——— M - 5SS — •S9SSS9SSS9SSSOSS auch in der freien Kunst die Deutschen nicht jene Vorliebe für die Lithographie aufzubringen und nicht jene Meisterschaft in der Behandlung des Steins zu erreichen vermochten, die das Frankreich der Gavami und Daumier auszeichnet / Man erkannte in Deutschland zwar die gewaltigen Vorteile recht bald, die der Steindruck durch die Möglichkeit großer Plakatformate und starker Auflagen gewährte, aber man überließ die Gestaltung aller graphischen Werbemittel den Berufslithographen, in deren Händen das neue Propagandawerkzeug Merkurs stumpf und ausdruckslos wurde / Wenn wirklich einmal ein Künstler sich zum Entwurf eines Reklameblattes herbeiließ, so war es gewiß ein Freundschafts dienst, der aus persönlichen Beziehungen entsprang, oder es handelte sich um Arbeiten, die unter dem Zwang einer wirklichen Notlage entstanden / Der junge Menzel mußte so jahrelang als Gebrauchsgraphiker tätig sein, um den Unterhalt für sich und die Seinen aufzubringen / Es spricht für die sittliche Größe dieses genialen Könners, daß er auch diese schwere Prüfung als eine Quelle der Fortbildung zu werten wußte / In einem wundervollen Briefe tröstet er viele Jahre später den jungen Otto Greiner, dem ein ähnliches Geschick widerfahren war: „Man weiß von Leuten, und zwar von solchen, die heute ziemlich was gelten, an die in ihren hilflosen Jugendtagen noch andere An sinnen gestellt wurden / Und mußte alles als Gelegenheit zum üben und Lernen mit benützt werden / Es ist da kein anderer Weg als der da heißt, sich aus allem eine künstlerische Aufgabe machen — sofort hält man nichts mehr für seiner unwürdig . . . das Leben hat für verneinende Gesinnungstüchtigkeit der Jugend wenig übrig nach solcher Seite hin“ / Waren es beim Eintritt der Lithographie in den Kreis der werbegraphischen Vervielfältigungsverfahren noch überwiegend die Menagerie, der Zirkus und das Theater, die sich der Bildreklame bedienten, so kamen allmählich immer breitere Kreise der Auftraggeber hinzu / Gastwirtschaften ließen Speise- und Wein karten entwerfen und bestellten Plakate für ihre Starkbier- und Gartenfeste / Notentitel, Festprogramme, Buchumschläge wurden Träger der Reklame / Berlin entwickelte sich zum Mittelpunkt der deutschen Werbegraphik / Am i.Juli 1855 gelangte hier die erste Anschlagsäule zur Aufstellung, und zwar in der Adlerstraße, vor der Druckerei ihres Erbauers Emst Litfaß, von dem der Name bald auf die Gattung überging / Allein das Aussehen dieser Litfaß säulen war jahrelang ein höchst dürftiges / Daran hatte die Gebrauchsgraphik jener Zeiten schuld, die den — übrigens meist in Schwarz-Weiß ausgeführten — Plakaten einen Wust von kleinlichen, zur Fernwirkung gänzlich ungeeigneten Ornamenten aufpackte, unter dem die eigentliche Werbung erstickte / Es wurde auch nicht besser, als in den sechziger Jahren die bunte Farbe von den Säulen Besitz ergriff, als mit dem Aufkommen der Chromolithographie der Ehrgeiz des Berufslithographen, möglichst viele Farbenplatten bei der Herstellung von