Mitteilungen über die Verhandlungen des Ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen / 2. Kammer

ruht bekanntlich nach dem Gesetze vom 26. November 1834 darauf, daß in der Regel zwar Jeder an seinem Geburts orte heimathsangehörig ist, ein anderes neues Heimathsrccht aber durch fünfjähriges Wohnen an einem anderen Orte dann erwirbt, wenn damit gleichzeitig die Ansässigkeit am Orte oder das Bürgerrecht verbunden gewesen ist. Seit den Gesetzen vom 9. und 12. October 1840 — letzteres die Erläuterung einiger Bestimmungen des Heimathgesetzes betreffend — ist gedachte Wirkung des fünfjährigen Aufent haltes auch auf Diejenigen erstreckt worden, welche sich nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 9. October genannten Jahres als Dorfhandwerker oder Dorfkrämer in Dörfern niedergelassen haben. — Es würde nun freilich zu einer ungerechtfertigten Unterscheidung zwischen Stadt und Land eine andere etwa nur in der Fassung dem Systeme des Gewerbegesetzes angepaßte, materiell aber mit jener im We sentlichen zusammenfallende gesetzliche Disposition handeln können. Denn sowie mit dem Gewerbegesetze auch die letzte Spur eines gewerblichen Vorrechts der Städte vor dem platten Lande verschwinden wird, so ist es eine Forderung der Gerechtigkeit, daß die mit jenem früheren Verhältnisse zusammenhängenden Ungleichheiten auf dem heima th- rechtlich en Gebiete ebenfalls und gleichzeitig in Wegfall kommen. Es bedarf daher, um dem vorliegenden Bedürf nisse zu genügen, einer solchen Modisication der bestehenden Heimathgesetzgebung, wodurch die Erwerbung des örtlichen Heimathrechts, wenigstens insoweit sie auf Momenten ge werblicher Natur beruht, für Stadt und Land auf den Fuss völliger Gleichheit gebracht wird. Von diesem Gesichtspunkte aus ist denn auch bereits in den Motiven zu Z. 42 des Entwurfs zum Gewerbege- setze auf die mit der Aufhebung des Gesetzes vom 9. Öc- tober 1840 für andere Theile der Gesetzgebung verbundenen Folgen hingewiesen und bei den Verhandlungen mit den ständischen Zwischendeputationen eine die Gleichstellung zwischen Stadt und Land in heimathrechtlicher Beziehung bezweckende Gesetzvorlage noch für den gegenwärtigen Land tag Seiten der Regierung zugestchert worden. Durch den obigen Gesetzentwurf soll dieser Zusicherung genügt werden. . Um die demselben gestellte Aufgabe zu lösen und zwar, wie dies als selbstverständliche Voraussetzung anzufehcn war, im Zusammenhang mit dem in seinen Grundlagen nicht anzutastenden Systeme des Heimathgesetzes vom 26. November 1834, hätte zunächst eine einfache Abänderung des §. 8 des Heimathgesetzes in Frage kommen können. Da nämlich, wie oben gezeigt worden, die eigentliche und alleinige Quelle der Disparttät zwischen Stadt und Land im Bereiche des Heimathrechts in der Bedeutung be ruht, welche im Heimathgesetze dem städtischen Bürgerrechte, als solchem, als Titel für Erwerbung der Heimathange- Lcgenheil beigelegt ist, so käme es, um den vorliegenden Zweck zu erreichen, nur darauf an, daß jene Quelle ein für allemal verstopft, d. h. dem blosen Bürgerrechte die in §. 8»2 des Heimathgesetzes daran geknüpfte Wirkung wie der entzogen und dies durch eine nachträgliche Bestimmung zu §. 8 gesetzlich ausgesprochen würde. Es würde alsdann als regelmäßiger Erwerbungsgrund der Heimathangehörig- keit neben der Geburt am Orte und der ausdrücklichen Er- Lheilung nur noch die mit Wohnsitz verbundene Ansässig keit mit einem Wohngebäude unter Hinzutritt einer fünf- und zwar zum Nachtheile der ersteren führen, wenn dieje nigen vom Lande gebürtigen Gewerbtreibenden, welche sich, infolge des neuen Gcwerbegesetzcs vielleicht in größerer An zahl als früher, in einer Stadt niederlassen und nach den Bestimmungen der Städtevrdnung, wenigstens zum großen Theile, zu Gewinnung des Bürgerrechts angehalten werden — nach Ablauf von fünf Jahren in der Stadt hcimaths- berechtigt werden sollten — diejenigen Gewerbtreibenden' aber, welche umgekehrt aus der Stadt gebürtig, zu Betreib bung ihres Gewerbes, möglicher Weise auch in größerer Anzahl als früher, sich auf das Land wendeten, daselbst auch durch einen noch so langen Aufenthalt nicht heimaths angehörig würden, sondern ihre frühere Heimathsangehörig- keit in der Stadt behielten. Eine Gleichstellung und zu ¬ jährigen Dauer derselben, also ein für Stadt und Land gemeinschaftliches, nach beiden Seilen ganz gleichmäßig, wirkendes Moment übrig bleiben. Bei näherer Erwägung hat man sich jedoch Mit die sem, wenn auch durch Einfachheit sich empfehlenden Aus- kunftsmittel nicht befreunden mögen. Nach Ausweis der Motiven zum Heimathgesetze (Landtagsacten vom Jahre 1834, Abteilung I, Band 1, Seite 170) war es weftyt- lich die Rücksicht auf die verfassungsmäßige Bedeutung des Bürgerrechts, die man in keiner Weise schwächen und her absetzen wollte und die Absicht, mit den übrigen activen und passiven Wirkungen, die man dem Eintritt in den städtischen Gemeindeverband als Bürger mit Recht beilegt, nicht in Widerspruch zu gerathcn, welche den Gesetzgeber damals bestimmte, dem Bürgerrechte als solchem neben der Ansässigkeit unter den Arten der Begründung der Hei- mathangehürigkeit seinen Platz einzuräumen. Dieses Mo tiv behält aber gewiß auch jetzt noch sein volles Gewicht. Eine Bestimmung, welche das Bürgerrecht seiner heimalh- crechtlichen Wirkung gänzlich entkleidete, würde heute, nicht minder wie vor 26 Jahren, als eine solche anzusehrn sein, die gegen den Geist der städtischen Gemeindeverfassung ver stößt und daher in dem Nechtsbewußtsrin der städtischen Bevölkerung keine Billigung finden. Es kommt dazu, daß sie auch in ihrer Wirkung viel weiter reichte, als der Zweck der gegenwärtigen Gesetzvorlage es mit sich bringt. Denn es würde sich jene auch auf eine ganze Reihe solcher bür gerlicher Verhältnisse erstrecken, die, wie dies namentlich von der Mehrzahl der in Z. 48 der allgemeinen Städteord nung erwähnten gilt, von dem-Gewerbegesetze gar nicht be rührt werden und die daher bei dem durch dieses her,vorge rufenen Bedürfnisse einer die Verhältnisse zwischen Stadt und Land in heimathrechtlicher Beziehung ausgleichcnden Gesetzgebung nicht oder doch nur in zweiter Linie in Be tracht kommen. Folgt Hieraus, daß die letztere, — wie dies ja auch mit der in Wegfall gelangenden, mit der damaligen Ge- werbegesetzgebung im engsten Zusammenhangs stehenden Bestimmung des Gesetzes vom 12. October 1840 der Fall war, — an die künftige Gewerbeverfassung sich -anzulehnen und aus dieser ihre Basis zu entlehnen haben werde, so scheint sich als ein solches Kriterium gewerbrechtlicher Na tur, an welches heimathrechtliche Wirkungen passender Meise und mit der erforderlichen Bestimmtheit sich an knüpfen lassen, einzig und allein das in §§. 4 bis 6 des Gewerbegesetzentwurfs geregelte Institut der Anmeldung