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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.01.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-01-27
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120127020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912012702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912012702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1912
- Monat1912-01
- Tag1912-01-27
- Monat1912-01
- Jahr1912
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Bezug-Preis lü» L«ip»ta und Voeokt« durch «nler» Träaer und Evedtteure Lmal täaltch in» hau» gebracht »t PI. monatt., r.7U Ml. »ierteljädri. Bei unlern Filialen u. Un» uabmesteÜen abaebolt 7S Vs. monatig r.»Mk. oiertelsährl. Lurch die v'it: innerhalb Deutlchland, und der deutschen Kolonien oterteljährl. ».«U Ml., monatl. 1.S>Mk. aurschl. Postdeltellaeld Ferner in Belgien, Dänemark, den Donaustoaten, Italien, ^uremdurg, Niederlande, ükor- wrgen. Oesterreich»Ungarn, Nutzland, Schweden, Schwei» u^ Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch die tbeichäft»slell« de» Blatte» erhältlich. Da» Ueipiiger Tageblatt «rlcheint Lmal täglich. Sonn» u. Feiertag» nur morgen». Abonnem»nt»«!Ünnahme 2»h»aai»,»II« 8, der unteren Trägern, Filialen. Spediteuren und Annatzmeftellen, sowie Poilämtern und Bttesträgern. kktai,lo«rka«s»pret» 10 Ps. Ur. 49. Abend-Ausgabe MipngtrTlRkblM Sonnsvenü, üen 27. Isnusr 1S12 . f 148SL M-chtanschluI» ^L^chch».^. ... f l4«S2 ,Nacht..,chl.« «el.-Anschi.^>4vs3 Tkl.-Anschl.l I4E Ämtsvlatt des Aales und des Nokizeiarnles der Lladl Leipzig. Anzeigk» Preis für Inserate au» Uetptta und Umgebung di« llpalttge Vetttteil» »Pj dieNeName» »eil» I Vtk. von au»wärr» !iU Ps. NeName» Ml. Inteiat« von Behörden tm amt» lichen Teil die Peltttttl, it> Ps ch,Ichäst»ani»ig«n mtt Plagvvrlchrist«! tm VreU« erhöht. Rabatt nach Tarts Beilogeaedllhr Gesamt» auslag« L Ml. » Tausend »rll Postgebühr. Tetldetloge Höher. Fesiettettt» Aufträge können nicht »urück- a«»og«n werden. Für da» tkrschetnea an deftimmten Tagen und Plätzen wird lein» Garantie übernommen. Antetgen» Annahme: Sotzanniogals« 4 bei sämtlichen Filialen «. alle» Annone«»» tkrpedtttonen de» In» «Nb Auoiand«» Lruö «n» Verl«, von gische» A MOrft« Inhaber: P»»l tltztste». Nebaktton «n» Geschüftostelor Iohanniogass« L Haupt-Filinl« Der»den: Secttratze ä, i llelephon <SA4 106. Jahrgang. Die vorliegende Ausgabe umfasst 8 Leuen. Das Wichtigste. * Der Geburtstag des Deutschen Kai sers wird heute im In- und Auslande festlich begangen. (S- bes. Art. in der Beilage.) * Bon gutunterrichteter Seite erfahren wir, dag der Kaiser der feierlichen llebergabe des Böllerschlachtdenkmals beiwohnen wird. (S. Leipzig u. Umg.) * Ter Kaiser hat aus seiner Schatulle einen Geldpreis von 50000 Mark für den besten deutschen Flugzeug motor ge stiftet. (S. Sport.) * Tie Vereinbarungen zwischen Italien und Frankreich zur Beilegung des „Manuba"- Zwischenfalls werden veröffentlicht. (S. bef. Art.) > * Tie Beschlagnahme des französischen Damp fers „Tavignano" wird von der Pariser Presse lebhaft erörtert. (S. bes. Art.) * Einem Liebesroman in Engclsdorf bei Leipzig fielen zweiMenschenleben zum Opfer. (S. bes. Art.) Vie Ausüilüung -er verwastungsdeam!rn. Die großen Anforderungen, welche die moderne Entwickelung an die vielaestaltete Tätigkeit der Ver waltungsbeamten stellt, bedingen die ständige Auf. merkiamteit der maßgebenden Stellen, ob die Aus bildung der Beamten den allgemeinen Fortschritten entsprechend sich vertieft und dem praktischen Bedürf nisse genügt. Die Bemühungen, allgemeine Grund sätze zu gewinnen, an deren Hand eine umfaßende Ausbildung der werdenden Beamten gewährleistet werden kann, sind unverkennbar. Inwieweit sie von nachhaltigem Erfolge gekrönt werden, hängt alleroings von der Entwickelung der Einzelperiönlichteit ab. Wenn der jüngere Be amte Gelegenheit erhält, sich theoretisch fortzubilden, aber auch eine Anschauung von den wirklichen Ver hältnissen, von den Bedingungen des Gedeihens, dem Ziele und den Bedürfnissen wirtschaftlicher Ein richtungen zu bekommen, so können sein Gesichtskreis und seine Kenntnisse im allgemeinen erweitert werden. Aber von dem nachhaltigen Eindrücke dieser Wahrnehmungen auf ferne Persönlichkeit hängt es ab, wie er in reiferen Jahren Stellung nimmt, in denen die Bedürfnisse wirtschaftlicher An lagen mit den Anforderungen der öffentlichen Ver waltung in Widerstreit geraten und auf welchem Wege er den Ausgleich natürlicher Gegensätze zu er mitteln weiß. 2n diesem Ausgleiche liegt der Fort schritt im wirtschaftlichen Kampfe, der für die wider streitenden Anschauungen in gerechtem Abwägen des Für und Wider einen gemeinsamen Boden bereitet, Silüe Rheineck. 15) Roman von Hanna Aschenbach. „Mutter!" schrie sie außer sich, dann, sich mit übermenschlicher Gewalt zusammenraffend, preßte sie die Lippen aufeinander, wandte sich und verließ das Zimmer. Hilde starrte ihr nach, erschrocken, denn so hatte sie oas stille, sanfte Mädchen nie gesehen, und doch leuchtenden Auges. Das war das Weib in seiner schlichten aus reiner Liebe und ernster Treue ge wobenen Größe. Da durfte man wieder stolz das Haupt heben. Ein Geschlecht, das solche Streiterin nen zählte, das konnten Frauen vom Schlage Lud milla Schattenbachs nicht erniedrigen. * * * Hilde Rheineck stieg langsam die bewaldete An höhe hinan, die, einen Büchsenschuß hinter dem mütterlichen Anwesen beginnend, zu einem mit alten Buchen- und Eichenbeständen besetzten Kamm führte, der sich stundenweit, dem Lauf des Flüßchens fol gend, in di« Ferne zog. Am Sonntage trugen die Nesthausener ihre Ferertagskleider unter dem weit gespannten Blätterdom spazieren, am Werkeltag lag die grüne Wildnis in traumverlorener Einsamkeit. Nur solch emanzipiertes Wesen wie „diese Hilde" konnte es wagen, der Tradition häuslich emsiger Weiblichkeit derart Hohn zu sprechen, am gewöhn lichen Wochentage auf dem Eichenkamm spazieren zu wandeln. Die junge, selbstherrliche Dame schien aus der menschenleeren Umgebung nicht einmal ein« beschämende Lehre zu ziehen. Im Gegenteil. Sie blickte mit leuchtenden Augen und einem so recht be friedigten Aufatmen umher in der kirchcnstillen und doch von hundert heimlichen Geräuschen durch zitterten Runde. Eines Kuckucks Schrei hallte ganz fern, ganz leise — klang es nicht wirklich wie ge heimnisvolle Schicksalskunde? Ein paar verspätete Bienen summten eilfertig vorüber, ein großer, blauer Schmetterling umkreiste das schöne Mädchenhaupt mit müdem, zögerndem Flügelschlagc. Nun hob ein Specht sein einförmiges Klopfen an. Es klang mißtönig und lebensrauh in dies weltentrückte Märchenreich. Und wie er sich beeilte, der kleine Wicht, als habe er ein versäumtes Tagewerk «inzuholen, ehe die Himmelskönigin vollends zu Tale stieg. Langsam glitten ihre golde nen Schleier über den Moosteppich, di« Blumen neigten die Köpfchen, die Vögel zwitscherten hellauf ihr Abendlied, durch die Wipfel der Baumrresen zog «m feierlich Rauschen. aus dem zugleich die Blume des Vertrauens erblükst, f zu einer richtigen Führung und Unterstützung dura, f -e: Beamten. Der Entwickelung der Persönlichkeit folgend sind die Einrichtungen beschaffen, mit denen die lächsische Verwaltung stufenweise auch den wirtschaftlichen Verhältnissen sich anzupassen strebt, um eine viel seitige Beruiserziehung der Lernenden zu erreichen. Tritt aus dieser Kette aneinander gereifter Glieder das eine oder das andere nach außen stärker sichtbar hervor, so wird man sich doch hüten müssen, die j Wirksamkeit oder den scheinbaren Erfolg der einen Maßnahme stärker zu betonen gegenüber einer anderen, die weniger nach äugen hervortritt. So wird man den Wert der Einrichtung staatswirt- ichaftlicher Fortbildungskurse und Studienreisen zwar anerkennen können, aber doch nicht hinter die un schätzbare Einwirkung des Vorgesetzten aus den Untergebenen, auf die stille tägliche Arbeit von Mensch zu Mensch und den Austausch von Er fahrungen zurückstellen dürren. Aus einem Kranze von Einrichtungen, der vielseitige Möglichkeiten bietet, wird jeder nach seiner Eigenart das ihm Nächstliegende sich aneignen, und er wird, an die richtige Stelle gebracht, dann auch Gutes leisten können. Will die Art dieser Ausbildungsgelegen- heiten jeder Persönlichkeit gerecht zu werden ver suchen, so darf sie sich doch nicht jo weit in Einzel heiten verlieren, daß die Einheitlichkeit der Aus bildung auf gemeinsamer Grundlage gefährdet werden könnte. Darum hält die sächsische Verwal tung besonders aut oas Vorhandensein vieler ver schiedener Wege, die zu dem gemeinsamen Ziele, der harmonischen Ausbildung des Beamten, führen können, und möchte deren keines missen, Las sich auch nur einigermaßen bewährt hat. Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, wie bereits der Eintritt des Beamten in den Verwaltungs dienst ihn allmählich von der einfacheren zu der schwierigeren Aufgabe führt, wie die Anleitung des Vorgesetzten ihn in viele Wissensgebiete einführt und ihm Gelegenheit bietet, in unmittelbare Berührung mit den verschiedenen Kreisen der Bevölkerung zu gelangen, aus deren Jnteressenkreis sich einst der Grad seiner Einwirkung aufvauen soll. So fertigen bereits Referendare und Assessoren kleinere Arbeiten volkswirtschaftlichen Inhalts an, die von eigenen Wahrnehmungen auf einem be grenzten Gebiete auszugehen haben. So sollen seit dem Jahre 1909 die Assessoren der Verwaltung in dustrielle, Handels-, kleingewerbliche, tand- und forstwirtschaftliche und sonstige Betriebe unter Führung ihrerLeiler studieren und ihre Beobachtungen earstellen. Aus dieser Tätigkeit sind bereits gute Arbeiten hervorgegangen, welche zeigen, daß die Betriebe mit offenem Auge besichtigt wurden, und die Belehrungen ihrer Leiter von nachhaltigem Ein drücke auf die jungen Beamten gewesen sind. Ein neuer Abschnitt der Fortbildung für die be reits in den Staatsdienst aufgenommenen jüngeren Verwaltungs- und Justizbeamten setzte danach erst malig im Jahre 1910 mit den Fortbildungskursen an der Technischen Hochschule in Dresden ein. die seitdem alljährlich dank der ständigen Bewilligung staatlicher Mittel durchgeführt und ausgebaut wor den sind. Das Thema bes Lehrgangs wechselt von Jahr zu Jahr, betont die technische Entwicklung ent sprechend der gesteigerten Bedeutung der Technik, ohne die volkswirtschaftlichen Wirkungen zu ver nachlässigen. Suchten die beiden ersten technischen Lehrgänge von 1910 und 1911 vorzugsweise der in dustriellen Entwicklung zu folgen, so ist für 1912 eine technisch-landwirtschaftliche Vortrags- und- Besichti- gunrsfolge für den II . technisch-wütsa aftlichen Lehr gang für höhere Verwaltung«- und Iustizbeanfte ausgegeben worden. Mit den alljährlich wiederkehrenden dreiwöchigen Lehrgängen wird ein doppelter Zweck verfolgt: Dem jungen Beamten soll aus einmal aus technischen und votksiwrtschaftlichen Gebieten neues Wissen ver mittelt werden, das er in «einer bisherigen Aus bildung — nebenbei bemerkt, lediglich die notwendige Kehrseite ihrer Vorzüge — nur unvollkommen hat erwerben können, aber bei der heutigen Vielgestaltig keit unserer gesamten Lebensbeziehungen dringend braucht. Sodann kommt ein allgemeiner Zweck in Betracht. Die Lehrgänge sollen ein festeres Band knüpfen helfen vom Amt zum Leben und damit vertrauens volle Beziehungen schaffen zwischen den Beamten und den Volksweisen, am deren Wohl sein Schaffen zielt. Es gilt in dem Beamten die Erkenntnis zu näbren, daß bloße Wissensanwendung 10t und nur die „Fülle der Gesichte" lebendig ist. Die planmäßige Durch führung der Aufgabe ist nicht leicht. Aber gelingt sie, dann liegen nicht nur der Nutzen für den ein zelnen Beamten, wildern auch Vorteile tür Ver- waltungstätiotcit und Rechtsprechung überhaupt und damit eine Förderung des Stautswohles und des ganzen Bildungsrvcsens unseres Vaterlandes aus der Hand. Dem doppelten Zwecke der Lehrgänge ent sprechen die Grundlagen, worauf sie gebaut sind und stetig vervollkommnet werden sollen. Mit dieser besonderen sächsischen Einrichtung ist jedoch die Fortbildung des Verwaltungsbeamten noch nicht abgeschlossen. Hat er sich m die heimischen Verr ältnisse eingearbeitet, so muß es für den reiferen Verwaltungsbeamten von Vofteic sein, nicht nur die Fortschritte der Wissenschaft von neuen Gesichts punkten aus und von neuen Lehrkräften dargestellt zu erhalten, sondern auch die Einrichtunaen anderer Staaten kennen zu lernen. Dort kann er wiederuin Erfahrungen sammeln, den Gesichtskreis erweitern, Vergleiche ziehen und im Umgänge mit Beamten und Lernenden anderer Staaten Beobachtungen aus- tauchen. Diese Auffrischung wird von den schon längere Zeit in der Praxis stehenden reiferen Be amten sehr dankbar empfunden und erweist sich gteichialls als förderlich. Daher gehört es zu einer ständig geworrenen Einrichtung, sachnsche Beamte zu auswärtigen Höheren staatswissennhaftlstchen Fort bildungskursen zu senden, wie sie in Berlin, Frank furt a. M, Köln a. Rh., Mannheim, Hannover und Göttingen stattfinden. Zu diesen Kursen sind seit 1904 bereits über 50 ältere Beamte nach und nach abgeordnet worden. Die Sorgfalt, welche der Aus bildung der höheren Beamtenschaft Sachsens hiernach fortdauernd gewidmet wird, ohne die Interessen anderer Kreise zu beeinträchtigen, läßt die Hoffnung rege werden, daß die sächsnche Verwaltung ihren guten Rur unbefangener Auffassung sich erhalten und im Vertrauen der Bevölkerung durch gute Leistungen festwurzeln kann. Die Durchführung ües SchMshrts» kwgkwengelejzes. Uns wird geschrieben: Es ist vielfach in der Presse davon die Rede ge wesen, daß die Durchführung des Schiffahrtsabgaben- gesetzes auf den Stromgebieten Deutschlands erst er folgen könne, wenn die Verhandlungen mit Oesterreich-Ungarn und den Niederlanden, die noch nicht begonnen haben, erfolgreichabgeschlof- sen wären. Es ist aber nicht nur möglich, sondern notwendig, daß die Bestimmungen des Gesetzes auf diejenigen Stromgebiete vorher Anwendung finden, an die nur deut sch c Bundes st aaten gren zen. Zur Inangriffnahme von Stromregulierungen ist nun die Bildung der Stromverbände nach üen Bestimmungen des Gesetzes notwendig. Es wird dahrr zunächst eine solche erfolgen, da di« Durchfüh rung der Stromvcrdcsserungen im Rahmen des Ge setzes Sache der Bundesstaaten ist. Für Preußen dürfte in erster Linie die Regulierung der Oder und der Weser in Frage kommen, für die umfangreiche Projekte ausgearbcitet sind, deren Durchführung auf die Verabschiedung des Schisfahrtsabgabengesetzes gewartet hat. Die Mittel zur Durchführung der Stromregulierungcn müssen von den Bundesstaaten bercidgestellt werden: ihre Verzinsung und Amorti sation wird dann durch die Abgaben auf den regu lierten Wasserstraßen erzielt. Preußen wird da her schon in nächster Zeit recht erhebliche Mit- tel in erster Linie für den Ausbau der Oder unter- halb Breslau vom Landtage beantragen muffen, wo bei es sich um ein Projekt handelt, das 40 Mil» lionen Mark erfordern wird. Zur Veilcgung -es „Msnutw"- Zwtickenksus. Der französische Ministerrat hat, wie wir bereits in unserer heutigen Morgennummer meldeten, in der Sitzung am Freitag abeno die Antwort des fran zösischen Botschafters in Rom Band re geprüft und dann erklärt, der französisch-ualienische Zwischenfall sei zur Zufriedenheit beider Länder bei gelegt. Ueber die Sitzung wird noch gemeldet: Zm Verlaufe der Verhandlungen teilte Minister präsident Poincar« mit, daß sich der Botschafter Barrdre mit San Giuliano über den Wortlaut der Note betreffend den „Larthage"- und den „Manuba".Zwisck)enfall geeinigt habe. Die Note, die in Rom durch die italienische Regierung veröffentlicht wird, wird von der französischen Regierung als be friedigend betrachtet. PoincarL benachrichtigte Barrüre davon nach Schluß des Ministerrats. Die 29 Türken, die sich an Bord der „Manuba" befanden und in Cagliari an Land gebracht wurden, wer den dem französischen Konsul in Lieser Stadt ausgeliefert. Dieser wird sie nach Frankreich, nach LeFrioul, bringen, wo die Personalien durch die französische Regierung geprüft werden. All« grundsätzlichen und rechtlichen Fragen, die durch di: beiden Vorfälle aufgeworfen worden sind, werden dem Haager Schiedsgericht unterbreitet. Nach Schluß des Ministerrats erteilte, nach einem anderen Telegramm aus Paris, die Negierun, dem Kommandanten des Dampfers „Ville d'Alger", der sich zurzeit aus See zwischen Tunis und Marseille be findet. durch ein drahtloses Telegramm die Weisung, Cagliari anzulaufen, um die 29 türkischen Sie war gegangen. Nur da drüben, wo die jun gen Stämme stehen, flammt« und gleißte noch eine Zeitlang der güldene Saum ihrer Schleppe. Hilde hatte di« Hände gefaltet, sie wußte es kaum. Mit allen Sinnen trank sie die keusche Schönheit des zum Schlummer rüstenden Waldes in ihre Seele. Ein moosübersponnener Baumstumpf lockte zum Sitze. Sie hatte stundenlang mit Martha gearbeitet und war müde, wenn auch die Gedanken nicht rasten wollten. Sie yatte so viel zu denken, so unermeßlich viel. Das große, unerschöpfliche Rätsel des Lebens mit seinen ehernen Gesetzen und Bedingniffen, mit seiner tiefen Weisheit, seiner wundersamen Schönheit, sei ner hcrzerbebenden Ungerechtigkeit, das gewaltige Wechselspiel d«s menschlichen Daseins, von dem sie selbst ein winziger Bruchteil war, es pochte an die reifende Mädchenseele und forderte: Enträtsel« mich! Sie war nie so recht zum ungestörten Nachdenken gekommen. Des Vaters Krankheit und Tod, das heiße Streben, der vereinsamten Mutter innerlich nahe zu kommen, der Kampf um deren Einwilligung zur geistigen Weiterbildung, der Aufenthalt in der Resi denz, der kurze Liebestraum — jede Episode Halle ihr lebhaftes Gemüt ganz ausgefüllt. Es mar der enge Verkehr mit Martha Wieland, der zum ersten Male ruhige Sammlung in den fähigen aber unge stümen Geist Hildes brachte. An Kenntnissen und Wissen war sie dem stillen, blonden Mädchen ja bei weitem überlegen, um so größer war ihr Respekt vor dem bei aller Milde so Willensstärken, tätigen, selbst disziplinierten Charakter. Martha besaß gerade jene Eigenschaften in ausgeprägtem Maße, die Hilde fehlten, auch hatte der eine schwere Schicksalsschlag, wie das manchmal bei stillen, mehr passiven Naturen der Fall ist, ihr plötzlich die volle seelische Reife ge geben. Nun sie einmal den Entschluß gefaßt, war ihr Drang nach Wissen, nach Vertiefung ihrer Weltan schauung unstillbar und riß Hilde mit sich. Daneben blieb die HMd« ihrer Lebensauffassung nicht ohne Einfluß auf Hildes Schroffheit. Der war Milde bis lang gleichbedeutend mit Schlappheit erschienen, mit jener unseligen Schwäche, die das weibliche Geschlecht oft verächtlich, ja gefährlich macht. Nun erkannte sie in der Milde die Frucht der Selbstüberwindung und der Erkenntnis. Selbstbeherrschung hatte sie auch gehabt. Manch einer, der tiefere Blicke tat, hatte bewundernd gestanden vor der Kraft dieses lungen, heißen Herzens, das Ich unter den Willen zu zwingen. Sie hatte sich etwas darauf zugute getan, jetzt, an dem Wesen der Freundin gemeßen, erkannte sie, daß Stolz und Trotz ihre Helfershelfer gewesen, daß ihr noch viele wilde Triebe zu beschneiden blieben, dis sie sich selbst zum fertigen Menschen erzogen. Das Haupt in die Hand gestützt, daß die schlanken Finger tief in das weiche Gelock versanken, die Lippen wie dürstend geöffnet, die Augen voll sehnsüchtigen Lebens, die schöne Gestalt umzittert von einem letzten verirrten Sonnenpfeil, so saß sie lange regungslos. Endlich ward sie unruhig, sie hob den Blick seitwärts — da traf er in ein Augcnpaar so liebeleuchtend, so verklärt, daß sie sich gar nicht loszureißen ver mochte. Lange wurzelten die beiden Augenpaare in einander, staunend, fragend, bittend — der Wald hielt seinen Atem an. Dann erhob sich das Mädchen. Carl Erdmann sprang auf. Dunkle Glutwogen jagten ihm in das gebräunte Antlitz, er bückte sich und hob den rojengeschmückten Strohhut auf, der ihr vom Arme geglitten war. Cie griff danach mit zitternden Fingern — kein Wort wollte über ihre Lippen. End lich brach er das beklommene Schweigen. „Ich komme von Praxis, verzeihen Sie", sagte er, es klang ganz zerknirscht, als seien Praxisgänge ein Verbrechen, Uber das sie abzuurteilen habe. Kaum waren ihm die törichten Worte entschlüpft, als er sich ihrer schämte. Sie mußte ihn ja aus lachen. Aber sie tat es nicht, sie hatte sein Stammeln vielleicht gar nicht vernommen. Selbstvergessen hob sie das schöne Antlitz zu ihm auf, in den dunklen Augen eine bange, träumerische Frage. Durch des Mannes Gestalt ging ein Zittern, seine Stirn faltete sich finster. Narr, der er war, sich frei willig in Gefahr zu begeben! Wollte er wortbrüchig werden? Er verneigte sich und wollte gehen. Da kam Hilde zum Entschluß. „Herr Doktor", eine fremde, atembeklemmende Scheu überflutete sie, ein paar Herzschläge lang stand sie blutübergossen und rang nach Worten. Dann siegte der Wille. „Ich habe Ihnen damals sehr weh getan, wie sehr, begriff ich erst, als ich rühm geworden war. Lassen Sie als Milderungsgruno gelten, daß ich so völlig außer mir war und nicht wußte, was ich sprach. Ich weiß, daß man einen Mann nicht leicht tiefer verwunden kann, als ich tat." Sie blickte verstummend zu ihm auf, wohl in der halben Erwartung, daß er ihr mit höflichem Wider spruch zu Hilfe kommen werde. Auf seinem kraft vollen Antlitz lag ein weiches Staunen, doch er war eine so grundehrliche Natur, daß er selbst in dieser Minute unter dem Zauber der geliebten Äugen nicht beschönigen konnte — und wollte. „Ja", sagte er einfach, „Sie taten mir sehr weh. Nie ist mir härteres Unrecht geschehen." Durch des Mädchens Gestalt ging ein Ruck. Wo eben noch Demut bat, grollte jetzt beleidigter Stolz — sekundenlang. Dann senkten sich die sprühenden Augen, die schlanken Hände preßten sich inemander. Sic wollte sie ja lernen die schlichte Milde wahrer Selbstzucht. Und der Mann, der den Kampf in ihren sprechenden Zügen gesehen, neigte sich innerlich vor der tapferen Streiterin. „Sie haben mir weh getan, Fräulein von Rhein eck", sagt« er ernst, „aber diese Stunde macht alles gut. Ich danke Ihnen." Sie schritten nebeneinander. Der Wald wob seine grüngoldene Dämmerung, durch die ein letztes Sonucnlächeln in verlorenen Lichtsunken huschte, wie Märchenschleier um die beiden jugendschönen Menschenkinder. Lange klang kein Laut von rhren Lippen. Aber während des Mannes Gedanken wirr durcheinanderwogten in Jubel und Bangen, Abwehr und Hingabe, während seine Augen in verstohlener Sehnsucht an der lichten Gestalt seiner Gefährtin hingen, als solle diese Stunde ihn entschädigen für endlose Wochen dürstender Qual, bewegten sich hinter der weißen Mädchenstirn wohlgeordnete Gedanken reiben. Hilde kämpfte ein Weilchen mit dem alten, hochfahrenden Sinne, dann hob sie entschloßen den Blick. „Ich möchte Sie etwas fragen, Herr Doktor." Die kühle Mädchenstimme dämpfte die hochgchen- den Wogen in des Mannes Brust. Er wußte auf einmal wieder, daß seine Liebe hoffnungslos war, daß er sein Wort verpfändet hatte, nicht um rhre Liebe zu werben, und daß sie ihm ja entgegenkommen könnte, die stolze, hochmütige Hilde von Rherncck — der Gedanke schon war Wahnsinn. „Ich stehe zur Verfügung, gnädiges Fräulem", versetzte er gelassen. „Ich möchte einmal über Absichten und Pläne, die mich beschäftigen, mit einem Manne reden, der das Leben kennt. Ich habe niemand, der mir näher stünde", sie verbesserte sich errötend, „ich meine, ich kenne keinen Herrn näher, der obige Bedingung erfüllt, nur alte Freunde meines Vaters, ach und die sind so rückständig!" Sie sagte das mit einem unge duldigen Achselzucken, als habe sie in der Beziehung unliebsame Erfahrungen hinter sich. Carl Erdmann verneigte sich leicht. „Es wäre mir eine Freude, wenn Sie über meine bescheidenen Kenntnisse verfügen wollten." Hilde, die konventionelle Redensarten haßte, zog eine kleine Grimasse. „Also", begann sie tief atemschöpfend. unterbrach sich aber gleich wieder. „Ich muß ein bißchen weit ausholen, darf ich?" sie blickte mit einem kindlich fragenden Lächeln zu ihm auf, das dem schönen, trutzigen Antlitz einen neuen Reiz verlieh. Der Mann verbeugte sich stumm. Er mußte alle Kraft zusammennehmen und allen Willen, sich die Sinne klar zu halten. lFortsshung in der Morgenausgabe.)
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