Werkstattarbeiten Ute Probst Raumtextilien aus der Weberei Der Lehrbetrieb in der Weberei des Bauhauses Dessau folgte dem pro grammatischen Ziel des Bauhauses, die künstlerische Ausbildung mit der handwerklichen zu verbinden. Zunächst diente noch die Wanddekoration als Vorbild, Malerei wurde auf das Ge webe übertragen. So finden sich Mo tive Klees, Kandinskys und des Ku bismus auf anspruchsvollen, handwerk lich gefertigten Einzelstücken. Die Klärung der dienenden Rolle der Raumtextilien in der räumlichen Um welt und die Orientierung auf moderne Webtechniken, die auf Massenferti gung zielen, veränderten das Ausbil dungsprofil. Der Fertigungsprozeß am Flachwebstuhl, die Technik der Verar beitung und die Materialbeschaffen heit bestimmen allmählich stärker die Gestaltung. Neben dem Lehrgebiet Gobelin/Einzelstück wird in Dessau das Fach Gebrauchsstoff/Meterware eingeführt. Im neuen Bauhausgebäude standen vier Webstuhlsysteme, Kontermarsch, Schaftmaschine, Jacquardmaschine, Teppichknüpfstuhl, sowie eine eigene Färberei zur Verfügung. Unter Direk tion Hannes Meyers und der fachlichen Leitung Gunta Stölzls verstärkte sich die praxiswirksame experimentelle Ent wurfsarbeit, die nun auch in größerem Maße vom Volksbedarf ausging. Die Entwürfe wurden wissenschaftlich vorbereitet, der Gebrauchsgegenstand gründlich analysiert und getestet; die Grundelemente der Gestaltung — Bin dung, Farbe, Material und Gewebean forderungen — in ihrer Komplexität untersucht. Je nach Funktion des Stoffes wurde nach seiner Reiß- und Scheuer festigkeit, nach Elastizität, Dehnbar keit, Lichtdurchlässigkeit, Licht- und Farbechtheit gefragt. Die Ökonomie seiner Herstellung spielte eine wichtige Rolle. Es entwickelten sich enge Verbindun gen zur Textilindustrie. Die Bauhaus stoffe, Textilien der Raumgestaltung, eroberten sich einen Markt, der am Massenbedarf orientiert war. Mit der Entwicklung von Raumtexti lien wirkte die Bauhaus-Weberei auf ihrem Gebiet bahnbrechend. Gleich zeitig ist die Textilindustrie tiefgehend durch das Wirken des Bauhauses be einflußt worden. In der DDR hat besonders die We berin Gretel Reichardt durch ihr viel seitiges Schaffen die Traditionen und gestalterischen Leistungen des Bau hauses schöpferisch fortgeführt. 1 Studentinnen der Weberei, 1928 H Tischdecke: Panama-Gewebe, schwarz- weiß, Effekte durch Mischung sowie Kett- und Schußfadenverteilung Gestalter: Gretel Reichardt 23