Delete Search...
Wilsdruffer Tageblatt : 16.10.1934
- Erscheinungsdatum
- 1934-10-16
- Sprache
- German
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193410166
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19341016
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19341016
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWilsdruffer Tageblatt
- Jahr1934
- Monat1934-10
- Tag1934-10-16
- Monat1934-10
- Jahr1934
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 16.10.1934
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
MlsdmfferTageblatl Nationale Tageszeitung für (andwirtschast und p »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. Haus, bei Postbcstellung 1.8t) RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Poft- °vten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle, nehmen zu Derzeit Bestellungen ent- W0cyenvlatt für Wllsdruff u. Umgeaend gegen. Im Falle höherer ^walt,Krieg od. sonstiger » —— — Betriebsstörungen besteht Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 nlilchl. wenn d-r Beira, durch Klag- ciag-zagen werde». mak -der- der AuNragg-be- gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist dos zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtsyauptmannschast Meißen, des StadL- rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt' Nr. 243 — 93. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 16. Oktober 1934 Vas knüe eines veulsckenkassers Oer Mann des Weltkrieges und des Ruhreinbruchs. „Poincare — das ist der Krieg", hatte dei «Tiger" Clemenceau ausgerufen, als 1913 der erf im Jahre zuvor Ministerpräsident gewordene Raymond Poincarä von^der politischen Rechten und der Mitt! der gesamten französischen Volksvertretung, vom Senm und der Deputiertenkammer, zum Staatspräsiden- t e n gewählt wurde. Und was Clemenceau ausgesprochen hatte, wurde knapp anderthalb Jahre später zur grauen vollsten Wahrheit. Aber Clemenceau hatte noch mehi sagen wollen: Mit Poincarä nahm den höchsten Staats sitz in Frankreich der Mann ein, der mit am stärksten die Idee der kriegerischen Revanche verkörperte. Der Zehnjährige hatte es erlebt, wie 1870 sein Heimatdorf B ar-le-Ducin Französisch-Lothringen von den siegreichen deutschen Truppen durchflutet wurde, und der Schulknabe schon mag mit größtem Nachdruck daraus bingewiesen worden sein, daß 57 Jahre zuvor bereits einmal die „Preußen" eine „Invasion" nach Frankreich gemacht hatten, aus Bar-le-Duc aber einer der besten Generale Napoleons, Oudinot, stammte. Das für die Lothringer häufig in Frankreich gebrauchte Spottwort „Querkopf" paßte charakterlich auf den Staatsmann PoincarS, den schon eine Namensähnlichkeit mit jenem Wort (,Ms earrss") verband. Er, der 1871 zum Grenz bewohner wurde, hat aus seiner tiefsten Feind schaft gegen den siegreichen Gegner von damals nie ein Hehl gemacht, auch dann nicht, als dieser Gegner sieglos am Boden lag und PoincarS durch seinen Krieg an sein, und damit Frankreichs Ziel gekommen war. Ge rade dann er st recht nicht! Aus dem PoincarS der Revanche aber wurde ein PoincarS, der den nieder geworfenen, aus tausend Wunden blutenden Feind, auch am Boden halten wollte. Die uralte Idee der „natür lichen Grenzen Frankreichs" hoffte er, am Rhein zum Ziel und zur Erfüllung geführt zu haben. Poinca- rismus — das ist für uns Deutsche ein Begriff ge worden vor dem blutigen Hintergrund des Nuhreinbruchs und des rheinischen Separatismus, dessen Sieg übrigens Poincars in der Deputiertenkammer ein bißchen zu früh verkündet hatte! Und seine Politik der Forderung von „positiven Pfändern", von „Sanktionen" und „Garan tien" gegenüber Deutschland war nichts anderes als das Streben, die 1919 errungene Hegemonie Frankreichs auf einem Fundament stärkster Waffengewalt zu erhalten und bewahren. Wäre es nach^jhm gegangen, so hätten die Franzosen das Rheinland nie aufg'egeben; immer wieder erklärte Poincarä, daß die Räumungsfristen des Ver sailler Diktats „überhaupt noch nicht zu laufen begonnen" hätten. „Gründe" — um so etwas war dieser überschlane Advokat auch als Politiker so wenig in seinem Leben wie in seinen viel- und dickbändigen „Erinnerungen" jemals verlegen! Als erster Leiter der Reparationskommifsion seligen Angedenkens hatte Poincarä die Macht der Ent scheidung ja auch über'diese „Gründe" selbst in den eigenen Händen, war Ankläger, Zeuge und Richter zugleich. Ein eigenartiges Schicksal wollte es. daß er nun io schnell seinem damaligen Nachfolger, Barthou, ins Grab hat folgen müssen. Aber es hieße dem französischen Staatsmann Poincarä nicht gerecht werden, wenn man ihn nur nach seiner Außenpolitik beurteilen wollte. Er hat vielmehr sein Land vor dem Sturz in den Ab grund derInflation gerettet, nachdem dabei die Linke Unter Herriot völlig versagt hatte. Aus eigener Finanz- und Wirtschaftskraft hat Poincarä für Frankreich die Währung derart stabilisiert, daß dieses Land schließlich auch ein Riesenmagazin von „goldenen Kugeln" errichten konnte. Auch das hat Frankreich seinem dama ligen, jetzt dahingeschiedenen Ministerpräsidenten Poincarä zu verdanken, und was mag er dabei gedacht haben, als ihm für diese Rettung der französischen Währung der — deutsche Außenminister Stresemann durch Briand eine große Kreditstütze anbot! Poincarä sollte den Franc auf den deutschen Kriegstributen stabilisieren, - - er hat das deutsche, aus einem geradezu perversen Pazifismus kommende Angebot Stresemanns einfach nicht beantwortet! Dafür schuf er aber als erster nach dem Kriege das «Kabinett der nationalen Einigung", und sein Name wurde im Frühjahr 1934 wieder genannt, als die hoch gehenden innerpolitischen Wirren ein Regieren über den Parteien verlangten. Gewiß, Frankreich hat einen seiner Besten verloren, aber es wäre für uns Deutsche unwürdig, jetzt etwa nicht lagen zu sollen, daß uns trotzdem Poincarä immer bleiben wird: der Mann des Weltkrieges und des Nuhreinbruchs. Dr. Pr. poincares Tod. Der frühere französische Ministerpräsident und Staatspräsident Raymond P o i n c a rä ist am Mon tag um 3.30 Uhr in seiner Pariser Wohnung plötzlich ge- storbew Poincarä hat ein Alter von 74 Jähren erreicht. * Raymond Poincarä, ehemaliger Minister präsident und Präsident der Republik, war vor einigen Tagen von seinem Landsitz Sampigny in Paris ein- getrofsen und wollte hier seine schriftstellerischen Arbeiten weiterführen. Kurz nach seiner Ankunft mußte er sich legen. Es waren zunächst Gerüchte verbreitet, daß sein Befinden zur Beunruhigung keinen Anlaß gebe. Montag früh traf die Nachricht ein, daß er plötzlich ge storben ist. Poincarä -j-. Der'Verstorbene war am 20. August 1860 geboren. Er ist wohl derjenige französische Staatsmann gewesen, der nicht nur die glänzendste, sondern auch die schnellste Karriere der politischen Laufbahn gemacht hat, die ein Politiker überhaupt machen kann. In dem jugendlichen Alter von 33 Jahren Unterrichts minister, kann er für sich das Recht in Anspruch nehmen, der jüngste Minister Frankreichs gewesen zu sein. Im Jahre 1913 wurde Poincarä zum Präsidenten der Republik gewählt und übernahm nach Ablauf der siebenjährigen Periode die Führung der Regie rung, die er bis 1924 in den Händen behielt. Seit 1926 gehörte Poincarä den Kabinetten entweder als Ministerpräsident oder als Finanzminister an und gab die Führung erst endgültig ab, als ein schweres Leiden ihn Mitte 1929 dazu zwang, sich einem operativen Ein griff zu unterziehen. Als seine beiden hauptsächlichsten Werke können angesehen werden „Die Ursprünge des Krieges" und „Politische Geschichten", die er während der kurzen Pausen schrieb, in denen er von den Lasten der Staatsgeschäfte entbunden war. Frankreich verdankt dem verstorbenen Staatsmann in erster Linie die Wiederherstellung seiner Finanzen, .die er durch die Franc-Stabilisierung im Jahre 1926 ermöglichte. Pierre Laval, ein aller Bekannter. Nächst den Franzosen geht es uns Deutsche am meisten an, wenn der französische Staatspräsident einen neuen Außenminister beruft. Der aus Mittelfrankreich stammende Nachfolger Barthous, Pierre Laval, mehrfacher Minister und Ministerpräsident, unterscheidet sich in einem sehr wesentlichen Moment von seinen Kollegen: er war der erste französische Staatsmann, der nach dem Kriege als Ministerpräsident (27. Januar 1931 bis 16. Februar 1932) zusammen mit seinem damaligen Außenminister Briand die in der ganzen Welt als Sensation ersten Ranges hingestellte Reise nach Berlin am 27. September 1931 unternahm, um mit dem damaligen Reichskanzler Brüning weniger politische als wirtschaftliche Fragen in persönlicher Aussprache zu behandeln. Es ist nichts dabei herausgekommen, was für Deutschland eine fühlbare Erleichterung feiner wirtschaft lichen Atemnot bedeutet hätte. Eins aber hat der neue Außenminister mit seinem Vorgänger gemeinsam: den Drang nach absoluter Selbständigkeit des Handelns. Louis Barthou hatte auf Grund besonderer Vollmachten einen solchen Grad von Ellbogenfreiheit erreicht, daß er erst unmittelbar vor dem Abschluß des Paktes mit Moskau von dem Ministervräsidenten Doumergue gelegentlich einer Besprechung in Rambouillet „zurückgepffffen* und ihm die freie Verfügungsgewalt gegenüber Sowjetruß land stark beschnitten wurde. Und Pierre Laval wurde schon im Frühjahr 1931 dafür bekannt, daß er feinen Außenminister Briand mehr und mehr zum lediglich ausführenden Organ seiner eigenen Initiative machte. Dieses erste Kabinett Laval betrieb gegen die im Januar 1931 verkündete deutsch-österreichische Zollunion einen völlig bedenkenlosen Kampf, der schließlich in Briands Genfer Wort gipfelte: „lls ns Is psrmsts pas — ich er laube es nicht!" Die Tendenz Lavals zur Selbständigkeit in der Außenpolitik wurde später noch dadurch auffallend unter strichen, daß er bei seiner Reise nach Washington, wo er über die Schuldenfrage verhandeln wollte, seinen Außenminister überhaupt nicht mitnahm. Und auch das war nur das Vorspiel zu dem offenen Bruch mit dem greisen Briand, ein Bruch, der sich in einer schon fast beleidigenden Form vollzog: Am 12. Ja nuar 1932 gab Laval den Rücktritt seines gesamten Kabi netts bekannt, .und schon zwei Tage später — etwas in Frankreich noch nicht Dagewesenes — stellte er sich der Kammer mit seiner „neuen" Regierung vor, in der Briand fehlte. Der „Regierungswechsel" war von Laval einzig und allein zu dem Zweck vorgenommen worden, den Alten loszuwerden und nun selbst das Außenministerium zu übernehmen. In diesem zweiten Kabinett Laval war einer der konsequentesten Deutschlandhasser Kriegs minister: Andrä Tardieu, der eigentliche Vater des Wortlautes des Versailler Diktats. In der damaligen Regierungserklärung Lavals, einer Drohrede im Stil Poincarös, stand u. a. der böse Satz: „Wir werden uns das Recht auf Reparationen niemals nehmen lassen." Schon einen Monat später, am 16. Februar 1932, stürzte die zweite Regierung Laval; der Senat hatte sich seiner Forderung nach Zurückstellung der Erörterung der poli tischen Lage nicht gefügt. Das Kabinett Tardieu folgte, in dem Laval den einflußlosen Posten des Arbeits ministers übernahm. Laval entstammt nicht der Generation der haßerfüllten Greise, er ist heute 51 Jahre alt. Aber es wäre falsch, sich über seine Politik Illusionen zu machen. Die Londoner „Times" hat recht, wenn sie schreibt, Laval übernehme sein Amt „in einem Augenblick, in dem Frankreichs Beziehun gen zu den Nachbarn einen besondersheiklenAb- schnitt erreicht haben; er übernimmt es in einer Um welt des Mißtrauens". Wir Deutschen kennen ihn — es wird sich zeigen, ob er seit dem Januar 1931 zu gelernt hat. P. A. R. Lemery wir- Lustizminister Ministerpräsident Doumergue hat am Montagnach, mittag dem Präsidenten der Französischen Republik eine Verordnung zur Unterschrift vorgelegt, durch die Senatoi Lemery an Stelle des Senators Cheron zum Justizministc, ernannt wird. Der neue Justizminister gehört der radikalsozialisti schen Senatsgruppe an. Er kommt von den „Französischen Sozialisten", die sich von den internationalen Sozialismen unterscheiden. Lemery ist seiner politischen Ueberzeugung nach ein Vertreter der Senatsmehrheit, die in der radi- kalsozialistischen Gruppe zusammengefaßt ist. Jnnerpoli- tisch ist er gemäßigt links eingestellt; in sozialen Fragen denkt er konservativ, und außenpolitisch huldigt er einem unnachgiebigen Nationalismus. Senator Lemery, der im 60. Lebensjahr steht, ist Vizepräsident des Auswärtigen Ausschusses im Senat. Er gehört zu den regelmäßigen Mitarbeitern der nationalistischen Zeitung „Libertä", ein Blatt, das sich durch besonders scharfen Ton gegen Deutsch, land hervortut. Wachsende südslawische Erbitterung gegen Frankreich. Die Nachricht, daß der Präsident der französischen Republik, Lebrun, an den Beisetzungsfeierlichkeiten des Königs Alexander teilnehmen werde, ist in Belgrad ohne Kommentar ausgenommen worden. In politischen Kreisen faßt man den Besuch Lebruns dahin auf, daß Frankreich mit allen Mitteln bestrebt sei, den verheerenden Eindruck wiedergutzumachen, den die unzulänglichen Schutzmaßnahmen der französischen Polizei in Südslawien ausgelöst hatten. Die Belgrader Verstim mung gegenüber Frankreich ist allmählich in eine Er bitterung übergegangen, zumal bekannt wurde, daß König Alexander zu seinem Schutze 40 Agenien der Belgrader Polizei nach Paris mitnehmen wollte. Dis französischen Behörden hätten ihn jedoch von dieser Ab sicht mit der Versicherung abgebracht, daß sie alle Vor sichtsmaßnahmen getroffen hätten. In Belgrad hat sich die Überzeugung eingewurzelt, daß der König noch am Leben wäre, wenn ihn die füdslawischen Agenten wirklich begleitet hätten.
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview