VII. DAS GRABSTEINMODELL FÜR HERZOG LUDWIG DEN GEBARTETEN. Als eine unvergleichliche Perle süddeutscher Kleinplastik gilt unter den A reichen Schätzen des Bayerischen Nationalmuseums das Grabsteinmodell für Ludwig den Gebarteten, Herzog von Bayern-Ingolstadt (f 1447). Die 58:31 cm messende Platte (Abb. 71) aus weichem weißen Kalk stein unbestimmbarer Herkunft zeigt innerhalb eines spiralig gerollten Schrift bandes einen auf einem Löwen vor dem pfalz-bayerischen Wappen knieenden Ritter. Er hält die Hände zum Gebet erhoben, den Blick zu einer oben thronenden Dreifaltigkeitsgruppe gewendet, zu der ein leer gebliebenes Spruchband hinaufführt. Gottvater hält in beiden Händen das Kreuz, zwischen seinem und des Erlösers Haupt schwebt die Taube. Ein am ganzen Körper gefiederter Engel dient ihm als Fußschemel und stützt zu gleich das Kreuz. Zwei weitere Engel in langen Hemden knieen zur Seite, der eine betend mit gefalteten Händen, der andere mit der Rechten des Ritters Banner ergreifend, mit der Linken darauf hinweisend. Der Hinter grund wird von einem Teppichmuster gebildet, das sich aus strahlenden Sonnen zusammensetzt, die abwechselnd mit einem gekrönten Rundspiegel und einem auf einem Zweig sitzenden Raben, der einen Ring im Schnabel hält, belegt sind. Die starke Auskehlung unterhalb des Schriftbandes war durch eine frei herausgearbeitete Ranke von fruchttragenden Kastanien zweigen ausgefüllt. Erhalten sind von ihr nur noch die dem Stein un mittelbar anliegenden Stücke. Die Unterseite der Platte zeigt Ansatzspuren von verloren gegangenen Seitenteilen. Das reizvolle Stück wurde um die Mitte des XIX. Jahrhunderts aus Privatbesitz erworben. Aretin 1 ), der es bald darauf beschrieb, nahm wohl mit Recht an, daß es sich bereits früher in der Schatzkammer des bayerischen Fürstenhauses befunden habe und daß es mit dem von Schmeller in seinem Inventar verzeichneten Modell eines Hochgrabes für Herzog Christoph (f 1493) identisch sei. Damals wären dann die Seitenteile noch vorhanden gewesen. Sie trugen, wie fast immer, Wappendarstellungen. Welche Um stände es aus der Schatzkammer verschwinden ließen und welche Schick- ') Altertümer und Kunstdenkmale des bayerischen Herrscherhauses, Heft 2. 15