126 KRITISCHER FÜHRER DURCH DIE GALERIE DES 17.—20. JA H R H. das holprige Knirschen eines Pferdeschlittens zu einer Summe von unter bewußten Wahrnehmungen verschmilzt, auf die jeder empfängliche Be schauer mit angehaltenem Atem reagiert: so stark ist die Kraft dieses Bild-Erlebens, und es war durchaus keine Übertreibung, wenn gelegent lich vor diesem Werk an Matthias Grünewald erinnert worden ist. Schade, daß das Doppelbildnis Kokoschkas von 1914 aus der Samm lung Herbert von Garvens, das inzwischen in den Besitz der Dresdener Staatsgalerie übergegangen ist, nicht in Köln hat bleiben dürfen. Es wäre eine wertvolle Ergänzung zur Dent du Midi-Landschaft gewesen, über die es zwar geistig nicht, jedoch formal - in der Vereinfachung — noch hinausgeht. ,,Es gibt eine äußere Wahrheit und eine innere Wahrheit. Indem ich jene verlasse, kann ich diese stärker zum Ausdruck bringen. Indem ich vom Schein der Dinge etwas nehme, kann ich dem Wesen der Dinge erst seine Sprache geben. Die Gewalt der Natur wird um so mächtiger wir ken, je einfacher sie sich ausspricht. Indem ich von dem Äußern mich befreie, kann ich erst dem Innern wahrhaft dienstbar sein.“ So schrieb Otto Fischer im Jahre 1912. Wie weit war doch Hans von Marees seiner Zeit voraus, der sagte: „Zur vollen Entwicklung führt in der Kunst des Malers nur die Ver nichtung des unvollkommenen Scheins!“