Mitteilungen über die Verhandlungen des Ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen / 2. Kammer

II. K- 67. Sitzung, am 26. März 1912 2357 (Präsident.) M Ich werde bei der Abstimmung so verfahren, daß ich zunächst frage, ob man diesen Absatz hinzufügen will. Je nachdem der Antrag angenommen oder abgelehnt wird, werde ich dann den so gestalteten 8 44 zu Abstimmung bringen. Wünscht jemand das Wort? — Der Herr Bericht erstatter ! Berichterstatter Abg. vr. Kaiser: Der Herr Abg. Heymann hat gemeint, daß er für diesen Antrag zu haben wäre, wenn gesagt würde, daß die Wahlen am Sonntage stattfinden können. Ich finde im Gesetze — ich glaube nicht, daß ich mich irre — keine Bestimmung, die das hinderte. (Sehr richtig! in der Mitte.) Es bleibt also den Gemeinden überlassen, wenn ört liche Bedürfnisse dafür sprechen, dann ohne weiteres die Wahl an einem Sonntage vorzunehmen. (Zuruf in der Mitte: Das geschieht auch schon!) Die Herren, die dieser Meinung sind, brauchen sich also nicht hindern zu lassen, gegen den Antrag, der hier vorliegt, und für den Deputationsantrag zu stimmen. M . . Präsident: Das Wort hat der Herr Abg. vr. Roth. Abg. vr. Roth: Meine Herren! Nach dem Sonn tagsruh eg esetze ist es allerdings verboten, daß amt liche Handlungen an Sonntagen vorgenommen! werden. - Präsident: Das Wort hat der Herr Abg. Nitzsche. Abg. Nitzsche (Dresden): Ja, meine Herren, dar über kann gar kein Zweifel bestehen, daß die Ge meinden heute schon die Wahl auf einen Sonntag verlegen können. Aber es geschieht in der Regel nicht. Es werden allerhand Schwierigkeiten gemacht. Eine große Anzahl von Gemeinden hat die Wahl schon an Sonntagen vorgenommen. Das beweist nur, daß dieser Antrag leicht durchgeführt werden kann. Daß er einem Bedürfnis entspricht, dafür bedarf es einer Beweisführung nicht. Ich brauche bloß darauf hinzuweisen, daß den Arbeitern und sonstigen Berufstätigen durch die Wahl an einem Wochentage einige Stunden Lohn verloren geht, daß ihnen auch sonst Hindernisse erwachsen und daß die Wahlbeteiligung im allgemeinen viel größer sein würde. Wenn die Wahl an einem Sonntage II. K. (2. Abonnement.) stattfände statt an einem Wochentage, dann hätten 8A jedenfalls alle Klassen insofern einen Vorteil, als die Wahlbeteiligung allgemein größer würde. Präsident: Der Herr Vizepräsident Fräßdorf hat das Wort. Vizepräsident Fräßdorf: Ich möchte gleichfalls dafür eintreten, daß die Wahl an einem Sonntage stattzufinden hat. Der Einwand des Herrn Kollegen vr. Roth ist nicht durchschlagend. Der Sonntag ist lang genug, um die Gemeindewahlen an diesem Tage außerhalb der Kirchzeit vorzunehmen. Im übrigen kann auch das Gemeindebürgerrecht nicht von der Abhaltung des Gottesdienstes abhängen, welcher beliebig durch einen Geistlichen festgesetzt wird. Wenn wir diese Bestimmung nicht treffen, so hat das Recht der Gemeindevorstände bez. der Gemeinderäte, die Wahl für einen Sonn tag auszuschreiben, einen sehr geringen Wert, weil die Mehrheit des Gemeinderates nicht die Mehrheit der Wähler repräsentiert; die Minderheit verfügt über das Wahlrecht der Mehrheit, und es dürfte in vielen Orten eine große Anzahl von Bauhand werkern oder anderen Arbeitern geben, die Wochen tags nicht zu Hause sein können, weil sie ihren Ar beitsplatz weitab vom Wohnsitze haben. So ist die D) Minderheit der Gemeinde und deren Vertretung in der Lage, ihnen dieses geringe Wahlrecht noch völlig illusorisch zu machen. Das ist illoyal in schlimmster Art, und ich hätte gewünscht, daß man diese Be stimmung in das Gesetz ausgenommen hätte. Ich bitte Sie trotz alledem noch darum. Präsident: Das Wort hat Herr Abg. vr. Roth. Abg. vr. Noth: Meine Herren! Der Herr Vize präsident Fräßdorf hat mich vollständig mißverstanden. Ich habe nicht einen Einwand erhoben gegen die Vornahme der Wahl am Sonntage, sondern nur festgestellt, daß aus Grund der jetzt bestehenden ge setzlichen Bestimmungen die Wahl am Sonntage, wenn man sie als amtliche Handlung auffaßt, nicht stattfinden kann. Wenn das geändert wird, so ist das etwas anderes, denn ein Landesgesetz kann durch ein Landesgesetz aufgehoben werden. Präsident: Das Wort hat der Herr Abg. Or. Schanz. Abg. vr. Schanz: Meine Herren! Das, was der Herr Abg. vr. Roth gesagt hat, stimmt nicht ganz. Wir können nach dem jetzt bestehenden Landesgesetze 34S