WO D I AN E R D ER junge Baron Wodianer=Bruckenthal=Sar= mingstein betrachtete sein himmelan starrendes Haar, das über seine Stirn, früh verwelkend, endlich grau hereingebrocfaen war in diesem dreißigsten Jahr seines ziellosen Lebens. Der Spiegel trug nicht die Schuld, der hatte Generationen von Wodianern in der Wiege strampeln und etwas stiller auf der ihr folgenden Bahre liegen gesehen und jedem in durchaus zuverlässiger Art ein Bild des veränderlichen Körpers gezeigt, über das in manchen Fällen sogar ein Ab glanz der recht unsterblichen Seele gebreitet war. Nun saß Albrecht Wodianer als letzter vor dem treuen Möbel und ärgerte sich über ein Stück Materie, das ihn langen Atems überdauern würde, unerblindet ihm die Unreinheiten seines Geistes wies: die weiß an= gelaufenen Speere seiner Haare. Albrecht Wodianer ertrug den Anblick des Spiegels schließlich nicht länger,- da er aber allen Freunden gegenüber sanften Gemütes war, zertrümmerte er ihn nicht, sondern trat den Rück= zug ins Cafe »Prag« an. Er selbst, wiewohl verarmt, kam sich dort etwas deplaziert vor,- ein Achtelliter Raubritter= blut empörte sich in ihm gegen die spitzfindige Synago= genluft dieses Zionistenbeisels, in dessen Ecken immer ein paar jüdische Literaten urchristelten. Doch der Umstand, daß sich hier Räume ärmlichster Schlichtheit über zahllose Stilepochen hinweg unversehrt im zwanzigsten Jahrhun*