seitig stets zu Trauerbroten, woran ausser dem Geistlichen und dem Lehrer, wie jetzt noch, früher auch der Arzt teilnahm. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das in den Dörfern schon durch weitverzweigte Verwandtschaften vorhanden ist, wurde ehedem durch eigenartige Sitten und Bräuche immer aufs neue geweckt und gestärkt, wie z. B. durch die Gemeindebiere an den Kirchrechnungs- ablagen*) und das alljährliche Schlachten des Gemeindeochsens, welcher Brauch sich noch in W. erhalten hat, in allen anderen Gemeinden aber Ende der 60er Jahre verschwunden ist. Der Reihe nach musste jeder Bauer einen auf Kosten der Gemeinde zu St. Jacobi angekauften zweijährigen Ochsen bis St. Galle, an welchem Tage dieser stets ge- sclilachtet wurde, füttern, wofür der Fütterer die Gemeinde- oder Ochsenwiese unentgeltlich in Pacht und das Fett des Ochsens bekam* auch das Recht hatte, Verwandte und Bekannte zum „Ochsentod“ zu laden. Auf die Einladung des Wächters hin, „des Boten nach zum Ochsenschlachten“, erschienen die Bauern mit Stricken in dem Gutshofe, wo der Ochse gefüttert war und auch zugleich geschlachtet wurde. Nachdem man Kaffee getrunken, gings ans Schlachten, wobei jeder behilflich zu sein, vor allem aber die Flecke mit zu waschen hatte. Unterdes war das Mittagessen herangekommen, das ständig aus dem gekochten Ochsenkopfe und Meerrettich bestand. Hierauf wurde der Ochse mit möglichster Genauigkeit in so viel Teile zerlegt, als Bauern im Dorfe wohnten, und damit ja keiner zu kurz weg kam, wurden die Stücke durch Auflegen von Kartenblättern verlost. Jeder trug nun so schnell wie möglich seinen Anteil heim, um zu dem um 4 Uhr abermals stattfindenden Kaffeetrinken, vor allem aber zu dem dann beginnenden Kartenspiele, das dem Ganzen erst den rechten Reiz verlieh, pünktlich zur Stelle zu sein. Ehe man sich jedoch zum Spiele, wozu Spielgäste und die ledigen „Kerle“ im Dorfe geladen wurden, niedersetzte, wurde das Blut verteilt, wovon auch die „kleinen Leute“ im Dorfe etwas bekamen. Gewiss zum Leidwesen mancher wurde das Spiel durch die um 9 Uhr statt- tiudende Hauptmahlzeit unterbrochen. Suppe, Rindfleisch und Pastinaken, Schinken und Wurst, Butter, Brot und Käse nebst allerlei Tunken kamen nacheinander auf den Tisch. Zu dieser .Mahlzeit wurden die einheimischen Sattler geladen, die dann durch Bieten die Haut er stehen konnten, aus deren Erlös der Schlächterlohn, die Schlachtsteuer, Bier und Schnaps bezahlt wurden, während alles übrige Geld aber die Bauern zu gleichen Teilen bekamen. Ein anderer eigenartiger Brauch hat sich in Uhlmanusdorf er halten, wo jedes Besitztum uoch von alters her seine Leichennachbarn hat, die, oft weit auseinander wohnend, den verstorbenen Besitzer zum Friedhof fahren müssen. Doch auch ohne einen solchen Zwang fühlt sich jeder bespannte Bauer moralisch verpflichtet, seinem verstorbenen Nachbarn diesen letzten Liebesdienst zu erweisen. Aber auch die *) Vergl. meinen Aufsatz in No. 59, 1899 der Wissenschaftl. Beilage der Leipz. Zeitung „Aus dem Leben eines sächsischen Grenzdorfes im 17. und 18. Jahr hundert“.