Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 13.09.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190809139
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19080913
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19080913
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Tageblatt
- Jahr1908
- Monat1908-09
- Tag1908-09-13
- Monat1908-09
- Jahr1908
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 13.09.1908
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
it 1903 DaS anöver lmttten Maren -chloß, hat, schloß tanton ut Ur- chafts- !t wet- r gan- gele- der ob i lie- haupt > nicht ahren Ver- inten. war chwe- a Ge- r so richts Mäd- ihren amen rahm Das An hatte »azu, Di' Das hat Duft seln. artn tag- cheit ber. wie er md, So- eich rnd a?" icht den en. )as er- 1r- id- un aft >en rie sie Amtsblatt Nr., 214. Sonntag, den 13. September 1908. 1. Beilage. Herbstfrlscheu. Von Dr. med. I. Walther. (Nachdruck verboten.) Der Schwarm der Ferienausflügler ist nun mehr wieder heimgekehrt. Der Sommer schwand. Jetzt läßt es sich wieder aushalten in den Stra ßen der Stadt, die in der Glut des Hochsommers eine schier unerträgliche Hitze entwickelten. Und doch — schöner ist cs immerhin draußen. Nur daß sich die Menschheit, der Macht der Gewohnheit folgend, im Herbste nicht hinaustraut in die Natur. Im Herbste reisen? Offenbarer Unsinn! Dazu ist doch der Sommer da! Trotz dem gilt der Herbst mit Recht bei vielen für die schönste Jahreszeit, und langsam beginnt sich auch die Ansicht Bahn zu brechen, daß Herbstreisen mancherlei Vorzüge vor Sommerreisen haben. Nicht nur den der Billigkeit! Der Gedanke der Herbstfrischen ist nicht neu. Ich erinnere mich da an ein Schriftchen von Dr. Adams, das sich in eingehendster Weise mit der Reise im Herbst beschäftigt. Nach ihm bilden der Monat September und die erste Hälfte des Ok tober die wahre Reisezeit. Das gleichmäßigere Wetter des Herbstes regt durch seine größere Kühle zu ausgedehnteren Fußwanderungen an und ge währleistet eine Erfrischung und Kräftigung des Körpers und des Geistes, eine Vorbeugung vor künftigem Krankwerden wie kein anderes Hilfsmit tel. Die Fußwanderung droht beinahe der Ver gessenheit anheimzusallen, wenn nicht alljährlich we nigstens eine Herbstrcise dazu aufsordert. Es ist so erfrischend, bei schöner Herbstbelcuchtung in die klare Ferne zu blicken und in der buntgcfärbten Landschaft sich zu ergehen. Die Länge des Tages beträgt im September 13^—12 Stunden. Im Oktober hat der Tag noch —10 Stunden; er verkürzt sich im November auf 9j^—W Stunden. Mit Sonnenaufgang verlasse man das Zimmer und benutze den ganzen Vormittag zu einem Ausfluge, oder man dehne denselben bald auf den ganzen Tag aus, sorge aber, daß man vor Sonnenunter gang wieder zu Hause ist. Dann mahnt der Ap petit zu frühem Abendbrote, und in dem tagsüber wohlgelüfteten Zimmer gibt man sich nach den Ta gesstrapazen abends und in der Nacht einer cr- quickenden 10--1 Mündigen Ruhe hin. Neu ge kräftigt begrüßt man am andern Tage die erfri schende Morgenluft und beginnt sein Tagewerk: „das Wandern" von neuem. Ganz wesentlich milder stellt sich das Klima im Herbst und Winter dort dar, wo ein durch hohe Bergzüge geschütztes Höhental zugleich nach einer Seite offen ist und zwar nach der tiefer lie genden Ebene zu. Dann streicht nämlich dauernd, wie der tagtägliche Beweis ergibt, die kühlere, schwerere und darum sich senkende Luft langsam und nnmerklich nach dem tieferen Flachlande ab, und die Temperatur hält sich erwiesenermaßen in einem solchen Höhenlale konstant um mehrere Grade höher. Ein solches Klima ist naturgemäß für abge spannte und erholungsbedürftige Menschen hervor ragend wertvoll und jedenfalls viel bekömmlicher, als die in der Hochsaison in den verschiedenen Bä dern oft sehr erhebliche Hitze. Von diesem Ge sichtspunkte au- habe» sich auch bereits Beard, der für Nervenschwäche kurze Erholungsreisen auf das Land im Herbste mit mhiger Lebensweise und Zurückhaltung von allen Geschäften empfiehlt, so wie Dr. von Krafft-Ebing mehrfach für die Herbst frische ausgesprochen. Ueberhaupt sind wir Aerzte uns seit langem darüber einig, daß die Herbstlust, namentlich in Höhentälern, außerordentlich günstig auf erho lungsbedürftige Menschen etnwirkt. Besonders gibt der Herbstaufenthalt bei Entwickelungschlorose mit vorübergehenden Amenorrhöen unter kräftiger Er nährung, Bädern, Bergsteigen, aktiver und pas siver Gymnastik die besten Resultate. Die Herbst luft regt zu Leibesübungen an und empfiehlt sich auch schon deshalb allen Nervenleidenden, auf welche die größere Ruhe und Isolierung einen äußerst wohltuenden Einfluß haben muß. Professor Neelam spricht sich ebenfalls für die Herbstreisen aus. „Die Reiscmonate werden be stimmt teils durch die Mode, teils durch den äuße ren Zwang. Tie vornehme Welt tritt gewöhnlich schon im Mai ihre Wallfahrt nach Italien an. Die Neulinge sind meist sehr erstaunt, wenn sie in Ne apel oder Genna den Frühling gelegentlich ebenso kühl und regnerisch finden, wie er bei uns ist, und dort mehr frieren, als sie bei uns gefroren haben würden. — Im Juni sind die menschlichen Zug vögel am seltensten; der Juni ist aber für das Ge biet des Deutschen Reiches bei guten« Wetter der eigentliche Wonnemonat. — Jni Juli beginnt die Völkerwanderung. Er ist der Monat der Schul ferien. Wer es irgend vermag, benutzt sic. Som merfrischen und Bäder sind überfüllt. Wer für einen anderen Monat Zett zum Reisen gewinnt, der wähle sich den Herbst." Diejenigen, denen also der Sommer keinen Ur laub brachte, oder deren Finanzen eine Badereise in der Saison nicht gestatteten, brauche» deshalb nicht unglücklich zu sein. Sie mögen mit H. Voß hinaus wandern in die sterbende Welt und des Dichters Verse aus dem „Spaziergang im Herbst" wohl erwägen: O geh am sanften Scheidetage des Jahres zu guter Letzt hinaus Und nenn ihn Sommertag und trage den letzten schwer gefundnen Strauß! Bald steigt Gewölk und schwarz dahinter der Sturm und sein Genoß, der Winter, Und hüllt in Flocken Feld und Haus. Ein weiser Mann, ihr Lieben, haschet die Freuden im Vorüberfliehn! Natur, wie schön in jedem Kleide, auch noch im Stcrbekleid, bist du! Dlumontod — Herstftesleid. Von M arin Stein. (Nachdruck verboten.) „Auf leisen Sohlen über Nacht" — war der Herbst gekommen. Er küßte mit seinen kalten Lip ¬ pen die zarten Rosentnösplein, die noch von dem heißen Kusse des Sommers glühte». Erschrocken erwachten sie aus ihrem Liebes traume, regten die Köpfchen und wehrten sich, — doch der Herbst siegte. Immer tiefer neigten sie ihre Häupter, dunkler wurden ihre Lippen, matt und kraftlos — ein süßer Hauch entfloh noch ihre» Kelchen, dann fiel ein Blatt nach dem anderen —, Blumentod — Herbstesleid. Am frühen Morgen trat aus der Villa „Frie den", Carmen, die Tochter des reichen Bankiers v. Sterno, in den herbstlichen Garten. Anmutig, leicht schwebend war ihr Gang. Das blühende Menschenkind war fast Psyche selbst. Ihr erster Blick galt ihren Lieblingsrosen. „O Weh, was hat man euch getan," klagte sie. Liebkosend glitt ihre Weiße Rechte über die leb losen Köpfchen und schlaff fielen sie wieder zurück in ihre alte Lage. „Es ist Herbst, — auch in mir!" — Leise flü sterte das junge, verwöhnte Kind des Hauses diese Worte. Ein Schauer durchrieselte den feinen, schlanken Körper und eine Träne perlte aus ihren blauen Augen auf die Röslein. Langsam wandte sich Carmen um und lenkte ihre Schritte zur Villa. Am Kaffeetisch saßen Herr und Frau v. Sterno, die ihren Sonnenschein, das einzige Unterpfand ihrer Liebe, mit liebendem Elternblick empfingen. „Guten Morgen," rief Carmen mit melodiöser Stimme ihren Eltern zu, und mit einem leichten Neigen des Körpers küßte sie Vater und Mutter die Hand. Mit nervöser Hast ließ sie sich auf ihren Stuhl nieder. „Unser Liebling bat Wohl nicht gut geruht?" fragte in ängstlichem Ton ihr Vater. „Herzensvater, ich danke, gut! Aber mit einem leichten Kopfschmerz bin ich erwacht!" „Hast Du Dich, mein Kind, vielleicht bei Tante Emma im Garten erkältet?" forschte die sor gende Mutter. „Aengstigt Euch nicht, liebe Eltern, ich bin ganz gesund, nur laßt mir etwas Ruhe und es wird alles wieder gut!" Mit diesen Worten stand Carmen nach einem kleinen Morgenimbiß auf und verließ das Zim mer. „Nur allein, — allein, ich ertrag es nicht, vor meinen lieben Ellern noch länger Komödie zu spielen," sprach Carinen halblaut zu sich, als sie die leppichbclegien Treppen zu ihren, Zimmer be stieg. In ibrem Zimmer schob sie den Riegel vor, laut anfschluchzend siel sie vor ihrem Bett in die Knie und vergrub das Gesicht in die Kissen. Ein leises Weinen durchzitterte das traulich eingerichtete Mädchenzimmer und heiß begehrend entrang sich der jungen Brust nur immer das eine Wort: „Otto!" — Wie ein sehnsuchtsvoller Gesang aus höheren Welten, wehmutsvoll und märchen- schön klang das Lied der Erinnerung an ihre Liebe durch ihre Seele. Als Carmen bei ihrer Tante Emma, bei einem Gartenfest den schmucken Seeoffizier, Otto v. Boden kennen lernte, erwachte in ihr bald heiße Liebe zu ihm. So wie er sie, so hatte sie ihn be ¬ rückt und jetzt — schaudernd barg sie ihr Gesicht in die bebenden Hände, und noch einmal durch» lebte sie im Geiste ihren LtebeStraum. Die Dunkelstunde war hereingebrochen. Un zählige Lämpchen erstrahlten in buntem Farben- sptel und lustig flogen Raketen mit leuchtenden Ku geln, rot und grün zum Himmel. Fern dem prächtigen Bilde standen in einer Seitenallee umschlungen Carmen und Otto. „Süßes Lieb, ich bin ganz toll vor Glück/ Innig blickte er ihr in die Augen und zog sie in den nahen Pavillon. Glücklich schaute Carmen zu ihrem Gotte auf und bebend flüsterte sie: „Dein aus ewig!" — Aufjauchzend drückte Amor seine Psyche an sich. Heiße Küsse brannten ihr auf den Augen, auf dm Lippen, ein nie zuvor gekanntes, süßes Gefühl durchrieselte Carmen. „Liebster, laß uns gehen, wir werden sonst ver mißt," flüsterte sie leise. „Ja, Schätzel, wir gehen," und Otto küßte da bei die heißen Mädchenlippen. Noch einmal riß er Carme» ungestüm an sich und sagte: „Lebe Wohl, morgen sehen wir uns um 6 Uhr hier wieder; ich komme ungesehen über den Zaun!" Des anderen Tages ging Earnie» nach Tisch allein in den prachtvollen Garten, der sich rings herum um die Villa „Frieden" hinzog. Vom blauen Himmel lachte die Sonne. Ahr« Goldstrahlen hüpften über die Wege, wiegten sich auf den schaukelnden Blättern der Bäume und Sträucher und spielten liebkosend mit dem gold gelockten Haar. Wie wohl war es Carmen ums Herz. „Er ist dein!" jubelte es laut in ihr, und sehnsüchtig breitete sie die Arme aus, um den ent fernten Geliebten zu umfangen. Endlich blieb Lär men vor einer weinumrankten Laube stehen und setzte sich vor dieselbe in einen bequemen Garten stuhl. Still war es um sie her. Nur hin und wieder flog ein munteres, zwitscherndes Vöglein, ein bun ter Schmetterling über die schön gepflegten Tep pichbeete. „Hier ist gut träumen von dir, mein Otto!" Ja bald, bald lag sie wieder in seinen Armen, fühlte seine Küsse. Leise, sehnsüchtig, geheimnisvoll rauschte es durch die Bäume. Leise, sehnsüchtig, geheimnis voll umspann sie ei» zarter Traum, und sie war bei ihm. Scho» fühlte sie seine heiße» Lippen, und ein Bebe» ging durch ihre schönen Glieder. Sie stand vor einem Meer voll Seligkeit — immer melo discher, immer lockender sangen die Wellen der Se ligkeit, und von ihnen getragen strahlte sein Blick ihr entgegen — da nahmen die schmeichelnden Flu ten sie auf. Gedanke au> Gedanke häufte sich und verwirrte ganz den Blondkopf. Ihr achtzehnjähriges Herz kannte doch keinen Kummer, keine Sorge, und ihre Romanhelden, die freiten bis jetzt all» ihre Ange beteten. Ja, so mußte es auch bei ihr sein, und die Eltern werden recht glücklich sein, ihren Son nenschein glücklich zu wissen. O, herrlich ist das Leben, die Liebe! — Nun Ssmrenleuchtv«. Roman von Erich Friesen. 20. Forts, und Schluß. Nachdr. Verbote». Nur hinein, hinein ins Boot! Vergebens kommandiert der Kapitän: „Frauen und Kinder zuerst!" Das erste Rettungsboot stößt ab. Es enthält nur Männer. Die rohe Kraft hat den Sieg davon getragen. Jetzt steht Orlando ganz vorn. Jeder seiner Arme umschlingt eine der zitternden Frauen. „Ich habe die Pferde losgebunden, Signore!" brüllt Pietros Stimme von hinten zu Orlando hin über. „Sie krepierten fast vor Angst." Orlando hört nicht auf seinen Stallknecht. Was kümmern ihn jetzt die Pferde! Jetzt, da es gilt, das Leben der beiden Frauen zu retten! Immer »lehr sinkt das Schiff. Ein Teil des Decks ist bereits unter Wasser. „Hinein, hinein ins zweite Boot!" Sofort ist es gefüllt. „Roch einer!" kommandiert der leitende Offi zier. Mit geschicktem Wurf schleudert Orlando die fast ohnmächtige Fran San Martino hinunter. „Voll! . . . Ab!" Umsonst fleht und schreit die arme Mutter drunten im Boot, die Arme nach ihrer Tochter ousstreckend. Das Boot stößt ab. Dicht aneinandergeschmiegt stehen Orlando-und Mirra. Eine merkwürdige Ruhe Ist über sie gekommen. Ohne ein Wort zu sprechen, empfinden beide nur das eine: i „Wir sterben zusammen." Da — eine mächtige Sturzsee Ein Schrei des Entsetzens — — — Eine Masse Menschen ist über Bord gefegt. Unter ihnen Orlando und Mirra Orlando fühlt, wie ihn« das Wasser an die Kehle dringt. Er ist »in geübter Schwimmer und gebraucht mit ganzer Krasl Arme und Beine, um sich aus dem Bereich des sinkenden Schiffes zu bringen. Doch wo ist Mirra? In Todesangst rnft er ihren Namen Ein halberstickter Lant als Antwort. Sie ist dicht neben ihm. Der Selbsterhaltungs trieb gab ihr Kraft, ihm nachzuschwimmen. „Halte Dich au mir sest, Mirra! Ganz fest!" „ X a „Nicht loslassen, Ivas auch kommen mag! Hörst Du?" „Ja." So vereint, werden die beiden von den Wo gen davongctragcn, während hinter ihnen verzwei felnde Mensche» mit dem Tode kämpfen und das Schiff immer tiefer sinkt Scbon seit lange ertönen von dem sinkenden „Re Umberto" her Notsignale, steigen prasselnd Raketen in die Luft, nm Schiffe, die vielleicht in der Nähe, aufmerksam zu machen. In seiner ganzen Pracht steht der Mond am dunklen Firmament. Fahl beleuchtet er die grau sige Szenerie. Orlando fühlt, wie Mirras Körper schwerer und schwerer wird Die Kräfte scheinen sie zu verlassen. Mit fast übermenschlicher Anstrengung arbeitet er. Nirgends ein Schimmer von Rettung. „Laß mich los! Rette Dich, Orlando!" stöhnt Mirra erschöpft. „Nein. Ich lebe mit Dir und sterbe mit Dir!" Und nochmals nimmt er einen verzweifelten Anlauf, das teure Leben zu retten. Ei» wahnsnmiges Verlangen zu leben, noch einmal die Freuden dieser Erde zu kosten, vereint zu sein mit ihr, die seine einzige wahre Liebe, erfaßt ihn nnd gibt seinen Armen für kurze Zeit Riesenkraft. Dann — ein dumpfes Gefühl im Hintertopf. Vor den Augen Nebelschleier. Der ganze Körper wie erschlafft wie abgestorben ... Fast willenlos überläßt Orlando sich und die fest an ihm hängende Geliebte nun den Wellen. Da hört er plötzlich neben sich heftiges Schnaufen. Ein dunkler Körper treibt ihm entgegen. Er versucht den Kops zu heben. Ein Pferd kämpft wütend mit den Wogen. „Pluto!" schreit Orlando. „Pluto!" Das Pferd spitzt die Ohren. Leises Wiehern als Antwort. Die beiden streben einander entgegen — das Pferd und sein Herr, beide von frischem Mute be seelt. Jetzt greift Orlando hinein in die lange Mähne des Tieres. Pluto, beruhigt durch die Nähe seines Herrn, hört auf, wie rasend um sich zu schlagen. Ruhig schwimmt er dahin. Und mit ihm Orlando, die ohnmächtige Mirra im Arm. Wie lange — Orlando weiß es nicht . . . Er weiß nur, daß plötzlich Stimmen an sein Obr dringen; daß eine feste Hand ihm Mirra ent- rerßt; daß gleich darauf auch er in ein Boot ge zogen wird. „Pluto!" ruft er halb bewußtlos. Ein ängstliches Wiehern aus der Ferne als Antwort. Dann nichts mehr. Als Mirra rus ihrer tiefen Ohnmacht erwacht, sicht sie sich, eingehüllt in grobe Wolldecken, im Sande liegen. Und nm sie herum eine Masse wettergebräun ter Fischergesichter. Mit einem Schrei springt sie enipor. „Orlando! Wo ist Orlando!" Ein verrunzelter Alter deutet auf eine eben falls in Decken gewickelte, lang ausgestreckte Ge stalt. „Tot?!" Wie der Aufschrei einer zu Tode gemarterten Seele zittert er über d e Wasser. Sie wirft sich über die stille Gestalt. Sie um fängt sie mit ihren Armen. Sie betastet in wahn sinniger Angst das bleiche Gesicht, die kalten Hände. Und ein Jubelrnf dringt von ihren Lippen. „Er lebt! Er lebt! Dank Dir, Gott!" 17 Kapitel. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Schreckensnachricht von dem Untergang des „Re Umberto" im Lande Nnr wenige Passagiere wurden wie durch ein Wunder gerettet. Die meisten von ihnen, sowie die ganze Mannschaft, an ihrer Spitze der Hel- denkapitän, dessen mächtige Gestalt bis zum letzten Augenblick auf der Kommandobrücke sichtbar war, fanden den Tod in den Wellen. Als der Oberst San Martino sein treues Weib, seine geliebte Tochter wieder in die Arme schließt da stürzen ihm die Tränen aus den Augen. Und der alte Haudegen schämt sich nicht dieser heißen Freudentränen Orlando hat Mirra nach Capri begleitet. Fe ster denn je fühlt er sich mit ihr verbunden, nach jener grauenvollen Nacht, da beide sich dem Tode verfallen glaubten und doch mit so brennender Sehnsucht nach dem Leben verlangten.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder