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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.10.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031013028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903101302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903101302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-13
- Monat1903-10
- Jahr1903
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Nachr." gegenüber, die behaupteten, es würde für die Reichsregierung ein Leichtes sein, die Macht der Sozialdemokratie zu brechen, wenn die leitenden Männer nur die Courage hätten, die sozialistischen Bestrebungen durch die Gesetzgebung als staats- und gemein gefährlich zu brandmarken, die sozialistische Organisation durch Verbot aller sozialistischen Vereine und Druck schriften, sowie durch Beschlagnahme der Parteikassen zu zerstören und die geheime Abstimmung bei der Wahl ru beseitigen, haben wir kürzlich auf die Zu sammensetzung des neuen Reichstags hingewiesen, in dem von 397 Abgeordneten 24l rundweg die Zustimmung zu jeder derartigen Maßnahme ablehnen würden. Heule weisen nun auch die „Bert. Polit. Nachr." darauf hin, daß für die Regierung die Voraussetzung für eine kräftige Aktion gegen die Sozialdemokratie zur Zeit fehle. Das offiziöse Organ schreibt nämlich: „Unzweifelhaft ist die Ueberwindung der sozialdemokratischen Bewegung die weitaus wichtigste Aufgabe unserer inneren Politik. Indessen wird man mit der mehrfach im Hinblick hierauf erhobenen Forderung einer alsbaldigen kräftigen Aktion der Regierung besser zurückzuhalten haben. Die Voraus setzung eines erfolgreichen Vorgehens der Regierung zur Uebcr- windung der sozialdemokratischen Gefahr bildet eine starke Strömung im Volke, durch die ein solches Vorgehen der Re gierung getragen werden könnte. Eine solche starke Strömung müßte selbstverständlich ihren Niederschlag in der Bildung einer entsprechenden Mehrheit in der Volksvertretung finden. Daß ohne eine solche Unterstützung durch die Bolksströmung ein Vorgehen der Re gierung aussichtslos ist und nur zu Mißerfolgen führen könnte, die der sozialdemokratischen Bewegung neuen Wind in die Segel führen würde», lehren die Erfahrungen, die im letzten Jahr zehnt zu machen waren, sei es, daß man versuchte, einen Riegel gegen sozialdemokratische Verhetzungen vorznschieben oder einen wirksamen Schutz für die Arbeitswilligen herbeizuführen. Sprechen diese Erfahrungen deutlich genug dafür, daß der Zeitpunkt für ein wirksames Eingreifen der Regierung erst dann gekommen ist, wenn sie sich auf eine einheitliche und starke Volksströmung stützen kann, so wird man darüber ernstlich nicht im Zweifel sein können, daß diese Voraussetzung zur Zeit noch nicht vorhanden ist. Weder die Wahlen am 16. Juni, noch die über mütige Herausforderung aller bürgerlichen Parteien aus dem sozial demokratischen Parteitage in Dresden haben bisher eine solche einige und starke populäre Strömung herbeizuführen vermocht. Wir sehen vielmehr in einem großen Teile unserer Presse zahl reiche Federn bemüht, die Eindrücke der Wahlen und des Parteitages abzuschwächen und die große Masse unserer Bevölkerung in trügerische Sicherheit zu wiegen, und bei den Landtagswahlen wird vielfach der Kampf der bürgerlichen Parteien unter einander so in den Vordergrund gerückt, daß darüber der Eifer in der Bekämpfung des gemeinsamen Gegners sich gänzlich ab schwächt. Bringt es doch sogar eine der linksliberalen Gruppen fertig, trotz des ausgesprochenen antimonarchischen Cha sie durch die Inangriffnahme der Wablreform und andere Maßnahmen den Willen zur rechten Bekämpfung der Miß stimmung bekundet. Aber wo begegnet man in Preußen auch nur Beweisen der Einsicht, daß regierungsseitig etwas geschehen müsse, um dem redlichen Streben bürger- üchen Kreise und Organe zur Beseitigung der Mißstimmung zu Hülfe zu kommen? Man sehe nur die „Berliner Korrespondenz" an, die auf Miquels Veranlassung ge- schaffen worden ist, um der Regierung Gelegenheit zur Auf klärung der Massen über die Absichten des Ministeriums zu geben und falsche Auffassungen im Keime zu ersticken. Man kann sich kaum etwas Oederes denken, als diese Korrespondenz in einer Zeit, in der die Ueberwindung der sozialdemo kratischen Bewegung als die „weitaus wichtigste Aufgabe unserer inneren Politik" bezeichnet wird. Wird das nicht anders, geht nicht Preußen mit gutem Beispiele insofern voran, daß eS durch Aufklärung über auffällige behördliche Maßnahmen und durch den Nachweis stetigen Strebens nach Beseitigung von Mißständen der Unzufriedenheit den Boden zu entziehen sucht, so kann sich das Bürgertum im Leibe zer reißen, ohne die (Strömung Hervorrufen zu können, die „eine entsprechende Aktion der Regierung zu tragen vermag". Die Freisinnige Bereinigung ist, wie der Verlauf ihres am Sonnabend und am Sonntag abgehaltenen Parteitages beweist, für eine Aktion gegen die Sozialdemokratie nicht zu haben. Sie fühlt sich zwar durch „prinzipielle Gegensätze" von der Umsturzpartci ge trennt, gibt aber, da sie trotz des nationalsozialen Zuzugs aus eigner Kraft den Wahlsieg nicht erringen zu können sich bewußt ist, ihren Parteifreunden im Lande anheim, eine Verständigung auch mit der Sozialdemokratie zu suchen und „unter Berück sichtigung der lokalen Verhältnisse und auf Grund des bei den Urwahlen zutage tretenden Stärkeverhältnifses in dahin zielende Verhandlungen einzutreten." Und da nun die ^Sozialdemokraten nicht geven, ohne zu empfangen, so werden die mit Herrn ttr. Barth in Geberlaune befindlichen Partei genossen trotz ihrer „prinzipiellen Gegensätze" zur Sozial- demokratie dieser zu Mandaten verhelfen. Es fragt sich nur, wie viele der Parteigenossen dazu willig sind. Gebunden sind sie, gegen den Wunsch und die Absicht des Herrn vr.Barth, der den Sozialdemokraten gegen ihren Willen Mandate auf zudrängen riet, nicht; sie können tun, was sie wollen. In der wichtigsten Frage sind also die Herren nicht einig ge worden und mit Recht saßt die „Voss. Ztg." ihr Urteil "über den Parteitag dahin zusammen: der Parteitag hat nur dar getan, daß starke Meinungsverschiedenheiten über die Taktik bestehen, und sie werden durch die Resolution ebensowenig beseitigt werden wie diejenigen m der Sozialdemokratie durch die Resolution in Dresden. .... Aber gerade an der Be- in dem der Aar dem Könige die Vertagung der Reise tonung dieses Willens fehlt es, und an seine Stelle tritt die mitteilt. lieber diese Gründe des Aufschubs lassen ewige Mahnung an das Bürgertum! Unserer sächsischen die Petersburger Blätter keinen Zweifel. Die Regierung müssen wir allerdings zum Lobe nachsagen, daß „Nowoje Wremja" schreibt, wer die italienische Presse rakters der Sozialdemokratie und ihrer auf die Zerstörung unserer gesamten Staatsordnung gerichteten Bestrebungen ein gemein sames Vorgehen gegen die Mehrheitsparteien des preußischen Landtags zu befürworten, und liebäugeln doch auch andere, denen allerdings der von den Sozialdemokraten geforderten Kauf preis für ihre Unterstützung zu hoch ist, zu gerne mit einer solchen. Die unerläßliche Voraussetzung für eine wirksame Operation der Regierung gegen die sozialdemokratischen Bestrebungen ist daher auch noch entfernt nicht vorhanden, und diejenigen, die der Regierung zum Borwurf machen, daß sie nicht alsbald mit einer solchen die Provokation auf dem Dresdener Parteitage beantwortet habe, werden zunächst ihre Kraft darauf konzentrieren müssen, in der Volksseele eine so starke und einheit liche Strömung gegen die sozialdemokratischen Be strebungen hervorzurufen, daß sie eine entsprechende Aktion der Regierung zu tragen vermag." Fast allem, was hier ausgeführt ist, müssen wir zu stimmen, nur dem Schlußsätze nicht, der nur allzu sehr an die laue und lahme Erklärung erinnert, in der der Minister v. Hammerstein jüngst in Erfurt dem Bürgertum allein die Pflicht zuschob, die Mittel und Wege zur Abschüttelung der sozialdemokratischen Gesellschaft zu juchen. Wir sind ge wiß die letzten, welche die Pflicht des Bürgertums verkennen, aber eS ist uns auch sonnenklar, daß das Burgertum, das den jetzigen Reichstag gewählt hat, trotz des sozialdemokratischen Parteitages in Dresden, allein nicht die Kraft und die Ein sicht besitzt, die sozialdemokratische Bewegung zu überwinden oder auch nur „in der Volksseele eine so starke und ein heitliche Strömung gegen die sozialdemokratischen Be strebungen hervorzurufen, daß sie eine entsprechende Aktion der Regierung zu tragen vermag". Eine solche Strömung bervorzurusen, sind allein die Regierungen im stände. Mit dem jetzigen Reichstage, das ist ihnen klar, ist irgend ein Gesetz zur Eindämmung sozialdemokratischen Bewegung nicht zu stände zu brmAen. Sce müssen daher darauf denken, eine Situation zu schaffen, in der eine etwa nötig werdende Auflösung deS jetzigen Reichstags Aussicht auf die Wahl eines besseren bietet. Eine solche Aussicht kann aber nur dann entstehen, wenn den sozialdemokratischen Agitatoren die Möglichkeit entzogen wird, die in weiten bürgerlichen Kreisen herrschende Miß stimmung für ihre Zwecke auszunutzen. Und daß diese Mißstimmung zum größten Teile auf falsche Maßnahmen derReaierungen oder auf deren Gleichgültigkeit gegen herr schende Mißstände zurückzuführen ist, braucht nicht wieder holt zu werden. Oder meinen die Inspiratoren der „Berl. Polit. Nachr." wirklich, die Soldatenmißhandlungen, die Verärgerung der Unterbeamten und jene zahllosen behördlichen Mißgriffe, die vor den Reichtagswahlen von der sozialdemokratischen Presse ausgebeutet wurden, trügen nicht die Hauptschuld an der erschreckenden Masse von „Mit läufern", welche die sozialdemokratischen Wahlsiege erkämpfen halfen? Dann freilich wäre jede Aussicht aus eine erfolg reiche Bekämpfung der sozialdemokratischen Gefahr ver rammelt. Denn ganz unmöglich kann das Bürgertum die in seinen Reihen eingerissene Mißstimmung über behördliche Mißgriffe überwinden, wenn nicht von Seiten der Regierungen ganz energisch der Wille betont wird, Wandel zu schaffen. Berfchicbnng des Zarenbesuches in Rom. .Die „Agenzia Stefani" meldet aus Darmstadt: Laut amtlicher Mitteilung müsse der Zar aus Gründen, die von seinem Willen unab- hängig sind, den Besuch des italienischen Hofes ver schieben. Gestern vormittag ist der erste Flügel- adjntant des Kaisers, Fürst Dolgoruky, im königlichen Jagdschlösse San Roffore mit einem Briefe eingctroffen, lieber diese Gründe des Aufschubs lassen in der letzten Zeit verfolgt habe, wundere sich nicht weiter über den allerhöchsten Entschluß. Bei dem erwarteten Gegenbesuch des Zaren sei von den Anhängern des Sozialismus und der republikanischen Partei eine feindliche Manifestation bei der Begrüßung beabsichtigt, die Sozialisten im Parlament hätten schon lange dafür geeifert, obwohl die Besonnenen in den freien Parteien dies Vorgehen verurteilt und energisch dagegen protestiert hätten. Der Aufschub des Besuches finde lediglich hierin seinen Grund. Die Beziehungen beider Herrscherhäuser seien dieselben herzlichen, und es sei keine Störung in diesen Beziehungen vorgekommen. Doch scheine ein Teil des italienischen Volkes die ein - fach st en Regeln der Gastfreundschaft ver gess ew zu haben zum Schaden der ganzen Nation. „Nowosti" äußert sich in demselben Sinne und erinnert daran, daß das italienische Herrscherhaus unlängst selbst durch die Sozialisten furchtbar gelitten habe. Die Ansicht der „Petersburgskija Wjedomosti" deckt sich mit den beiden obigen. Auch italienische Blätter sehen in den beab sichtigten Manifestationen -en Grund für den Aufschub des Besuches. Das „Giornale d'Jtalia" macht der Regie rung heftige Vorwürfe, weil sie nicht energisch gegen die Umtriebe der Sozialisten vorgegangen sei, die die Reise des Kaisers verhindert hätten. Aus Paris wird dem Blatte gemeldet, daß der Besuch des russischen Kaisers vielleicht später in Racconigi oder an einem anderen ruhigen Orte stattfinden werde. — Der „Tribuna" zu folge ist in dem Schreiben, das der Flügeladjutant des Kaisers, Fürst Dolgoruky, dem Könige nach San Roffore überbrachte, der Zeitpunkt für den Besuch des russischen Kaisers festgesetzt. Andere italienische Blätter tun fast verletzt durch die „übertriebene" Acngstlichkeit der russischen Polizei. Man berichtet uns: * Rom, 12. Oktober. Die Nachricht von der Verschiebung der Reise des Zaren rief einen großenEindruckhervor. Tie „Tribuns" führt an», wenn die russische Polizei gut unterrichtet sei, dürfe fie nicht behaupten, daß die Person des Zaren in Italien weniger geschützt werden könnte, oder eine größere Gefahr laufe, als anderswo. Das Blatt erinnert daran, daß es der Zar bei seiner letzten Reise nach Frankreich nicht für opportun hielt, nach Paris zu gehen und bei seinem jüngsten Aufenthalt in Oesterreich Wien nicht betrat, wo zu gleicher Zeit zwei sozialdemokratische Proteftversamm- lungcn stattfanden. In Italien würde nichts dergleichen geschehen sein. Die italienische Regierung hätte die bündigsten Versicherungen über eine würdige und achtungsvolle Aufnahme geben können, die der Kaiser gefunden hätte. Wenn man behaupte, daß der Aufschub von einem ganz kleinen Bruchteil der äußersten Linken verschuldet wurde, denen an feindseligen Kundgebungen gelegen sei, die aber gescheitert wären, so lege man ihr eine zu große Bedeutung bei. Das Blatt hofft, daß die erschienenen Wolken bald wieder verschwinden. — „Popolo Romano" sagt, die Vertagung des Besuches könne nicht durch Gründe, an denen Italien schuld sei, verursacht sein. — „Capitan Fracassa" führt aus, die italienische Regierung traf alle erforder lichen Maßnahmen, nm die Ordnung zu wahren und die Person des Zaren zu schützen. Die gegen den Zaren gerichtete Campagne wäre erfolglos geblieben, vielmehr hätten sich 300 Vereine dem Empfangscomitö zur Verfügung gestellt, um den Kaiser mit demselben Enthusiasmus wie andere Souveräne zu empfangen. * Rom, 13. Oktober. (Telegramm.) „Jtalie" schreibt: Der Direktor der russischen Polizei sei 3 Tage in Rom ge- Fonillet-n. Das nene Modell. 11j Roman von Paul Oskar Höcker. ^erboten Er legte Marion darauf eine Unmenge Zeichnungen, Modelle und Tabellen vor, erklärte, gestikulierte und ward dabet so eifrig, wie ihn Liselotte überhaupt noch nicht gesehen. Sie verstand nichts von dem, was er ihnen explizierte. Marion aber nickte immer sehr interessiert. „Hören Sie, bester Freund, dann Haban wir ja einen vorzüglichen Schlager für die dlütomobilausstellung im nächsten Sommer in Buffalo!" „Natürlich überlasse ich die geschäftliche Ausnutzung ganz Jhreni_Herrn Gemahl, gnädige Frau", sagte er, ein klein wenig herabgcstimmt. „Aber leid tun würde mir's, wenn ich selbst keine Gelegenheit mehr hätte, den größeren Versuchen persönlich betzuwohnen." „O, das müssen Sic." Donat zuckte die Achsel. „Mein Urlaub ist Anfang Febrnar zu Ende." „Ei, dann bitten Sie darum, daß er Ihnen verlängert wird." „Das ist fast ausgeschlossen." „Aber zur Sportansstellnng im Sommer in üssen Tie Herkommen." „Für ein paar Tage würde sich's machen lassen, für länger nicht." „Auch wenn ich Sie herzlich bitte?" Marion hatte ihm ihre schlanke, warme, nervöse Hand hingchaltcn. Er beugte sich darauf nieder, um sie zu küssen. „Sie machen mir's allerdings schwer", sagte er in etwas verändertem Tone — ein wenig unsicher, wie es Liselotte erscheinen wollte. Man hörte ans dem Hofe die Stimme Capitauts. Lebhaft, innncr im Bann icimer Geschäfte, immer au? der Jagd hinter irgend einer Spekulation her, war er den Nachmittag über in der Stadt beschäftigt gewesen. „O, Damenbesuch!" rief er in seiner stets verbindlichen und galanten Manier. Tie Unterhaltung ward von da an französisch geführt. Marion teilte ihrem Manne gleich die frohe Botschaft mit, daß Donat erklärt habe, mit seinem Versuche daö erste glückliche Resultat erreicht zu haben. Sofort war Cavitant mitten drin im Technischen. Donat wunderte sich, daß Cavitant über vieles, was er ihm vorführen wollte, bereits unterrichtet war. Capitant machte aber gar kein Hehl daraus, daß er nach Fabrik schluß oft noch in der Werkstatt geweilt hatte und daß ihm da — ganz zufällig — dies und jenes von Donats Modell stücken unter die Kinger geraten war. „Also, ineine Herrschaften", sagte Donat, „ich vermache das Modell hiermit feierlichst der Firma Capitant. — Oder nein, meiner gütigen Protektorin." Er hatte sich dabei nach den Damen umgewandt. Es war noch gar nicht ent schieden, welche der beiden Schwestern er bezeichnen wollte, aber Marion gab ihm schon gnädig lächelnd die Hand. „Ich kanns schon kaum erwarten, bis die Firma Capi tant das hundertste Modell verkauft hat", ließ sich der Fabrikant vernehmen, während ein, flottes Lächeln Aber seine immer unruhigen und nervösen Züge glitt. „Hundert Modelle — jedes zu etwa 40 000 Francs — das klingt wie ein Märchen!" sagte Marion ausatmend. «Was würden Sie bloß mit all dem Gelbe anfangen?" fragte Donat, auf den scherzenden Don eingehend. „Ich glaube, ich würde unter Umständen einen Teil meiner Schulden bezahlen", warf George Capitant trocken ein. „Und Sie, mein« Gnädige?" Marions Augen glänzten. „Es schwebt mir so etwas wie eine weiße Lustiackt vor." „Wie sie Baronin Rothschild auf dem Genfer See be sitzt?" stimmte Capitant zu. „O. das wäre auch mein Ge schmack." „Und Brillanten", fuhr Marion fort, der es eine fast kindlich« Krelvde bereitete, sich in derlei Träumereien zu verlieren, „viel, viel Brillanten — und eine schmucke Billa!" „Ja, eine Billa in Trouville", rief Capitant lebhaft. „O n«in, nicht in Trouville", sagte Marion, „da gehen unsere Neigungen wieder einmal ausfallend auseinander. Sie dürste nicht weiter von Paris entfernt sein, als etwa Fontainebleau." So ging das Wünscheäußern noch ein Weilchen in flot ter Weise sort. Liselotte beteiligt« sich nicht daran. Sie besaß einfach die Leichtigkeit nicht, sich so vom Augenblick abhängig zu macken, wie Marion es konnte, je nachdem die Debatte sich gestaltete. Und es lag für sic eine gewisse Ironie in der ganzen Situation. Die Seele des erhofften großen Erfolges, der ingeniöse Donat, stand behaglich lächelnd dabei und lieb das Paar den erhofften großen Gewinn seiner Arbeit bereits mit vollen Händen zum Fenst«r hinauswerfen. In seinem blauen Arbeitskittel wirkte er so schlicht wie etwa ein deutscher Werkführer. George Capitant spielte ihm gegenüber den eleganten Pariser, den Weltmann, der «s nicht nötig hatte, anders zu arbeiten, als mittels seines Spekulationstalents. Sie wußte, daß Donat während seiner praktischen Versuche sich nicht gescheut hatt«, selbst mit Hand anzulegen. Man sah es sogar seinen etwas -erarbeiteten Fingern an. Sie hätte es früher nie für möglich gehalten, daß ein deutscher Offizier sich ohne Zwang zu einer solchen Tätigkeit her beilassen könnte. Capitant, der sich nur selten, und dann höchstens für einen kurzen Augenblick, irgend welchen Phantastereien hingab, machte der Unterhaltung ein Ende. „Es ist spät, meine Herrschaften", sagte er, nach der Uhr sehend. „Ich schlage vor. daß wir jetzt schleunigst nach Hause zurückkehrcn. Die Dinerzeit ist so wie so schon über- schritten. Marion verstand den Blick, den ihr Gatte ihr dabei zu warf. „Ich darf Sie doch bitten, lieber Herr Donat", lud sie den jungen Deutschen ein. «an unserem Diner teilzu nehmen?" „Sie müssen allerdings gestatten, -aß ich erst rasch Toilette mache. Ich bin in spätestens ein«r halben Stunde bei Ihnen»." _ „Nein, wir warten draußen auf Sie, lieber Freund , sagte Marion. „Wir bringen Sie gleich in der Charrette mit heim — gewissermaßen im Driumph." „Sie verwöhnen mich", wandte Donat ein. „Ei, wir müssen Sie dock feiern", gab Marion gut gelaunt zurück, „wo Sie heute unter Umständen den Grundstock zu unseren künftigen Millionen gelegt haben. Sie traten auf den Fabrikhof hinaus, während Donat sich nach den Bureanx verfügte, wo er sich in CapitantS Toilcttenzimmer zum AuSaeben bereit macht«. „Ein ganz originelles Kerlchen, findet ihr nicht?" ließ sich Marion, als sie allein waren, vernehmen. „Sehr ingeniös", lobte Capitant zerstreut. Er war in Gedanken sckon wieder mitten in seinen Geschäften. Das neue System, das ihm der deutsch« Volontär da vor- g«führt hatte, erschien ihm ist seiner Einfachheit so gemal, daß er sich in allem Ernst einen ganz bedeutenden Auf- schwung seiner Fabrik von dessen Ausarbeitung versprach. Schwierigkeiten bereiteten ihm im Augenblick aber mehrere finanzielle Fraaen. „Weißt du, Marion", sagte er plötzlich halblaut zu seiner Frau, „nach Tisch, wenn man den Kaffee und die Liköre bringt, könnt ihr mich mit Mr. Donat für ein paar Cigarettcnlänqen allein lassen. Natürlich müssen wir nun in ein bestimmtes Äontraktverhältnis miteinander ein treten. Das ergibt sich am besten und zwanglosesten nach einem guten Diner." Marion nickte bloß leichthin. Dann schlang sie den Arm um den Nacken der Schwester. „Nun, kleine Liselotte, und du bist ja so still? Was hast du? Bist du mir noch böse, he?" Liselotte war so unbefriedigt, so zerquält — und gleich zeitig so erregt in allen Nerven — daß sie ihr nicht ant worten konnte. Marion pätschette die Hand ihrer Schwester. „Nun Liebchen, so beruhige dick dock. Wenn du nicht mehr im Automobil mitfahren willst, so verpflichte ich mich mit zehn heiligen Eiden, dich nie wieder dazu zu veranlassen. Bist du noch immer nicht zufrieden?" ,Mch — das ist es ja gar nicht", sagte Liselotte aus weichend. „Also was ist es sonst?" Plötzlich sah ihr Marion voll ins Gesicht, fast erschrocken. „He, du. Mädel, am Ende hast du Heimweh?!" Es gab eine klein« Pause. Liselottens Brust hob und senkte sich hastiger. Sie wandte sich von Marion ab. „Ja, vielleicht ist es Heimweh", kam es endlich leise, fast tonlos von ihren Livven. Capitant wollte durchaus wissen, was Liselotte ge. sagt hatte. Im Begriff, es ihm ins Französische zu übersetzen, stockte Marion. „Ah, seltsam", sagte sie voll Verwunderung, „das ist aber wirklich das Originellste, was mir noch je aus gefallen ist." „Was ist denn nur?" fragte Capitant. „Ei, es gibt im Französischen überhaupt kein Wort, um die Seclenstimmung zu bezeichnen, unter der unsere kleine Liselotte leidet." Er riet bin und her. Da er selbst nur wenig Deutsch verstand, wirkten seine Wortvcrdrehungcn so komisch, daß Marion hell auslachte. Da stieß Donat dazu. Er befand sich jetzt in einem eleganten Civilanzugc, der ihn ausgezeichnet kleidete. Im offenen, seidegcsütterten Paletot, mit den tadellosen
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