Klaus-Jürgen Winkler Pseudonym „Co-op“ Gestaltungsversuche Hannes Meyers 1923—26 Um die Mitte der zwanziger Jahre er scheinen in Schweizer und deutschen Publikationen über neuere Gestaltung in Architektur, Gebrauchsgerät und bil dender Kunst einige Abbildungen von Innenräumen, technischen Gebilden und abstrakten Bildkompositionen mit der pseudonymen Bezeichnung „Co- op". Die Abkürzung Co-op weist sich ursprünglich als Markenbezeichnung des Verbandes Schweizerischer Kon sumvereine aus, so, wie sie noch heute für diese genossenschaftliche Vereini gung Reklametitel ist. Co-op bedeutet Kooperation; Koope ration ist Leitbegriff, Thema, Marke, Symbol jener schweizerischen genos senschaftlichen Wirtschaftsform und Ideologie, die Sozialreformisten damals kleinbürgerlichen und proletarischen Schichten als wegweisend zur Überwin dung des kapitalistischen Ausbeu tungssystems hinstellten: Kooperation statt Revolution! Das Ergebnis würde ihrer Meinung nach ähnlich sein: „Ge meinnütziger Ausgleich der Kooperativ- und Individualkräfte'' 1 — als unausge sprochene Sozialismusvision. Dazu pro klamierte man genossenschaftliche Le bensweise, die auf dem Boden der Schweizer Traditionen und kleinbürger licher sozialutopischer Lehren des 18. und 19. Jahrhunderts (Pestalozzi, Zschokke, Owen, Fourier und anderen) fußte. 2 Co-op wird hier nun bestimmten Ge staltungsabsichten unterlegt. Aber völ lig im Gegensatz zu jenem sentimenta len Blick in die Vergangenheit verbin den sich auf eigenartige Weise genos senschaftliches Programm mit den schärfsten Bestrebungen avantgardisti scher bürgerlicher Künstler, die aus der Vergangenheit schöpfende Umweltkul tur zu überwinden und nach neuen, zeitgemäßen Ausdruckformen zu su chen. Co-op-Gestaltung repräsentiert Ra tionalität und huldigt einer Ästhetik der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und des Gemeinschaftlichen. Selbst die Anonymität, der Verzicht auf Authenti zität des Künstlers mit seinem Werk zu gunsten einer Sache, ist Ausdruck für ein Erneuerungsprogramm. Dieses Pseudonym „Co-op" benutzt der Schweizer Architekt Hannes Meyer zur Kennzeichnung seiner gestalteri schen Arbeiten. Hannes Meyer wurde schon vor dem ersten Weltkrieg als junger Architekt Anhänger der Genossenschafts- und Bodenreformbewegung in Deutschland und in der Schweiz. 1919 erhielt er auf Grund seiner Erfahrungen im krupp schen Werkwohnungsbau den Auftrag zum Bau der genossenschaftlichen Siedlung Freidorf bei Basel. Freidorf war als genossenschaftliche Muster-