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1374 verteilte usvv. II. Kammer. 498. sätzliche Bedenken nicht haben würde, daß sie aber den Nachweis eines praktischen Be dürfnisses für die Änderung vermisse, der doch erbracht werden möchte, wenn es sich wie hier um Verfassungsänderungen handele. Er wies dabei unter Anführung einer neueren Entscheidung des Reichsgerichts (in einer Strafsache gegen einen württem- bergischen Landtagsabgeordneten) vom 14. Juni 1917 darauf hin, datz eine Änderung der sächsischen Verfassung in dem angeregten Sinn im Hinblick auf 8 6 des Ein führungsgesetzes zur Strafprozetzordnung nur die sächsischen Gerichte, nicht aber die autzersächsischen und die erstinstanzliche Rechtsprechung des Reichsgerichts binden würde. Die Klarstellung der Frage, ob die Immunität der Mitglieder der einzelnen Landes vertretungen (abgesehen vom Fall des § 11 des Reichsstrafgesetzbuchs) in sämtlichen Bundesstaaten anzuerkennen sei, würde nur im Weg der Reichsgesetzgebung durch eine entsprechende Änderung des 8 6 Abs. 2 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Straf prozetzordnung herbeigeführt werden können (vergl. die Beantwortung der kurzen An frage des Reichstagsabgeordneten Or Müller-Meiningen Nr. 149 — Drucksache Nr. 1506 — im Reichstag am 4. Mai 1914, Nr. 1608). Ein nationalliberaler Abgeordneter ersuchte die Regierung, bei der beabsichtigten Änderung der Strafprozetzordnung im Bundesrate für eine Änderung des 8 6 des Einführungsgesetzes einzutreten. In der weiteren Aussprache, die der kommissarischen Beratung folgte, erklärte der Berichterstatter, er halte die dem Begriff der „völligen Unverletzlichkeit" durch das Justizministerium gegebene Auslegung für zu eng. Die Beschränkung auf den Aus- schlutz der Gewalt liege nicht im Begriff der Unverletzlichkeit, dieser sei vielmehr ein weiterer und wolle dasselbe sagen, was in den Bestimmungen der Reichsverfassung und den Verfassungen der größeren deutschen Bundesstaaten hinsichtlich der Immunität aus gesprochen sei. Mit der im zweiten Satz des § 84 erwähnten Verhaftung habe augen scheinlich nur der wesentlichste Fall des Verstoßes gegen die Unverletzlichkeit besonders hervorgehoben werden sollen, wobei es sich zugleich darum gehandelt habe, eine Aus nahme von der Regel festzulegen. Das vom Justizministerium angeführte Zitat aus Opitz' Staatsrecht ergebe nicht mit Klarheit, daß der Verfasser die enge Auffassung der Regierung vom Begriff der Immunität teile. Wenn man aber die Auslegung der Regierung für eine zu enge halte, so komme man doch nicht über die Tatsache weg, datz die Praris der Strafverfolgungsbehörden dieser auch von Kommentatoren vertretenen Auslegung folge. Eine authentische weitergehende Auslegung des Begriffs der Immu nität zu erreichen, sei in Hinsicht auf die entgegenstehende Auffassung der Regierung aussichtslos. So bleibe nur der Weg einer Abänderung des § 84 der Verfassungsurkunde übrig, wenn man, wie es berechtigt erscheine, die sächsischen Landtagsabgeordneten den Abgeordneten im Reiche, in Preußen, Bayern und Württemberg hinsichtlich der Immu nität gleichstellen wolle. Der Antrag des Berichterstatters auf Abänderung des ß 84 der Verfassungsurkunde wurde gegen 4 Stimmen angenommen. IV. Vom Abgeordneten Hettner war der Antrag gestellt: den ß 75 der Verfassungsurkunde in der Weise zu ändern, daß ein Staats beamter, der zum Abgeordneten in einer der beiden Kommern gewählt wird, dies seiner vorgesetzten Dienstbehörde lediglich anzuzeigen hat, daß er einer Genehmigung zur Annahme der Wahl nicht bedarf und während der Sitzungs periode auf seinen Wunsch von seinen Dienstgeschäften zu entbinden ist, und