Zwei Stücke aus Claudio Monteverdis 6. Madrigalbuch in handschriftlichen Frühfassungen von ADOLF WATTY Im Jahre 1648 erinnert sich Heinrich Schütz in der Vorrede zu seiner Geistlichen Chormusik an seine Studienzeit 1609-1612 bei Giovanni Gabrieli in Venedig 1 : „Allermassen dann auch in Italien / als auff der rechten Musicalischen hohen Schule [...] der Gebrauch gewesen / das die Anfahenden iedesmahl derogleichen Geist- oder Welttlich Werck- lein / ohne den Bassum Continuum, zu erst recht ausgearbeitet / und also von sich gelassen haben". Auch er hatte, wie die anderen Schüler Gabrielis, ein „Welttlich Wercklein [...] von sich gelassen", II Primo Libro de Madrigali. Im Jahre 1619 veröffentlichte Schütz seine Psalmen Davids, die er seinem Herrn, dem Kurfür sten Johann Georg I. von Sachsen, widmete. Im Widmungsschreiben berichtet er 2 : „Vnnd demnach ich vor diesem etzliche Teutsche Psalmen auff Italienische Manier / zu welcher ich von meinem lieben vnd in aller Welt hochberühmten Praeceptore Herrn Johan Gabrieln / so lange in Italia ich mich bey jhme auffgehalten / mit fleiß angeführet worden / componiret". Strengen kontrapunktischen Satz und venezianische Mehrchörigkeit lernte Schütz also erklärtermaßen bei Gabrieli. Gleichzeitig lebte er aber auch am ersten Platze des italienischen Musikdrucks und in einem der großen Musikzentren Italiens. Das waren die besten Vorausset zungen, gegebenenfalls über den Unterricht Gabrielis hinausgehend, vielfältige musikalische Anregungen aus der zeitgenössischen italienischen Musik aufzunehmen. Es kann kaum bezwei felt werden, daß Schütz, wenn nicht durch Gabrieli selber, dann durch Drucke, umlaufende Handschriften und Aufführungen zahlreiche Anregungen bekam und die Entwicklungstenden zen der Musik der damaligen Zeit kannte. Man kann auch davon ausgehen, daß er das, was ihm interessant und wichtig erschien, in Drucken oder Abschriften sammelte. Dafür gibt es in der Gesamthochschulbibliothek Kassel, die die erhaltenen Bestände der alten Kasseler Hofkapelle verwaltet, zahlreiche Belege. Hans Joachim Moser 3 hat auf eine Reihe vene zianischer Musikdrucke dieser Zeit hingewiesen, von denen er annimmt, daß Schütz sie von Venedig aus nach Kassel schickte oder sie dahin mitbrachte. Darunter befindet sich auch ein vollständiges Exemplar der vierten Auflage von Monteverdis II Terzo Libro de Madrigali (1604). Moser hätte auch noch die erste Auflage von Monteverdis II Quinto Libro de Madrigali (1605) nennen können. 1 Schütz GBr, S. 194. 2 Ebenda, S. 60. 3 Hans Joachim Moser, Heinrich Schütz - Sein Leben und Werk, Kassel 2 /1954, S. 66 f. 124