2 L Klaus-Jürgen Winkler Für eine neue Architektur Nackt und bloß, entkleidet vom lästi gen Dekor der spätbürgerlichen Kunst surrogate, den neuen Geist symboli sierend, der frei sein will von der Kon vention der kapitalistischen Gesell schaft, so erregten die Bauten des Bau hauses allgemeine Aufmerksamkeit. Mit dem Bauhaus, seiner breiten publizistischen und kulturpropagandi stischen Wirksamkeit wurden sie be kannt und waren Prototypen, Modell beispiele des Neuen Bauens, denen mit Eifer fortschrittliche Architekten nachstrebten. Die ungewohnte, unvermittelt kühle Sachlichkeit des Bauhausgebäudes, der Meisterhäuser, der Siedlungshäu ser in Dessau-Törten erschreckte den ästhetisch gebildeten Wohlstandsbür ger, den kleinbürgerlichen Spießer und ließ den Faschisten zu der wütenden Schlußfolgerung kommen, daß sich in dieser „Wüstenarchitektur" der „Kul turbolschewismus" des Bauhauses aus- drücke, der endlich zu beseitigen sei. Aber die fortschrittliche Jugend war begeistert, in der Arbeiterbewegung, bei Kommunisten und linken Sozialde mokraten wurden mit Sympathie die Bestrebungen des Bauhauses verfolgt. Der kalkulierende Bourgeois dagegen witterte Geschäfte mit einer Modeer scheinung, die zudem der Produktivi tätssteigerung im Sinne seines Profit strebens entsprach. Aber nicht nur das überkommene ästhetische Bewußtsein war herausge fordert und in Frage gestellt. Vom Bau hausprogramm ausgehend, erhielt die gesamte baulich-räumliche und gegen ständliche Umwelt eine neue Bestim mung, die dem Ideal einer — mit uto pischen Zügen behafteten — sozialisti schen Gesellschaft folgt. 7 Teilansicht des Bauhausgebäudes 8