Prolegomena. Der nächtliche Himmel zeigt neben den glanzvollen Wundern der Gestirne mattschimmernde Nebelstellen, — entweder alte, erstorbene, im All zerstobene Systeme, oder erst um einen Kern sich gestaltender Weltdunst, oder ein Zustand zwischen Zerstörung und Neugestaltung. Sie sind ein passendes Analogon für ähnliche Erscheinungen am Gesichts* kreise der Kunstgeschichte, auf Zustände des Uebergangs einer Kunstwelt in das Gestaltlose und gleichzeitig auf die Phase sich vorbereitender Neugestaltung einer solchen hinweisend. Diese Erscheinungen des Verfalls der Künste und der geheimnissvollen Phönixgeburt neuen Kunstlebens aus dem Vernichtungsprozesse des alten sind für uns um so bedeutungsvoller, als wir uns wahrscheinlich mitten in einer Krisis, wie die angedeutete, befinden, nach allem, was sich von uns, die wir des Standpunktes und der Uebersicht über dieselbe entbehren, weil in ihr lebend, darüber urtheilen und vermuthen lässt. Wenigstens findet dieser Glaube viele Anhänger, und es fehlt auch in Wahrheit nicht an Anzeichen zu dessen Bestätigung, von denen nur das Einzige noch ungewiss bleibt, ob sie Anzeichen eines auf tieferliegenden socialen Ursachen begründeten allgemeinen Verfalls sind oder ob sie auf sonst gesunde Zustände hinweisen, die nur zeitweilige Verwirrung auf dem Gebiete derjenigen Fähigkeiten des Menschen veranlassen, die sich in dem Erkennen und Darstellen des Schönen bethätigen, und die sich früher oder später zum Heile und zur Ehre der Mensch heit auch nach dieser Seite hin glücklicher gestalten werden. Die erstgenannte Hypothese ist trostlos und unfruchtbar, weil sie dem Künstler, der ihr huldigt, jeglichen Halt bei seinem Streben versagt; denn eine zusammenstürzende Kunstwelt zu stützen, dazu sind eines Atlas Kräfte zu schwach, sich darauf beschränken das Morsche niederreissen zu helfen, ist nicht dessen Sache, der sich am Bauen erfreut. Die zweite Hypothese dagegen ist praktisch und fruchtbar, gleichviel ob begründet oder irrig an sich selbst.