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Sächsische Staatszeitung : 25.04.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-04-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-191704255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19170425
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19170425
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Staatszeitung
- Jahr1917
- Monat1917-04
- Tag1917-04-25
- Monat1917-04
- Jahr1917
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 25.04.1917
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Wissenschaft und Kunst. Erinnerungen ans meine« Leben. Bon Gustav Meisel.») Bor hundert Jahren. Meine Kinderjahre fielen in die Zeit der Napoleonischen Weltherrschaft, bis der unglückliche Winter 1812 den Sturz des Riesen vorbereitete. In jener Zeit war es sehr lebhaft in Deutschland. Die Kriege Frankreichs mit Preußen, Österreich, Rußland und Spanien setzten fortwährend Heerscharen in Bewegung, und es wird in jener Zeit kaum der kleinste Ort Deutschlands mit Durchmärschen und Ein quartierung verschont geblieben sein. Der Chausseen und gebauten Straßen gab es damals nur wenige und es hatten die Orte, welche an den Hauptstraßen lagen, m dieser Kriegs- not am allermeisten zu leiden. Allein auch die anderen Orte blieben nicht unberührt und hatten die Nachteile, daß sie von den Kreisstädten mit Kontributionen, Paräqnationen, Spannungen und Lieferungen geplagt wurden, und ich erinnere mich aus meiner Kindheit noch der vielfältigen Klagen, welche von den Bürgern und Bauern der damaligen Zeit geführt wurden. — Werda«, mein Geburtsort, lag ^war an keiner Hauptstraße, aber dessenungeachtet war die- er Ort von öfteren Durchmärschen und Einquartierungen leimgesucht. Zuerst von den Preußen, welche vor der Schlacht »ei Jena sechs Wochen lang in Werdau gestanden haben. Später wechselten Franzosen, Italiener, Polen und Rl^ein- bundtruppen miteinander ab. Es war das allemal ein großes Fest für die Kinder, wenn Einquartierung angesagt war; wir gingen dann den Soldaten entgegen und freuten uns, wenn wir hörten, daß sie einen Tag Rasttag machten. Ich erinnere nnch noch recht deutlich an die schöne Musik, welche die Franzosen machten. — Auch der Herzog von Braunschweig.Ols kam mit seinen» Korps auf einem aben teuerlichen Zuge nach England, von wo aus er sich nach Spanien einschftfte, durch Werdan. Die Husarei» in ihrer schwarzen Tracht mit Totenköpfen auf dem Tschacko und den Roßfchweifen stehen mir noch lebhaft vor den Augen. Mai» nannte dieses Korps auch das Korps der Rache. Da die Herrschaft der Franzose»» sehr drückend und daher schon damals so verhaßt war, so erschien der Herzog von Braun schweig weniger ein Abenteurer, sondern mehr als ein rit terlicher Held, der wenigstens den Versuch wagte» sein Vater land von de»» Drängern zu befreien. Es konnte nicht fehlen, daß junge feurige Gemüter fich ihm anschlossen, und seinem Banner folgten. Meist waren cs Studierende, Handlungs diener und Hondwerksburfchen, in der Regel Leute, die wenig zu verlieren hatten, doch viele gewiß beseelt von glühender Vaterlandsliebe. Der Sohn des Pastors Göpfert in Werdau, Moritz Göpfert, hatte sich ebenfalls, natürlich ohne Vortvissen seiner Eltern und heimlich, dem Braun- schweig Olsschen Korps angeschlosscn, und es »varen alle Bemühungen feiner Eltern vergeblich gewesen, ihn auch nur zu entdecken, da er dem Herzog seinen wahren Ramen n cht genannt hatte. Göpfert hatte den Zug durch Deutschland mitgemacht, war mit dem Praunschweigschcn Korps nach England und Spanien gegangen, wo er unter den Eng ländern, »nit welchen fich der Herzog vereinigt hatte, gegen die Franzose»» kämpfte, mehrere Verwundungen erhielt und im Jahre 1813 über Gibraltar, Sizilien und Italien mit den braunschweigischen Truppen nach Deutschland zurückkehrte, wo er nach der Schlacht von Quatrcbras seine,» Abschied nahm und in seine Vaterstadt Werdau zurückkam. Sein Vater, der Pastor Göpfert, war i»»zwisthen in das Land des ewigen Friedens eingegangen; seine Mutter und seine Geschwister waren noch am Leben, und frcntcn sich aNe feiner glücklichen Rückkehr nach so vielen Fahrlichkeften des Ledens. Göpfert hatte 1834 nach Ab schluß des ZollvcrbandeS nnt Preuße»» den besonderen Vorzug, daß er als Steuerrevifor angenommen wurde. Er blieb ii» Leipzig stationiert. Napoleon lieh den Herzog von Braunschweig auf seinem Zuge durch Deutschland ver folgen, ohne ihn jedoch an der Landung in England be- hino» rn zu können. Einige Tage später, nach dem Ab- marsche der Braunschnreigisch. n Truppen aus Werdau kam der König Jerome»*) nnt seinem westfälischen Armee korps daselbst an. Jerome logierte dein» Stadtschreiber Baumgarten, dem jetzigen Schmelzerschen Gute. De,» König von Westfalen bezeichnete der Ruf als einen iarda- napalisch n Schlemmer; ich selbst habe ihn nicht gesehen, kann mich aber noch recht gut auf den Einmarsch der West falen besinnen. II. Der strenge Winter 1812 hatte die große französische Armee vernichtet, die Macht des großen Kaisers gebrochen. Das Jahr 1813 war herangekommen. Ich war nun über 10 Jahre alt und hatte schon Verstand genug, die politischen Ereignisse nach meiner Art auszufajsen und zu beurteilen. Tic Schlachte»» von Lützen, Bautzen, Dresden, Leipzig usw. ») Die „Erinnerungen aus »neinem Leben" betreffen einen dein unsrigen ähnlichen kriegerischen Zeitraum. Sie sind vor 60 Jahren von einem höheren sächsischen Iustizbeamten wenige Wochen vor dessen Tode ausgezeichnet worden. Der in mancherlei Hinsicht um seine Heimat verdiente Mann, dessen Handschrift jetzt dem Werdauer Heimatmuseum gehört, heißt Simon Gustav Meisel, geboren am 5. Januar 1803 zu Werdau, gestorben am 6. Juli 1857 zu Wiesenburg. Sein Vater hatte ein chemisches Laboratorium, bildhauerte und malte auch; das Heimatmuseum besitzt eine An zahl seiner Arbeiten. ltt hat auch — die erste Gastwirtschaft neben dem Erbgasthof seines Wohnorts errichtet. Seine Sinder schickte er vorerst nicht in die Bürger-, sondern in eine Sammel- fchule. Gustav Meisel besuchte dann die Gelehrtenschulen zu Schneeberg und Zwickau. Rach dem Rechtsstudium in Leipzig wirkte er in Crimmitschau, Werdau, Frauenstein, Oberwiesenthal, Kirchberg und Wiesenburg. In seiner Vaterstadt war er 1830 bis 1835 Stadtschreiber, in Kirchberg 1843 bis 1854 Direktor des Lönigl. Landgerichts. Dem oberen Pleißcntal schuf er 1832 die erste Zeitung, das „Werdau-Crimmitschauer Wochenblatt", das in beiden Städten getrennt weiterlebt. Im Interesse der Bolts- bildung schrieb er eine anregende Schrift über die Sternenwelt. In (slemeinschast mit seinem Landsmann, dem Geh. Kirchen- und Schulrat Schulze im Ministerium, dem Schöpfer des Elementar- schutgesetzeS vom 6. Juni 1835, war er hervorragend bei der Er neuerung de» BolksschulwesenS feiner Baterstadt beteiligt. Die -Erinnerungen" schildern unser öffentliches Leben zur Zeit König Fricduch Augusts des Gerechten, besonders das kleinstädtische. Biele Leute, die in unserem öffentlichen Leben eine Rolle spielten, werden in unseren Auszeichnungen geschildert, so, außer Schulze, der Minister Oberländer, der Chronist Göpfert, der Historiker Ctichart, der Direktor E. F. Hoffmann. »») Jerome war übrigens am S. bi» 11. Juli, der Herzog von Braunschweig mit dem „Schwarzen" am 14. Juli in Werdau. wurden geschlagen. Das Glück hatte den größten Kriegs- meister verlassen. Die Verbündeten Napoleons fielen nach und nach von ihm ab; -»»erst Preußen, später die anderen Rheinbundfürsten: nur der alte König von Sachsen, Friedrich August I., blieb ihm treu. Die französische Herrsch« t in Dentschland hörte auf, Jerome von Westfalen ergrif die Flucht und die alten Fürsten nahmen ihre Erblünder wieder in Besitz. Alles dies geschah unter dem Jubel der Völker, die, den Versprechungen ihrer Fürsten trauend, sich eine goldene Zukunft und politische Freiheit versprechen. Der König von Preußen, Friedrich Wilhelm III., hatte einen Ausruf an sein Volk erlassen, in welchem er eS ausfordertc, das ihm von der Fremdherrschaft auferlegte Joch abzu- wersen; Blücher trat »nit einer Proklamatwn heraus, in welcher cr die Wiederherstellung der politischen Freiheit, namcntlich auch der freien Presse, versprach. Die deutsch n Völker glaubten diesen Verheißungen, und nur diejenigen, welche auch jetzt noch Anhänger Napoleons geblieben waren, wollten ei,» solches Vertrauen nicht fassen. Es war aber damals sehr gefährlich, Anhänglichkeit an den Kaiser und an die Franzosen zu zeigen; die Parieiwut war in ihrer größten Leidenschaft aufgewacht, und das Volk in der Gesamtmasse erkannte Preußen und Russen als seine Befreier an. Auch Österreich war von Napoleon ab gefalle»» und hatte ihm den Krieg erklärt, so daß damals ganz Europa gegen ihn in den Waffen stand. Da- sächsische Volk war aber mit der Anhänylichkeit an de»» Kaiser nicht zufrieden und es bildete sich emc Schar von Freiwilligen unter dein Namen des sächsischen Banners. — Man sah nun in Deutschland die Truppen aller Nationen Europas und selbst Asien hatte seine Horden geliefert. ES kamen Baschkiren und Kalmücken. — Die Schlacht bei Leipzig gab endlich den Ausschlag. — Mein Vater aber war immer ein Ankäuacr Napoleons geblieben und war daher damals dem Hafte, selbst der Verfolgung seiner Mitbürger ausgesetzt. III. Der öffentlichen Schule in Werdau, welche ich nun mehr besuchte, stände»» damals drei Lehrer vor: ein Rektor, ein Kantor und ei»» Mädchcnlehrer, der zugleich das Amt eines Organisten bekleidete. Die Zahl der Lehrer war nicht genügend, dennoch war der Unterricht in dieser öf fentliche,» Schule, namentlich in der Klasse de- Rektors, die damals etwa 108 Kinder zählte, ein vortrefflicher. Hier habe ich de»» wesentliche»» Grund zu meine,« Wissen gelegt, und viele der Zöglinge verließe,» die Schute mit hinreichenden Vorkenntnissen für das künftige Leben. Dem Rettor blieb noch Zeit übrig, seinen Schülern allwöchent lich aus einer Juaendschrift eine Stunde lang cttvas Be lehrendes oder Angenehmes vorzulesen. Der sächsische Kinderfreund von Gutmann war in der Schule eingcführt und der Rettor hatte überhaupt eine vortreffliche Methode, seinen Schüler», ettvas beizubrinaen. Der würdige Mann ist später nnt Undank belohnt worden. Guter Rektor Jahn l Noch jetzt drücke ich dir im Geiste die Hand und danke dir für deine Liebe und Treue und für alles, was du mir getan hast. Er wußte Strenge mit Milde zu vereinbaren, sich im rechte»» Ansehen zu behaupten und dabei die Liebe feiner Zöglinge zu erhalten. Ich erinnere mich nicht, je einmal eine körperliche Strafe erhalten zu habe»» mit Ausnahme einer wohlverdienten Ohrfeige, die ich dafür erhielt, daß ich ihn belöge»» hatte. Der Kantor war ein bereits sehr alter Mann, namens Schulze. Er war der Vater mehrerer Söhne, die einige Berühmtheit erlangt habe»». Der älteste Soh»» war der nachmalige Geheime Kirchen- und Schulrat vr. Schulze, als astronomischer Schriftsteller bekannt, sowie Verfasser dcS Elementarvolksschulgcsebes von, Jahre 1835. — Der Mädcheulchrer und Organist hieß Müller; fein Sohn starb als vr. meck. in Dresden. — Außer dem gewöhnlichen Schulunterricht erhielt ich nebst einige», anderen Knaben meines Alters beim Rettor Jahn Privatunterricht im Latei nischen, Französischen, später auch im Griechischen. An diesem Privatunterricht nahmen von den Zöglingen Barth» nur Gotthat Oberländer teil. — Oberländers Geschick hat sich ohne seine Verdienste günstig genug gestaltet. In der sogenannten guten alten Zeit »var es noch Sitte, daß die Lehrer in Stadt und Land ihre Umzüge hielten, die hier und da einen beträchtlichen Teil ihres Ein kommens ausmachten. Durch das Elementarvolksschulgcsetz von 1835 find diese Umgänge abgelöst worden, in pekuniärer Hinsicht größtenteils zum Nachteil der Lehrer. Dies war „uu auch bei uns in Werdau der Fall. Einer der einträg lichsten Umgänge für den Rettor und den Mädchenlehrer war der Gregorius-Umgang. Der Kantor hatte vorzugs weise das Neujahrssin^cn. Jener Gregor»usun»gang aber war nicht bloß eine Einnahme quelle für die betreffenden Leh»r, sondern es war dieser Gregorius zugleich ein Haupt fest für die liebe Schuljugend und jedenfalls viel herzlicher und gemütlicher, als die später eingeführten Schulfeste ge wesen sind. Die Lehrer wählten einen schönen heiteren Tag zwischen Ostern und Pfingsten ; die Kinder versammelten sich in ihrem Schmucke an den Schulen und durchzogen mit Gesang die Stadt und das Dorf Leubnitz. Es war Sitte, daß sich viele der Kinder verkleideten. Man sah da Türken und Türkinnen, Gärtner und Gärtnerinnen, Schäfer und Schäferinnen, Offiziere, Handelsleute usw. Alles atmete Leben und Fröhlichkeit. Das Fest dauerte in der Regel drei Tage; der erste Tag freilich war nur der Tag des Herumziehens, die anderen aber waren dem Vergnügen gewidmet. Die Schullokale waren von ihren Tafeln und Bänken geräumt; die Jugend belustigte sich mit ihren Kinderspielen und Gesängen; des Nachmittags aber ging es Höker her: es wurde getanzt. Freilich bcstand die ganze Musik nur aus einer einzigen Violine, die noch dazu ein stockblinder Mann spielte, der unter dem Namen der blinde Lieb bekannt war; ich selbst kenne seinen Zu namen nicht; aber wir Kinder waren mit dieser Musik ganz zufrieden und die Eltern auch, da sie ungemein wohlfeil war. Die Lehrer führten d,e Aufsicht, und vielen Er wachsenen machte es Vergnügen, dem Treiben der lustigen Jugend beizuwohnen und zuzusehen. Auf den Greaorms freute man sich da- ganze Jahr. — Am Schluffe des Festes wurden unter die Kinder Bretzeln verteilt, welche die Lehrer zu diesem Zwecke hatten backen lassen. Jedes Kind wurde beschenkt, und so endete diese- Fest unter allgemeinem Jubel und Frohsinn. Au» deu Dresdner «unftfälen. 5. Ter kleine der beiden Oberlichtsäle der Emil Richter- schon Kunsthandlung enthält jetzt eine Ausstellung von graphischen Arbeiten Georg Gelbke». Georg Gelbke hat seinen schnell erlangten künstlerischen Ruf zumeist seiner Tätigkeit als Schwarz Weik-Künstler zu verdanken, wiewohl er auch al- Maler emeS von ven jüngeren Dresdner Talenten ist, die nicht übersehen werden können. Eine Bestätigung hierfür ergab die erste Ausstellung der Künstlervereinignng Dresden in ihren» neuen Hein» an der Lennöstraße. Man sah dort die „Tauziehcr" des Künstlers, farblich »vie zeichnerisch vortreffliche geschilderte Jünglingsakte. Der Akt, im freien Licht gezeichnet und gemalt, ist eines der Lieblingsmotive dieses begabten Künstlers. Auch in der Reihe der graphischen Blätter, die Georg Gelbke jetzt bei Richter ausstellt, ist er ver treten, wenn auch nicht in so beherrschender Form, »vie man sie von anderen Arbeiten dieserArt des Künstlers gewi hnt ist. Man sieht neben zwei reinen Aktstudien eine zu einem Zyklus zusommengefaßte Folge von vier Blättern, welcher der Künstler den Titel „Sich sehnen", „Sich finden", „Sich lieben" und „Verlassen^ gegeben hat. Die reine Form der Aktzeichnnng tritt hier znrück zu gunsten einer stark gefühlemäßigen Darstellung; der In halt überwiegt da- Stoffliche der Arbeit. In dieser Eigenschaft der vier schönen Blätter zeigt sich das Reif werden in der Kunst Georg Gelbke -, der von der zu nächst vollkommen konstruttiven Form der malerischen Schilderung mählich sich entwickelt hat zu einen» Maler und Zeichner, der seine Arbeit seelisch zu durchsetz !» versucht. Im guten Sinne des Worte- wird Gelble jetzt mehr und mehr Ausdrucksmaler, also das, »vas einzelne Neuerer um jeden Preis mit extremen technischen Mrtteln und durch gewalttätige Phantajiearbeit zu er reichen suchen. Bei Georg Gelbke hat sich diese Ent wicklung auf einer gesund veranlagten malerischen Grundlage vollzogen; sie ist das Ergebnis seiner inneren Ausreifung. Die große Vielseitigkeit des Künstlers tritt auch in dieser Schwarz-Weiß Ausstellung wieder zutage. Nebe»» d -n genannten Akten sieht man e»»»e ganze Re,he von Bild nisse»» von der Hand des Künfflers, von denen besonders auf die künstlerisch vortrefflich geglückten Porträts der Frau vr. v. H., oes Frk. Ehr. v. R., de» Hrn. Ernst B., des Konsuls G. B., deS Geh. Rate» vr. Sch. hingewiesen sei. Bor» den» feiner» Hu»nor des Künstlers zeugen bei den zahlreichen Er-libris-Entwürfen, die er ausstcllt, die Ex libris, die er für sich selbst und für einige seiner Maler kollegen geschaffen hat. Auch als Landschafter tritt Georg Gelbke in dieser Ausstellung hervor. Man sieht eil» paar Studien von dem vorjährigen Sommeraufenthalt des Künstler» in Mecklenburg und einige Blätter aus der Lübecker Bucht. Die reife zeichnerische Kunst Georg Gelbkes spricht sich von neuem in den Blättern „Dame mit Buch", „Zurückgebogener Kops", „Kundry", „Kopf studie m»t zwe» Händen", „Figur mit Gerte" und „Dirne" aus. ys. ruberttheater. fGastsviel Gertrud Eysoldt.) Stunden der Demütigung ,nutzte mar» beim Bnhören des naturalistische»» Trauerspiels „Fräulein Julie" von August Strindberg erleben. Es »st bekümmernd genug, wenn der Mensch, in die geheimsten Falten seines Inner», hinein- leuchtcnd, Keime der niedttqen Gesinnung gewahr wird, die den Gestalten dieses Stückes eignet. Muß inan den»» aber, wenn man das Vorhandensein dieser Keime wohrgenommen hat, sie, »nan mag zugunsten Strindbergs anuehmen, zur Selbstveinigung entwickelnd, in die Gestalt von Menschei» trete»» lassen, die fast ausschließlich aus ihuen bestehen. Strindbergs Sucht der Selbstbeichte läßt nur in der Lust des Flagellanten ein Gegenstück finden. In „Fräulein Julie" stoßen keine Eharaktergcgen- sätze auseinander, sondern nur Gegensätze der ge meinen Triebe, denen als Bemäntelung die Anschau ungsmerkmalc verschiedener Stände umgehängt sind. Die Heldin des Stückes »st das Erzeugnis einer gemeinen Um welt. Sie schleppt mit sich die stolze Gesinnung eines alten AdelSgeschlechteS und die sinnliche Leidenschaft einer schlechte»» Mutter herum. Tas Erbe des Vaters sticht sie an das Leben ihrer Kreise zu binden, aber die mütter liche Erbschaft läßt sie sich noch unter das Gesinde ihres Hofes stelle»». Der Männerhaß, den ihr die Mutter eingeslötzt hat, hält der Begierde ihrer Sinne nicht stand, sodaß sie die Beute eines Lakaien ihres Vaters wird. Wie dieses Tier im Mann, durch den Sinnentrieb gewitzigt, sie falle»» »»»acht und dann in der nur erdenkbar rohesten Weife sie als Poste»» in seine Zukunftsrechnung einstellt und schließlich ihr das Rasiermesser in die Hand nötigt, weil vie Aussicht auf die Verwirklichung seiner Pläne fehlt, das ist die in teuflischer Weise in Strindbergs Hirn folge richtig entwickelte Gestaltung der in fich entdeÄen Unflat keime. Richt ein einziger Lichtstrahl einer erhebenden Idee dringt in seine Folterkammer. Selbst die Heran ziehung einiger Worte des Evangeliums wirkt wie Gottes lästerung, da der Unverstand sei,»er Wahngebilde den Aussprüchen eine falsche Auslegung gibt. Dem Trauer spiel ging die Szene „Die Stärkere" voraus. Sie war von der Gastdarstellerin wohl nur gewählt, um die Meisterlich keil ihres Mienenspiels durch die stumme Rolle besonders her vortrete»» zu lassen. Hier sowohl als auch im „Fräulein Julie" wurde Gertrud Eysoldt, das Mitglied des Deutschen Theaters in Berlin, den Ansprüchen des Dichters vollkommen gerecht. Sie wußte sich in vollen deter Weise als Beute ihrer Sinnlichkeit uno ihrer Ver zweiflung zu geben. Ihr Spiel verdiente die höchste An erkennung, die äußerlich auch in dem großen Beifall ihren Ausdruck fand. Ihr beinahe ganz gewachsen stand Hans Staufen in der Rolle des Bedienten zur Seite. Auch Rose Graw- war eine gute Mithilfe in beider» Stücken, deren Regie vr. Knoop mit geschickter Hand leitete, fk. »iGenschnft und Technik. Die Verwaltung der Nobelpreisst'stung hat den Befchluß gefaßt, in diesem Jahre keine Nobelpreise zur Verteilung zu bringen und hat die schwedische Regierung davon in Kenntnis gesetzt. Da diese sich damit einverstanden erklärt hat, werden erst am I. Juni nächsten Jahre» die Nobelpreise wieder »etteill. — An der Mannheimer Handel»hochschule soll mit Hilfe privater Stiftungen eine „Wilhelm Wundt-
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