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1370 kerieklv t!ei II. 498. Einberufung solcher nach der Verfassung nur einseitig im Ermessen der Regierung liegt, und Streit besteht, ob die Kammern nur über die bestimmten Gegenstände, wegen deren sie zusammcnberufen seien, verhandeln dürften. Nachdem ein Antrag der Abgeordneten Anders, Hettner, Or. Seyfert und Schnabel, von der Regierung eine anderweite Prüfung der einschlagenden Fragen und die Vorlegung einer Denkschrift zu erfordern, gegen 5 Stimmen abgelehnt worden war, wurde der Antrag Fleißner, alljährliche Tagungen mit einjährigen Etatsperioden einzuführen, mit 11 gegen 4 Stimmen bei einer Stimm enthaltung angenommen. Dadurch erledigte sich der oben angeführte Eventualantrag des Berichterstatters sowie ein Eventualantrag Hettner und Genossen, für den Fall der Ablehnung des Antrags auf alljährliche Einberufung des Landtags der Kammer einen Beschluß dahin vorzuschlagen, den 8 115 der Verfassungsurkunde so zu fassen, daß die Auslegung, nach der außerordentliche Landtage nur bestimmte Angelegenheiten zu erledigen haben, ausgeschlossen wird. II. Durch § 152 der Verfassungsurkunde wird die Gültigkeit von Beschlüssen des Land tags zu Anträgen auf Verfassungsänderungen, mögen sie von der Negierung oder von den Ständen ausgehen, zunächst davon abhängig gemacht, daß in jeder Kammer drei Vier teile der Mitglieder abgestimmt haben und daß sich in jeder eine Stimmenmehrheit von zwei Dritteln ergeben hat. Darüber hinaus wird aber für Anträge, die von den Ständen an den König gebracht werden, im zweiten Satz des 8 152 Abs. 2 noch ein Mehr erfordert, indem bestimmt ist: Auch kann von den Ständen ein solcher Antrag nicht eher an den König gebracht werden, als bis in zwei ordentlichen, unmittelbar aufeinander folgenden Ständeversammlungen deshalb übereinstimmende Beschlüsse gefaßt worden sind. Der Berichterstatter gab der Meinung Ausdruck, daß diese letztere Bestimmung zu weit gehe, daß es auch für aus den Kammern gestellte Anträge auf Verfassungs änderungen genügen müsse, wenn diese den erhöhten Anforderungen an die Anwesenheit und an die Stimmenmehrheit entsprächen. Namentlich müsse das dann gelten, wenn unter den aus den Kammern gestellten Anträgen, was strittig sei, auch solche zu ver stehen seien, die sich nicht als „Gesetzentwürfe" im Sinne des 8 85 der Verfassungs urkunde, sondern als bloße Ansuchen an die Regierung um Einbringung einer Vorlage darstellten. Der Berichterstatter beantragte, die Deputation wolle sich für die Streichung der Worte in 8 152 Abs. 2 von „auch kann" an aussprechen, durch welche Streichung auch der gegenstandslos gewordene Schlußsatz des 8 152 folgenden Inhalts aus der Verfassung herausgebracht würde: Bei dem ersten nach Publikation der Verfassungsurkunde zu haltenden Landtage kann aber eine Abänderung oder Erläuterung der Verfassung, oder ein Zusatz zu selbiger, in der Ständeversammlung weder beantragt, noch be schlossen werden. Auch der Mitberichterstatter Nitzsche und ein nationalliberaler Abgeordneter sprachen sich für die beantragte Streichung aus. Es wurde beschlossen, die Regierung über die Streichung und gleichzeitig darüber zu hören, ob nach ihrer Auffassung Anträge im Sinn des 8 152 in dem oben dargelegten engeren oder weiteren Sinn zu verstehen seien. Zu der kommissarischen Beratung erschienen die Staatsminister Graf Vitzthum v. Eckstädt und vr. Nagel sowie Geheimer Regierungsrat vr Junck. Staatsminister vr Nagel sprach sich dahin aus, daß der Begriff „Anträge" in 8 152 im weiteren Sinn zu verstehen sei.