CARL MARIA VON WEBER f Freilich ist nun die Kirchenmusik der Hofkirche Dresdens zum Teil erst viel später, zum größeren Teile aber bis heute noch nicht aller bedeutenden Werke unserer Tonheroen teilhaftig geworden. Die Höfe hatten ihren Ehrgeiz daran gesetzt, ihre eigenen Kom= ponisten zu halten, die nun den Bedarf bei den Gottesdiensten und festlichen Anlässen deckten. In dieser Gepflogenheit war gewiß ein großer Gewinn zu erblicken in einer Zeit, in welcher die Tonkunst noch jünger war und durch diesen Wettbewerb der Höfe um eigene Künstler und deren Werke gefördert werden konnte. Diese Werke waren aber ausnahmslos für den betreffenden Hof geschrieben und drangen dadurch nicht in die große allgemeine musikalische Öffentlichkeit, auch dann nicht, als schon lange der Notendruck er= funden war. Es entstand eine Absonderung der einzelnen Hof= musiken, die allerdings nun selbst wie fürstliche Burgen aus den musizierenden Ländern deutscher Zunge emporragten. Dadurch kam es, daß Beethovens Messe in C und wenige Werke von Mozart in Dresden erst viel später zu Gehör kamen, während Joseph oder Michael Haydns aus frommem Gemüt geschriebenen Kompositionen überhaupt noch nie ertönten. Ist bei uns somit die unvergängliche Kunst der Genieepoche erst später und spärlidi eingezogen, so brachte dafür die Zeit der großen deutschen Talente einen Meister nach Dresden, dessen Hauptbedeutung zwar auf dem Gebiete der Oper liegt, der aber in zwei kirchenmusikalischen Werken sein religiöses und musikalisches Bekenntnis verewigt hat: Carl Maria von Weber. Sein Künstlertum ist so Gemeingut des deutschen Volkes ge= worden, daß es unnötig erscheint, im Rahmen dieser Arbeit näher darauf einzugehen. Weber wurde 14. Dezember 1816 als Musik= direktor verpflichtet, war vom 8. Februar 1816 bis 5. Juli 1826 Kapellmeister. Seine Kirchenmusik konnte naturgemäß nicht so der Liebling des musikliebenden Volkes werden wie seine Lieder und Chöre. Schon der Umstand, daß Klavierauszüge zu seinen beiden Messen nicht in Deutschland gedruckt wurden, erschwerte deren Verbreitung. Die Innigkeit, welche Webers Lyrik auszeichnet, kam natürlich diesen Werken besonders zu statten, wogegen das drama= tische Leben der Weberschen Musik dem heiligen Meßtexte neue 20