VIII. Jahrgang. 31. Dezember 1885. Zeitschrift für Mi iseologie und Antiqiiitätenkimde sowie No. 24. fiir verwandte Wissenschaften. No. 24. Erscheint monatlich zweimal. Verantwortlicher Redakteur i. V. Ernst Boetticher. Erscheint Mitte nnd Ende jeden Monats. — Abonnementspreis pro Jahr 20 Mark. Einzelne Nummern 1 Mark. — Insertionspreis für die durchlaufende Petitzeile oder deren Kaum 40 Pf., zweimal gespalten 20 Pf., viermal gespalten 10 Pf. Bei zwölfmaliger, monatlich wiederholter Aufnahme wird von diesen Preisen 25 °/o, bei vierundzwanzigmaliger, alle halbe Monate erfolgter Aufnahme 40 °/o Rabatt gewährt. Inhalt: In welcher “Weise sind die Museen allgemein nutzbar zu machen. Von f Geh. Hofrath Dr. J. G. Th. Graesse. — Bücherschau. — Inseratenteil. In welcher Weise sind die Museen allgemein nutzbar zu machen? Von f Geh. Hofrath Dr. J. G. Th. Graesse. Diese Frage wurde vor nicht langer Zeit unter einer Anzahl gebildeter Männer aus verschiedenen Kreisen der Gesellschaft aufgeworfen, es wurden da mancherlei wunderliche Ansichten ausgesprochen, allein im allgemeinen musste man doch zugeben, dass eine Behauptung, die von einem Freunde des Fortschritts aufgestellt worden war, eine gewisse Berechtigung für sich hatte. Es wurde nämlich geradezu gesagt, die Benutzung der Museen durch das Publikum sei eigentlich eine ziemlich unfrucht bare, wenigstens dann, wenn Aluseen nicht für ein ganz bestimmtes Publikum angelegt seien, wie z. B. Gewerbemuseen, botanische, anatomische, pliarma- ceutische, chemische, physikalische Museen. Um über diese Frage genügend urteilen zu können, muss man wenigstens ganz kurz die Geschichte der Entwicklung dieser Sammlungen berühren. Es ist eine bekannte Sache, dass ein Institut unter diesem Namen im Altertum vorkommt, das leider in seiner Wesenheit uns überhaupt nicht recht bekannt gewordene Alexandrinische Museum der Ptolomäer. Es ist bei alledem bekannt, dass dieses nicht ein Museum im jetzigen Sinne, sondern ein litterarisclies Institut war. Ähnliche Anstalten sollen sich im Mittelalter als Mittel zum Zweck bei einigen Universitäten der Araber befunden haben, allein, obgleich wir auch von ihnen so gut wie gar keine genaue Kunde haben, so lässt sich doch auch von ihnen vermuten, dass sie ganz anders wie unsere heutigen Museen zusammengesetzt waren. Es wäre aber wohl möglich, dass sie nebenbei den Zweck hatten, das Fundament für Vorlesungen und Vorträge zu bilden, gewissermaassen als Lehrmittelsammlung für den Anschauungsunterricht zu dienen; könnte man dies nachweisen, so würden auch hierin die hochgebildeten Araber unsere Lehrmeister sein. Lassen wir aber diese Hypothese als unerweislich dahingestellt, so können wir mit Ausnahme der Gemäldegalerien und der Bibliotheken die Entsteh ung der Museen, will man darunter nicht blosse nur für gewisse Personen bestimmte Sammlungen ver stehen, höchstens bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts zurück verfolgen. Dass alle jene kunstliebenden Fürsten, die seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts Gemälde, Kost barkeiten, Münzen, Kuriositäten, naturwissenschaft liche Gegenstände, Waffen sammelten, die nur für sie und ihre Nachkommen Wert hatten, an die Ausnutzung der gesammelten Gegenstände für das allgemeine Beste auch nicht entfernt dachten, dar über besteht wohl überhaupt kein Zweifel. Erst von der Zeit an, wo man überhaupt an höchster Stelle sich mehr kosmopolitischen Anschauungen accommodierte, wurden die bisher verschlossenen Schätze wenigstens bedingungsweise auch anderen Personen als ihren eigentlichen Besitzern zugänglich, und seit dem zweiten Drittel dieses Jahrhunderts sind nun schnell die Schranken gefallen, welche bis dahin noch gegenüber dem grossen Publikum be standen. Das eigentliche Freimachen des Eintritts in dieselben, und war derselbe auch noch so wenig beschränkt, wurde das Lieblingsthema der liberalen Sprecher unter den Volksvertretern, und es ist ihnen