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Die Uhrmacherkunst
- Bandzählung
- 51.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsche Gesellschaft für Chronometrie e.V., Bibliothek
- Digitalisat
- Deutsche Gesellschaft für Chronometrie e.V.
- Lizenz-/Rechtehinweis
- CC BY-SA 4.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id318594536-192601006
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id318594536-19260100
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-318594536-19260100
- Sammlungen
- Technikgeschichte
- Uhrmacher-Zeitschriften
- Bemerkung
- Es fehlen die Seiten 617-622
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- Nr. 26 (25. Juni 1926)
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Titel
- Du liebes Wien (2)
- Autor
- Decsey, Ernst
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Artikel
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitschriftDie Uhrmacherkunst
- BandBand 51.1926 -
- TitelblattTitelblatt -
- InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis III
- AusgabeNr. 1 (1. Januar 1926) 1
- AusgabeNr. 2 (8. Januar 1926) 21
- AusgabeNr. 3 (15. Januar 1926) 35
- AusgabeNr. 4 (22. Januar 1926) 57
- AusgabeNr. 5 (29. Januar 1926) 75
- AusgabeNr. 6 (5. Februar 1926) 93
- AusgabeNr. 7 (12. Februar 1926) 117
- AusgabeNr. 8 (19. Februar 1926) 135
- AusgabeNr. 9 (26. Februar 1926) 155
- AusgabeNr. 10 (5. März 1926) 175
- AusgabeNr. 11 (12. März 1926) 199
- AusgabeNr. 12 (19. März 1926) 217
- AusgabeNr. 13 (26. März 1926) 239
- AusgabeNr. 14 (2. April 1926) 261
- AusgabeNr. 15 (9. April 1926) 281
- AusgabeNr. 16 (16. April 1926) 297
- AusgabeNr. 17 (23. April 1926) 317
- AusgabeNr. 18 (30. April 1926) 333
- AusgabeNr. 19 (7. Mai 1926) 353
- AusgabeNr. 20 (14. Mai 1926) 375
- AusgabeNr. 21 (21. Mai 1926) 393
- AusgabeNr. 22 (28. Mai 1926) 411
- AusgabeNr. 23 (4. Juni 1926) 433
- AusgabeNr. 24 (11. Juni 1926) 449
- AusgabeNr. 25 (18. Juni 1926) 471
- AusgabeNr. 26 (25. Juni 1926) 489
- ArtikelFerienreise und Reichstagung 489
- ArtikelDer Niedergang des Hausuhrgeschäftes 490
- ArtikelUeber die Beleuchtungsanlagen unserer Schaufenster 492
- ArtikelTreibt Schmuckpropaganda! 494
- ArtikelDie 49. Chronometer-Wettbewerbprüfung in der Deutschen Seewarte 495
- ArtikelWiener Brief 496
- ArtikelSprechsaal 497
- ArtikelInnungs- u. Vereinsnachrichten 498
- ArtikelSteuer- und Aufwertungsfragen 503
- ArtikelVerschiedenes 503
- ArtikelFirmen-Nachrichten 504
- ArtikelPatentschau 504
- ArtikelFrage- und Antwortkasten 504
- ArtikelEdelmetallmarkt 504
- ArtikelDu liebes Wien (2) 505
- ArtikelFeststellung der Refraktionsfehler (Fortsetzung) 507
- ArtikelOptik und Tagespresse 508
- ArtikelBerücksichtigung des Scheitelabstandes 509
- ArtikelBriefkasten 510
- ArtikelHeiteres aus der Optik 510
- AusgabeNr. 27 (2. Juli 1926) 511
- AusgabeNr. 28 (9. Juli 1926) 527
- AusgabeNr. 29 (16. Juli 1926) 549
- AusgabeNr. 30 (23. Juli 1926) 569
- AusgabeNr. 31 (30. Juli 1926) 591
- AusgabeNr. 32 (6. August 1926) 623
- AusgabeNr. 33 (13. August 1926) 647
- AusgabeNr. 34 (20. August 1926) 665
- AusgabeNr. 35 (27. August 1926) 685
- AusgabeNr. 36 (3. September 1926) 705
- AusgabeNr. 37 (10. September 1926) 725
- AusgabeNr. 38 (17. September 1926) 743
- AusgabeNr. 39 (24. September 1926) 765
- AusgabeNr. 40 (1. Oktober 1926) 783
- AusgabeNr. 41 (8. Oktober 1926) 799
- AusgabeNr. 42 (15. Oktober 1926) 817
- AusgabeNr. 43 (22. Oktober 1926) 833
- AusgabeNr. 44 (29. Oktober 1926) 849
- AusgabeNr. 45 (5. November 1926) 867
- AusgabeNr. 46 (12. November 1926) 883
- AusgabeNr. 47 (19. November 1926) 899
- AusgabeNr. 48 (26. November 1926) 923
- AusgabeNr. 49 (3. Dezember 1926) 937
- AusgabeNr. 50 (10. Dezember 1926) 955
- AusgabeNr. 51 (17. Dezember 1926) 971
- AusgabeNr. 52 (24. Dezember 1926) 985
- BandBand 51.1926 -
- Titel
- Die Uhrmacherkunst
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- Links
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506 DIE UHRMACHERKUNST Nr. 26 den Boden vor ihm war ein Knabenstiefel geflogen. Lange lagen seine Angen auf dem Stiefel, dann murmelte er neidisches Zeug: „Nur an Idee, an anzige Idee! Und ma is wer, ma hat was . . ." Er meinte die Messingplättchen, die ihm von den Stiefelspitzen ent gegenglänzten. Fast jeder Knabe trug damals die gelben Halbmonde an seinen Schuhen, denn jeder Knabe durchscheuerte sonst das Leder, und fast alle Eltern ließen die gelben Halbmonde an den Kappen anbringen, weshalb ihr Erfinder — durch die Sparsamkeit der Eltern und die Neigungen der Knaben — zum Millionär ge worden war. Der Schuster wußte es, und in dem kleinen schmutzigen Schädel stiegen mit einem Male Gesichte auf: er stand oben im Garten wie der Hausherr, mit dem Fuß auf den Plutzern, und jeder Plutzer war der Kopf eines Schusters. Und er trat ihn hinunter. Er hatte einen Nußbaum und schlug ihn, daß das Gold herab spritzte. Und alle Schuster zogen tief die Hüte. Er hatte keine lahme Schlange mehr, aber einen feinen Stadtladen, und stolzierte frei und stieß mit dem Fuß von sich, was er nur wollte. So wirr und abenteuerlich spukte es in diesem dumpfen Schädel: es sah darin aus wie im Gemeindewirtshaus, wenn eben gerauft worden ist; aber klar und fest war eins, der bauernstarke Vorsatz: ich will Wien erobern! Sein Freund Schwerengang, der zu allem ja und Amen sagte, mußte ihm die erste Hilfe leihen: dies war Wiks Entschluß. * Die Uhren rannten inzwischen der Mittagsstunde zu, kurze Zeit nur — und Orion Feuerschein war da, den Schein der unver jährten Schuld in seiner Klaue, und der feiste Händler trug zwei Seelen in der Brust: eine windelweiche, wenn er die vier kleinen Feuerscheine ansah, die ihm verschwenderisch die Gattin geschenkt hatte, und eine korundharte, wenn er Wechsel eintrieb. Oft war das Sofa Ohrenzeuge gewesen, wenn er sagte: „Die Leute schimpfen mich, meine Kinder werden mich loben!“ Heute in der Frühe hatte er an die Lage des Weltmarktes ge dacht, und indem er sie bedachte, schob er den Hut in den Nacken und seufzte: „Gott, die Preise!" Dann schlug er die Ladentür auf und lehnte an den einen Flügel drei Strohgarben, die wehmutsvoll dort stehenblieben —, er öffnete von einer zweiten Flügeltür die oberen Laden, ein weißes Vorhangfenster wurde sichtbar, und dar unter lagerte er sein Heu: die Auslage war fertig. Ein altes schiefes Blechschild hing vor seinem Laden und verkündete: „Orion Feuer schein. Kleie, Futtermehl und Gersteuschrot.“ Und machte ein so trauriges Gesicht wie der Händler selbst, wenn er an die Preise dachte. Am Vormittag wartete er und sah den Spinnen zwischen den Säcken zu; doch als von Schwerengang keine Bote kam, seufzte er: „Was soll ich tun?“ Und trat den täglichen Geschäftsgang an, der heute mit der Pfändung endigte. Er nistete ganz oben in der Hirschengasse, doch mißachtete er den Braunen Hirschen, der ihm gerade gegenüberlag (den Braunen Hirschen, worin Kaiser Josef eingekehrt war), er würdigte auch das Auge Gottes keines Blickes, das hoch vom Linienwall herabsah; alle diese wichtigen Gasthäuser ließ er links liegen, und ging hinüber in die Leopoldstadt, wo er in einem niedrigen Kaffeehause geheimnisvolle Bankgeschäfte ab schloß, Hafersäcke abstieß, Schuldscheine eiwarb und erbätmlich seufzte, so oft der Kellner ihn umsummte, denn er enthielt sich Weins und allen schaifen Getränks und deshalb auch des Trinkgelds. Heute war Herr Graslitz dort, Schweizer Uhren en gros, und verwickelte ihn in eine tiefe Unterredung, wobei der Name Schweren gang öfter vorkam. Der Händler horchte auf. Also war auch hier etwas im Werk? Er zog die Achseln und seufzte: Was soll ich tun? Und mit dem Ausdruck des Bedauerns wanderte er gegen Mittag eilig zurück. Fröhlich schien die Wiener Sonne, das Pflaster war trocken, und er trug die Stiefel seiner Frau, obwohl er freilich ver sprochen hatte, sie nur bei Regenwetter anzuziehen. Die Uhren rannten vorwärts. Der Meister war noch immer nicht zu Hause. Punkt 12 Uhr verfinsterte sich der Ladeneingang, und wie ein voller Hafersack schob sich’s schnaufend herab, dahinter liniendürr Herr Juricek, der Amtsdiener. Herr Feuerschein war da: „Ich werde die Sache leiten!" rief er wie ein Feldherr und rollte sich dem Sofa zu; doch unsichtbare Kräfte hielten ihn zurück. Dort auf dem Sofa stand der kleine Grazian und geigte. Ein Sonnenstreifen umgoldete seinen Kopf. Bald ließ er sich aufs linke Bein fallen, bald aufs rechte, die elasti schen Federn hoben spaßig die Füße, und er tanzte stehend seinen Walzer, dessen Stakkato den Hafersack wie ein gefälltes Bajonett abhielt. Herr Juricek stand teilnahmslos. Orion Feuerschein schwoll an, der Walzer wollte ihn schier kreiseln, die goldene Luft im Raum mit allen Sonnenstäubchen fing zu wirbeln an, die Uhren tanzten wirbelnd, und es ward ihm heiß. Er kratzte seinen Kopf. Was tun? Er wartete. Als es nicht aufhörte, rief er mit halber Stimme: „Ist denn niemand da?“ Dann ermannte er sich. Die eigene Stimme gab ihm Mat, er warde etwas lanter: „Is denn niemand da? Was is?" Doch niemand hörte. Der Knabe geigte lustig weiter, wie wenn ei's jetzt zu fleiß täte. Er schützte das Haus. Juricek klopfte ungeduldig mit dem Fuße. Feuerschein war wehrlos: ^Ich bin doch nicht gekommen, um a Konzert zu hören", sagte er. Die stärkere Absicht überwog: Durch die verteidigenden Töne drang er vorwärts bis zur Küchentür und schrie hinaus: „Herr Schwerengang? Was is?" Damit aber gab er selbst der Sache eine andere Wendung, und eine überraschende. Denn aus der Küche kam nicht Schwerengang. Frau Christel stürzte ihm entgegen. „O weh!“ entfuhr es unwillkürlich Herrn Feuerschein. Denn Frau Christel war gefährlich. Sie war im Jahre 1848 geboren, nnd in Döbling stellte man nicht ohne Kühnheit Zusammenhänge zwischen den Weltereignissen und ihrem Naturell her: „Ja, das revolutionäre Temperament,“ pflegte Vater Schwerengang zu sagen. In der Tat, sie hatte etwas mehr mitbekommen, und der Grazian fand Genugtuung ciarin, die Frau Mutter, die ihm energisch das Gesicht wusch f und rote Kratz wollstrümpfe über die Füße zog, und überhaupt sämtliche Regierungs gewalten an sich gerissen hatte, den Löwen zu nennen, ein Wort, das in Augenblicken von besonderen Herrschertaten zum dichterischen Leu gesteigert wurde. Dem Löwen sah sich jetzt Herr Feuerschein gegenüber und flötete mit süßgesenktem Kopfe: „Ich hab’ die Ehre, guten Tag zu wünschen, gnä’ Frau ..." Es stieß die Christel, als sie das Gestell sah: die Bären-Beine, die ihm in den Bauch wuchsen, die kurzen Hosen und den Schädel, der ihr vorkam wie eine Kanonenkugel im Bett. Wie ein Tanzbär, dachte sie, und hätte beinahe herausgelacht, doch sie verbiß es, ging ihm dicht an den Leib und drängte ihn: „Mei liaber Freund und Zweschbenröster,"' sagte sie entschlossen, während sie ihn in den Laden schob, „was wollen S’ denn eigentlich scho wieder da?“ „Frau Schwerengang, Sie werd’n doch wissen —“ „Nix waß i! Is däs a G’hört si? Können S’ net a Kart’n schreiben, früher?" Wozu zwei Kreuzer herauswerfen? dachte Feuerschein, und fügte eingeschüchtert hinzu: „Ich hab’ ohnehin eine schreiben — wölln . . .“ Haushälterisch hatte er den Willen für das Werk gesetzt, allein die schwarze Christel wurde puterrot, und wie sich einst die kaiser lichen Reiter auf die Muselmanen warfen und die christliche Ge sittung vor dem Roßschweif retteten, so drang sie auf den schwer geblähten Haferhändler ein: „Was geht denn Ihna eigentlich die ganze G’schicht an? An Schmarn geht’s Ihna an. Schaun S’, daß S’ weiterkommen. Federn derft’ uns nur der Gabesam, Se net, Se net! Denken S’ an den Buam da, So Blunzen, Sö Handle!“ Die Lanzenstiche waren fürchterlich. Mir nichts, dir nichts, wagte diese Frau die Rechtsgrundlage der Zession zu leugnen. Und noch mehr: sie hatte ihn Handle genannt. Er wurde blaß und nahm die Haltung einer Gräfin an, der man nachsagt, daß sie früher beim Chantant war. Er sah die Tage, wo er seine Wiener Lauibahn mit dem Bündel auf dem Rücken begonnen und zur Gilde der Hosen händler und Rockein tausch er gehört hatte. Er sah die Tage, wo er in den Höfen stand und in die Fenster schrie: Nix zu schachern ? Nix zu handeln ? Damals war er auf der untersten Sprosse der kaufmännischen Rangleiter, und jetzt, wo er schon auf der zweiten oder dritten stand, wurden seines Lebens halb verwischte Spuren hier vor dem Juricek erörtert. „Gemeinheit!“ rief er aus tiefverwundetem Gemüte: „Ich bin a Handl6? Wer sind denn Sie? Ihr Herr Vatter soll Ihnen das Haus zurückgeben, was er verschustert hat. Und Ihr Herr Sohn soll arbeiten, statt zu geignen. Ueberhaupt, der Bub muß weg! Der Bub macht mich noch ganz verrickt!" Er nahm den dicken Kopf in beide Hände, er stampfte, er schüttelte sich. Noch immer schwirrten diese Geigentöne, sie drangen in sein Fleisch, er kam sich vor wie eine gellende Glocke. Er schrie, die Christel überschrie ihn — da schritt Herr Juricek zur Tat. Der Worte schienen ihm genug gewechselt: er packte teilnahms los das grüne Sofa auf der einen schmalen Seite, an den krummen Füßen. Ein Ruck, und es war hoch. Die Geigerei brach ab, der Grazian purzelte herab und stieß ihm mit dem Fuß das Amtskappel vom Kopf. Schnaufend suchte Juricek das Sofa aufzustellen. Es sträubte sich, es wollte nicht seine Eingeweide sehen lassen; es machte sich schwer, es schnitt dem Kerl in die Schulter, der es mit roten Fäusten packte; die Federn knackten in diesem Kampfe des GeschlechterBtolzes mit der Pöbelgewalt. Endlich war es überwältigt, seine andere Schmalseite berührte den Boden. Das Sofa stand gedemütigt auf dem Kopfe nnd streckte seine Beine kläglich in die Luft. Schon zog Juricek aus seiner Ledertasche eine Gurte, um es zu fesseln und auf dem Rücken wegzuschleppen. Triumphierend blickte Herr Feuerschein, entsetzt Frau Christel auf die Tat — da ging die Gassentür auf und Meister Schwerengang erschien. (Fortsetzung folgt.) Verlag des Zentralverbandes der Deutschen Uhrmacher (Einheitsverband), E. V., Halle (Saale). — VerantwortL Schriftleitung: A. Scholze; verantwortlich für Finanz- nnd Seuerfragen Dr. Hornung; für juristische Angelegenheiten Dr. jur. Müske, sämtlich in Halle (Saale). Für die Berliner Geschäftsstelle verantwortlich Dr. Reichardt, Berlin. — Druck von Wilhelm Knapp in Halle (Saale).
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