Dkscrrsffonen der städtischen Curien über den ständischen Ausschuß und dessen Aufnahme in die Verfassungsurkunde. Als die städtischen Curien den Entwurf der Verfassungsurkunde in Werathung nahmen, mußte ihnen sehr bald die innerste Ucberzcugung sich aufdringen, daß ein ständischer Ausschuß, der von einer Stan- deversammlung bis zur nächstfolgenden fortdaure, das beste und sicherste Mittel sein müsse, wodurch die Ver fassung Sicherheit gewinnen könne, in dem jede Besorgniß wider Beeinträchtigung der Verfassung ver schwinden und untergchen müsse. Für Begründung und Befestigung eines landständischen Ausschusses sprach an sich die Erfahrung, denn Würtemberg und Mecklenburg verdanken dem ständischen Ausschuß das Fortbestehen ihrer Verfassungen in allen Stürmen der Zeit, wider alle Angriffe, die in diesen Staaten die Willkühr gegen ständische Freiheit versuchte und die an diesem Ausschuß scheiterten. So sprechende Beweise für den hohen Werth des Ausschusses konnten bei Entwerfung der deutschen Verfassungen nicht verkannt werden, welche in letzter Zeit sich bildeten, und, daß man diesen Werth in seinem ganzen Umfang erkannte, verbürgen die Constitutionen des Großherzogthums Weimar, der Herzogtümer Coburg, Gotha, Hildburgs- Hausen, Altenburg, Braunschweig, der Fürsienthümcr Waldeck, Lippe-Detmold, sogar der Grafschaft Lyrol. Da ferner die Verfassung des Großherzogthums Baden, welche der des Königreichs Sachsen nach von der Staatsregierung erlassenen Bekanntmachungen hauptsächlich zum Grunde gelegt worden, einen ständischen einflußreichen Ausschuß aufstellt, so waren' die Abgeordneten der Städte schon aus diesen Rücksichten einstim mig der Meinung, daß die Verfassung des Königreichs Sachsen von allen neuern deutschen Constitutionen nicht dadurch sich unterscheiden dürfe, daß in ihr der ständische Ausschuß vermißt werde. Selten wird aber auch Theorie und Erfahrung in demselben Resultat in einem solchem Grade sich vereinigen, wie es mit dem ständischen Ausschuß der Fall ist. Will man nicht, wie in den großem Staaten Europa's, die einer Ver fassung sich erfreuen, geschieht, die Standeversammlungen in jedem Jahre einberufen, will man, wie der Entwurf der sächsischen Vcrfassungsurkunde cs enthält, nur alle drei Jahr die Versammlung der Stände eintreten lassen, so ist es unerläßlich, daß während des dreijährigen Zwischenraums ein Berührungspunkt zwischen dem Fürsten und seinem Volk in dem ständischen Ausschuß fortdaure. Den städtischen Abgeordne ten trat hier die Erinnerung an das Jahr 1814 vor den wehmüthigen Blick, und sie konnten sich nicht bergen, daß der Mangel einer ständischen Wirksamkeit während der Zeit von einem Landtage zu dem an dern sehr fühlbar gewesen, als damals die Bildung einer ständischen Deputation in Frage kam, und in Beziehung auf die in den Reversalen enthaltene Zusicherung ohne der Landschaft Rath und Einwilligung die zu dem Königreich Sachsen gehörigen Lande nicht zu zergliedern, zu trennen und zu veräußern, cs dämm galt Verstellung bei den verbündeten Machten zu thun. Noch kam hinzu, daß der Verfassungs entwurf 122. wegen der Staatsschulden einen ständischen Ausschuß für nöthig gefunden hatte, der mit einem auch für andere Bestimmungen zweckmäßig zu crganisirenden ständischen Ausschuß sehr wohl zu ver einigen war. (Fortsetzung folgt.) Leipzig, gedruckt bei B- S. Teubner.