MALEREI DER LETZTEX JAHRZEHNTE 117 Abbildung 129. Maurice de Vlaminck: Abbildung 130. Andre Derain: Die Brücke von Chaton Das Tal von Cagnes inhaltlich und formal mit dem Courbet des voraufgehenden Saals irgend wie in Vergleich zu bringen, so stark auch diese beiden Darstellungen eines Jägerpicknicks kontrastieren. Guillaume Apollinaire hat den jungen Picasso einmal so charakteri siert: „Geistig mehr Lateiner, rhythmisch mehr Araber.“ Mehr die Rasse als das Temperament unterscheidet ihn von Courbet. Vor allem ist es der spanische Mystizismus und ein tiefer Glaube an das Wunderbare, was über die Einordnung in die Pariser Schule hinaus in all seiner Kunst vor herrschend weiterlebt. Unser Bild gehört der sogenannten „blauen Epoche“ an, deren Innerlichkeit erschüttert. Wenn wir Courbets Ge mälde als nature morte bezeichneten wegen der Beziehungslosigkeit der Figuren zum Beschauer, so spüren wir vor diesem Familienbild eine Be troffenheit, einen faszinierenden Bann, den die Dargestellten auf uns auszuüben scheinen. Das tiefe Blau des Hintergrundes bildet eine räum liche L nendlichkeit, die jeglicher Phantasie Spielraum läßt. Darin sitzt der Schneider Soler, der einen Hasen geschossen hat, und neben ihm die Frau mit den vier Kindern. Vielmehr sie schweben gleichsam in der Fläche. Man möchte an Mittelalterliches denken oder auch an japanische Holzschnitte. Das primitive Innerste dieser Menschen, ihre anspruchslose Bürgerlichkeit, die Ungewohntheit der ländlichen Situation sind mit Feierlichkeit vorgetragen. Aber viel wichtiger als sie ist der Maler selbst, der hinter den Dingen steht und trotz der ablesbaren Familienähnlichkeit die Porträtierten nur als Vermittler seiner eigenen Weltanschauung vor uns hinstellt. Diese sechs Personen haben einen Autor, der ihrer gegen ständlichen Belanglosigkeit durch sein starkes Ich Ewigkeitswert ver liehen hat. Das Werk ist unvollendet, aber man empfindet keine Lücken, denn das Wesentliche ist bereits gesagt und könnte kaum übertroffen