ein zurichtcn. Wollene Sachen kommen i» Masse an, Pelze sind bestellt und da i» jener Gegend der Winter nicht io übermäßig kalt, der Schnee selten und das Bild einer Schlittenpartie nicht cxistlrt, so ist an ein Gefrieren niebt z» denken, selbst de» uanzösischen Wlltbcn, bei denen unsere Truppe» elnguar- tirt sind, machen die aus Dresden an die Soldaten gesandten Bilderbogen mit den Earrlcaturcn aus „Napolium und Lulu" unendliche» Spaß, sic tanken dann mit einer Flasche Ehani- pagner nnd lache», indem sic selbst den Allerweltokämpscr und „"Befreier" Garibaldi zum Tenstl wünschen. Ein deutscher Soldat ist ibncn mitunter lieber, als 10 zerlumpte Mobilgar tuten. In Bezug auf Letztere scheinen sich die Beschreibungen, die man von ibrem Exterieur und ibrcr Feigbeit macht, zu be wabrbcitc». Der Schreiber aus Elcrinont mußte neulich eine größere Expedition nach Montidier, 5 Meilen nördlich von Elcrinont gegen 400 Mobilgartistcn mltmachcn, daö rings von Hügeln reizend umgeben ist. Kaum batte die Artillerie einige Sebüsse abgegeben, so wetzte auch schon die weiße Fatznc in der Lust. Im Galopp will die Escakron ungehindert durch die Statt, aus deren Häusern ängstliche Gesiebter berausiuaten. Die Mobilgardisten liefen wie die Hasen beim Kesseltreiben, warst» die Gewebre weg und kein Schuß fiel von beiten Sei ten, nur einem Offizier ging der Revolver los. Im Earricrc zerstreute sich die Escadro» und trieben die Bande zusammen. Der Spaß war groß. Ein Sachse brachte aus einmal >8 Ge sangcne vor sich bcr und nach seinem Sädclwinten mußten sic buchstäblich tanze». Die Soldaten baden sieb säst geschämt, solch' erbärmliche Kerle gefangen zu nehmen. Einzelne Mobil- gardisten meldeten sich freiwillig. Die Bürger brachten den Sachse» ganze Massen Brod, Käst, Fleisch, Wein, sogar vor trefflichen Eognac. Es mußten Wagen regnirirt werde», um das Alles nebst den Gcwcbrcn re. sortzusebaffen. Einem gestern bicr Angegangenen Feldpostbriefe von der Armee bei Paris cntncbmen wir, daß die Briefe aus Sach scn vergangenen Freitag nndSonntag auSgeblieben sind, nach dem sie» die Bciörderungsilist du- Briefe ans Dresden schon bis aus -t Tage retucirl batte. Ob die Nnachc dieses "Alisdici- dcnö in dem gctzänstcn Patetvcrtctzl oder i» dem llmstandc be rnbt, daß, wie erzählt wurde, der PosttranSport vor Mcaur von Franctircurs überfallen und ausgeraudt worden sti, war bis zum "Abgänge dcS gedachten Briests noch nickst auigetiärt. Für die zu erwartenden zahlreichen Pakete ist bei der "Armee ei» besonderer Besörtcrungsmodus eingerichtet worden, dock, waren von den am 15. d. vier auigegcdencn Vstrpstmk Paketen am 23. noeb keine zur "Ausgabe gelangt. Effwaaren zu betör der» dürste tat,er kaum zu rattze» sein, auch wenn dicß unter sagt wäre. — bl. 1'.. K önigliebeS Ho > tbeate r. „König Hein rich IV. 2. Tbcil. Historisches Drama i» 5, Acten von Shakespeare; für die deutsche Bübne bearbeitet bon F. Dingel stett". Die Empörung des Heißsporn Percu ist niedergcworicn; was letzt noch den Thron Heinrichs erschüttern will, bas sind schwächliche "Verschwörungen, kopflos begonnen, ohne "Vorsickst geleitet und scknnachvoll beendet. Der König selbst ist nur ein sterbender Man»; Prinz Heinrich verräth allmäbllg die Un verwüstlichkeit seiner bessern Natur trotz bcr Falstastschcn Um gebung, Falstaff selbst sinket Immer tiefer. Der 2. Thetl dcö vierten Heinrich ist mehr eist EpoS in dramatischer Form, alö ein Drama; eS fehlt, soviel auch geschieht, dock' an Handlung, namentlich mangelt der Held, dessen Thun dle Han.stung treiben könnte. Es zerfällt in mcbrcre Gruppen, die nur äußerlich zu- sammengchaltcii sind; die Späße Falstaffs sind zwar der lustig sten Art, aber der eigentliche Retz der grotesken Komik de» I. Thcilö ist doch dahin. Nur in den beiden letzten Acten zieht Shakespeare den erschlafften Faden dcö Dramaö sck-ärier an und die Schiußscenen zwischen dem jungen gekrönten König und Falstaff bilden einen ergreifenden Ucbcrgang zu Heinrich V. Ein Stück, in welchem 3? Personen handelnd auttretci». kann unmöglich in asten Rollen gleichmäßig gut besetzt sein; man wird cö aber anzucrkciincn habe», daß Mißgriffe nirgends Vor kommen und die Mehrzahl der Beschäftigten ihren Platz gut ausstillte. "Auch die von Herrn Regisseur Meister an Stelle seines erkrankten College» geleitete Einstudierung zeigte Fielst und Geschmack, der Krönungözug im 5. "Acte war nicht dloö massenhaft und prächtig, sondern aus heraldischen Studien her- Vorlegungen; der dazu von Herrn Ehortirector Ricciuv com- pomrte Krönungsinarsch imposant und wirkungörcich. — In Heinrich tV. führte Herr Iaff« die schon im t. Theile begonnene Eharactcristik eines schlauen Tbronerschlcichero zu Ende, in seinem Sohne Heinrich v. entwickelte Herr Dcttmcr die glänzen den Eigenschaften, die er aus dem Schlamme cer Falttaffschrir Gesellschaft rettete, beides in fesselnder Darstellung. Daö Gleiche gilt von dem Falstaff Dcssoiro; zeigte auch die Durchbildung des 2. TheilS noch nicht die Reise dcö vielgesplciten ersten, so schloß sie sich doch ibm wirkungsvoll an. Vcrzüglich gelang ibm die Musterung seiner Rekruten, sowie die Zerkuiilchung bei dem KrönungSzilg. Die übrigen Darsteller lasten sich gruppen weise , nicht besprechen, aber aufzäblcn. DcS Königs Parstet vertraten als Prinzen und Lords insonderheit die Herren Hau stein. Wilhelm! und Hcrbold. die der Rebellen der schwankende Nottbumberland, Herr Wingcr, der staatSmännischc Priester, Erzbischofs Porle, Herr Walther, der tapfere Hastings, Hellmuth, der vorsichtige Mowbrav, Kobcrstein. Um Falstaff gruppiisten sich seine alten Spießgesellen PommS und Eartolph, Kramer und Weiß, dazu der Renommist Peto, von Herrn Jauner sehr drastisch zur Geltung gebracht, die gelungenen Friedensrichter, Meister und Mcrrchioii, dazu lene entsetzliche Löffelgarde, von den Herren Röder , JUgen, Percnz, IuctMr und Dlttrlch mit guter Komik vorgesühit; endlich noch die Damengesellschaft auS dem wilden Sehweinökopf. die FräulclnS Allrain und Wolfs, die letztere sehr zuthulich den Schädel Falstaff s grauclnd. Im übrigens ist eö einer der feinsten Züge deö Dichters in diesem Stück, daß er daö Interesse für Falstaff auch dadurch zu fesseln weiß, daß er ihn mit Leuten umgicbt, die noch widriger von Gesinnung sind als er selbst. Noch sei dcö würdigen Obcr- richtcrö, Herrn Eichberger und der kurzen Scene der Fräulein Ulrich mit Anerkennung gedacht. — G cw er d c ve re i n. (Schluß.i De» größeren Vortrag hielt Herr De. Bicrey über „die Bcrcdtsamkcil der Franzosen? Wollte man über den Vortrag rcferiren. so müßte man fast "Alles wiederholen. Deshalb nur einige Hauptpunkte. Die Bcredtsamkcit hängt ab von dem Charakter der Nation, vom Geiste der Sprache und von der Lage dcö Staates. Die Ger manen sind kaltblütiger nnd phlegmatischer, als die Romanen. Die Sprache vci den Deutschen ist schwer, während sic bei den Franzose» zierlich gesellt und witzig ist. ES kommt nicht daraus an, was in Frankreich gesprochen wird, ob Wabrbeit oder Lüge: der Redner, der Komödie spielt, hat bei dem Publikum gewon nen. Die Zuhörer wollen nicht überzeugt, sie wollen amüsirt sein. Wird der Franzose nicht unterhalten, so geht er, kann er nicht gemi, so dicibt er und plaudert, kann er nickst plaudern, so schläft er Die Hauptzahl der Abgeordneten besteht auö Ad vokaten, dann tominen Militärs und Socialtemokraten. Die Advokaten sprechen viel und über "Alles, was man verlangt. Die Militärs stürzen auf die Tribüne los, als ob sic lm scind- lichen Feuer eine Batterie erobern wollten; sie dürfen sagen» was sic wollen. weil Alle glauben, sic verstehen doch nicht, worüber sie sprechen. Die Socialdcmokratcn sind wie die in Deutschland, nur etwas lebhafter, wütbcnder und linverschämter. "Alle Redner sind vom Patriotismus beseelt. In allen stieben wird an den Nationalstolz appcllirt. Alle ander» Völker sink gegen sie nur "Völker zweiten Ranges, sind Barbaren, die man unrcrjochcn sollte, denen man aber die Segnungen der franzö sischen Bildung verleiben möchte. I78>> tritt uns in der "Abac oldnetenkamnicr der große Redner Miradcau entgegen. Seine Zeitgenossen schildern ihn als einen Mann, der massiv und breit gebaut ist, mit dicken Lippen, hcrabhängenden "Backen und einer wahren Mäbne von Haaren. Er war der Man» des "VblkcS und alv er krank aus seinem Bette lag, und ihm daö Blut ab- gczapft werten sollte, strömte daö "Volk !n sein HauS und wollte für ibn sei» Blut lassen. Der Senat hörte ans, seine Sitzungen zu batten, nnd unter dem "Beileid des ganzen Volkes wurde er beerdigt. Jedoch schon 3 Jahre nach scincm Tode wurde sein Leichnam wieder aiisgcgrabcn und aus dem Kirchhcic zu Ela märst, wo die Diebe und Mörder beerdigt wurden, verscharr;. Im Ebiwcnte sind die hauptsächlichsten Redner Murat Rotzespierrc, die "Biillmciiscl'en der ersten Republik, die würk>. "Nachfolger in den rothcu Republikanern der jetzigen Rcpu.s. baden. Außer ticstii stcbt aber noch Danton da, dessen Eba raktcr aus den Worte» bervorgelst: „Mag mich die Welt p c dämmen, wenn nur Frankreich groß kasteist." "Nach dem En vente sind die großen Redner alle, was man aus den oft duu men "Armeebeiebieu der Marichälle und Generäle erkennt, z."B: „"Ans Bcicbl Seiner Majestät des Kaisers von Frankrcich. K. »igs von Italic» und Protektors des Rheinbundes sollt tbr Soldaten zum Liege eilen." Eine würdige Ausnahme davon machen die Manifeste des Kaisers Napoleon I. Sic sprühen von Geist »nk mußten aus alle Franzosen eine hinreißende Wir kung ansübcn In der Inlirepoliition sind die Hauptredner Tbicrö und Guizot, die auch bei der jetztzzen Republik wieder am Ruder sind. Guizot ist klein, dünn, feurig, Alles an ibm ist ernst, selbst sein Lachen ist ernst. Er ist streng in seinen Sitten, ein strenger Protestant und sei» "Vortrag ist dogmatisch nnd gemessen. TbicrS ist cbeiffallS klein, aber kräitig gebaut, ei» natürlicher Redner, der sich gern selbst In Enthusiasmus binelnredet. Die Marmorplatte aus der Tribüne reicht tbni bi» zur "Achsel und wenn er spricht, stellt er sich auf die Zehe», um
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