sich im Gegensatz dazu das Lob von Anhängern ergießt. Und trotzdem sehen wir, wie sich aus solchen Zonen des Unverständnisses und Halbverständnisses ein reines Bild immer deutlicher hervorhebt, Form erhält und schließlich nicht nur Form, sondern Le ben. Denn das ist das Wunderbare: Wir bewundern und kennen manchen großen Geist, aber wenn wir von ihm sprechen, dann beschauen wir ihn wie ein Bild oder lesen in ihm, wie in einem Buch: Goethe aber ist nicht zu einem kunstvollen Objekt geron nen, er ist uns etwas Lebendiges, mit dem wir ver kehren. Er ist uns nah in unseren zartesten Stunden, er nimmt teil an fröhlichem Leben, er mahnt uns in Augenblicken der Einkehr, er tröstet uns in schweren Erschütterungen, er lenkt uns beim For schen und Grübeln. Er ist der Angelpunkt einer Lebensauffassung geworden. Der Weg, der bis zu dieser Vergeistigung eines Menschenbegriffes geführt hat, ist ein seltsam ver schlungener Weg gewesen. Eine der größten Gefahren, die er zu durchqueren hatte, war eine gewisse Art von Goethephilologie. Die Wissenschaft bemächtigte sich der gewaltigen Erscheinung. Goethe selbst hatte in ganz ungewöhn lichem Maß den biographischen Überblick über sein